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Rathenauplatz - Wikipedia

Rathenauplatz

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Der Kölner Rathenauplatz ist ein kleiner Park im Stadtteil Köln-Neustadt Süd. Der 2,8 Hektar große Platz liegt heute umgeben von dichter Bebauung nahe den Ringstraßen um das Stadtzentrum von Köln im Carré Roonstraße, Zülpicher Straße, Dasselstraße und Lindenstraße.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Kölner Grünpolitik im 19. Jahrhundert

Köln war zu Beginn des 19. Jahrhunderts arm an städtischen Grünflächen. Im März 1822 wurde aus Vertretern der städtischen und staatlichen Behörden sowie anderen angesehenen Bürgern die städtische „Kommission für öffentliche Anlagen und Verschönerungen der Stadt Köln“ gebildet. Dass öffentliche Parkanlagen einen großen Wert und Nutzen für die Bewohner einer mehr und mehr wachsenden Stadt haben, erkannten nicht nur die Kölner Stadtväter.

Zitat Steinberger, Oberbürgermeister der Stadt Köln, in der Ratssitzung am 29. Mai 1826: „Da wohl nicht leicht eine andere Stadt, mit der unseren in gleicher Linie stehend, an Spaziergängen und öffentlichen Anlagen in ihrer nächsten Umgebung so arm ist wie Köln, da namentlich unsere Nachbarstädte ... wetteifernd neue Schöpfungen hervorrufen oder ihre alten erweitern und veredeln,“ sei es an der Zeit, dass auch in Köln öffentliche Parkanlagen angelegt werden.

In diesem Zusammenhang wurde der von Peter Joseph Lenné als erster kommunaler Volkspark geschaffene Magdeburger Volksgarten (1824-1829) als „herrliches Beispiel“ gelobt. So entstand in den Jahren 1827-1828 als erstes der Stadtgarten (Köln) nach einem Parkentwurf von Jakob Greiß. Adolf Kowallek, der als neuer Kölner Gartendirektor 1888 die Planung des Grüns in der Kölner Neustadt übernahm, gestaltete die bedeutendsten Anlagen der Stadt des ausklingenden 19. Jahrhunderts, wie den Volksgarten Köln, den Römerpark und den Stadtwald Lindenthal. Auch Teile der Kölner "Promenaden" Anlagen auf den Ringstraßen gehen auf seine Entwürfe zurück.

Nachdem also größere Vorhaben realisiert waren, wandte man sich auch „kleineren“ Verschönerungen des Stadtbildes zu.

[Bearbeiten] Anlage des Stadtviertels

Rathenauplatz, 1883
Rathenauplatz, 1883
Stadtbaumeister-Stuebben, Gedenktafel am Hahnentor Rudolfplatz
Stadtbaumeister-Stuebben, Gedenktafel am Hahnentor Rudolfplatz

Vor 1875 lag das Gebiet um den späteren Rathenauplatz außerhalb der Stadtmauern Kölns, und diente als freies Feld dem Ackerbau. Die nachfolgende Entwicklung kann man als rasant bezeichnen. Zwanzig Jahre kämpften die Stadtväter auf administrativer Ebene gegen das die Innenstadt umgebende mittelalterliche, in Anbetracht „moderner“ Geschütze untauglich gewordene Festungswerk.

1881 wurde mit dem Abriss begonnen, Stück um Stück wurde die Stadtmauer bis auf wenige heute noch vorhandene Tore, Türme und Mauerteile abgetragen. Die an den Fiskus zu zahlenden zwölf Millionen Mark für die alte Umwallung (ebensoviel für die Neuanlage der Ringstraßen), wurden durch Grundstücksverkäufe wieder hereingeholt. Diese Stadterweiterung mit Ringstraßen und Neustadt wurde dann ab 1887 nach den Plänen des damaligen Stadtbaumeisters Josef Stübben angelegt.

Schon 1882 befand sich das Viertel dann innerhalb der Stadtgrenzen. In der Mitte sollte ein Park in Dreiecksform liegen; am Fuß des Parks befand sich die Roonstraße mit dem Platz. Bis zum Jahr 1890 war die Roonstraße nur mäßig bebaut, Lochner- und Meister-Gerhard-Straße befanden sich im Bau, die Görresstraße wurde einige Jahre später in Angriff genommen. Der projektierte „Volksgarten“ in diesem Gelände wurde verlegt. Während dieser Stadterweiterung, sie war im Bereich „Rathenauviertel“ fortgeschritten bis zum Zülpicher- und Lindentor, wurden Teile des Geländes am Rand der “Weyer- oder Kreuzkaul”, einer zwischen Stadtmauer und erstem Festungsrayon liegenden sumpfigen Senke, durch Aufschüttungen als Bauland nutzbar.

