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Drehmomentschlüssel

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Typischer Drehmomentschlüssel
Typischer Drehmomentschlüssel

Drehmomentschlüssel ist die umgangssprachliche Bezeichnung für ein Schraubwerkzeug, mit dem ein definiertes Drehmoment auf Verbindungselement wie Schrauben oder Muttern ausgeübt werden kann. Zur besseren Handhabe ist er dazu meist mit einer Knarre, bzw. Ratsche ausgestattet. Ebenso sind in der Praxis Drehmomentschlüssel mit starren 4-Kant-Antrieben zu finden.

Drehmomentschlüssel werden in vielen verschiedenen Größen, die jeweils einen bestimmten Drehmomentbereich abdecken, und in verschiedenen Ausführungen angeboten. Die obere Grenze des aufbringbaren Moments ist begrenzt durch die Kraft, die ein durchschnittlicher Mensch aufbringen kann und die Hebellänge, bis zu der ein Werkzeug handhabbar bleibt (ca. 1,5 Meter). Danach liegt die theoretische Grenze bei ca. 1500 Nm, in der Praxis sind Schlüssel mit über 1300 Nm jedoch selten anzutreffen. Höhere Drehmomente können nur durch Kombination von Drehmomentschlüssel mit Drehmomentvervielfältiger oder hydraulischen Spannvorrichtungen erzeugt werden. Umgangssprachlich werden Drehmomentschlüssel fälschlicherweise auch als Kraftschlüssel oder Kiloschlüssel bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Anwendungsgebiete

Die Schraubverbindung ist eine im Maschinenbau häufig genutzte Verbindung. Zum Schließen der Verbindungselemente müssen geeignete Montagewerkzeuge eingesetzt werden. Mit den genormten und in der Praxis üblichen Schraubwerkzeugen, zum Beispiel mit Maul-, Ring- und Steckschlüsseln können die meisten Verschraubungsfälle bei Herstellung und Instandhaltung von Produkten durchgeführt werden. Das bei der Verwendung handgeführter Werkzeuge zu übertragende Moment ist hierbei abhängig von der physischen Kondition des Benutzers und dessen individuellem Empfinden. Hinzu kommt, dass bei größeren Schlüsselweiten der genormte Hebelarm so bemessen wurde, dass das Übertragen des notwendigen Drehmomentes ohne Hilfsmittel nicht möglich ist. Werden die Ansprüche für eine Schraubenverbindung angehoben und die Forderung gestellt, dass die Schraube mit einer definierten Kraft vorgespannt wird, macht dies ein geeignetes Werkzeug erforderlich. Das gilt nicht nur für Verschraubungen, die mit großen Vorspannkräften belastet werden sollen, sondern auch für solche, die nur mit geringen Momenten vorgespannt werden dürfen. Die Montage empfindlicher halbleiterbestückter Platinen aus dem Bereich des Mobilfunks oder der Mikroelektronik sind ein Beispiel dafür. Der konsequente Leichtbau in der Automobilindustrie sorgt ebenfalls für eine Zunahme der mit einem exakt definierten Moment vorzuspannenden Verbindungen, da der verstärkte Einsatz von neuen Konstruktionswerkstoffen wie Magnesium, Aluminium und Kunststoff dazu führt, dass die Zahl empfindlicher Schraubverbindungen stetig zunimmt. Die geringere Zugfestigkeit dieser Leichtbau-Werkstoffe im Vergleich zu Stahlwerkstoffen führt bei einer Überbeanspruchung der Schraubverbindung zu Beschädigungen des Gewindes und damit zu Schäden.

Kfz-Halter verbinden eventuell den Begriff Drehmomentschlüssel mit dem Anzug der Radschrauben bei Aluminiumfelgen. Ein anderes Anwendungsgebiet ist die Implantationsmedizin, wo Verschraubungen von Zahnimplantaten oder künstlichen Hüftgelenken mit Hilfe von Drehmomentschlüsseln erfolgen. In der modernen Montagetechnik haben Drehmomentschlüssel einen festen Platz, und es ist anzunehmen, dass die Verwendung von Verschraubungen in Leichtbau-Komponenten oder empfindlichen mechanischen oder elektronischen Bauteilen auch in Zukunft zunehmen wird.

Um Überbeanspruchung von Verschraubungen zu verhindern finden verschiedene Konzepte Anwendung. Zum Einen gibt es drehwinkelgesteuerte Anzugsverfahren, zum Anderen drehmomentgesteuerte Verfahren. Beim drehwinkelgesteuerten Anzugsverfahren wird die Verschraubung mit einem definierten Drehwinkel angezogen, was über einen mechanischen oder elektronischen Messaufnehmer geschieht. Beim drehmomentgesteuerten Anzugsverfahren wird das Drehmoment beim Anziehen gemessen und beim Erreichen einer eingestellten Schwellwerts eine Aktion ausgelöst.

