Vögel
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Die Vögel (Aves) (von althochdeutsch: fogal zu: fliegen) werden so wie die Amphibien, Reptilien und Säugetiere traditionell als eine Klasse von Landwirbeltieren (Tetrapoda) betrachtet. Dies ist insofern falsch, als dass die Vögel eine Teilgruppe der Reptilien sind. Um eine einheitliche Terminologie zu bewahren, wird das monophyletische Taxon, welches aus Reptilien und Vögeln besteht, als Sauropsida bezeichnet. Dementsprechend heißen die drei Klassen der Landwirbeltiere: Amphibien (Amphibia), Sauropsiden (Reptilia + Aves) und Säugetiere (Mammalia). Die Wissenschaft von den Vögeln ist die Vogelkunde (Ornithologie). Die Vögel leben auf allen Kontinenten; bislang sind rund 9.800 Vogelarten bekannt. Ob diese Zahl schon weitgehend mit der Zahl aller heute lebenden Vogelarten übereinstimmt, ist jedoch umstritten: manche Ornithologen sind der Auffassung, dass die tatsächliche Artenzahl weit darüber liegen könnte.
Abgeleitet von avis (lat.: Vogel) ist das Adjektiv aviär für: auf Vögel bezogen, von Vögeln stammend.
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Allgemeine Kennzeichen
- Vögel sind Wirbeltiere (Vertebrata) und teilen mit diesen die Merkmale Wirbelsäule und zwei Paar Extremitäten, wovon die vorderen als Flügel dienen.
- Das Gefieder bestimmt das äußere Gesamtbild der Vögel wesentlich: Der Körper ist von Federn bedeckt. Diese Strukturen aus Keratin dienen beim Fliegen als Tragfläche und Steuerfläche, einer aerodynamisch günstigen Verkleidung des Körpers und als Isolation, die sogar, meist je nach Temperatur und Wind, veränderbar ist. Ferner hat das Gefieder Farben und dient oft der sexuellen Werbung. Bei Wasservögeln ist es wasserabweisend und sorgt für Auftrieb. Das Gefieder wird zu bestimmten Zeiten (Mauser) gewechselt. Des Weiteren sind bei allen Vögeln die Beine durch Hautschuppen bedeckt, was an ihre stammesgeschichtliche Entwicklung aus der Gruppe der Reptilien erinnert.
- Alle heute lebenden Vögel besitzen einen Schnabel ohne echte Zähne; einige ausgestorbene Arten waren dagegen bezahnt. Der Schnabel besteht bei Vögeln aus Horn. Ausnahmen bilden nur die Taubenvögel (Columbiformes) und die Gänsevögel (Anseriformes), bei denen der Schnabel aus Knochenmasse besteht und von einer weichen Haut überzogen ist.
- Alle bekannten Vogelarten besitzen eine konstante Körpertemperatur (Endothermie, Homoiothermie), die höher ist als bei allen anderen heute lebenden Tieren und ca. 42 °C beträgt.
- Die meisten Vögel sind flugfähig. Flugunfähige Arten haben sich aus Arten entwickelt, die ursprünglich fliegen konnten. Dies betrifft zum Beispiel Laufvögel, Pinguine und viele Inselformen.
- Das Vogelskelett ist leicht gebaut, es besitzt zur Gewichtsreduzierung hohle Knochen. Der Anteil der Knochenmasse macht nur 8 bis 9 Prozent der Gesamtmasse aus, während er bei einigen Säugern bis zu 30 Prozent betragen kann. Das sehr große Brustbein hat einen vorspringenden Kiel, der als Ansatz für die sehr großen Flugmuskeln dient.
- Die Herzschlagfrequenz ist hoch: Die maximale Herzschlagfrequenz eines Strauß beträgt 178 Schläge pro Minute, diejenige eines Haussperlings 900 und schließlich diejenige eines Blaukehlkolibris 1.260 Schläge pro Minute.
- Das Zentralnervensystem ist stark entwickelt, unter den Sinnesorganen sticht besonders die Leistungsfähigkeit des Auges hervor. Vögel sind Pentachromaten, haben also fünf Typen von Farbsinneszellen (Zäpfchen).
- Die Stimmbildung erfolgt bei Vögeln nicht im Kehlkopf, da Stimmbänder fehlen. Dafür liegt an der Gabelung der Trachea ein gesondertes Organ, der Stimmkopf (Syrinx), auch als »unterer Kehlkopf« bezeichnet.
- Die Vogellunge mit ihren Luftsäcken ist komplizierter gebaut als die aller anderen Wirbeltiere.
- Vögel haben eine Kloake, das heißt, Eier, Harn und Kot gelangen durch eine einheitliche Ausführungsöffnung ins Freie.