[Bearbeiten] Anlage des Platzes

Koenigsplatz, um 1910
Koenigsplatz, um 1910

Die übrig gebliebene Kuhle war ein Feuchtgebiet und lag für Bauvorhaben zu tief. Da man mit diesem Gebiet nichts anfangen konnte, wurde es in einen Platz umgewandelt. Verwirklicht wurde eine vom städtischen Gartendirektor Adolf Kowallek vorgeschlagene Begrünung des ca. 27.700 m² großen Platzes: Rundum eine Allee mit Platanen, in der Mitte eine mit Sträuchern umrandete Rasenanlage. Insgesamt wurden mehr als 200 Bäume und 260 Meter blühende Sträucher, insbesondere Flieder, gepflanzt. An zwei Punkten legte man Kinderspielplätze an, zahlreiche Bänke boten ausreichende Sitzgelegenheiten. Um den Platz mit den angrenzenden Straßen zu verbinden, wurden entsprechende Wege angelegt.


[Bearbeiten] Platznamen als Ausdruck des Zeitgeistes

Gedenkstein für Walter Rathenau
Gedenkstein für Walter Rathenau

[Bearbeiten] Königsplatz

Die Benennung des Platzes geschah in Erinnerung an König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen (1795 – 1861). Nachdem sich die Stadtverordneten im Jahre 1887 nicht auf die Benennung nach König Friedrich Wilhelm IV. einigen konnten, beschloss man, ihn Königsplatz zu nennen.

[Bearbeiten] Rathenauplatz

Seinen majestätischen Namen behielt der Platz nur bis 1923 zu Beginn der Weimarer Republik. Der bis dato in vielfältigen wirtschaftlichen und politischen Ämtern wirkende Walter Rathenau wurde im Februar 1922 zum Außenminister ernannt. Nachdem schon wenige Monate später im Juni 1922 der Politiker von Rechtsradikalen ermordet wurde, fanden in vielen Städten, so auch in Köln, teils gewalttätige Demonstrationen statt. Schon im Juli wurde von der sozialdemokratischen Fraktion ein Antrag bezüglich einer Straßenumbenennungen an den Rat der Stadt Köln eingebracht. Seitdem stand der Vorschlag im Raum, zum Gedenken für die ermordeten Politiker Walter Rathenau und Matthias Erzberger (dieser wurde ein Jahr zuvor umgebracht), geeignete Straßen oder Plätze umzubenennen. Schließlich erhielt der Königsplatz 1923 nach langwierigen Diskussionen im Stadtrat den Namen Rathenauplatz.

[Bearbeiten] Horst-Wessel-Platz

Geschwister Schwin, Horst-Wessel-Platz 1934
Geschwister Schwin, Horst-Wessel-Platz 1934

Während der Zeit des Nationalsozialismus gab es in vielen Städten Deutschlands die obligatorische „Adolf-Hitler-Straße" und den „Horst-Wessel-Platz". Auch die Stadt Köln folgte mit der Umbenennung des Rathenau- in Horst Wessel-Platz diesem Trend.

Horst Ludwig Wessel (* 9. Oktober 1907 in Bielefeld; † 23. Februar 1930 in Berlin) war Student der Rechtswissenschaften und SA-Sturmführer, der sich gelegentlich literarisch betätigte. Bei einem Überfall wurde Wessel niedergeschossen und starb einige Wochen später im Krankenhaus an den Folgen der schweren Verletzungen. Von der NSDAP wurde in der Folgzeit sein Tod zum Märtyrertod hochstilisiert.

Nach Ende des Krieges wurde der Platz wieder zurückbenannt in Rathenauplatz.

[Bearbeiten] Rathenauviertel

Während beispielsweise Kriel, Nippes oder Mülheim im Zuge der Eingemeindungen von einer eigenständigen Gemeinde zu einem Kölschen Veedel wurden, entstand das Rathenauviertel in Folge der 1881 begonnenen Stadterweiterung auf dem Reißbrett.

Das Wohngebiet zwischen Ringstraßen und Universität heißt offiziell Rathenauviertel nach dem Rathenauplatz in seiner Mitte, ist aber auch bekannt unter Zülpicher Viertel (nach dem Beginn der Zülpicher Straße ab dem Zülpicher Platz), als Univiertel wegen seiner Nähe zur Universität oder als Kwartier Latäng.

Im Kwartier Lateng, in Anspielung auf das Pariser "Quartier Latin", befinden sich zahlreiche kleine freie Privattheater, es ist ein Veedel mit Szenekneipen und Gaststätten mit vielfältiger ausländischer Küche. 1977 gründet sich die Bürgergemeinschaft Rathenauplatz e.V.

