Pergament
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Pergament ist eine leicht bearbeitete Tierhaut, die seit dem Altertum als Beschreibstoff verwendet worden ist. Es ist damit ein Vorläufer des Papiers.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Herstellung und Gebrauch
In den Hochkulturen des Alten Orients und des Mittelmeerraumes wird seit altersher Leder als Beschreibstoff verwendet. Wie Leder wird auch Pergament aus Tierhäuten hergestellt, die man allerdings ungegerbt in eine Kalklösung legt, bevor Haare, Oberhaut und anhaftende Fleischreste abgeschabt werden. Anschließend wird die Haut gereinigt, gespannt und getrocknet. Die Oberfläche wird mit Bimsstein geglättet und mit Kreide geweißt. Je nach Sorgfalt der Bearbeitung bleibt die unterschiedliche Oberflächenstruktur von Fleisch- und Haarseite deutlicher oder weniger deutlich erhalten. Die feinste Qualität wurde aus Häuten neugeborener oder ungeborener Lämmer hergestellt. Die Vorzüge des Pergaments gegenüber dem Papyrus bestanden in seiner Festigkeit und Dauerhaftigkeit, auch in seiner hellen Farbe. Die gute Tilgbarkeit der Beschriftung erleichtert die Wiederverwendung bereits beschriebenen Pergaments. In diesem Fall spricht man von einem Palimpsest (griech. palimpsestos ‚wieder abgekratzt’) oder einem codex rescriptus (lat.: ‚wiederbeschriebner Kodex’).
[Bearbeiten] Geschichte
[Bearbeiten] Antike
Die Bezeichnung Pergament (griech. pergamene) leitet sich von dem Ortsnamen Pergamon (an der Westküste Kleinasiens, heute Bergama) ab: griech. membrana pergamena bedeutet 'pergamenische Häute'. Nach einer Notiz des älteren Plinius hätte der in Ägypten herrschende König Ptolemaios (offenbar Ptolemaios VI., 180-145 v. Chr.) den Papyrusexport nach Pergamon verboten, wo König Eumenes II. (197-159 v. Chr.) eine mit dem ägyptischen Alexandria konkurrierende Bibliothek betrieb; gewissermaßen aus Not hätten daraufhin die Pergamener das Pergament erfunden. Die Geschichte gilt heute weithin als legendär. Es wird vermutet, daß in Pergamon lediglich eine qualitative Verbesserung des Beschreibstoffs entwickelt wurde, auf welche die Namengebung zurückgeht.
Die ältesten datierbaren Dokumente griechischer Sprache auf Pergament stammen aus dem 2. Jh. v. Chr. Im 1. Jh. n. Chr. ist Pergament als Träger literarischer Werke indirekt bezeugt, datierbare Originale reichen bis in das 2. Jh. n. Chr. zurück. Seit dem 4. Jh. n. Chr. beginnt man, Papyrusrollen in Pergamentkodices umzuschreiben, denen als Buchform die Zukunft gehören sollte. Pergamentkodices sind die großen Meisterwerke der spätantiken Buchmalerei wie der Wiener Dioskourides oder der Vergilius Vaticanus. Weitere Zeugnisse des spätantiken Bücherluxus sind die sogenannten Purpurhandschriften, deren Pergamentseiten mit Purpur eingefärbt und mit Silber- oder Goldtinte beschrieben sind (z.B. die ebenfalls illuminierte Wiener Genesis).
[Bearbeiten] Nachantike
Da Pergament lichtdurchlässig ist, wurden auch Lampen und Fenster mit Pergament verkleidet.
Pergament diente daneben auch zur Verstärkung von Holzoberflächen. So wurden seit der Antike Holzschilde u. a. mit Pergament beklebt, um das Spalten des Holzes bei Hieben zu verhindern. Im Holzprotesenbau diente Pergament bis in die Gegenwart dazu, die hohlen Holzschäfte von Arm- und Beinprotesen zu verfestigen. Das spröde Pappelholz wäre ohne den aufgeschrumpften Pergamentüberzug auf Dauer gerissen.
Gegen Ende des Mittelalters wurde das Pergament zunehmend vom Papier verdrängt. Zum einen wurde Papier in der Herstellung deutlich billiger, zum anderen benötigte der sich immer weiter verbreitende Buchdruck Papier, weil es die Farbe besser aufsaugt. Im Zuge des Aufstiegs der Buchdruckerkunst wurden die auf Pergament geschriebenen mittelalterlichen Handschriften auch zur Makulatur.
So genanntes Echtpergament (engl.: vegetable parchment) ist dagegen ein mit Hilfe von Chemikalien dauerhaft fettdicht und nassfest gemachtes Zellstoffpapier, das industriell erstmals 1861 in England hergestellt wurde. Es entsteht in mehreren getrennten Arbeitsgängen. Vereinfachte Prozeßdarstellung: In einem ersten Schritt werden die Zellstofffasern stark zermahlen um eine Fettdichte zu erzeugen. Nachdem der Zellstoff im 2. Schritt zu Papier verarbeitet wurde, folgt der für die Pergamentierung relevante Schritt der Behandlung mit Schwefelsäure. Hierbei werden die Papierfasern an der Oberfläche des Papieres angelöst, so dass sich diese dauerhaft zu einer geschlossenen Oberfläche verbinden. Hierdurch wird eine hundertprozentige Fettdichte erreicht. Im letzten Prozeßschritt wird das Papier getrocknet. Pergamentpapier ist im Gegensatz zum Pergamentersatzpapier (ohne Schwefelsäurebehandlung) hochnassfest und nicht kompostierbar.
Das heutige Transparentpapier als Träger für von Hand angefertigte Technische Zeichnungen wird ebenfalls als Pergament bezeichnet.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Quellen
Zur Antike:
- Horst Blanck: Das Buch in der Antike. Beck, München 1992, ISBN 3-406-36686-4
- Otto Mazal: Griechisch-römische Antike. Akademische Druck- und Verlagsanstalt, Graz 1999, ISBN 3-201-01716-7 (Geschichte der Buchkultur; Bd. 1)
- Severin Corsten, Stephan Füssel und Günther Pflug (Hrsg.): Lexikon des gesamten Buchwesens. Bd. 5. 2., völlig neubearbeitete Auflage. Hiersemann, Stuttgart 1999, ISBN 3-7772-9904-9
- Hubert Cancik und Helmuth Schneider (Hrsg.): Der neue Pauly. Enzyklopädie der Antike. Bd.9. Metzler, Stuttgart u. Weimar 2000, ISBN 3-476-01479-7
- Helmut Hiller und Stephan Füssel: Wörterbuch des Buches. Sechste, grundlegend überarbeitete Auflage. Klostermann, Frankfurt a. M. 2002, ISBN 3-465-03220-9
[Bearbeiten] Literatur
- Pergament. Geschichte – Struktur – Restaurierung – Herstellung, hg. von Peter Rück [in memoriam Ronald Reed † 23. März 1990] Jan Torbecke Sigmaringen 1991 (Historische Hilfswissenschaften, Bd. 2)
[Bearbeiten] Weblinks
Kategorien: Beschreibstoff | Leder | Papyrologie | Buch | Kodikologie | Antike