Wortart
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Die Wörter einer Sprache lassen sich nach verschiedenen Gesichtspunkten in Wortarten oder auch Wortklassen einteilen. Die Kriterien der Wortarteneinteilung sind für Einzelsprachen spezifisch, also nicht universell. Auch innerhalb der Einzelsprachen differieren die Wortarten-Gliederungen nach Anzahl der postulierten Wortarten und nach der Bezeichnung (vgl. im Deutschen: Substantiv vs. Nomen).
Nach seiner Funktion innerhalb eines Satzes lässt sich ein Wort einer syntaktischen Kategorie zuordnen: Adjektive stehen im Deutschen vor dem Substantiv, nach einem Artikel. Die Morphologie unterscheidet Wörter hinsichtlich der Möglichkeit, sie zu beugen: Verben werden im Deutschen konjugiert, haben also verschiedene Tempusformen, Infinitiv, Imperativ, Konjunktiv, Partizipien etc. Das Kriterium der Morphologie gilt natürlich nur für synthetische Sprachen wie eben das Deutsche, das altindische Sanskrit, Latein, oder Türkisch. Im Englischen ist es schon problematisch, für Chinesisch, das keine Flexion hat, nicht anwendbar. Universeller sind funktionale Bestimmungen, die in jüngster Zeit formuliert wurden, etwa in der Felderlehre des Sprachpsychologen Karl Bühler, der Zeigwörter („ich“, „hier“, „jetzt“ u. a.) von Symbolwörtern („schnell“, „Frau“, „bauen“ etc.) trennt; ausgebaut wurde dieser Ansatz in der Funktionalen Pragmatik zu einer Fünffelderlehre sprachlicher „Prozeduren“ (Ehlich), die Wortarten voraus- oder zugrundeliegen.
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[Bearbeiten] Klassifikation
Die Klassifikation der Wortarten ist also umstritten. So gibt es zum Beispiel die Zehn-Wortarten-Lehre der traditionellen Grammatik, die auf die Antike (Dionysios Thrax) zurückgeht, und die Fünf-Wortarten-Lehre nach Hans Glinz. Eine neuere Klassifikation für das Deutsche bieten Zifonun/Hoffmann/Strecker (siehe Literatur), sie nutzen formale und funktionale Kriterien.
In verschiedenen Sprachen können unterschiedliche Wortarten auftreten oder fehlen. Die im Folgenden angegebenen Klassifikationen gelten für Deutsch und gegebenenfalls ähnliche Sprachen.
[Bearbeiten] Hauptwortarten
Wortarten sind: Verb, Nomen, Adjektiv, Adverb, Präposition, Pronomen und Konjunktion.
[Bearbeiten] Substantiv
Substantiv (Hauptwort, Namenwort, Nomen): Hanna, Rhein; Haus, Garten, Schwein, Katze, Maus, Computer, Frau; Milch, Eisen. Nach Art der Bezugsgegenstände lassen sich unterscheiden:
- konkrete Substantive (mit den Sinnen wahrnehmbare, anfassbare Dinge)
- abstrakte Substantive (nur geistig wahrnehmbare Dinge)
Substantive haben symbolischen Charakter und ihre Stämme gehören dem „Symbolfeld der Sprache“ (Bühler) zu. Funktionale Typen sind:
- Eigenname (nomen proprium): setzt Gegenstandskenntnis und Namenszuordnung voraus
- Gattungsname (nomen appellativum): bezieht sich auf die Art, Gattung von Dingen und bedarf zur Bezugnahme im Deutschen eines Artikels
- Stoffname: bezeichnet ein Substanzquantum, ist in der Regel nicht pluralfähig (bezeichnet dann allenfalls Arten: Stähle)
Beschreibt Lebewesen,Gefühle,Gedanken,Zeitangaben und Dinge
[Bearbeiten] Verb
Verb (Zeitwort, Tätigkeitswort): lachen, laufen, reden, lieben, schreien, hassen. Das Verb bezieht sich symbolisch auf Prozesse (Handlungen, Ereignisse, Szenen).
