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Philipp Ludwig I. (Hanau-Münzenberg)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Graf Philipp Ludwig I. (* 21. November 1553; † 4. Februar 1580) folgte seinem Vater in der Regierung der Grafschaft Hanau-Münzenberg im Jahr 1561.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Familie

Graf Philipp Ludwig I. wurde als Sohn des Grafen Philipp III. von Hanau-Münzenberg und der Pfalzgräfin Helena von Pfalz-Simmern geboren. Taufpaten waren:

Stammbaum von Graf Philipp Ludwig I.
Urgroßeltern

Graf Reinhard IV. von Hanau-Münzenberg (* 1473; † 1512)

Gräfin Katharina von Schwarzburg-Blankenburg (* 1470; † 1514)

Graf Bodo zu Stolberg (* 1467; † 1538)

Anna von Eppstein-Königstein (* 1482; † 1538)

Pfalzgraf Johann I. von Pfalz-Simmern (* 1459; † 1509)

Gräfin Johanna von Nassau-Saarbrücken (* 1464; † 1521)

Markgraf Christoph I. von Baden (* 1453; † 1527)

Gräfin Otilie von Katzenelnbogen (* 1451; † 1517)

Großeltern

Graf Philipp II. von Hanau-Münzenberg (* 1501; † 1529)
∞ 1.
Gräfin Juliana zu Stolberg (* ; † )

Pfalzgraf Johann II. von Pfalz-Simmern (* 1492; † 1557)

Markgräfin Beatrix von Baden (* 1492; † 1535)

Eltern

Graf Philipp III. von Hanau-Münzenberg (* 1526; † 1561)

Pfalzgräfin Helena von Pfalz-Simmern (* 1532; † 1579)

PhilippLudwig I.

Zur Familie vgl. Hauptartikel: Herren und Grafen von Hanau


Graf Philipp Ludwig I. heiratete Magdalene von Waldeck (* 1558; † August 1599). Über das Datum der Hochzeit gibt es drei verschiedene Angaben (2. Februar 1576[1], 5. Februar 1576[2], 6. Februar 1576[3]). Die Ehe galt wohl nicht als ganz standesgemäß[4]. Sie hatten vier gemeinsame Kinder:

  1. Philipp Ludwig II. (*18. November 1576; † 9. August 1612)
  2. Juliane (* 13. Oktober 1577; † 2. Dezember 1577), beigesetzt im Chor der Marienkirche in Hanau
  3. Wilhelm (* 26. August 1578; † 14. Juni 1579), beigesetzt ebenfalls im Chor der Marienkirche in Hanau
  4. Albrecht von Hanau-Münzenberg-Schwarzenfels (Albert) (* 12. November 1579; † 19. Dezember 1635)

Überliefert ist das Interesse des Grafen Philipp Ludwig I. am Sammeln von Münzen und Medallien.

[Bearbeiten] Jugend

[Bearbeiten] Kindheit

Biografische Unterlagen über Graf Philipp Ludwig I. gibt es ab dem Jahr 1560. Er wurde damals von seinem Vater als Amtmann von Steinau eingesetzt. Er war zu diesem Zeitpunkt sieben Jahre alt – es kann sich also nur um eine Sinekure gehandelt haben. Schon ein Jahr später starb sein Vater und er erbte die Grafschaft Hanau-Münzenberg. Das machte eine Vormundschaft erforderlich.

[Bearbeiten] Vormundschaft

Errichtet wurde die Vormundschaft auf Initiative seiner Mutter durch das Reichskammergericht. Zu Vormündern wurden – antragsgemäß – bestellt:

  • Graf Johann VI. von Nassau-Dillenburg, ein Stiefgroßonkel des Mündels, der mit diesem auch – über weit mehr Generationen – direkt verwandt war und
  • Graf Philipp IV. von Hanau-Lichtenberg, regierender Graf der zweiten Hanauer Linie und somit – allerdings sehr entfernt – verwandt mit dem Mündel.
  • Kurfürst Friedrich III. von der Pfalz wird zwar in der Literatur als Obervormund genannt. Dafür aber gibt es keine urkundlichen Belege.

Der mit dem Mündel viel enger verwandte Graf Reinhard I. von Solms, der schon als Vormund für den Vater des jetzigen Mündels tätig geworden war, wurde bei Errichtung der Vormundschaft offensichtlich übergangen – er hatte schon die Huldigung von Untertanen eingeholt und musste sie nun davon wieder entbinden. Dies geschah vor dem Hintergrund, dass Graf Reinhard I. von Solms altgläubig war, die Grafschaft Hanau sich aber mittlerweile politisch und das Grafenhaus verwandtschaftlich fest im Lager der Reformation befanden. Andererseits war der Gegensatz zwischen reformierter (pfälzischer) und lutherischer (hanau-lichtenberger) Richtung der Reformation noch nicht so ausgeprägt wie eine Generation später, als dies in der nächsten hanau-münzenbergischen Vormundschaft zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den konfessionsverschiedenen Vormündern führte. Jetzt stritt man eher über die konfessionelle Ausrichtung der zu wählenden Ausbildungsstätten für den Grafen, einigte sich letztendlich aber immer.

