Türkentaube
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Türkentaube | ||||||||||||
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Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Streptopelia decaocto | ||||||||||||
(Frivaldszky, 1838) |
Die Türkentaube (Streptopelia decaocto) ist eine Vogelart aus der Familie der Tauben (Columbidae). Sie hat ihren Namen deshalb, weil die Art erst seit den 1930er Jahren aus Südosten nach Mittel- und inzwischen auch nach Nordeuropa eingewandert ist.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Aussehen
Die Türkentaube ist 31 bis 33 cm lang und damit etwa so groß wie die Stadttaube. Sie ist jedoch leichter und wirkt viel schlanker und zierlicher. Ihre Flügelspannweite beträgt 47 bis 55 cm und sie wird 150 bis 200 Gramm schwer. Die Geschlechter sehen gleich aus: Das Gefieder ist einheitlich hell-beigebraun, nur die Flügelspitzen sind etwas dunkler, der Kopf und die Unterseite ein klein wenig heller. Das rötliche Auge hat einen schmalen weißen Augenring. Auffälligstes Merkmal ist der schwarze Nackenring.
Der Ruf ist ein dumpfes dreisilbiges Gurren, das wie bei vielen Taubenarten eine Betonung auf der zweiten Silbe hat.
[Bearbeiten] Lebensraum
Türkentauben sind Kulturfolger. Sie stammen ursprünglich aus Asien, aber da sie auch in nördlicheren Bereichen Europas durch landwirtschaftliche und Hausabfälle ein immer besseres Nahrungsangebot vorfanden, dehnten sie sich im Laufe des letzten Jahrhunderts über ganz Europa aus. Inzwischen dringen sie weiter nach Nordosten vor. Ihr Vordringen in der Mitte des letzten Jahrhunderts konnte detailliert beobachtet und aufgezeichnet werden. Sie haben sich nun als Standvögel etabliert und leben in Parks und Gärten, immer in der Nähe von Siedlungen, gerne in ruhigen Wohngebieten, in denen es ein paar Nadelbäume gibt. Letztere brauchen sie, da sie bevorzugt in Nadelbäumen brüten. Sie sind nicht sehr scheu.
[Bearbeiten] Ausbreitung im 20. Jahrhundert
Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet der Türkentaube reichte von der europäischen Türkei bis nach Japan (sie ist das Wappentier der japanischen Präfektur Saitama).
In den 1930er Jahren begann die spektakuläre Ausbreitung der Türkentauben nach Europa. Sie erreichten im Jahr 1947 Wien, 1949 die Niederlande, 1950 Belgien, Schweden und das Elsass. Um das Jahr 1960 erreichten sie die Britischen Inseln. Sie breiten sich weiter nach Westen und Osten aus, in einigen Bereichen auch noch nach Norden; die Vorstoßgeschwindigkeit hat sich aber deutlich verlangsamt, viele der suboptimalen Bruthabitate wurden wieder geräumt. Da die Taube in einigen Staaten jagdbares Wild ist, spielt auch der Abschuss als bestandslimitierender Faktor eine Rolle. Im Jahr 1970 wurden sie auf den Bahamas zufällig eingeführt und besiedelten von dort 1982 Florida. Bis zum Jahr 1999 sind sie in 22 Staaten der USA nachgewiesen und breiten sich weiter aus.
