Emissionen aus Drehofenanlagen der Zementindustrie
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Bestimmung der Emissionen von Zementwerken beim Zementherstellungsprozess stehen sowohl kontinuierliche als auch diskontinuierliche Messverfahren zur Verfügung. Kontinuierlich werden hauptsächlich Staub, NOx und SO2 gemessen; die anderen immissionsrechtlich relevanten Parameter werden in der Regel diskontinuierlich auf der Basis von Einzelmessungen bestimmt.
Die folgenden Erläuterungen beziehen sich auf moderne Drehofenanlagen, die nach dem Trockenverfahren betrieben werden.
[Bearbeiten] Klimarelevante Gase / Kohlenstoffdioxid (CO2)
Beim Klinkerbrennprozess werden klimarelevante Gase emittiert. Zum weit überwiegenden Teil ist dies CO2. Andere klimarelevante Gase, wie z. B. Distickstoffmonoxid (N2O) oder Methan (CH4), werden nur in sehr geringem Maße emittiert. CO2-Emissionen sind sowohl rohstoff- als auch energiebedingt. Rohstoffbedingte CO2-Emissionen entstehen bei der Entsäuerung des Kalksteins (CaCO3) und haben einen Anteil von etwa 60 % an den CO2-Gesamtemissionen. Energiebedingte Emissionen entstehen sowohl direkt bei der Verbrennung der Brennstoffe als auch indirekt durch den Einsatz von elektrischer Energie.
[Bearbeiten] Staub
Für die Erzeugung von 1 t Portlandzement müssen während der Produktion ca. 1,5 bis 1,7 t Rohmaterialien, 0,1 t Kohle sowie 1 t Klinker (abzüglich der weiteren Hauptbestandteile und Sulfatträger) staubfein gemahlen werden. Wesentliche Emissionsquellen für die staubförmigen Komponenten liegen dabei in den Bereichen der Aufbereitung des Rohmaterials und der Brennstoffe, des Klinkerbrennprozesses sowie der Zementmahlung. Während es in den 50er-Jahren am Kamin von Drehofenanlagen der Zementindustrie noch zu Staubemissionen von bis zu 3.000 mg/ m3 kam, ist es heute möglich, sie auf 20 mg/ m3 zu begrenzen.
[Bearbeiten] Stickstoffoxide
Der Klinkerbrennprozess ist ein Hochtemperaturprozess, bei dem Stickstoffoxide (NOx) entstehen. Im Abgas von Drehofenanlagen liegen sie zu einem Anteil von etwa 95 % in Form von Stickstoffmonoxid (NO) und zu etwa 5 % als Stickstoffdioxid (NO2) vor. Da NO in der Atmosphäre weitgehend zu NO2 umgewandelt wird, werden die Emissionen als NO2 pro m3 Abgas angegeben.
Die prozessbedingten NOx-Gehalte am Abgas von Drehofenanlagen würden ohne Minderungsmaßnahmen in den meisten Fällen die heute in Europa gültigen Vorgaben von 0,50 g/m3 für Neuanlagen deutlich übersteigen. Minderungsmaßnahmen betreffen eine Vergleichmäßigung und Optimierung des Anlagenbetriebs sowie gestufte Verbrennung und SNCR-Verfahren.
Um das Rohstoffgemisch in Portlandzementklinker umzuwandeln, sind hohe Prozesstemperaturen erforderlich. In der Sinterzone des Drehofens betragen die Brennguttemperaturen etwa 1.450 °C. Um sie zu erreichen, sind Flammentemperaturen von ca. 2.000 °C erforderlich.
Aus Gründen der Klinkerqualität findet der Brennvorgang unter oxidierenden Bedingungen statt. Unter diesen Voraussetzungen überwiegt die partielle Oxidation des molekularen Stickstoffs der Verbrennungsluft zu Stickstoffmonoxid, die auch als "thermische NO-Bildung" bezeichnet wird.