- finit (konjugiert) oder infinit (unkonjugiert)
- in sechs verschiedenen Zeiten zu gebrauchen:Prädikat,Präsens,Perfekt,Plusquarmperfekt,Futur1 und Futur2
- Passiv oder Aktiv
- transitiv oder intransitiv
- Indikativ, Konjunktiv oder Imperativ
[Bearbeiten] Adjektiv
Adjektiv (Wiewort, Eigenschaftswort): rot, schön, behindert, hoch. Adjektive modifizieren das mit Substantiven Gesagte, schränken den Gegenstandsbereich ein (restriktiver Gebrauch) oder geben Zusatzinformation (appositiver Gebrauch)
- attributiver Gebrauch (Adjektiv unmittelbar vor Substantiv): primäre Verwendung
- prädikativer Gebrauch (Adjektiv bei den Verben „sein“, „werden“, „scheinen“, „bleiben“)
- adverbialer Gebrauch (Adjektiv bezieht sich auf Verb)
- substantivierter Gebrauch (Adjektiv wird als Substantiv gebraucht)
Bei vielen Adjektiven gibt es die Vergleichsform (Steigerung, Komparation): groß, größer, am größten; jedoch nicht bei allen: verheiratet, schwanger, tot lassen sich nicht steigern. Ausdrücke, die nur mit einem Verb wie sein, werden oder bleiben kombiniert werden können, heißen „Adkopula“: pleite, schuld, quitt.
[Bearbeiten] Determinative
Artikel (Geschlechtswort)
- bestimmter Artikel (der, die, das)
- unbestimmter Artikel (ein, eine, einer, eines)
- deiktische Determinative (dieser)
- possessive Determinative (mein, dein, sein, unser, euer, ihre)
[Bearbeiten] Pronomen (Proterm, Fürwort)
Es handelt sich um eine Zusammenfassung von Wörtern, die nicht symbolisch-charakterisierend sind und autonom einen Gegenstand konstituieren können, funktional aber heterogen sind und (anders als die Tradition meint) nicht für ein Nomen stehen können, allenfalls können die Anaphern er, sie, es an der Position einer Nominalgruppe vorkommen
- Personalpronomen (persönliches Fürwort): diektisch/zeigend: ich, du, wir; anaphorisch: er, sie, es
- Reflexivpronomen (rückbezügliches Fürwort): sich
- Relativpronomen (bezügliches Fürwort): der, was, wo
- Possessivpronomen (besitzanzeigendes Fürwort): meiner
- Demonstrativpronomen (hinweisendes Fürwort): dieser, jener
- Indefinitpronomen (unbestimmtes Fürwort): man, irgendeiner
- Interrogativpronomen (fragendes Fürwort): wer, was
[Bearbeiten] Adverb (Umstandswort)
Adverbien wie: hier, da, dort, heute, darum, deshalb spezifizieren Prozesse hinsichtlich Ort, Zeit, Grund, Art und Weise
- Adverb des Ortes
- Adverb der Zeit
- Adverb der Art und Weise
- Adverb des Grundes
- Adverb der Frage
- Relativadverb
[Bearbeiten] Junktoren
Klassisch nimmt man eine Konjunktion (Bindewort) an, die
- beiordnend (parataktisch) oder
- unterordnend (hypotaktisch) sein kann.
Heute wird unterschieden zwischen
- Konjunktor (verbindet Sätze, Wortgruppen, Wörter oder Wortteile): und, oder, denn, aber
- Subjunktor (schließt Nebensätze (mit Verbendstellung) unterordnend an, die adverbiale Rolle haben oder in der Funktion von Subjekt oder Objekt oder Attribut erscheinen: dass, als, weil, während
[Bearbeiten] Interjektion
Interjektionen wie oh, nein, na, ja oder hm sind mündlich, haben Töne und ungewöhnliche Lautkombinationen (brr), lenken aus der Hörerposition. Ihre Zugehörigkeit zu den Wortarten ist umstritten (lautmalerische Ausdrücke werden zum Beispiel teilweise als Onomatopoetika klassifiziert).
[Bearbeiten] Partikeln
Partikeln sind unflektierbare, nicht zu Wortgruppen erweiterbare Ausdrücke:
- Abtönungspartikeln operieren auf dem Wissen: ja, halt, eh, wohl
- Konnektivpartikeln verbinden und gliedern: erstens, allerdings, sonst, zwar, indessen
- Gradpartikeln gradieren auf dem Hintergrund einer Einstufungsskala im Satz Gewichtetes: sogar, ausgerechnet, bereits
- Modalpartikeln bestimmen die Geltung eines Sachverhalts und werten: bedauerlicherweise, leider, sicherlich, vielleicht
- Intensitätspartikeln markieren die Ausprägung adjektivischer Eigenschaften: sehr, recht, überaus
- Negationspartikeln wie nicht, gar nicht verneinen die Sachverhaltsgeltung
[Bearbeiten] Wortarten-Lehren
[Bearbeiten] Zehn-Wortarten-Lehre
Die Zehn-Wortarten-Lehre ist aus der lateinischen und griechischen Grammatiktradition hervorgegangen und wurde über sehr lange Zeit angewandt. Sie nennt folgende Wortarten:
- Nomen
- Verb
- Adjektiv
- Adverb
- Pronomen
- Präposition (/ Adposition)
- Konjunktion
- Numeral
- Artikel
- Interjektion
Sie erfüllt aber einige grundlegende Eigenschaften von Klassifizierungssystemen nicht. Beispielsweise ist unklar, was sie klassifiziert: Lexeme, syntaktische Wörter oder Wortformen.