- Die meisten Vogelarten besitzen zur Gefiederpflege eine besondere, Fett absondernde Drüse, die Bürzeldrüse. Bei einigen Arten wird deren Funktion durch sogenannte Puderdunen unterstützt bzw. komplett ersetzt (Kakadus, Taubenvögel, Reiher). Einigen Arten fehlen sowohl Bürzeldrüse als auch Puderdunen (Kormorane, Schlangenhalsvögel).
- Von den oben genannten Eigenschaften sind nur die Federn allein bei den Vögeln zu finden – so existieren (oder existierten) fliegende Tiere auch bei den Säugetieren (Fledermäuse) und Reptilien (Flugsaurier), Eier werden auch von Reptilien und Lurchen gelegt und selbst die Schnabelform ist nicht auf die Vögel beschränkt geblieben.
Stammesgeschichte (Evolution)
Die Vögel entwickelten sich in der Obertrias bzw. Jura. Bis auf den heutigen Tag ist die Kontroverse zwischen den Anhängern der Baumspringer- bzw. Bodenläuferhypothese nicht entschieden. Die Vorfahren der Vögel waren nach Ansicht der Mehrzahl der Forscher kleine Raubdinosaurier (Theropoden), die nach bisherigen Fossilfunden Bodenläufer waren. Die Vertreter der Minderheitenposition weisen darauf hin, dass es nach heutiger Kenntnis keine fliegenden oder gleitenden Lebewesen gäbe, die nicht von baumlebenden Vorfahren abstammen. Da kleine baumlebende Raubdinosaurier bisher unbekannt sind, hätten sich die Vögel aus eidechsenartigen Vorfahren entwickelt (Feduccia et al.). In die Diskussion sollte man Überlegungen einbeziehen, dass ein erhöhter Sauerstoffgehalt in der Erdatmosphäre (in früheren Erdzeitaltern zeitweilig bei 30%) und somit dichtere Luft die Entwicklung zur Flugfähigkeit erleichtert.
Das bekannteste Bindeglied zwischen Reptilien und heutigen Vögeln ist der Archaeopteryx. Er besaß den heutigen Vögeln ähnliche Flügel. Fossilien dieser Art wurden in den Solnhofener Plattenkalken (Oberer Jura) gefunden. Er ist nach seinen Federn benannt: Archaeopteryx bedeutet „altertümliche Feder“ oder „Urflügel“.
Die Verlaufsgeschichte der einzelnen Fossilexemplare, die Fundbeschreibung und Benennung spiegeln die Kämpfe zwischen Kreationisten und Anhängern der biologischen Evolution wieder: Archaeopteryx zeigt Merkmale von Reptilien und Vögeln, ein unbefiedertes Skelett mit schlechter Erhaltung kann leicht fehlbestimmt werden, was jahrelang beim sogenannten Harlemer Exemplar der Fall war. Ob Archaeopteryx als direkter Vorfahre der Vögel in Frage kommt, ist nicht klar. Viele meinen, dass er auf einem blind endenden Zweig des Stammbaumes einzuordnen ist.
Die Art aus dem Jura hatte noch Kiefer mit Zähnen, eine lange Schwanzwirbelsäule und bewegliche, bekrallte Mittelhandknochen. Vermutlich war sie – wie einige Sauropoden – schon warmblütig. Auch die aus der späteren Kreide-Formation erhaltenen Wasservögel waren bezahnt. Die heutigen Vogelgruppen mit ihren unbezahnten Kiefern haben sich seit Anfang des Känozoikums herausgebildet. Nach der jüngsten Meldung in Science[1] ist der in China gefundene Wasservogel Gansus yumenensis aus der Kreidezeit ein direkter Vorläufer der heutigen Vögel. Er ist 105–115 Mio. Jahre alt und lebte ähnlich heutigen Wasservögeln. Das kürzlich in Nordwestchina entdeckte fossile Exemplar war in der Xiagou-Formation, in Sedimenten eines ehemaligen Sees gefunden worden. Ein paar Mio. Jahre älter ist der Zweig der Enantiornithes, deren fossile Funde im Nordosten Chinas gemacht wurden. Sie starben mit den Dinosauriern vor 65 Mio. Jahren aus.
Die Evolution der Feder
1995 in der Volksrepublik China entdeckte Urvögel aus der Unterkreide waren bezüglich Krallenhand, Bauchrippen und Beckenbau dem Archaeopteryx ähnlich. Doch zeigten manche Versteinerungen Federn und ein kräftiges Brustbein wie heutige Vögel, ferner einen Schnabel ohne Zähne und schwanzwärts nur noch eine kurze Wirbelsäule. Als man 1998 einen gefiederten Minisaurier (Caudipteryx) fand, war die Entwicklung der Vögel, ihrer Federn und teilweise auch des Vogelflugs fast geklärt.
