Oskar Dirlewanger
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Dr. rer. pol. Oskar Paul Dirlewanger (* 26. September 1895 in Würzburg; † evtl. 7. Juni, spätestens aber 19. Juni 1945 in Altshausen, Württemberg) war ein deutscher Offizier des Heeres und der Waffen-SS. 1944 stand er laut der Dienstaltersliste der Waffen-SS (Sachstand: 1. Juli 1944) im Rang eines SS-Standartenführers der Reserve und 1945, bei Ende des zweiten Weltkrieges im Rang eines SS-Oberführers.
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[Bearbeiten] Leben
[Bearbeiten] Erster Weltkrieg
Der Sohn eines Kaufmannes legte 1913 sein Abitur ab und trat am 1. Oktober 1913 als Einjährig-Freiwilliger in die Maschinengewehr-Kompanie des Grenadier-Regiments 123 ein. Mit dieser Einheit nimmt er am Einmarsch in Belgien und Frankreich im Jahre 1914 teil. Dort wird er 1915 als Zugführer am Fuß und an der linken Hand verwundet und dadurch als zu 40% kriegsbeschädigt eingestuft. Mittlerweile zum Leutnant befördert, findet er ab dem 1. November 1916 Verwendung als Ausbilder bei MG-Kursen. Wenig später meldete er sich trotz seiner Behinderung freiwillig an die Front und übernimmt dort eine Sturm- bzw. MG-Kompanie. Dirlewanger erhielt als junger Offizier beide Klassen des Eisernen Kreuzes. Bei Kriegsende an der Ostfront eingesetzt, schlägt sich die 2. MG-Kompanie des Infanterie-Regiments 121 unter Dirlewangers Führung über Rumänien nach Deutschland zurück.
[Bearbeiten] Nachkriegszeit
Nach dem Kriegsende schloss er sich verschiedenen Freikorps an und kämpfte im Ruhrgebiet, in Sachsen und im Juni 1921 in Oberschlesien. Zwischen seinen militanten Einsätzen studierte er an der Handelshochschule in Mannheim Wirtschaftswissenschaften. Wegen antisemitischer Hetze wurde er jedoch 1921 relegiert. Er setzte sein Studium in Frankfurt/Main fort und im Jahr 1922 promovierte er zum Doktor der Staatswissenschaften (Dr. rer. pol.). Am 1. Oktober 1922 trat er in die NSDAP ein (Mitglieds-Nr. 1 098 716). Zunächst arbeitete Dirlewanger als Volontär bei Banken in Osterburken und Stuttgart und erhielt dann 1925 eine Anstellung bei der schwäbischen Treuhand AG in Stuttgart. 1928 wechselte er als Geschäftsführer der Firma Kornicker nach Erfurt, wo er am 31. Dezember 1931 ausschied um bis Juli 1933 als selbstständiger Steuerberater zu arbeiten. Sein Ausstieg aus dem Bankengeschäft war aufgrund verschiedenster Vergehen unumgänglich und auch in der jüdischen Firma Kornicker fiel er durch Unterschlagung von mehreren tausend Mark auf. Dirlewanger hatte bspw. Gehaltskürzungen der Angestellten auf sein privates Konto transferiert. Da man sich unter der Hand gütlich einigte und Dirlewanger die Summe zurückzahlte, konnte ein Gerichtsverfahren verhindert werden.
Dirlewanger war SA-Mann im SA-Sturmbann 1/122, mit dem er unter anderem das Esslinger Gewerkschaftshaus überfällt, weswegen er im Dezember 1932 wegen Landfriedensbruch vor Gericht steht. Nachdem er die Tätigkeit in Erfurt aufgegeben hatte, erhielt er 1932 eine Stelle als hauptamtlicher SA-Führer in Esslingen am Neckar und 1933 als „Alter Kämpfer“ eine Anstellung am Heilbronner Arbeitsamt, wo er zunächst Abteilungsleiter und später stellvertretender Direktor wurde.
