Wettbewerb (Wirtschaft)
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Wettbewerb bezeichnet in der Wirtschaftswissenschaft das Streben von mindestens zwei Akteuren nach einem Ziel, wobei der höhere Zielerreichungsgrad eines Akteurs einen niedrigeren Zielerreichungsgrad des anderen bedingt. Zugrunde liegt die allgemeinere Bedeutung des Wortes Konkurrenz.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Funktionen
In der Ökonomie unterscheidet man verschiedene statische und dynamische Funktionen des Wettbewerbs:
- Steuerung: Bereitstellung von bedarfsgerechten Angeboten [Konsumentenpräferenzen] an Gütern (Waren oder Dienstleistungen) zu möglichst niedrigen Preisen
- Allokation: Bestmögliche Aufteilung der Produktionsfaktoren (Arbeit, Boden, Kapital) auf alternative Verwendungsmöglichkeiten und eine effiziente Faktorenkombination
- Innovation: Produkt- und Verfahrensneuerungen sollen generiert und der technische Fortschritt verbreitet werden.
- Verteilung: Primäre Einkommensverteilung (Markteinkommen) nach dem Prinzip der Leistungsgerechtigkeit
- Anpassung: Schnelle Reaktion auf sich ständig ändernde Datenlage
Als soziale Funktionen von marktwirtschaftlichem Wettbewerb gelten:
- Freiheitssicherung: (Aus-)Wahlmöglichkeiten im Austausch- und Parallelprozess
- Kontrollfunktion: Funktionierender Wettbewerb mit einer Vielzahl von Konkurrenten beugt gleichzeitig zu starken gesellschaftlichen und politischen Machtstellungen vor
[Bearbeiten] Voraussetzungen
Märkte unterliegen nicht selten privaten oder auch staatlichen Wettbewerbsbeschränkungen - etwa beim Vorhandensein eines Kartells oder Monopols. Als Voraussetzungen für funktionierenden Wettbewerb werden daher häufig private Eigentumsrechte, Gewerbefreiheit, Niederlassungsfreiheit, Vertragsfreiheit, eine funktionsfähige Justiz, ein funktionsfähiges Preissystem, ein funktionierendes Währungssystem, Markttransparenz und Marktoffenheit angesehen.
[Bearbeiten] Wettbewerbstheorie
[Bearbeiten] Klassisch-liberale Wettbewerbsvorstellungen
Nach Ansicht des klassisch-liberalen Nationalökonomen Adam Smith führe das eigennützig-rationale Streben des einzelnen Wettbewerbers nach maximalem Gewinn zugleich zu steigendem Gemeinwohl, da es durch den Marktmechanismus (das Prinzip der unsichtbaren Hand) zur günstigsten Güterversorgung komme.
Für die klassischen Liberalen gibt es zwei konträre Marktformen: Freie Konkurrenz und Monopol. Der Monopolist hat in der Marktwirtschaft das Ziel, seine Gewinne zu maximieren. Wichtig für den Wettbewerb sind niedrige Marktzutritts- sowie Marktaustrittsschranken. Wenn diese Voraussetzungen zutreffen, sind Monopolgewinne wettbewerblich unbedenklich, da diese eine Signalwirkung auf potenzielle Anbieter haben. Hierdurch entsteht ein Wettbewerb zwischen der steigenden Anzahl von Anbietern. Im Wettbewerb um den Geschäftsabschluss macht derjenige das Rennen, der das günstigste Angebot macht, so dass sich die Wettbewerber in Rivalität um den Geschäftsabschluss mit Tauschpartnern durch Einräumen von günstigen Geschäftsbedingungen bei den Aktionsparametern (Preis, Qualität, Verkauf etc.) gegenseitig die Gewinne schmälern. Voraussetzung für den Wettbewerb bei mindestens zwei Anbietern sind Spielregeln, welche den Wettbewerb schützen.