Demnach entwickelten die Vogelvorfahren zunächst sowohl an den Vorder- als auch an den Hinterextremitäten Federn, offenbar zum Gleitflug von Baum zu Baum. Die Flügelbildungen an den Hinterextremitäten wurden im Laufe der Evolution reduziert, sodass lediglich die Arm- und Handschwingen zum Fliegen übrigblieben.
Nach einer anderen These bildeten sich die Federn zuerst zum Schutz vor Wärmeverlust bei bodenlebenden, zweibeinigen Sauriern. Auch heutige Vögel haben Tausende von relativ einfach gebauten Flaumfedern, aber nur etwa 50 Schwingenfedern. Eine Entwicklung von isolierendem Flaum zu komplexeren Flugfedern macht auch die Zwischenstufen der Entwicklung plausibler, die für das Fliegen noch ungeeignet waren.
Die Vögel entfalteten sich schließlich in der Kreidezeit zu großer Artenvielfalt, erlitten aber an deren Ende – wie andere Organismengruppen – einen großen Verlust ihrer Arten und Taxa. Zu Anfang des Tertiär entwickelten sich in sehr kurzer Zeit aus den vermutlich wenigen überlebenden Arten eine Vielzahl neuer Vogelgruppen, die die Grundlage unsere heutigen Vögel sind. Einige dieser Gruppen starben wieder aus. Vogelfossilien aus dem Eozän (Grube Messel) belegen eine vielfältige Vogelwelt, wobei die einzelnen Arten nicht nur heute noch lebenden Gruppen zuzuordnen sind. Ein Beispiel sind große, fleischfressende, flugunfähige Vögel, wie Gastornis, die damals die Rolle der noch nicht entwickelten Raubtiere einnahmen.
Fortpflanzung
Die Eiablage ist ein allen Vögeln gemeinsames Merkmal. Es gibt zwar lebendgebärende Kriechtiere und eierlegende Säugetiere – für Fische und Lurche gilt das gleiche –, aber keine lebendgebärenden Vögel. Wahrscheinlich wäre eine längere Tragzeit und die damit verbundene Gewichtsveränderung für die Vögel als Flieger zu ungünstig, obwohl andererseits Fledermäuse und wohl auch die Flugsaurier durchaus lebendgebärend sind bzw. waren. Vielleicht haben die Vögel das Gebären lebender Junge auch ganz einfach nicht »erfunden«.
Die Männchen einiger Vogelgruppen wie beispielsweise Laufvögel und Gänsevögel haben gut entwickelte Kopulationsorgane, während andere gar keinen oder einen einfach gebauten Penis besitzen. Bei weiblichen Vögeln ist im Allgemeinen nur ein, und zwar der linke Eierstock (Ovar) entwickelt, während bei den Männchen zwei Keimdrüsen (Hoden) vorhanden sind. Für das Flugvermögen ist ein möglichst geringes Körpergewicht von großer Bedeutung. So werden die Sexualorgane bei den Vögeln außerhalb der Paarungszeit stark zurückgebildet, sie schrumpfen aber meist nicht sofort nach der Eiablage, um bei Bedarf noch ein zweites Gelege erzeugen zu können.
Der Follikel- oder Eisprung – das Freiwerden der Eizelle – kann durch verschiedenartige Reize (wie zum Beispiel Anblick eines Geschlechtspartners) ausgelöst werden. In der Öffnung des Eileiters verbleibt das Ei einige Minuten und wird von im Eileiter entlanggewanderten Samenzellen (Spermien) befruchtet. Danach befördern Muskelbewegungen des Eileiters das noch unfertige Ei in Richtung der Geschlechtsöffnung. Im Eileiter werden dem Dotter (bestehend aus einem Drittel Proteinen und zwei Dritteln Fetten und fettähnlichen Stoffen sowie Vitaminen und Mineralsalzen) und dem sich bereits furchenden Keimling erst das Eiklar (Eiweiß: Proteine, Salze und Wasser), die Eihaut und schließlich die Eischale angelagert. Im Gegensatz zu den weichschaligen Eiern der Reptilien sind die Schalen von Vogeleiern stark verkalkt (bis zu 94 Prozent Kalkgehalt); sie lassen jedoch einen Gasaustausch zur Atmung zu. Durch die Muskelbewegungen des Eileiters (dessen letzten Teil man als Uterus bezeichnet) erhalten Vogeleier ihre arttypische Form. Die Entwicklung eines Eis dauert ungefähr einen Tag, sodass die Eier im Abstand von einem Tag gelegt werden.