Im Jahr 1934 wurde er u. a. wegen „Unzucht“ mit einem dreizehnjährigen BDM-Mädchen zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt (Urteil des LG Heilbronn vom 21. September 1934). Er verlor dadurch seine Stellung, seinen Doktortitel und alle militärischen Auszeichnungen. Nach der Entlassung aus dem Zuchthaus Ludwigsburg kam er in das Schutzhaftlager Welzheim, das er aber nach Intervention seines Freundes, des späteren SS-Obergruppenführers und Chefs des SS-Hauptamts, Gottlob Berger, bald wieder verlassen konnte.
Dirlewanger nahm zunächst als Angehöriger der spanischen Legion und dann als Mitglied der Legion Condor am spanischen Bürgerkrieg teil. Mit dem Spanienkreuz ausgezeichnet gelingt ihm, nun sicherlich mit Unterstützung interessierter Stellen, eine Wiederaufnahme des Verfahrens vor dem Landgericht Stuttgart. Im Zuge der Neuverhandlung wird er, trotz „nach wie vor nicht unerheblicher Verdachtsgründe“ aus Mangel an Beweisen am 30. April 1940 freigesprochen. Das ursprüngliche Urteil wird aufgehoben. Das Urteil erschien so wenig überzeugend, dass sich die Universität Frankfurt/Main zunächst weigerte ihm die Doktorwürde anzuerkennen. Auf Betreiben des Reichsministers für Wissenschaft und Kultur erhält er seinen Doktortitel zurück.
[Bearbeiten] Zweiter Weltkrieg
Bei Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 meldete er sich freiwillig zur Waffen-SS (SS-Nr. 357 267) und erhielt den Rang eines Obersturmführers.
Auf seine Anregung hin wurde das Sonderkommando Dirlewanger für Vorbestrafte wie ihn selbst von der SS im KZ Oranienburg aufgestellt. Sein Stellvertreter wurde Kurt Weiße, bereits wegen Belästigung von Kindern gerichtsnotorisch, der ihm, was sadistische Gewaltinszenierungen, Vergewaltigungen und Morde betraf, in nichts nachstand. Das Sonderkommando Dirlewanger rekrutierte sich zu Beginn aus Soldaten der Waffen-SS, die wegen kleiner Delikte wie Wilderei verurteilt und in die Einheit zur Bewährung versetzt wurden. Im späteren Verlauf wurde, neben zugeteilten straffällig gewordenen Angehörigen der Wehrmacht und Waffen-SS, auch gezielt Personal (politische Häftlinge, Asoziale, Kriminelle) in Konzentrationslagern angeworben. Im Kriegsverlauf wurden der Sondereinheit auch Hilfstruppen (Ukrainer und Russen) zugeordnet.
Die Truppe von Dirlewanger wurde hinter der Front - erst in Polen, dann in der Sowjetunion - gegen tatsächliche oder vermeintliche Partisanen eingesetzt. Diese Einsätze waren von äußerster Brutalität und Verrohung der Soldaten geprägt. Immer wieder kam es zu Massenvergewaltigungen und anderen Exzessen, bei denen in der Regel Minderjährige und Kinder die Opfer waren. Von Zeit zu Zeit nahm hieran auch Dirlewangers Förderer und Freund Gottlob Berger teil, der für solche Aktionen eigens aus Berlin anreiste. Dirlewanger selbst frönte seinen Leidenschaften: Alkohol, Sadismus und Kampfrausch. Die Ausschreitungen übertrafen selbst das SS-genehme Maß und führten zu einem Ermittlungsverfahren des SS-Hauptamtes im August 1942, das aber im Januar 1945 auf Befehl Heinrich Himmlers eingestellt wurde, der Dirlewanger als „Original“ bezeichnete.
Bei der Niederschlagung des Warschauer Aufstandes kam die Einheit Dirlewanger in vorderster Front zum Einsatz und fiel erneut durch besondere Grausamkeit auf. Dirlewanger erhielt für diesen Einsatz am 30. September 1944 das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes. Weiterhin war er an der Niederschlagung des slowakischen Aufstandes im Oktober 1944 beteiligt.