[Bearbeiten] Ausbildung

Der junge Graf Philipp Ludwig I. wird von seinen Erziehern als hoch intelligent und lernbegierig beschrieben. Ab 1563 wird seitens der Vormundschaft wegen einer auswärtigen Ausbildung des jungen Grafen sondiert. Als das zu nichts führte, kam er für drei Jahre an den Hof seines nassauischen Vormunds in Dillenburg, wo er zusammen mit Heinrich von Nassau (* 1550 – † 1574), dem jüngsten Bruder seines Vormunds, erzogen wurde. Beide werden anschließend auch gemeinsam auf Bildungsreise geschickt: 1567 – 1569 an die Universität Straßburg, ab 1569 an die Universität Tübingen[5]. Hier kam Graf Philipp Ludwig I. in Kontakt mit den sich heftig entfaltenden theologischen Kontroversen innerhalb der reformatorischen Bewegung.

Im Anschluss an den Aufenthalt in Tübingen sollte die Ausbildung in Frankreich fortgesetzt werden. 1572 traf Graf Philipp Ludwig I. in Paris ein. Hier hatte er auch Kontakt mit dem Führer der Hugenotten, Admiral Gaspard II. de Coligny, seigneur de Châtillon, und geriet mitten in das Massaker der Bartholomäusnacht, dem er nur knapp mit dem Leben entkam. Am 15. September 1572 war er wieder in Buchsweiler, der Residenzstadt der Grafschaft Hanau-Lichtenberg.

Die Studien wurden an der Universität Basel fortgesetzt, von wo aus er auch Exkursionen in die innere Schweiz unternahm. Dem schloss sich ab 1573 ein Italienaufenthalt an, bei dem zahlreiche Orte in Norditalien aufgesucht wurden, bevor das eigentliche Reiseziel, die Universität Padua, erreicht war. Von hier aus gelangte er studienhalber bis Rom. Der Rückweg führte ihn 1574 über Wien. Dieses Bildungsprogramm für einen Grafen war für die damalige Zeit außergewöhnlich facettenreich und durchaus nicht Standard.

[Bearbeiten] Heirat

Seine Heirat mit Magdalene von Waldeck, deren Familie eher in Richtung Landgrafschaft Hessen und Erzbistum Köln orientiert und ständisch auch niedriger einzustufen war als die Grafen von Hanau, erfolgte gegen den anfänglichen Widerstand seines Nassauer Vormunds, der eine Heirat in das Umfeld des eigenen Clans bevorzugte. Es scheint zum einen eine Liebesheirat gewesen zu sein, vielleicht aber gerade auch ein bewusstes Absetzen gegen den politisch dominierenden Einfluss des Nassauers in der Grafschaft Hanau-Münzenberg[6].

[Bearbeiten] Regierung

Am 13. November 1562 passierte Kaiser Ferdinand I. auf dem Weg zur Krönung seines Sohnes Maximilian II. am 24. November 1562 in Frankfurt am Main die Residenz Hanau, erhielt einen Empfang und begab sich zur Jagd.

1563 wurde in Hanau ein Konsistorium eingerichtet und damit die Reformation auch auf der Ebene der Verwaltung institutionalisiert. Das Hanauer Konsistorium bildete zunächst eine Abteilung der gräflichen Kanzlei. Erst unter dem Sohn des Grafen Philipp Ludwig I., Graf Philipp Ludwig II., wird diese oberste Kirchenbehörde 1612 von der Kanzlei emanzipiert und eine eigenständige Einrichtung.

1571 wird das Solmser Landrecht, eine Auftragsarbeit der Grafen zu Solms, publiziert. Da die Rechtslage in den benachbarten Territorien aber sehr ähnlich war, verbreitete es sich im Gebiet des Wetterauer Grafenvereins schnell. Lokale Abweichungen wurden durch örtliche Bekanntmachungen veröffentlicht[7]. In der Grafschaft Hanau-Münzenberg wurde die Rechtssammlung spätestens seit 1581 verwendet.

Die seit 1575 eigenständige Regierung Grafen Philipp Ludwig I. ist geprägt von vorsichtigem Manövrieren in dem sich unter der multi-konfessionellen Belastung und dem Streben der Reichsterritorien nach staatlicher Konsolidierung immer mehr anspannenden Netz der politischen Beziehungen im Reich und in der Region. 1578 wird die (lutherische) Kirchenordnung der Grafschaft Hanau-Lichtenberg auch in der Grafschaft Hanau-Münzenberg eingeführt. Graf Philipp Ludwig I. agiert also auch hier vorsichtig und verzichtet – wohl entgegen persönlicher Überzeugung – auf das radikalere reformierte Modell. Diese „zweite Reformation“, die Hinwendung zum reformatorischen Lager, erfolgt erst unter seinem Sohn und Nachfolger, Graf Philipp Ludwig II.