Vogeleier enthalten alle Nährstoffe, Vitamine und Spurenelemente, die der Embryo zu seiner Entwicklung braucht. Der zum Stoffwechsel unerlässliche Sauerstoff wird durch die feste Schale hindurch aufgenommen. Die Eier von Nestflüchtern enthalten mehr Dotter als Eier von gleich großen, als Nesthocker schlüpfenden Vogelarten. In dem einen Fall sind die Küken schon kurz nach dem Schlüpfen weitgehend selbständig, während Nesthocker völlig hilflos, unbefiedert und meist blind aus dem Ei kriechen und von den Eltern lange gefüttert werden.
Viele Vögel erbrüten nur ein Ei, während die größten Gelege mit 20 bis 22 Eiern bei Hühnervögeln vorkommen. Bei einigen Arten legen auch zwei oder mehrere Weibchen ihre Eier in ein gemeinsames Nest. Viele Vogelarten ziehen in einer Fortpflanzungsperiode mehrere Jahresbruten hintereinander hoch.
Brut und Schlüpfen der Jungen
Einige Vogelarten (Großfußhühner) nutzen Fremdwärme zum Ausbrüten ihrer Eier. Die meisten Vögel jedoch wärmen ihre Eier im Brust- und Bauchgefieder. Bei einigen Arten haben die an der Brut beteiligten Geschlechter Brutflecke (federlose Hautpartien an Brust und Bauch), an denen die Körperwärme besser zu den Eiern gelangen kann als durch das isolierende Gefieder. Bei vielen Arten brüten beide Partner, bei anderen nur das Weibchen oder seltener ausschließlich das Männchen, zum Beispiel der Kaiserpinguin. Die Bruttemperatur liegt bei etwa 34 °C. Die Eier werden während der Brut häufig gewendet, um so eine gleichmäßige Erwärmung zu gewährleisten. Viele andere Faktoren, wie genügend Feuchtigkeit, keine übermäßige Erwärmung durch Sonneneinstrahlung, keine oder nur wenige schwache Erschütterungen u. a. sind wichtig für eine erfolgreiche Brut. Die kürzeste Brutdauer beträgt 11 Tage, die längste etwa 12 Wochen. Solange die Vogelbrut noch im Nest ist, werden die Vogeleltern auch "die Alten" genannt.
Kurz vor dem Schlüpfen ist die Kalkschale durch Kalkabbau vom Embryo dünner geworden. Die Jungvögel geben oft schon vor Verlassen des Eies Rufe von sich, die oftmals der Synchronisation des Schlüpfvorganges dienen oder für die Beziehung zwischen Altvogel und Nestling von entscheidender Bedeutung sind. Der Jungvogel reibt und pickt von innen her die Eischale auf, bis ein kleines Loch entsteht. Dazu ist auf der Spitze des Oberschnabels und bei einigen Vogelarten auf dem unteren Schnabelteil ein kleiner, harter Höcker, der Eizahn ausgebildet, der wenige Tage nach dem Schlüpfen abfällt oder zurückgebildet wird. Der gesamte Schlüpfvorgang dauert – je nach Vogelart – einige Minuten oder bis zu vier Tagen (Röhrennasen).
Flugunfähige Vögel
Die Flugfähigkeit ist bei einigen Vogelarten bzw. -gruppen sekundär verlorengegangen, das heißt, sie sind flugunfähig. Das kann mehrere Gründe haben:
- Anpassung an das Leben im Wasser, wie dies bei den auf der Südhalbkugel lebenden Pinguinen der Fall ist. Auch die auf der Nordhalbkugel lebenden Alkenvögel zeigen eine Tendenz zur Flugunfähigkeit, der ausgestorbene Riesenalk war flugunfähig. Beide Gruppen „fliegen“ unter Wasser mit ihren Flügeln.
- Die Verdauung von energiearmer Nahrung erfordert ein großes und damit schweres Verdauungssystem. Grasfressende Vögel wie Gänse sind daher besonders schwer. Aufgrund des Flugvermögens können Vögel nicht beliebig an Größe zunehmen. Daher gibt es unter entsprechenden Nahrungsspezialisten ebenfalls sekundär flugunfähige Arten wie beispielsweise den Kakapo.
- Auch die Umstellung auf schnelles Laufen wie beim afrikanischen Strauß kann zu Flugunfähigkeit führen.