[Bearbeiten] Die Nordwestausbreitung
![Die Ausbreitung der Art seit 1900 rot: Verbreitung der stark migrierenden Vögel um 1900 orange: Verbreitung bis 1928 cyan: Vorstoßkeil bis 1938 blau: 1946: Ausbreitung entlang der Adriaküste und Keil bis nach Ostösterreich und Mitteltschechien. Auffüllung der südöstlichen Gebiete gelb: 1949: Erreichen der Nordseeküste; starke Populationszuwächse im Westen und Südwesten hellgrün: 1957: Dänemark und vereinzelt Südschweden werden erreicht. Ebenso flächendeckend die Niederlande und Belgien. Im Osten wird Ostpolen bis an die Ostseeküste besiedelt; die südöstlichen Gebiete werden weiter aufgefüllt. violett: 1963: Großbritannien, und Südskandinavien werden erreicht. Gleichzeitig große Arealausweitungen im Osten und Westen. dunkelgrün: 1973: Die britannischen und nordwestfranzösischen Tauben erreichen Irland.](../../../upload/shared/thumb/c/ca/Streptopelia_decaocto_Ausbreitung.png/400px-Streptopelia_decaocto_Ausbreitung.png)
rot: Verbreitung der stark migrierenden Vögel um 1900
orange: Verbreitung bis 1928
cyan: Vorstoßkeil bis 1938
blau: 1946: Ausbreitung entlang der Adriaküste und Keil bis nach Ostösterreich und Mitteltschechien. Auffüllung der südöstlichen Gebiete
gelb: 1949: Erreichen der Nordseeküste; starke Populationszuwächse im Westen und Südwesten
hellgrün: 1957: Dänemark und vereinzelt Südschweden werden erreicht. Ebenso flächendeckend die Niederlande und Belgien. Im Osten wird Ostpolen bis an die Ostseeküste besiedelt; die südöstlichen Gebiete werden weiter aufgefüllt.
violett: 1963: Großbritannien, und Südskandinavien werden erreicht. Gleichzeitig große Arealausweitungen im Osten und Westen.
dunkelgrün: 1973: Die britannischen und nordwestfranzösischen Tauben erreichen Irland.
Der frühere Erklärungsansatz einer populationsabhängigen Dismigration der Taube wird heute zunehmend zugunsten einer genetischen Erklärung fallen gelassen. Auswertungen historischer Quellen ergaben für den Beginn der Expansion in den Quellgebieten der Art in Kleinasien eine ziemlich geringe Population, zum Teil wird sogar von einem Populationszusammenbruch gesprochen. Innerhalb dieser Population scheint die Veranlagung zu weiter Dismigration vor allem in Nordwestrichtung überproportional hoch gewesen zu sein. Diese Eigenschaften etablierten sich in zunehmendem Maße, da sich immer häufiger Tiere mit diesen genetischen Dispositionen paarten. Diese Gendrift-Hypothese wird vor allem durch folgende Fakten unterstützt:
- Die Expansion verlief kontinuierlich und nicht in Wellen. Das heißt, die Expansionsfront schritt voran, bevor alle geeigneten Habitate besiedelt waren und die neuen Populationen eine gewisse Dichte erreicht hatten.
- Die Richtung war durchgehend Nordwest und wurde auch nach Erreichen der Nordsee und Überspringen des Ärmelkanals auf den Britischen Inseln beibehalten.
- Dennoch bedeutet das Erreichen der Nordsee (und später der Ostsee) für die genetisch determinierten Nordwestmigranten einen Nachteil, was zur relativ raschen Eliminierung der Träger dieser Disposition, zu ungerichteter Dispersion sowie zu einer Verlangsamung der Ausbreitung führt.
[Bearbeiten] Ernährung
Türkentauben ernähren sich von Samen, Getreide und Früchten. Im Winter schließen sich Türkentauben manchmal zu Schwärmen zusammen, um gemeinsam in Parks und Bauernhöfen nach Futter zu suchen.
[Bearbeiten] Brutpflege
Ihr Nest ist wie das der meisten Tauben nur dürftig und besteht nur aus wenigen Halmen und Zweigen, die meist hoch oben in Bäumen gebaut werden. Es werden 1–2 Eier ausgebrütet. Nach 13 oder 14 Tagen schlüpfen die Jungen. Türkentauben brüten oft mehrmals hintereinandner, da sie oft hohe Verlustraten durch Räuber (Katzen, Elstern, Eichelhäher oder Eichhörnchen) haben. Jungvögeln fehlt der schwarze Nackenring.
[Bearbeiten] Literatur
- Kasparek, M: Dismigration und Brutarealexpansion der Türkentaube Streptopelia decaocto. J. Orn. 137: 1-33; 1996.
- Hölzinger, J. und Mahler, U.: Die Vögel Baden-Württembergs. Nicht-Singvögel 3. Ulmer 2001 S. 48-65
[Bearbeiten] Weblinks
Commons: Streptopelia decaocto – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
- ausführliche Infos zur Türkentaube
- Streptopelia decaocto in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2006. Eingestellt von: BirdLife International, 2004. Version vom 11. Mai 2006