[Bearbeiten] Konkurrenz als Strukturierung des Risikos nach Luhmann
Niklas Luhmann sieht den Nutzen wirtschaftlicher Konkurrenz darin, dass sie Risiken strukturieren könne. Wenn ein komplexes System der Wirtschaft Intransparenz und Risiken erzeuge und ein Mangel an Informationen, mit dieser Situation rational zurechtzukommen, dann bliebe die Beobachtung von Konkurrenten als praktikable Möglichkeit, mit Risiken umzugehen. [1]
Diese These ist dort, wo Konkurrenz nur zwischen wenigen Marktteilnehmern stattfindet, auch eine Warnung. Denn ist die Konkurrenz nicht divers genug, besteht die Gefahr, dass die Strategien der Konkurrenten sich ähneln. Ein aktuelles Beispiel sind Banker, die Massenentlassungen bei bereits sehr hohen Profiten mit den noch höheren Profiten von Mitbewerbern rechtfertigen, die ähnlich denken.
Selbst bei einer großen Zahl von Mitbewerbern kann die Voraussetzung der Komplexität verschwinden, wenn sie synchronisiert sind, zum Beispiel durch ähnliche Ausbildung, ähnliche Sozialisation oder durch gegenseitigen Abgleich über schnell arbeitende Kommunikationsmittel und Massenmedien usw. Die Synchronisierung erfolgt auch dann, wenn Konkurrenten ähnlich funktionierende softwaregestützten Entscheidungsverfahren einsetzen.
Ein krasses und hinsichtlich der tödlichen Konsequenzen nicht nur anekdotisches Beispiel für ein Versagen von Konkurrenz bei fehlender Diversität sind Spiele, bei denen zwei Wettbewerber mit ihren Autos auf eine Klippe zurasen. Wer zuerst bremst, verliert. Im Anglosächsischen ist single-minded ein positiv besetzter Begriff, jedoch führt er hier zur Ausschaltung der Konkurrenz in einer trotzdem bestehenden Konkurrenzsituation. Diese ist bereits die Struktur des Risikos; die Konkurrenten strukturieren mangels fehlender Diversität ihres Denkens das Risiko nicht mehr selbst in einer ihr Überleben fördernder Weise. In dieser Situation dient Konkurrenz nicht der Strukturierung des Risikos, sondern ist die Ursache des Risikos.
Dies ist ein Beispiel dafür, dass die Begründung für das Wirkenlassen von Konkurrenz die Voraussetzungen berücksichtigen muss, unter denen Konkurrenz Risiko zu strukturieren hilft.
[Bearbeiten] Modell von John Maurice Clark
Der US-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler John Maurice Clark versteht unter Wettbewerb einen nie abgeschlossenen Prozess, der aus Vorstößen einzelner Pionierunternehmen und aus Verfolgungsaktionen so genannter Nachahmer besteht, bei dem vorübergehende Machtpositionen des "Vorreiters" hingenommen, sogar erwünscht sind, weil sich nur dadurch wirtschaftliches Wachstum und technischer Fortschritt erzielen lassen.
[Bearbeiten] Volkswirtschaftliche Kosten und Nutzen von Konkurrenz
Bei der Bewertung aller Aspekte der Konkurrenz sind Kosten und Nutzen miteinander zu vergleichen. Ob und wie viel Konkurrenz nützt oder ob koordinierte Kooperation zu von den Menschen erwünschten Ergebnissen führen würde, kann zum Teil mit Verfahren und Erkenntnissen aus der Optimierungsrechnung und der Spieltheorie bewertet werden. Bei dieser Bewertung spielen auch wirtschaftspolitische Überzeugungen eine bedeutende Rolle.
Nutzen: Im marktwirtschaftlichen Modell führt (offener, informierter) Wettbewerb (Vollkommener Markt) zur fairen Preisbildung und zur optimalen Verwendung von Ressourcen. Wenn Konkurrenz in der Wirtschaft bewirkt, dass der Verbraucher bessere Produkte zu niedrigeren Preisen erhält, so hat sie einen Nutzen für den Verbraucher (Wohlfahrtsgewinn).