- Als letztes kann auch das Nichtvorhandensein von bodenbewohnenden Raubsäugern eine Flugfähigkeit überflüssig machen. Deshalb haben viele Bewohner isolierter Inseln das Fliegen zugunsten anderer Fähigkeiten aufgegeben. Vielen Arten wurde dies aber zum Verhängnis, nachdem durch Seefahrer doch Raubsäuger (z.B. Katzen), Ratten, Schweine usw. eingeführt wurden. Beispiele dafür sind die inzwischen ausgestorbenen Dronten (Didus ineptus) auf Mauritius, der neukaledonische Kagu (Rhynochetos jubatus), die neuseeländische Takahé (Porphyrio mantelli) und der ebenfalls flugunfähige Galapagoskormoran (Nannopterum harrisi).
Sinnesleistungen der Vögel
Die Sinnesleistungen der Vögel unterscheiden sich nicht grundlegend von den Säugetieren. Allerdings gibt es aufgrund der anderen Lebensweise Unterschiede in der Konstruktion und der Gewichtung der einzelnen Sinne, die es oft schwer machen, sich vorzustellen, wie Vögel ihre Umwelt wahrnehmen.
Sehen
Die Augen der Vögel sind relativ zur Körpergröße größer als die der Säugetiere. Je nach Ökologie besitzen Vogelaugen zahlreiche Spezialanpassungen:
Lichtempfindlichkeit und Sehschärfe
Eulen können bei Nacht zwar mehr sehen als Tagvögel oder der Mensch, ihr Sehen ist allerdings weniger auf Sehschärfe, als auf Lichtausbeute ausgerichtet. Dies funktioniert aufgrund gleicher Physik wie bei lichtstarken Objektiven, die ebenfalls mit wenig Licht auskommen, sich dabei aber Schärfeprobleme, besonders mit der Schärfentiefe einhandeln. Wanderfalken sind dagegen auf Tagjagd optimiert; sie können kleine Objekte wie Beutevögel über Entfernungen von über einem Kilometer ausmachen und verfolgen. Zumindest kleine Vögel sind in der Lage, UV-Licht zu sehen, bei großen Vögeln wird das UV-Licht vom Glaskörper des Auges zu stark ausgefiltert. Viele Arten besitzen nicht nur drei Farbrezeptoren wie der Mensch, sondern vier Farbrezeptoren (beim Menschen haben sich nach neueren Erkenntnissen der Rezeptor für rotes und der für grünes Licht aus einem gemeinsamen entwickelt, so dass Vögel eigentlich zwei Rezeptoren mehr als Säugetiere haben), davon einer für violettes Licht, der sich bei einigen Vogelgruppen zu einem UV-Rezeptor (um 375 Nanometer) entwickelt hat. Evolutiv ist hierzu nur die Mutation von 3 Aminosäuren des Opsins notwendig.
Der Nutzen des UV-Lichtes ist sehr unterschiedlich:
- Mäuse-Urin leuchtet im UV-Bereich, mäusejagende Greife können so von oben eine Landschaft auf ihren Mäusereichtum beurteilen.
- Bei Früchten kann der Reifegrad ganz anders beurteilt werden, manche Schimmelpilze besitzen im UV-Bereich andere Farben und fallen so besser auf.
- Es gibt einige Vogelarten, bei denen sich die Geschlechter im für uns sichtbaren Licht nicht unterscheiden, wohl aber im UV-Licht. Stare oder einzelne Meisenarten (Blaumeisen) sind dafür ein Beispiel.
Zeitliches Auflösevermögen
Die meisten Vogelarten können mehr Bilder pro Sekunde unterscheiden als wir Menschen (siehe Flimmerfusionsfrequenz). In der Vogelhaltung werden daher Neonröhren nicht mit 50 Hertz betrieben, da dieses Licht für Vögel flimmert.
Räumliches Sehen
Vogelaugen sind anders als bei Säugern fest in der Schädelkapsel fixiert, also unbeweglich. Ihr Blick wirkt daher starr. Je nach ökologischer Anpassung ist die Fähigkeit zum räumlichen Sehen von Art zu Art sehr unterschiedlich. Bei Artengruppen, die unter einem hohen Verfolgungsdruck durch Raubtiere stehen (z. B. Tauben und Hühnervögel), sind die Augen seitlich am Kopf angeordnet. Dies erlaubt einen fast vollständigen Rundblick um 360°, die Überlappung der Sichtfelder und damit die Fähigkeit zum räumlichen Sehen ist aber relativ gering. Das andere Extrem stellen Eulen dar. Bei ihnen sind die Augen nebeneinander an der Vorderseite des Kopfes angeordnet (also wie bei Menschen). Die Sichtfelder der Augen überlappen sehr stark, entsprechend gut ist daher auch das räumliche Sehvermögen. Die geringe seitliche Ausdehnung des Sichtfeldes wird durch eine sehr starke Beweglichkeit der Halswirbelsäule ausgeglichen. Eulen können ihren Kopf um bis zu 430° drehen.