In der Folge wurde die Einheit an verschiedenen Fronten im Osten eingesetzt. Bei Kriegsende war die Einheit von Dirlewanger als 36. Waffen-Grenadier-Division der SS an der Oderfront eingesetzt. Dirlewanger gelang es schließlich sich abzusetzen und der sowjetischen Gefangenschaft zu entgehen, in die ein großer Teil seiner Einheit vornehmlich in der Nähe des Ortes Halbe geriet.
[Bearbeiten] Nach Kriegsende
Dirlewanger ging nach Württemberg zurück und versuchte offenbar Beutegut zu verstecken, das er bei seinen Eltern gelagert hatte, um ein Abtauchen vorzubereiten. Vermutlich wurde er von nach ihrer Befreiung umherstreifenden polnischen Zwangsarbeitern Anfang Juni 1945 im oberschwäbischen Altshausen, Kreis Saulgau, in Württemberg (französische Besatzungszone) aufgegriffen, vor Ort der französischen Besatzungsmacht übergeben und festgesetzt. Einer anderen Darstellung nach soll er sich selbst den Franzosen gestellt haben, um nicht einem Lynchmord durch besagte Displaced Persons zum Opfer zu fallen. Jedenfalls verstarb er bald darauf, vermutlich an den Folgen von schweren Misshandlungen durch seine französischen Bewacher. Während das Sterberegister der Gemeinde Altshausen den 19. Juni 1945 als Datum der raschen und formlosen Bestattung des vormaligen SS-Oberführers angibt, nennt eine andere Quelle bereits den 7. Juni 1945 als Tag von Dirlewangers Ableben.
Bis in die 1960er Jahre kursierten Gerüchte, dass Oskar Dirlewanger den Krieg überlebt habe. Es wurde unterstellt, er sei Leibwächter des damaligen Präsidenten Nasser von Ägypten. Aus diesem Grund ordnete im November 1960 ein französisches Gericht die Exhumierung der Leiche an, um zweifelsfrei die Notwendigkeit einer weiteren Strafverfolgung ausschließen zu können.
[Bearbeiten] Auszeichnungen
- Ehrenkreuz für Frontkämpfer
- Spanienkreuz in Silber mit Schwertern
- Verwundetenabzeichen in Gold
- Infanterie-Sturmabzeichen in Silber
- Nahkampfspange in Bronze
- Eisernes Kreuz (1914) 2. und 1. Klasse
- Eisernes Kreuz (1939) 2. und 1. Klasse
- Deutsches Kreuz in Gold
- Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes
[Bearbeiten] Literatur
- Hellmuth Auerbach Die Einheit Dirlewanger. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. 1962, S. 250 ff.
- Klaus Michael Mallmann, Gerhard Paul (Hgg) Karrieren der Gewalt. Nationalsozialistische Täterbiographien Darmstadt: WBG 2004, ISBN 353416654X
- Rolf Michaelis Die SS-Sturmbrigade "Dirlewanger". Vom Warschauer Aufstand bis zum Kessel von Halbe. Band II. 1. Auflage. Verlag Rolf Michaelis, 2003, ISBN 3930849321
- Karlludwig Opitz Wilddiebe an die Front – SS-Sturmbrigade Dirlewanger. In: Der II. Weltkrieg. Eine historische Collage über den erregendsten Abschnitt deutscher Geschichte – in Wort, Bild und Ton. Hamburg 1976, Bd. 5 (Der totale Krieg 1943-1945), S. 14f.
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Oskar Dirlewanger im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- http://www.warsawuprising.com/witness/schenk.htm - Augenzeugenbericht eines deutschen Soldaten über Dirlewangers Bestialitäten (englisch)
Personendaten | |
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NAME | Dirlewanger, Oskar |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Offizier in Armee und Waffen-SS |
GEBURTSDATUM | 26. September 1895 |
GEBURTSORT | Würzburg |
STERBEDATUM | 7. Juli 1945 |
STERBEORT | Althausen, Württemberg |