Ein Nutzen von Konkurrenz liegt auch darin, Innovation und schnelle Anpassung an neue Gegebenheiten voranzutreiben. Der frühere Monopolist Bundespost erlaubte z.B. keine schnurlosen Telefone, die in anderen Ländern schon eine Selbstverständlichkeit waren. Andererseits trug er zusammen mit anderen europäischen Netzbetreibern dazu bei, dass die Technik (DECT) für schnurlose Telefone zuverlässiger und störungsfreier war, als in Ländern mit einfachen analogen Systemen. Bei DSL wiederum führte Konkurrenz der privaten Unternehmen dazu, dass auf Telefonleitungen Datenraten übertragen werden können, die die Leistung von ISDN um Größenordnungen übertreffen.
Kosten der Konkurrenz Konkurrenz kann auch unwirtschaftlich wirken, nämlich wenn konkurrierende Anbieter oder Nachfrager nicht aus eigener Kraft in der Lage sind, einen negativen Kreislauf aufzuhalten (Marktversagen). Ein liberaler Eisenbahnmarkt könnte z.B. theoretisch dazu führen, dass mehrere Unternehmen ihre Gleise nebeneinander bauen, statt ein Gleis koordiniert zu nutzen. Wettbewerb kann auch dazu führen, dass die Qualität sich zu Gunsten eines immer niedrigeren Preises nach unten schraubt.
[Bearbeiten] Wettbewerbsbeschränkungen und Wettbewerbspolitik
Aus dem egoistischen Interesse der Marktakteure, eine marktstarke Position (Marktmacht) zu erreichen, resultiert die Gefahr von Wettbewerbsbeschränkungen. Um sie zu verhindern führt der Staat über eine Reihe von Behörden eine wettbewerbsorientierte Wettbewerbspolitik durch.
[Bearbeiten] Wettbewerbsbeschränkungen
In der Ökonomie spricht man von einer Wettbewerbsbeschränkung, wenn Preis und Qualität der eigenen Leistung nicht der Disziplinierung durch einen Marktrivalen unterliegen. Wettbewerb liegt dann nur mehr eingeschränkt vor. Neben staatlichen Wettbewerbsbeschränkungen (z. B. Zölle, nichttarifäre Handelshemmnisse oder Staatsmonopole) spielen jedoch v. a. die privaten Wettbewerbsbeschränkungen (Verhaltenkoordinationen, Konzentrationen und Wettbewerbsmissbrauch) eine Rolle.
Letztere versucht der Staat durch eine zielgerichtete Wettbewerbspolitik zu begrenzen.
[Bearbeiten] Wettbewerbspolitik
Die Wettbewerbspolitik ist ein Bereich der Wirtschaftspolitik. Sie bezeichnet staatliche Regeln und Eingriffe mit dem Ziel, volkswirtschaftlich oder sozial schädliche Auswirkungen von Kartellen und anderen Wettbewerbsbeschränkungen zu verhindern.
[Bearbeiten] Wettbewerbsrecht
Wettbewerbsrecht ist der umfassende Oberbegriff für das Recht zur Bekämpfung unlauterer Wettbewerbshandlungen (klassisches Wettbewerbsrecht im engeren Sinne) und das Recht gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellrecht).
[Bearbeiten] Wettbewerbsintensität
Unter Wettbewerbsintensität versteht man das Maß für die Geschwindigkeit, mit dem Vorsprünge eines Konkurrenten aufgeholt werden können. Wichtige Modelle hierzu stammen von Erhard Kantzenbach, Alban W. Phillips und Michael E. Porter.
Porter beschreibt fünf "Triebkräfte des Wettbewerbs" (Five-Forces), von denen die Intensität des Wettbewerbs abhängt:
- Mitbewerber innerhalb der Branche,
- Potenzielle neue Mitbewerber,
- Marktmacht der Lieferanten,
- Marktmacht der Abnehmer,
- Ersatzprodukte, die das eigene Produkt/die Dienstleistung überflüssig machen.
[Bearbeiten] Wettbewerbsstrategien und Wettbewerbsvorteile
[Bearbeiten] Wettbewerbsstrategien
Als Wettbewerbsstrategie (auch Wettbewerbsverhalten) bezeichnet man diejenigen Verhaltensweisen der Marktakteure, die dem wettbewerblichen Umfeld adäquat sind. Ziel dabei ist die Erlangung eines Wettbewerbsvorteils. Das Verhalten der unternehmerischen Konkurrenten untereinander ist - auch abseits der Extreme - sehr unterschiedlich und oft branchentypisch. Insbesondere werden Wettbewerbsstrategien angewand, z. B. Verdrängungskämpfe und "Preiskriege". Es kann aber auch ein allgemeines (nicht verabredetes) Stillhalten zu kartellähnlichen Verhältnissen führen. Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen schalten den Wettbewerbscharakter des Marktes aus, indem Absprachen über Konditionen (nicht nur über Preise) getroffen werden.