Bewegungssehen
Viele Vögel wippen beim Gehen mit dem Kopf vor und zurück. Dabei dient die Rückwärtsbewegung dazu, den Kopf für einen Moment relativ zur Umgebung in Ruhe zu halten, sodass das Bild auf der Netzhaut sich nicht bewegt, zugunsten der besseren Erkennbarkeit bewegter Objekte – wie beispielsweise eines Raubtieres. Der Scharfsehbereich ist beim Menschen ca. 2,5°, bei den Vögeln ca. 20°. Auch das verbessert die Wahrnehmung von Bewegungen.
Unterwassersehen
Vögel, die unter Wasser ihre Nahrung suchen, können ihre besonders weichen Augenlinsen durch Muskeln verformen und so das Brechungsvermögen anpassen.
Magnetsinn
Bei einigen Arten, besonders bei Zugvögeln, ist ein Sinn für das Magnetfeld der Erde nachgewiesen. Dieser Magnetsinn ist wahrscheinlich im rechten Auge des Vogels und/oder im Schnabel lokalisiert.
Der Magnetsinn im Auge funktioniert mit Hilfe der so genannten Radikalpaarbildung. Hierbei lässt das ins Auge fallende Licht bestimmte Moleküle zu Radikalen zerfallen. Diese Reaktion könnte durch das Erdmagnetfeld beeinflusst werden. Der Magnetsinn im Schnabel funktioniert durch eingelagerte magnetische Teilchen, die sich nach dem Magnetfeld der Erde ausrichten und so einen Reiz auf das umliegende Nervengewebe ausüben. Im Gegensatz zum technischen Kompass richtet sich der Magnetsinn der Vögel nicht nach der Polung des Magnetfeldes, sondern basiert auf der Erkennung der Inklination der Erdmagnetfeldlinien.
Experimentell nachgewiesen wurde der Magnetsinn erstmals 1967 am Zoologischen Institut in Frankfurt am Main durch Wolfgang Wiltschko bei Rotkehlchen.
Hören
Vögel besitzen keine Ohrmuschel, die äußere Gehöröffnung ist von einem Kranz kleiner Federn umgeben. Zur Schallortung müssen Vögel daher intensive Kopfbewegungen ausführen. Das Mittelohr besitzt nur ein Gehörknöchelchen, die Columella, die dem Steigbügel der Säugetiere entspricht. Die Schnecke ist relativ kurz und nur leicht gewunden und wird als Papilla basilaris bezeichnet. Der Hörsinn ist bei Vögeln dennoch relativ gut entwickelt und hat beispielsweise bei Eulen große Bedeutung für die Beutejagd. Der Frequenzbereich ist ähnlich wie beim Menschen, tiefe Töne bis 100 Hertz werden nicht wahrgenommen. Das zeitliche Auflösungsvermögen für Töne liegt über dem des Menschen. Ornithologen müssen sich bei vielen Lautäußerungen von Vögeln damit behelfen, dass sie sie aufnehmen und verlangsamt abspielen, um die Details hören zu können.
Gleichgewichtssinn
Vögel besitzen mehrere unabhängige Gleichgewichtsorgane. Neben einem Gleichgewichtsorgan im Ohr sitzt ein zweites Organ im Becken, das zum Beispiel beim Sitzen auf Ästen die Körperlage analysiert. Vögel, bei denen dieses Organ zerstört ist, können ohne Gesichtssinn auf Störungen wie zum Beispiel das Drehen des Sitzastes nicht mehr richtig reagieren.
Geruchssinn
Sehr lange Zeit ging man von der Vorstellung aus, dass Vögel nur einen gering entwickelten Geruchssinn besitzen (sog. Mikrosmatiker). Als Ausnahme galt der neuseeländische Kiwi, der seine Nasenöffnung an der Schnabelspitze hat und sich vorwiegend nach dem Geruch orientiert. Aber auch die Gruppe der amerikanischen Neuweltgeier besitzt nachweislich Geruchsvermögen. Das wird u.a. auf die fehlende Nasenscheidewand zurückgeführt und ist in Freilandbeobachtungen und -versuchen bewiesen worden. Neuere Untersuchungen zeigen aber, dass auch andere Vogelarten ein zumindest dem Menschen ebenbürtiges Geruchsempfinden haben.
Geschmackssinn
Die Geschmacksknospen der Vögel liegen nicht wie beim Säuger auf der Zunge, sondern im Bereich des Zungengrunds und im Rachen. Die Anzahl der Geschmacksknospen ist deutlich geringer als bei Säugetieren (Ente etwa 200, Mensch 9.000), dennoch ist der Geschmackssinn bei Vögeln nicht so untergeordnet wie man lange angenommen hat. Je nach Art spielt der Geschmack gegenüber dem Tastsinn des Schnabels und der Zunge jedoch bei der Nahrungsauswahl eine untergeordnete Rolle.
