Potsdam-Babelsberg
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Babelsberg ist der größte Stadtteil Potsdams und heute vor allem als Medienstandort (u.a. Filmstudio, Filmpark, Hauptsitz des RBB, Sitz der HFF) bekannt. Auch durch den Park Babelsberg mit dem namensgebenden Berg (früher auch Pavelberg, Boberow, Babertsberg sowie der Name: Nowawes welcher bis in den 1930-iger Jahren geläufig war), dem Schloss und weiteren historischen Bauten sowie sein um 1900 entstandenes Villenviertel Neubabelsberg hat der Stadtteil Bedeutung über die Grenzen Potsdams hinaus gewonnen.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Geschichte

Die erste Ansiedlung auf dem Gebiet des heutigen Potsdamer Stadtteils Babelsberg war das auf einer Erhebung in der Nutheniederung gelegene Dorf Neuendorf (slawisch Nova Ves, wodurch sich die spätere Bezeichnung Nowawes erklärt), ein Rundplatzdorf mit einer Kirche auf dem Anger. Diese Siedlungsform ist als frühdeutsche Siedlung aus einem slawischen Rundweiler hervorgegangen.
Der im Landbuch Kaiser Karls IV. 1375 erwähnte Ort wurde mehrfach verpfändet und im Dreißigjährigen Krieg stark beschädigt. Erst 1737 kamen neue Ansiedler. Die Lehmfachwerkbauten wurden um 1850 durch massive Häuser ersetzt. Auf dem zentralen Dorfplatz, dem Neuendorfer Anger, südlich einer alten Fachwerkkirche (erbaut 1585) wurde 1850 bis 1852 ein vom Bauinspektor Christian Heinrich Ziller nach dem Vorbild der Gereonskirche in Köln entworfener achteckiger Backsteinbau (Oktogon, seit 1998 im Wiederaufbau) erbaut. Durch die rasant wachsenden Bevölkerungszahlen erwies sich der unverputzte gelbe Bau, der nach den Ideen Friedrich Wilhelms IV. errichtet wurde, jedoch schnell als zu klein. 1898/1899 entstand an der Stelle der alten Fachwerkkirche ein neuer Kirchbau nach den Plänen von Ludwig von Tiedemann, die neugotische Bethlehemkirche. Infolge der starken Kriegsbeschädigungen wurden die Reste der Bethlehemkirche sowie des angrenzenden 55 Meter hohen Glockenturms 1952 gesprengt. Der Grundriss der Bethlehemkirche ist durch in den Rasen des Angers eingefügte Ziegelsteine sichtbar gemacht worden. Im November 2002 wurde das Richtfest der wiederhergerichteten alten achteckigen Neuendorfer Kirche gefeiert. Trotz der noch nicht abgeschlossenen Restaurierungsarbeiten wird das Gebäude derzeit bereits für Konzerte, Christvespern und Ausstellungen genutzt.
Das Rathaus wurde nach einem Entwurf von O. Kerwin 1898/1899 erbaut. Nowawes erhielt 1924 Stadtrecht. Seit der Anlage einer Bahnstation 1862 zwischen Nowawes und dem Griebnitzsee entstand die Villenkolonie Neubabelsberg. Nowawes und Neubabelsberg wurden 1938 zur Stadt Babelsberg zusammengeschlossen, die schließlich 1939 mit Potsdam vereinigt wurde.
Im Rahmen der Potsdamer Konferenz am 7. August 1945 quartierten sich Josef Stalin, Harry S. Truman und Winston Churchill in der Villenkolonie Neubabelsberg ein. Babelsberg hatte eine direkte Grenze zu West-Berlin, deshalb verliefen weite Teile der Berliner Mauer an der Grenze zu Babelsberg. Bemerkenswert ist die dauerhafte, westliche Exklave Berlin-Steinstücken, diese war während der Deutschen Teilung von Babelsberger Gebiet umschlossen, gehörte aber zu Westberlin.
[Bearbeiten] Wirtschaftsgeschichte
[Bearbeiten] Weberkolonie
Nordöstlich des alten Dorfes gründete Friedrich der Große 1751 für evangelische Böhmen eine Weber- und Spinnerkolonie (Weberviertel), die nach der Herkunft ihrer Bewohner mit dem böhmischen Namen „nowa wes“ (= dt. „neues Dorf“) benannt wurde. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich Nowawes zum Industriestandort. Die vor allem an der Nuthe und an der Eisenbahnstrecke Berlin–Potsdam entstehende Textilindustrie führte bald zu einer Verschmelzung mit dem alten Dorf Neuendorf, die 1904 auch verwaltungstechnisch vollzogen wurde. 1924 wurde Nowawes Stadt. 1938 kam die Villenkolonie Neubabelsberg hinzu. 1939 wurde Babelsberg an Potsdam angegliedert.
[Bearbeiten] Lokomotiven aus Babelsberg
Mit der Entwicklung der Industrie im Großraum Berlin in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts siedelten sich auch im Umland Zweigwerke an. In der Nähe des Bahnhofs Drewitz baute die Berliner „Märkische Lokomotivfabrik Orenstein & Koppel OHG“ 1899 ein Zweigwerk mit einer umfangreichen Kesselschmiedeanlage. Die des Öfteren so bezeichnete „Drewitzer Lokomotivenfabrik“ lag allerdings nicht im benachbarten Stadtteil Drewitz, sondern auf Babelsberger beziehungsweise seinerzeit Neuendorfer Gelände. Unter der Bezeichnung „AG für Feld- & Kleinbahnen-Bedarf, vormals Orenstein und Koppel“ war das Werk bis zum Zweiten Weltkrieg der große Hersteller für Feldbahn- und Baulokomotiven. So wurden u.a. Einheitslokomotiven der Baureihen 44 und 50 und die Kriegslokomotive der Baureihe 52 in Babelsberg gebaut.