[Bearbeiten] Drehmomentschlüssel-Prinzipien

Drehmomentschlüssels gibt es in einer Vielzahl von mechanischen oder elektronischen Ausführungen mit unterschiedlichen Funktionsprinzipien. In der Gruppe der mechanischen Drehmomentschlüssel gibt es die so genannten Knickschlüssel, die bei Erreichen des gewünschten Drehmoments durchknicken oder Abbrechen und somit eine weitere Einleitung eines Momentes verhindern. Ebenfalls zu den mechanischen Drehmomentschlüsseln gehören die auslösenden Drehmomentschlüssel (Knack-Schlüssel) und die Slipper. Knack-Schlüssel erfordern eine sichere Handhabung durch den Anwender, da nach dem Auslösesignal die Einleitung des Momentes durch den Anwender gestoppt werden muss. Bei Slippern ist die Auslösegenauigkeit unabhängig von der Fertigkeit des Benutzers, da sie bei Erreichen des Grenzmomentes durchschlupfen und eine weitere Momenteinleitung verhindern. Bei elektronischen Drehmoment-Werkzeugen ist wiederum eine sichere Handhabung durch den Anwender erforderlich, da eine Anzeige des gewünschten Momentes optisch oder akustisch erfolgt, die signalisiert, dass das Aufbringen eines Momentes gestoppt werden muss. Damit die Verschraubungsqualität von Drehmomentwerkzeugen sichergestellt werden kann, erfordern diese eine hohe Auslösegenauigkeit beim Erreichen des eingestellten Drehmoments mit einer entsprechenden Reproduzierbarkeit der Werte. Hierzu sind ein deutlich erkennbares Auslösesignal sowie möglichst geringer Einfluss von Handhabungsunterschieden, beispielsweise durch schnelles oder langsames Anziehen, notwendig.

[Bearbeiten] Auslösende Drehmomentschlüssel

Auslösender Drehmomentschlüssel
Auslösender Drehmomentschlüssel

Bei auslösenden Drehmomentschlüsseln wird durch die Voreinstellung eines bestimmten Drehmomentwertes erreicht, dass ein Signal ausgelöst wird (z. B.: hörbar, sichtbar, fühlbar), sobald der Drehmomentschlüssel am Antriebsteil (Antriebsprofil) den voreingestellten Drehmomentwert misst. Die am häufigsten verwendeten Ausführungen bestehen aus einem rohrförmigen Hebel, dessen Länge auf den abzudeckenden Bereich abgestimmt ist, dem darin untergebrachten Auslösemechanismus, einer mit dem teilweise gummierten Griffstück verbundenen Einstellvorrichtung samt Skala und dem Kopf, in dem oft eine umschaltbare oder umsteckbare Knarre (auch Ratsche genannt) integriert ist.

Als Universalantrieb fungiert meist ein Vierkantzapfen mit den dafür üblichen Abmessungen im Zollsystem (1/4, 3/8, 1/2, 3/4, 1 oder 1,5``), auf den verschiedene Steckschlüsseleinsätze (Stecknüsse) gesteckt werden können.

Wenn das eingestellte Drehmoment erreicht ist, wird das durch akustische, mechanische und/oder optische Auslöser angezeigt, meist durch ein spürbares Knacken oder durch einen herausspringenden farbigen Indikator.

[Bearbeiten] Anzeigende Drehmomentschlüssel

Bei anzeigenden Drehmomentschlüsseln wird über eine mechanische Skala, Messuhr oder elektronische Anzeige der Wert des Drehmomentes angegeben, der von dem Werkzeug am Abtriebsteil aufgebracht wird. Viele Ausführungen verwenden massive Hebel mit einem Torsionsstab als Antrieb, dessen Verdrehung gegenüber einer mit dem Hebel gekoppelten Skala als Maß für das Drehmoment abgelesen werden kann.

[Bearbeiten] Sonstiges

Einstellung des Drehmoments am Griff
Einstellung des Drehmoments am Griff

Häufig ist neben der auf SI-Einheiten basierenden Nm-Skala noch eine zweite mit der Einheit „lbf“ (Pfund · Fuß) angebracht, da das angloamerikanische Maß- und Gewichtssystem in einigen technischen Bereichen noch häufig eingesetzt wird. 1 Nm entspricht ungefähr 0,738 lbf. Die nicht mehr gültige Einheit kpm (Kilopond Meter) ist nur noch selten anzutreffen. 1 kp · m entspricht ca. 9,81 Nm.

Praktikable Größenordnungen für den Werkstattbetrieb beginnen bei etwa 0 bis 6 Nm und reichen bis ca. 200 bis 800 Nm.

Ein allgemein bekanntes Beispiel für den Einsatz ist das Anziehen der Befestigungsmuttern oder -schrauben an PKW-Rädern, das nicht bis zum Höchstmöglichen von Hand, sondern „schonend, aber fest“ mit einem Drehmomentschlüssel erfolgen sollte. Bei zu kleinem Anzugsmoment können sich die Räder lösen, bei zu hohem droht vor dem sichtbaren Abreißen der Schrauben oder Bolzen deren Überdehnung, die Verspannung von Bremsenteilen, Radnaben und Felgen, was nicht sofort ersichtlich aber gefährlich ist, da das Rad bei hohen Geschwindigkeiten blockieren oder sich lösen kann. Typische Anzugsmomente für PKW bewegen sich im Bereich zwischen 70 und 150 Nm (Gewinde zwischen M 10 x 1,25 und M 14 x 1,5).

Eine Sonderform des Drehmomentschlüssels ist das Torsiometer, eine sehr präzise Ausführung, mit der mechanische Reibungswiderstände, beispielsweise in Lenkgetrieben gemessen werden können.

Für feste Drehmomentwerte bei ständig wiederholten Arbeitsschritten, wie in der Großserienfertigung, an Taktstraßen, im Fahrzeugbau usw. kommen Druckluft- oder Elektrowerkzeuge (Schrauber) zum Einsatz, bei denen ein Drehmomentbegrenzer integriert oder als Vorsatz angebaut ist.

Drehmomentwerkzeuge unterliegen der Norm EN ISO 6789:2003. Diese empfiehlt ein Rekalibrierintervall nach einer Gebrauchsdauer von 12 Monaten oder ca. 5000 Lastwechseln. Dies ist erforderlich da Feder und Begrenzungsmechanismus dem Verschleiß unterliegen.

[Bearbeiten] Weblinks

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