Tastsinn
Der Tastsinn ist für viele Vögel bei der Nahrungssuche und Nahrungsaufnahme von großer Bedeutung. Schnabel und Zunge der meisten Vögeln sind sehr tastempfindlich. Insbesondere Watvögel suchen ihre Nahrung, in dem sie mit meist langen Schnäbeln im Schlamm stochern. Vögel, die auf Bäumen herumklettern, orientieren sich auch tastend mit ihren Zehen.
Vogelintelligenz
Forschungsergebnisse seit den neunziger Jahren lassen vermuten, dass Vögel intelligenter sind, als allgemein angenommen wurde. Im Jahre 2002 versammelten sich die bedeutendsten Neurologen in der Duke Universität, um Klarheit zu gewinnen. Eine neue Nomenklatur des Vogelgehirns wurde ausgearbeitet, um der Intelligenz der Vögel gerecht zu werden.
Ordnungen und Familien der Vögel
Die Klasse der Vögel ist die artenreichste der Landwirbeltiere. Sie umfasst etwa 9.000 Vogelarten mit ca. 35.000 Unterarten. Von ihren zwei Unterklassen (Urkiefer- und Neukiefervögel) ist erstere klein und bis auf 6 Familien ausgestorben. Hierhin gehören insbesondere die Laufvögel, die wegen des fehlenden Brustbeinkamms flugunfähig sind. Von den weiteren etwa 30 Ordnungen umfasst jene der Sperlingsvögel fast 60 Prozent aller Arten. In dieser Gruppe ist wiederum die Unterordnung der Singvögel (Passeri) die umfangreichste. Eine systematische Übersicht findet sich unter Systematik der Vögel.
Unter Pygostylia findet sich eine abweichende Klassifikation der Vögel, die auch ausgestorbene Gruppen berücksichtigt.
Vogelschutz
Die Zahl der Vogelarten nimmt ab. Viele der ausgestorbenen Arten gehörten zu Inselpopulationen; sie wurden durch den Menschen oder von ihm eingeführte andere Tierarten verdrängt, ein Prozess, der schon vor Beginn der Industrialisierung einsetzte und sich nun verstärkt hat. Gegenwärtig gelten über 10 Prozent der 9.000 rezenten Vogelarten als gefährdet. Sie werden in sogenannten roten Listen aufgeführt. Neue Berechnungen ergaben sogar, dass bis 2100 etwa zwölf Prozent der Arten aussterben könnten.[2]
Weltweit arbeitet die Vogelschutzorganisation BirdLife International, mit ihren jeweils nationalen Partnerorganisationen für den Schutz der Vögel und ihrer Lebensräume. In Deutschland ist der Naturschutzbund Deutschland (NABU, der Landesbund für Vogelschutz LBV in Bayern ist angegliedert) der nationale Partner von BirdLife. In der Schweiz arbeiten der Schweizer Vogelschutz SVS, ASPO, ASPU und in Österreich Birdlife Österreich für den Erhalt der Artenvielfalt als BirdLife-Partner.
Siehe auch: Vogelwarte, Sibley-Ahlquist-Taxonomie, Systematik der Vögel, Ausgestorbene Vögel
Vögel und Menschen
Seit der Menschwerdung hat der Homo sapiens auch die Vögel aufmerksam beobachtet, um sich von ihnen orientieren oder warnen zu lassen, sie zu jagen oder einzufangen. Der afrikanische Honiganzeiger beispielsweise führt Menschen zu den Nestern von Wildbienen, um die Larven zu fressen, während der Mensch vom Honig profitiert. Recht viele Vogelarten spielen daher in der Mythologie eine Rolle, vom Adler bis zum Sperling. Vögel erscheinen in vielen Redensarten: Jemand stinkt wie ein Wiedehopf oder ist zänkisch wie eine Meise oder ist einfach ein Gimpel, wenn er jedem auf den Leim geht (gemeint hier der Vogelleim). Gestisch kann man ihm einen Vogel zeigen. In den Künsten tauchen zahlreiche Vogelarten auf, um nur Selma Lagerlöfs Roman Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen zu nennen.
In vielen Kulturkreisen sind mythologische Vögel anzutreffen. Erwähnt seien etwa Phönix, Greif, Ziz (Jüdisch), Roch (Arabisch), Feng (Chinesisch) oder Garuda (Indonesisch). Daneben seien die Harpyien der griechischen Sagenwelt sowie Wotans Begleiter, die Raben Hugin und Munin, genannt.
Auch die Heraldik ist reich an stilisierten Vogelmotiven. Hier tritt insbesondere der Adler in Erscheinung, der das Wappentier vieler Staaten (Deutschland, Österreich, Polen, USA u. a.) ist.