Die thermische NO-Bildung ist bei den niedrigeren Temperaturen in einer Zweitfeuerung hingegen kaum von Bedeutung: hier kann der im Brennstoff gebundene Stickstoff zum so genannten "brennstoffbedingten NO" führen.
[Bearbeiten] Schwefeldioxid (SO2)
Schwefel wird dem Klinkerprozess über die Roh- und Brennstoffe zugeführt. In den Rohstoffen kann der Schwefel lagerstättenbedingt als Sulfid und als Sulfat gebunden vorliegen. Ursache für höhere SO2-Emissionen von den Drehofenanlagen der Zementindustrie können die im Rohmaterial enthaltenen Sulfide sein, die bei der Vorwärmung des Brennguts bei Temperaturen zwischen 370 °C und ca. 420 °C zu SO2 oxidiert werden. Die Sulfide kommen überwiegend in Form von Pyrit oder Markasit in den Rohstoffen vor.
Der mit den Brennstoffen eingetragene Schwefel wird bei der Verbrennung im Drehrohrofen vollständig zu SO2 umgewandelt. Dieses SO2 reagiert im Vorwärmer- und Ofenbereich zu Alkalisulfaten, die im Klinker gebunden werden.
[Bearbeiten] Kohlenstoffmonoxid (CO) und organischer Gesamtkohlenstoff
Die Abgaskonzentrationen von CO und organisch gebundenem Kohlenstoff sind bei Energieumwandlungsanlagen, wie z. B. Kraftwerken, ein Maß für den Ausbrand der eingesetzten Brennstoffe. Der Klinkerbrennprozess ist dagegen ein Stoffumwandlungsprozess, der aus Gründen der Klinkerqualität stets mit Luftüberschuss betrieben werden muss. In Verbindung mit langen Verweilzeiten im Hochtemperaturbereich führt dies zu einem vollständigen Brennstoffausbrand. Die auftretenden Emissionen von Kohlenstoffmonoxid und organischem Gesamtkohlenstoff stammen daher nicht aus der Verbrennung, sondern aus der thermischen Zersetzung organischer Bestandteile des Rohmaterial im Vorwärmer.
Ursache der Emissionen von CO und organisch gebundenem Kohlenstoff beim Klinkerbrennprozess sind die mit den natürlichen Rohstoffen in geringen Mengen zugeführten organischen Bestandteile (Überreste von Organismen und Pflanzen, die im Laufe der Erdgeschichte im Gestein eingebaut wurden). Sie werden beim Vorwärmen des Brennguts umgesetzt und weitgehend zu CO und CO2 oxidiert. Ein sehr geringer verbleibender Anteil organischer Spurengase (organischer Gesamtkohlenstoff) wird emittiert. Der im Reingas vorliegende Gehalt an CO und organischen Spurengasen lässt beim Klinkerbrennprozess somit keinen Rückschluss auf die Verbrennungsbedingungen zu.
[Bearbeiten] Dioxine und Furane (PCDD/F)
Drehofenanlagen der Zementindustrie unterscheiden sich von klassischen Feuerungsanlagen in erster Linie durch die Verbrennungsbedingungen beim Klinkerbrennen. Brenngut und Drehofenabgase werden im Gegenstrom geführt und intensiv durchmischt. Temperaturverlauf und Gasverweilzeit in Drehrohröfen bieten daher besonders günstige Bedingungen, um organische Verbindungen, die über Brennstoffe eingetragen werden oder daraus entstehen, vollständig zu zerstören. Polychlorierte Dibenzo-p-dioxine und Dibenzofurane (kurz: Dioxine und Furane) liegen deshalb in Abgasen von Drehöfen der Zementindustrie nur in sehr geringen Konzentrationen vor. Untersuchungen haben gezeigt, dass ihre Emissionen unabhängig von der Art der Einsatzstoffe sind und durch verfahrenstechnische Maßnahmen nicht beeinflusst werden können.
