Weißer Ring e. V.
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Der Weiße Ring e. V. ist eine in mehreren Ländern Europas tätige Hilfsorganisation für Kriminalitätsopfer und ihre Familien. Er wurde 1976 in Deutschland unter anderem von dem Fernsehjournalisten Eduard Zimmermann und dem Oberstaatsanwalt Hans Sachs in Mainz gegründet, wo er seinen Sitz hat und in das Vereinsregister eingetragen ist. Die überparteiliche und unabhängige private Bürgerinitiative hat in Deutschland etwa 2.800 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer und rund 60.000 Mitglieder. Er finanziert sich durch Mitgliedsbeiträge, Spenden, Stiftungen, Nachlässe sowie Zuweisungen von Geldbußen und nimmt keine öffentlichen Zuschüsse in Anspruch.
Nach dem deutschen Verein wurden Landesverbände auch in Österreich, Luxemburg, in der Schweiz, Ungarn und Tschechien gegründet und unterstützen dort Opfer von Verbrechen.
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[Bearbeiten] Vollständiger Name in Deutschland
- WEISSER RING - Gemeinnütziger Verein zur Unterstützung von Kriminalitätsopfern und zur Verhütung von Straftaten e. V.
[Bearbeiten] Der Weiße Ring in Österreich
Unter dem Motto „Hilfe für Opfer von Verbrechen“ wurde 1978 der Weiße Ring in Österreich auf Initiative von Anwälten, Journalisten und Politikern gegründet. Der Verein fungiert als eine private, politisch unabhängige, gemeinnützige Gesellschaft mit über 900 Mitgliedern. Spender unterstützen ideell und finanziell die Opferarbeit des Weißen Ringes.
Über 200 ehrenamtliche Mitarbeiter, organisiert über Außenstellen in fast allen Bundesländern, unterstützen die Arbeit österreichweit. Vor allem Anwälte, Richter, Therapeuten, Vertreter der Exekutive und der Bundessozialämter betreuen Opfer.
Über 3.500 Kontakte mit Verbrechensopfern werden jährlich behandelt. Die Leistungen umfassen die kostenlose rechtliche Auskunft und Begleitung bei Gericht durch qualifizierte Juristen, kostenlose Betreuungsgespräche mit ausgebildeten Therapeuten, Vermittlung bei Behörden, Ämtern und Banken.[1]
[Bearbeiten] Ziele
[Bearbeiten] Hilfe für Kriminalitätsopfer in Notlagen
Kriminalitätsopfer und Interessierte können telefonisch (in Deutschland unter 01803-343434 - 0,09 € pro Minute) Kontakt aufnehmen oder Informationen zu den Hilfen des Weißen Rings anfordern. Ehrenamtliche Mitglieder der örtlich zuständigen Außenstellen übernehmen die weitere Betreuung. Betroffenen kann geholfen werden durch:
- Persönliche Betreuung nach der Straftat
- Hilfestellungen im Umgang mit den Behörden
- Erholungsprogramme
- Beratungsscheck für die kostenlose Erstberatung bei einem frei gewählten Anwalt
- Rechtsschutz
- Beratungsscheck für eine kostenlose medizinisch-psychologische Erstberatung bei seelischen Belastungen infolge einer Straftat
- Begleitung zu Gerichtsterminen
- Vermittlung von Hilfen anderer Organisationen
Der Weiße Ring hat inzwischen vielen hunderttausend Kriminalitätsopfern und ihren Angehörigen menschlichen Beistand und immaterielle Hilfe geben können. Er kann zusätzlich bedürftigen Opfern und ihren Familien durch finanzielle Unterstützungen helfen, tatbedingte Notlagen zu überbrücken, und stellte für Opferbetreuungsmaßnahmen einschließlich direkter materieller Hilfen bisher mehr als 125 Mio. Euro bereit.
[Bearbeiten] Kriminalitätsvorbeugung
Der gemeinnützige Verein unterstützt den Vorbeugungsgedanken. Er
- verbreitet über Plakate, Vorträge und Broschüren Themen der Prävention,
- gibt in Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen der Vorbeugung Tipps zum Schutz vor Kriminalität,
- beleuchtet Forschungsergebnisse und bespricht einschlägige Bücher,
- zeigt wichtige Adressen der Vorbeugung auf.
Insgesamt stellte der Weiße Ring für sein Satzungsziel „Vorbeugung“ bisher mehr als 29 Mio. Euro zur Verfügung.
[Bearbeiten] Unterstützung von Projekten der Schadenswiedergutmachung und des Täter-Opfer-Ausgleichs
Der Verein kämpft um ein stärkeres gesellschaftliches Bewusstsein für die Situation der Geschädigten und setzte bisher mehr als 39 Mio. Euro für das öffentliche Eintreten für Opferbelange ein. Der Weiße Ring fordert von Politik, Justiz und Verwaltung die Verbesserung der rechtlichen und sozialen Situation von Kriminalitätsopfern und ihrer Angehörigen. Im Einzelnen:
- Eine gesetzliche Verankerung der Informationspflicht zu Opferrechten und -ansprüchen
- Vielfach erfahren Betroffene davon erst durch den Weißen Ring. Lediglich 10 Prozent stellen einen Antrag. Selbst Anwälten ist das 1976 eingeführte Opferentschädigungsgesetz teilweise unbekannt.