Der Mensch hält zahlreiche Vogelarten als Haus- oder Nutztiere. In Deutschland nimmt die Nutzung einheimischer Vogelarten als Haustier seit dem 19. Jahrhundert jedoch stark ab. Der Verzehr von Geflügel erfüllt eine wichtige Rolle bei der menschlichen Ernährung, denn das Fleisch ist fettarm und liefert hochwertiges Protein. Einige Arten, wenn bereits als Jungvögel und im Käfig geduldig dazu angehalten, lernen es auch, Worte und kurze Sätze nachzusprechen, so besonders - nach absteigender Gelehrigkeit geordnet - Papageien und Beos, Stare sowie verschiedene Arten der Rabenvögel. Vielfach lassen sie sich abrichten, z. B. Körner von den Lippen aufzunehmen bis hin zur Dressur als Nutztier, beispielsweise als Jagdfalke. Kanarienvögel waren in Deutschland bis in die 50er Jahre wichtige Nutztiere im Kohlebergbau, wo ihr Verhalten vor dem Auftreten giftiger Gase (Kohlenmonoxid) warnte, die beim Stollenvortieb austreten können.
Das Zusammenleben mit Vögeln, insbesondere der intensive Kontakt, birgt für den Menschen jedoch mitunter ernste Gefahren in Form übertragbarer Krankheiten (Zoonosen). In Einzelfällen ist beispielsweise der Erreger der Geflügelpest bzw. der Vogelgrippe auf den Menschen übertragen worden, der Krankheitsverlauf endet meist tödlich.
Rechtliches zur Haltung von Vögeln in Gefangenschaft
In Österreich ist seit 1. Januar 2005 nach dem Bundestierschutzgesetz die Haltung von Vögeln in Gefangenschaft strenger reglementiert als bisher. Insbesondere für nicht domestizierte Vögel wie Greifvögel, Papageien, und viele andere, ist nur mehr die artgerechte Haltung erlaubt, vielen arttypischen Bedürfnissen muss nun nachgekommen werden [3][4]. Unter anderem ist die Einzelhaltung sozialer Vögel und das Einschränken der Flugfähigkeit („Flügelstutzen“) - bis auf wenige Ausnahmen - generell verboten, Mindestgrößen für Käfige, Volièren und Schutzräume sind für die verschiedenen Arten festgelegt, wobei im Wesentlichen für Domestizierte Vögel wie Hühner oder Wellensittiche kleinere Gehege zulässig sind. Handaufzuchten sind nur mehr in Ausnahmefällen, und dann nur mit Nestlingen (zur Vermeidung von Fehlprägungen) zulässig.
Dieser Absatz oder Artikel stellt die Situation in Österreich dar. Hilf mit, die Situation in anderen Ländern zu schildern. |
Siehe auch
- Kleinster Vogel: Zwergkolibri (5,7 cm), in Europa: Wintergoldhähnchen (9 cm)
- Größter Vogel: Albatros (bis 340 cm Spannweite)
- Schwerster Vogel: Strauß (bis 150 kg und 275 cm), fliegend: Riesentrappe (bis 19 kg)
- Schnellster Vogel: Sturzflug: Wanderfalke (über 350 km/h), Horizontalflug: Mauersegler (200 km/h), laufend: Strauß (72 km/h), schwimmend: Eselspinguin (27 km/h)
- Vogelgesang
Quellen
- ↑ Gansus yumenensis: Science 312.2006, S.1640
- ↑ http://www.spiegel.de/wissenschaft/erde/0,1518,425014,00.html
- ↑ 2. Tierhaltungsverordnung auf der Homepage des österreichischen Bundeskanzleramts
- ↑ Anlage 2: Mindestanforderungen für die Haltung von Vögeln der 2. Tierhaltungsverördnung, Homepage des österreichischen Bundeskanzleramts
Literatur
- Einhard Bezzel, Roland Prinzinger: Ornithologie. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart ²1990, ISBN 3825280519
Weblinks
Wiktionary: Vogel – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |
- Jungvogel gefunden - was tun? (PDF)
- Avibase - Die Welt-Vogel-Datenbank
- Merkmale der Vögel
- Vögel (Aves): Biologie
- Vogel-Monographien im Natur-Lexikon
- Schweizerische Vogelwarte, alles rund um Vögel
- Johann Friedrich Naumann
- Vogellexikon.de
- Rote Liste bedrohter Vögel in Europa
Vogelstimmen
- Häufige Gartenvögel und ihre Stimmen mit Quiz
- Vogelstimmen.de
- vogelstimmen-wehr.de
- Vogelstimmen Audio files