Unter der Regierung des Grafen Philipp Ludwig I. konnte Hanau endgültig die Dörfer Dorheim, Schwalheim, Rödgen, die vormaligen Klöster Konradsdorf und Hirzenhain und ein Drittel von Ortenberg den Grafen zu Stolberg abkaufen, Gebiete, die vorher schon an Hanau verpfändet waren. Außerdem kaufte er Ober- und Niedereschbach, Steinbach und Holzhausen.

[Bearbeiten] Tod

Der Tod des Grafen Philipp Ludwig I. trat sehr plötzlich ein. Zwar habe er drei oder vier Tage vor seinem Tod über Schwachheit und Übelkeit geklagt, das aber selbst nicht sehr ernst genommen. Er sei „zwischen 4 und 5 Uhren nach Mittag durch ein Ohnmacht, welche Ihre gnaden gantz unversehentlich uber Disch undt Spielen angekommen“ verstorben[8].

Er wurde im Chor der Marienkirche in Hanau, auf der rechten Seite, also in der Nähe der Südwand des Chores, in unmittelbarer Nähe seines Vaters bestattet. Ihm wurde dort ein kunsthistorisch bedeutendes Epitaph, eine bedeutende Schöpfung der Hochrenaissance, errichtet. Nach dessen Zerstörung im Zweiten Weltkrieg sind davon nur noch einige Bruchstücke erhalten, die im Historischen Museum Hanau aufbewahrt werden. Vier leere Konsolen an der Südwand des Chores weisen auf den ehemaligen Standort hin.

Seine Witwe Gräfin Magdalene, geb. von Waldeck, heiratete 1581 erneut und zwar Graf Johann VII. von Nassau-Siegen.

[Bearbeiten] Verweise

  1. Varnhagen, Bd. 2, S. 70
  2. Glawischnig
  3. Dek, S. 232
  4. vgl. Menk, S. 154f u. G. Schmidt, S. 548
  5. Die Immatrikulation erfolgte am 9. September 1569: Heinrich Hermelink, Die Matrikeln der Universität Tübingen, Bd. 1, Stuttgart 1906, S. 497
  6. vgl. Menk, S. 154f u. G. Schmidt, S. 548
  7. Abweichungen für Hanau bei: Kersting, S. 388
  8. Hatstein

[Bearbeiten] Literatur

  • Adrian Willem Eliza Dek, De Afstammelingen van Juliana van Stolberg tot aan het jaar van de vrede van Munster, Zaltbommel, 1968.
  • Reinhard Dietrich, Die Landesverfassung in dem Hanauischen = Hanauer Geschichtsblätter 34, Hanau 1996. ISBN: 3-9801933-6-5
  • Rolf Glawischnig, Niederlande, Kalvinismus und Reichsgrafenstand 1559 – 1584. Nassau-Dillenburg unter Graf Johann VI. = Schriften des Landesamtes für geschichtliche Landeskunde 36, Marburg 1973.
  • Hatstein (handschriftliche Chronik im Archiv des Hanauer Geschichtsvereins)
  • Carl Heiler, Johann Adam Bernhards Bericht von der Jugendzeit des Grafen Philipp Ludwig I. von Hanau, in: Hanauisches Magazin 11 (1932), S. 25-31.
  • Heinrich Neumann, eine gräfliche Reise vor mehr als 350 Jahren, in: Hanauisches Magazin 11 (1932), S.92.
  • Reinhards von Isenburg, Grafen zu Büdingen, an den jungen Grafen Philipp Ludwig in Anno 1563 den 6. Dec. selbst verfertigtes Consilium, sich vor und in der Regierung zu verhalten, in: Hanauisches Magazin 8 (1785), 32. – 34. Stück.
  • Hermann Kersting, Die Sonderrechte im Kurfürstenthume Hessen. Sammlung des Fuldaer, Hanauer, Isenburger, Kurmainzer und Schaumburger Rechts, einschließlich der Normen für das Buchische Quartier und für die Cent Mittelsinn, sowie der im Fürstenthume Hanau recipirten Hülfsrechte, Fulda 1857
  • Gerhard Menk, Philipp Ludwig I. von Hanau-Münzenberg (1553-1580). Bildungsgeschichte und Politik eines Reichsgrafen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, in: Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte 32 (1982), S. 127 – 163.
  • Georg Schmidt, Der Wetterauer Grafenverein = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 52, Marburg 1989. ISBN 3-7708-0928-9
  • Reinhard Suchier, Genealogie des Hanauer Grafenhauses, in: Festschrift des Hanauer Geschichtsvereins zu seiner fünfzigjährigen Jubelfeier am 27. August 1894, Hanau 1894.
  • Johann Adolf Theodor Ludwig Varnhagen, Grundlage der Waldeckischen Landes- und Regentengeschichte, Arolsen 1853.
  • K. Wolf, Die vormundschaftliche Regierung des Grafen Johann des Älteren von Nassau-Dillenburg, in: , in: Hanauisches Magazin 15, S. 81 u. 16, S. 1.
  • Ernst J. Zimmermann, Hanau Stadt und Land, 3. Auflage, Hanau 1919, ND 1978.


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