- Einen Opferanwalt auf Staatskosten
- Dieser wichtige Schutz der Persönlichkeitsrechte der Geschädigten ist bisher auf versuchte und vollendete Tötungsdelikte sowie Sexualdelikte beschränkt.
- Ausreichenden Opferschutz im Verfahren gegen Jugendliche
- Derzeit (2006) haben Geschädigte keinen Anspruch auf einen Opferanwalt, wenn der Täter unter das Jugendstrafrecht fällt.
- Schadenswiedergutmachung
- Nach derzeitigem Recht (2006) haben die Opfer eines jugendlichen Straftäters keine Möglichkeit, ihre Ansprüche auf Schadenersatz oder Schmerzensgeld bereits im Strafverfahren geltend zu machen. Die Zulassung des Adhäsionsverfahrens im Verfahren gegen Jugendliche ist, nicht nur nach Auffassung des Weißen Rings, überfällig. Gerade die Schadenswiedergutmachung dient dem Erziehungsgedanken und ist geeignet, das Verantwortungsbewusstsein bei jugendlichen Straftätern zu fördern. Durch die Konfrontation des jugendlichen Täters mit dem angerichteten Schaden wird sogar ein hoher erzieherischer Wert erfüllt wenn er erkennt, dass es nicht damit getan ist, einen Schuldspruch entgegen zu nehmen, sondern, dass er bei seinem Opfer etwas gut zu machen hat.
[Bearbeiten] Kritik
Der Weiße Ring steht mit seiner durchaus berechtigten Forderung nach besserem Opferschutz oft im Spannungsfeld mit dem rechtsstaatlichen Verständnis von Gerichts und Prozessverfahrensordnung: So wird unter der Devise „Opferschutz statt Täterschutz“ oft eine vermeintlich ungerechte prozessrechtliche Besserstellung des Täters im Gerichtsverfahren bemängelt. Diese Aussage ist insoweit inkorrekt, als dass eine Täterschaft in einem rechtsstaatlichen Prozess stets erst am Ende eines Gerichtsverfahrens durch ein richterliches Urteil ausgesprochen wird. Vorher sind Beschuldigte in einem Prozess grundsätzlich bis zu einem richterlichen Urteil als unschuldig anzusehen, die beteiligten Parteien während des laufenden Gerichtsverfahrens allenfalls als „Angeklagter“ sowie „Kläger“ unterscheidbar. Diese Unterscheidung ist insoweit fundamental, als dass prinzipiell erst einmal jeder durch Eröffnung eines Gerichtsprozesses aus den unterschiedlichsten Gründen zum „Angeklagten“ werden kann (sogar das in der Allgemeinheit anerkannte Opfer), obwohl es in keinerlei Hinsicht ein „Täter“ sein muss. Die besonderen Rechte eines Angeklagten in einem Gerichtsverfahren sind somit niemals „Täterrechte“, sondern fundamentale Kernprinzipien eines jeden rechtsstaatlichen Gerichtsverfahrens.
Aus der Sicht betroffener Opfer ist eine solch formaljuristische Betrachtungsweise schwer verständlich.
[Bearbeiten] Der Weiße Ring international
Land | Gründung | Bezeichnung | Notrufnummer | Webseite |
---|---|---|---|---|
Deutschland | 1976 | Weißer Ring e. V. | 01803-343434 - 0,09 € pro Minute | http://www.weisser-ring.de/ |
Österreich | 1978 | Weißer Ring Österreich | 07114/200-155 - zum Ortstarif | http://www.weisser-ring.at/ |
Luxemburg | 1979 | Wäisse Rank | 00 35 - 2 - 40 20 40 | |
Schweiz | 1984 | Weisser Ring - Anneau blanc - Anello Bianco | 01 422 65 62 (während Bürozeiten) oder die regionalen Opferhilfefachberatungsstellen der Kantone | http://www.weisser-ring.ch/ |
Ungarn | 1989 | Fehér Gyürü - Közhasznú Egyesület | ||
Tschechien | 1991 | Bílý kruh bezpečí | 257 317 110 | http://www.bkb.cz/ |
[Bearbeiten] Quellen
[Bearbeiten] Weblinks
- www.weisser-ring.de - Der Weiße Ring in Deutschland
- www.weisser-ring.at - Der Weiße Ring in Österreich
- www.weisser-ring.ch - Der Weisse Ring in der Schweiz
- www.bkb.cz - Der Weiße Ring in Tschechien
- Interviewgespräch (10/2006) mit einem Vertreter des Weißen Ring e.V. aus Berlin-Neukölln - Podcast Nr. 73 von Küchenradio.org (MP3: 26 MB)