Im praktischen Geschäft findet Wettbewerb beim Angebot immer nur zwischen sehr wenigen Marktteilnehmern statt. So stehen für den einzelnen Kaufprozess im allgemeinen kaum mehr als fünf Teilnehmer (Oligopol) in der Auswahl des potentiellen Kunden (evoked set). Oft vergleichen "Stammkunden" auf Grund ihrer starken Kundenbindung überhaupt nicht und betrachten Mitbewerber erst bei Unzufriedenheit mit ihrem Stammlieferanten (unvollkommener Markt).
Auf der Nachfragerseite tritt Wettbewerb immer dann auf, wenn es sich um ein knappes Gut handelt (d. h. in der normalen Wirtschaft immer). Konkurrenz auf der Nachfrageseite kann z. B. in (offenen oder verdeckten) Versteigerungen organisiert werden, oder (beim durch den Anbieter festgelegten Preis etwa einer Mietwohnung) durch schnelle Zusagen.
Während die klassische Wettbewerbstheorie darauf abzielt, den bestehenden Markt unter den Marktteilnehmern aufzuteilen, wird nun zunehmend auch in der Theorie untersucht, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Mitteln ein endogenes Wachstume des bestehenden Marktes erzielt werden kann. Dies kann erreicht werden, indem der Fokus der Aufmerksamkeit von der Angebots- auf die Nachfrageseite verlegt wird. Durch die Untersuchung de Faktoren, die für den Käufer Wert erzeugen und die bewusste Kombination von Elementen aus verschiedenen Märkten können neue Angebote konzipiert werden, die neue Nachfragepotenziale erschließen und somit das klassische Null-Summen-Spiel außer Kraft setzen (W. Chan Kim und Renée Maubeorgne: „Blue Ocean Strategy“).
[Bearbeiten] Wettbewerbsvorteile
Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz zu erlangen, ist das Bestreben der Marktteilnehmer. Diese Wettbewerbsvorteile können Preisvorteile sein, aber auch in der besonderen Qualität der Produkte bzw. Dienstleistungen liegen. Beispielsweise Termintreue, Freundlichkeit der Mitarbeiter, Zuverlässigkeit in Zusagen, Verfügbarkeit der Waren usw. können solche Wettbewerbsvorteile darstellen und eine hohe Kundenbindung herstellen. Genießt ein Produkt oder ein Anbieter besonderes Vertrauen bzgl. einiger oder vieler dieser Merkmale, so spricht man von einer starken Marke unabhängig vom rechtlichen Schutz derselben.
Wettbewerbsvorteile können grundsätzlich in drei Kategorien eingeteilt werden
- Prozessorientierte Vorteile bringen Kostenvorteile
- Kundenorientierte Vorteile erlauben ein sehr schnelles Einstellen auf veränderte Kundenwünsche
- Technikorientierte Vorteile ermöglichen das Angebot der technisch fortgeschrittensten und ausgereiftesten Produkte.
[Bearbeiten] Konkurrenzarten
- Vollständige oder Totale Konkurrenz nach dem Marktformenschema
- generische Konkurrenz
- Produktformkonkurrenz
- Unternehmenskonkurrenz
- Produktkategoriekonkurrenz
- Produktartenkonkurrenz
- Markenkonkurrenz
- Vertriebswegekonkurrenz
- Substitutionskonkurrenz
- Ausschreibungskonkurrenz
[Bearbeiten] Siehe auch
Schöpferische Zerstörung, Ruinöser Wettbewerb
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ N. Luhmann: Die Wirtschaft der Gesellschaft, 1988, Kapitel 3, Abs. IX, S.124; ISBN 3-518-28752-4
Kim, W. Chan: Blue Ocean Strategy, Boston, 2005