[Bearbeiten] Fünf-Wortarten-Lehre nach Hans Glinz
Bei der Fünf-Wortarten-Lehre beruht die Klassifikation auf formalen Kriterien.
Man unterscheidet fünf Hauptwortarten nach morphologischen Kriterien:
- unflektierbar → Partikel
- flektierbar
- deklinierbar
- festes Genus → Nomen (manchmal auch Substantiv genannt)
- ohne festes Genus
- nicht steigerbar, eine Flexionsreihe → Pronomen
- steigerbar, zwei Flexionsreihen → Adjektiv
- konjugierbar → Verb
- deklinierbar
Die Partikeln können nach ihrem syntaktischen Verhalten in vier Untergruppen unterteilt werden:
- Präpositionen bestimmen den Kasus der Wortgruppen, bei denen sie stehen.
- Konjunktionen, die weiter unterschieden werden als: Beiordnende Konjunktionen verbinden gleichwertige Einheiten/Nebenordnende Konjunktionen leiten Nebensätze ein.
- Interjektionen stehen außerhalb des Satzes, haben Töne, ungewöhnliche Lautkombinationen (brr), sind nur sehr begrenzt kombinationsfähig. Sie sind möglicherweise nicht als Wörter zu fassen.
- Die Adverbien bilden eine Restgruppe.
Die Adverbien können ihrerseits auch noch weiter unterschieden werden, und zwar in Lokaladverb (Wo?), Temporaladverb (Wann?), Modaladverb (Wie?), Kausaladverb (Warum?), Interrogativadverb (Frageadverb) und Pronominaladverb (Verbindung von da-/wo-/hier- mit Präposition: dabei/wobei/hierbei).
Einige Beispiele:
- Präpositionen: auf, mit, zu, an, bei, durch, ...
- beiordnende Konjunktionen (Subjunktoren): und, aber, sondern, denn, nämlich, als, wie, ...
- unterordnende Konjunktionen (Konjunktoren): als, dass, wenn, weil, obwohl, seit, wie, ...
- Interjektion: ah, na, hm, ...
- Adverbien: unten, oft, sehr, wohl, damit, warum, deshalb, ...
Die Pronomen werden in der Fünf-Wortarten-Lehre in zehn Unterarten eingeteilt, die in der klassischen Wortartenlehre drei anderen Wortarten zugerechnet werden (Artikel, Numerale, Pronomen): bestimmter Artikel (der, die, das), unbestimmter Artikel (ein, eine), bestimmtes Zahlpronomen (ein/eine, zwei, drei, vier: Kardinal-/Grundzahlen), Personalpronomen (Fürwort: ich, du, er, sie, es; dein, mein), Reflexivpronomen (rückbezügliches Fürwort), Relativpronomen (bezügliches Fürwort), Possessivpronomen (besitzanzeigendes Fürwort), Demonstrativpronomen (hinweisendes Fürwort), Indefinitpronomen (unbestimmtes Fürwort, hierzu gehören auch die unbestimmte Zahlwörter: einige, viele, wenige), Interrogativpronomen (fragendes Fürwort).
Bei der Bestimmung der Wortarten bestimmte man Lexeme, und keine Wortformen. Das bedeutet, dass in den Sätzen „er sieht ein schönes Haus“ und „er zeichnet schön“ die beiden unterschiedlichen Wortformen von „schön“ als Adjektive bestimmt werden. Wenn man die unterschiedliche Funktion der Adjektive berücksichtigen will, kann man von attributiven (schönes Haus) und adverbialen (er singt schön) Adjektiven sprechen. Analog dazu spricht man in Sätzen wie „sie ist hübsch“ von prädikativen Adjektiven.
Die Fünf-Wortarten-Lehre fasste in den letzten Jahren in Schweizer Grundschulen Fuß.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
- Zifonun/Hoffmann/Strecker (1997): Grammatik der deutschen Sprache.
[Bearbeiten] Weblinks
Wiktionary: Wortart – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |
- http://hypermedia.ids-mannheim.de/grammis/
- Grundwissen der Wortarten für die Schule
- http://home.edo.uni-dortmund.de/%7Ehoffmann/WortartenK.html
- http://www.lateinservice.de/grammatik/inhalte/wortarten.htm
- http://home.pfaffenhofen.de/schyren-gym/gramm/wa/wortarten.htm
- Wortgrammatik und Einteilung der Wortklassen
- Adjektiv und Adverb – Wortart oder Satzglied?