Unter dem Namen LKM „Lowa Lokomotivbau Karl Marx, Babelsberg“ setzte das Werk 1947, zur DDR-Zeit als Volkseigener Betrieb, die Produktion fort. Darunter waren beispielsweise Diesellokomotiven der DR-Baureihen V 100 und der V 180. 1964 kam es zur teilweisen Einstellung des Lokomotivbaus, die letzte Lieferung einer Dieselokomotive erfolgte 1976. Parallel kam es zur grundlegenden Änderung der Produktionslinie, das Werk erhielt den neuen Namen „VEB Kombinat Luft- und Kältetechnik, Betrieb Karl Marx, Babelsberg“. Nach erneuter Produktionsumstellung wurden ab 1976 unter dem Namen „VEB Maschinenbau Karl Marx“ Autodrehkräne hergestellt.
Heute befindet sich auf dem Industriegelände ein Gewerbepark.
Die im Eisenbahnbau deutschlandweit einmalige Fabrik lieferte:
- zwischen 1899 und 1945 rund 13.000 Dampflokomotiven,
- zwischen 1930 und 1943 rund 1.500 Diesellokomotiven,
- zwischen 1947 und 1976 als „LKM“ rund 7.800 Lokomotiven beider Typen.
[Bearbeiten] Bahnhöfe
Babelsberg hat drei Bahnhöfe. Zwei davon liegen an der Stammbahn und werden von der S-Bahnlinie S7 bedient: Babelsberg (bis 1938 Nowawes) und Griebnitzsee (früher Neubabelsberg, 1938 bis 1949 Babelsberg-Ufastadt) mit Anbindung Regionalbahnlinie RB 22. Ein dritter Bahnhof liegt an der Wetzlarer Bahn: Medienstadt Babelsberg, früher Drewitz, hier verkehren der Regionalexpress RE 7 und die Regionalbahnlinie RB 33.
[Bearbeiten] Wissenschaft
In Babelsberg befinden sich zwei Standorte der Universität Potsdam, der Sitz der Hochschule für Film und Fernsehen Potsdam (HFF) „Konrad Wolf“, sowie das Astrophysikalische Institut Potsdam (AIP).
[Bearbeiten] Medien
Babelsberg war bereits in den 1920er Jahren ein bekannter Medienstandort. Viele deutsche Filmklassiker der Ufa wurden in den Babelsberger Filmstudios gedreht. Für ihre Zwecke der Propaganda nutzten die Nationalsozialisten ab 1933 die Ufa-Studios unter der Federführung des Reichministers für Volksaufklärung und Propaganda Goebbels. Bald schon wurde der „Schirmherr des deutschen Films“ wegen seiner zahlreichen Liebschaften ironisch als „Bock von Babelsberg“ bezeichnet. Am 24. April 1945 besetzte die Rote Armee das Babelsberger Filmgelände. In der DDR-Zeit übernahm die staatliche DDR-Filmgesellschaft DEFA die Studios, die heute auch für einige Hollywood-Produktionen attraktiv sind.
Nach der Wende wurde mit einem enormen Investitionsaufwand die Medienstadt Babelsberg errichtet. Auf dem Gelände befindet sich ein Produktionsstandort des RBB (Rundfunk Berlin-Brandenburg, ehemals ORB) mit mehreren Rundfunk- und Fernsehstudios. Außerdem das Filmstudio Babelsberg, das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) und kleinere Medienunternehmen für Film und Fernsehen. Mit dem Filmpark Babelsberg verfügt der Stadtteil von Potsdam über einen Vergnügungspark zum Thema Film und Fernsehen.
[Bearbeiten] Fußball
Babelsberg ist Sitz der Fußballvereine SV Babelsberg 03 und FSV Babelsberg 74. Im Babelsberger Karl-Liebknecht-Stadion trägt außerdem der Frauenfußballclub 1. FFC Turbine Potsdam seine Spiele aus.
[Bearbeiten] Quellen, Literatur, Weblinks
Commons: Babelsberg – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
Commons: Filmpark Babelsberg – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
[Bearbeiten] Literatur
- Karin Carmen Jung: Die Böhmische Weberkolonie Nowawes 1751-1767 in Potsdam-Babelsberg, Bauliche und städtebauliche Entwicklung, Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung, ISBN 3-7759-0407-7
- Filmmuseum Babelsberg: Babelsberg - Gesichter einer Filmstadt, Henschel Verlag Berlin. ISBN 3-89487-508-9
[Bearbeiten] Weblinks
- Potsdam-Babelsberg – Offizielle Webseite
- Orenstein & Koppel AG – ehemalige Lokomotivfabrik, Quelle zum Abschnitt „Lokomotiven“
- Förderverein Alte Neuendorfer Kirche und Neuendorfer Anger e. V. Potsdam
Koordinaten: 52° 24' N, 13° 7' O