Zentralinstitut für Alte Geschichte und Archäologie
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Das Zentralinstitut für Alte Geschichte und Archäologie (ZIAGA) war ein Großinstitut, angesiedelt bei der Akademie der Wissenschaften der DDR.
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[Bearbeiten] Die Vorgänger
Obwohl es an verschiedenen Universitäten der DDR Studiengänge in Altertumswissenschaften gab, waren die Universitäten, anders als heute oder auch in Westdeutschland, in erster Linie zur Bildung des wissenschaftlichen Nachwuchses und nicht zur Forschung gedacht. Die Forschung wurde in erster Linie an der Akademie der Wissenschaften der DDR (bis 1972 Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin) geleistet. Auch alte, langwierige Forschungsprojekte wurden hier fortgesetzt, etwa das Corpus Inscriptionum Latinarum, das Inscriptiones Graecae oder die Prosopographia Imperii Romani.
Diese alten Projekte kamen 1955 zum neugeschaffenen Institut für griechisch-römische Altertumskunde. Unternehmungen, die schon länger brach lagen - etwa der Index Rerum Militarium, die Fronto- und Strabon-Ausgabe, das Corpus Inscriptionum Etruscarum, die Formae Orbis Antiqui, die Rhetores Graeci und das Vocabularium Iurisprudentiae Romanae - wurden nicht wieder neu aufgenommen. Dafür wurden archäologische Feldforschungen auf einstmals griechisch-römischem Boden begonnen. 1958 starteten in deutsch-bulgarischer Gemeinschaftsarbeit die Ausgrabungen am spätantiken Limeskastell Iatrus. Langjähriger Direktor des Instituts war Johannes Irmscher. Leiter des Instituts für Ur- und Frühgeschichte war Karl-Heinz Otto.
[Bearbeiten] Das ZIAGA
1969 wurde im Zuge einer Akademiereform das Zentralinstitut für Alte Geschichte und Archäologie (ZIAGA) unter der Leitung des damals gerade 36jährigen, systemtreuen Prähistorikers Joachim Herrmann geschaffen. Hier wurden die drei vormals selbstständigen Institute Institut für Vor- und Frühgeschichte, Institut für Orientforschung und das Institut für Griechisch-römische Altertumskunde zusammengefasst. Das neue Großinstitut gliederte sich in vier Bereiche:
- Ur- und Frühgeschichte
- Alter Orient
- Griechisch-römische Geschichte
- Griechisch-römische Kulturgeschichte (langjähriger Leiter war Johannes Irmscher
- später kam noch eine Abteilung Altamerika hinzu.
Obwohl keines der Traditionsunternehmen eingestellt wurde, wurden jetzt neue Prioritäten gesetzt. Die Vorgaben der Politik an die Forschungsziele wurden ideologischer. Die alten Projekte wurden in kleinerem Umfang fortgeführt, dafür konzentrierte man sich auf neue Prestigeobjekte wie eine "Geschichte des Deutschen Volkes", die "Römer an Rhein und Donau" und eine zweibändige "Kulturgeschichte der Antike". Problematisch für die Forschung war auch, dass ein Großteil der Mitarbeiter keine sogenannten „Reisekader“ waren und somit nur ins „befreundete“ Ausland fahren konnte. Auch die restriktiven Kontroll- und Verbotsmaßnahmen bei der Korrespondenz dienten nicht der Förderung der Unternehmen.
Auch ein Großteil der wissenschaftlichen Reihen und Zeitschriften wurden im Rahmen des ZIAGA herausgegeben:
- Altorientalische Forschungen
- Ausgrabungen und Funde (heute: Archäologisches Nachrichtenblatt)
- Ethnographisch-Archäologische Zeitschrift
- Klio
- Zeitschrift für Archäologie (ZfA).
Die Mitarbeiter der Akademie waren zu einem Großteil auch in die universitäre Lehre – vor allem an der Humboldt-Universität zu Berlin – eingebunden. Untergebracht war das ZIAGA im alten Preußischen Herrenhaus an der Leipziger Straße 3-4, dem heutigen Bundesratsgebäude. Ironischerweise war es nach 1961 das letzte Haus vor der Grenze. Im Gebäude des Instituts war auch der Sitz des Nationalkomitees der Byzantinisten, deren Vorsitzender ebenfalls Johannes Irmscher war.
Im Zuge der Wende, der Auflösung der DDR und der Eingliederung in das wissenschaftliche System der Bundesrepublik Deutschland endete die Existenz des ZIAGA mit dem Ende der Akademie 1992.
[Bearbeiten] Wichtige Mitarbeiter
- Gert Audring
- Paul Grimm
- Rigobert Günther
- Joachim Herrmann
- Johannes Irmscher
- Fritz Jürß
- Horst Klengel
- Achim Leube
- Reimar Müller
- Karl-Heinz Otto
- Ernst Günther Schmidt
- Johannes Schneider, 1951 - 1975 Leiter der Arbeitsgruppe Mittellateinisches Wörterbuch
- Ursula Thiemer-Sachse, 1989-92 Leiterin der Abteilung Altamerika
- Gerhard Perl, Latinist
- Wilhelm Unverzagt
- Friedhelm Winkelmann, spätantike Kirchengeschichte
- Reinhard Witte
- Peter Zieme, Leiter der "Forschungsgruppe Turfan"
[Bearbeiten] Literatur
- Das Ostberliner "Zentralinstitut für Alte Geschichte und Archäologie" im deutschen Vereinigungsprozeß (1989-1992), in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 47 (1996), S. 466–482
- Eike Gringmuth-Dallmer: Die Berliner Akademie der Wissenschaften und die Mittelalterarchäologie in der DDR, in Mitt. AG Mittelalter 12, 2001, 25-31 (online)
[Bearbeiten] Rechtsvorschriften
- Verordnung über das Statut der Akademie der Wissenschaften der DDR vom 20. Mai 1969