[Bearbeiten] Boissereestraße

Gerbermühle, Sulpiz Boisserée 1817
Gerbermühle, Sulpiz Boisserée 1817

Sulpiz Boisserée (1793 - 1854) war als Kunstkenner und Sammler bekannt, lernte im Jahre 1813 Friedrich Wilhelm IV kennen und war wie dieser nicht unwesentlich an der Durchführung des Domfortbaues beteiligt.

[Bearbeiten] Görresstraße

Der Namensgeber der Görresstraße, Josef Görres (1776 - 1854), hatte sich in Wort und Schrift für den Kölner Dom eingesetzt. Görres war der Gründer und erste Herausgeber der Zeitung Rheinischer Merkur. Er war 1841/1842 neben Sulpiz Boisserée und August Reichensperger einer der Initiatoren bei der Gründung des Zentral-Dombau-Vereins zu Köln.

[Bearbeiten] Lochnerstraße

Stefan Lochner, Mittelteil des dreiteiligen Flügelaltars der Kölner Stadtpatrone
Stefan Lochner, Mittelteil des dreiteiligen Flügelaltars der Kölner Stadtpatrone
Stephan-Lochner-Grundschule
Stephan-Lochner-Grundschule

Stefan Lochner malte 1442 ein noch heute im rechten Seitenflügel des Doms zu sehendes Stadtpatronenbild. Er handelte im Auftrag des Rates der Stadt Köln, als er das Dombild schuf.

[Bearbeiten] Schule Lochnerstraße

In einem dreigeschossigen repräsentativen Backsteinbau, der 1897-99 von Stadtbaumeister Friedrich Carl Heimann errichtet wurde, ist heute die Stephan-Lochner-Grundschule untergebracht. Das Gebäude fällt durch den seine Mittelachse betonenden Stufengiebel auf. Solche Schulgebäude mit ihrer aufwändigen Fassadengestaltung wurden im Sprachgebrauch damals als „Schulpalast“ bezeichnet, griffen sie doch in ihrer Architektur Gestaltungselemente des Schlossbaus auf.

[Bearbeiten] Meister-Gerhard-Straße

Meister Gerhard von Ryle (um 1248), war der erste Kölner Dombaumeister.

[Bearbeiten] Heinsbergstraße

Philipp von Heinsberg, von 1168 -1191 Erzbischof von Köln.

[Bearbeiten] Roonstraße

Entlang der Roonstraße (Albrecht von Roon) gegenüber der Synagoge, wird auf dem Rathenauplatz vom Verkehr durch Bäume und Buschwerk abgeschirmt, im Sommer oftmals Boule bzw. Pétanque gespielt, ein kühles Kölsch im Biergarten genossen oder den Kindern beim Spielen auf dem Spielplatz zugesehen.


[Bearbeiten] Synagoge Roonstraße

Die Kölner Synagoge wurde 1893-99 von den Kölner Architekten Emil Schreiterer und Bernhard Below in neuromanischer Form errichtet, in der Reichspogromnacht 1938 fast vollständig zerstört, 1958/59 vom Architekten Helmut Goldschmidt, einem der Repräsentanten des modernen jüdischen Sakralbaus der Nachkriegszeit in Deutschland, wiederhergestellt.

Der Innenraum erhielt eine vollständige Neufassung. Die Synagoge ist religiöses und kulturelles Zentrum der Synagogen-Gemeinde Köln. Der Komplex ist überdies ausgestattet mit Mikwe (Ritualbad), Festsaal, Gedenkhalle, Museum und koscherem Restaurant.

[Bearbeiten] Literatur

  • Karnau, Oliver: Hermann Josef Stübben, Städtebau 1876 - 1930. Braunschweig / Wiesbaden 1996 - ISBN 3528081104
  • S. Roeseling: Das braune Köln, Emons-Verlag, Köln 1999
  • Schule im Wandel der Zeiten - Schule Lochnerstraße 1899 - 1974, 75 Jahre Festschrift
  • Anne Sass: Mehr als nur „Kwartier Latäng“. Leben am Rathenauplatz, Köln 1994 - ISBN 3761611331
  • Heike Müller: Geschichte der Landschaftsarchitektur und Gartendenkmalpflege, Diplomarbeit, T U Dresden
  • Sabine Simon: Schreiterer & Below - Ein Kölner Architekturbüro zwischen Historismus und Moderne. G. Mainz, Aachen 1999. ISBN 3896534750.

Koordinaten: 50° 55' 52" N, 6° 56' 10" O

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