[Bearbeiten] Polychlorierte Biphenyle (PCB)
Das Emissionsverhalten der PCB ist mit dem der Dioxine und Furane vergleichbar. PCB können mit den Sekundärroh- und -brennstoffen in den Prozess gelangen. In Drehofenanlagen der Zementindustrie ist eine praktisch vollständige Zerstörung dieser Spurenkomponenten gewährleistet.
[Bearbeiten] Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)
Im Abgas von Drehofenanlagen der Zementindustrie liegt i. allg. eine Verteilung der PAK vor, in der Naphthalin mit einem Massenanteil von über 90 % dominiert. In Drehofenanlagen der Zementindustrie ist eine praktisch vollständige Zerstörung der aus den Brennstoffen stammenden PAK gewährleistet. Emissionen entstammen den organischen Bestandteilen im Rohmaterial (s. o.).
[Bearbeiten] Benzol, Toluol, Ethylbenzol, Xylol (BTEX)
Im Abgas von Drehofenanlagen der Zementindustrie liegen die o. g. Verbindungen i. Allg. in einer charakteristischen Verteilung vor. Benzol, Toluol, Ethylbenzol und Xylol entstehen bei der thermischen Zersetzung organischer Bestandteile des Rohmaterials im Vorwärmer. Sie sind zu etwa 10 % an den Gesamtkohlenstoffemissionen beteiligt.
[Bearbeiten] Benzol
Benzol entsteht bei der thermischen Zersetzung organischer Bestandteile des Rohmaterials im Vorwärmer. Es ist i. Allg. zu mehr als der Hälfte an den Emissionen von BTEX (s. o.) beteiligt.
[Bearbeiten] Gasförmige anorganische Chlorverbindungen (HCl)
Rohmaterialien und Brennstoffe des Klinkerbrennprozesses enthalten als Nebenbestandteile Chloride. Sie werden beim Verfeuern der Brennstoffe oder Erhitzen des Brennguts freigesetzt und reagieren überwiegend mit den Alkalien aus dem Brenngut unter Bildung von Alkalichloriden. Diese zunächst dampfförmig vorliegenden Verbindungen kondensieren bei Temperaturen zwischen 700 °C und 900 °C am Brenngut bzw. am Ofengasstaub, gelangen anschließend erneut in den Drehrohrofen und verdampfen erneut. Dieser Kreislauf im Bereich zwischen Drehofen und Vorwärmer kann zur Bildung von Ansätzen führen. Über einen Gasabzug am Ofeneinlauf können Alkalichloridkreisläufe wirkungsvoll reduziert und damit Betriebsstörungen vermindert werden. Gasförmige anorganische Chlorverbindungen werden beim Klinkerbrennprozess nicht oder nur in sehr geringen Mengen emittiert. Das Auftreten von Chlorwasserstoff (HCl) im Abgas kann aufgrund der basischen Ofengasatmosphäre praktisch ausgeschlossen werden. Werden gasförmige anorganische Chloride im Abgas von Drehofenanlagen nachgewiesen, so ist dies i. Allg. auf feinste Kornfraktionen von Alkalichloriden im Reingasstaub zurückzuführen. Sie können Messgasfilter passieren und das Vorliegen der gasförmigen Verbindungen vortäuschen.
[Bearbeiten] Gasförmige anorganische Fluorverbindungen (HF)
Fluor liegt in Drehrohröfen der Zementindustrie zu 90 bis 95 % im Klinker und der Rest in Form des unter den Bedingungen des Brennbetriebs stabilen Calciumfluorids an Staub gebunden vor. Die Emission gasförmiger Fluorverbindungen, insbesondere auch von Fluorwasserstoff, ist wegen des hohen Calcium-Überschusses praktisch ausgeschlossen. Feinste Staubfraktionen, die das Messgasfilter passieren, können bei Drehofenanlagen der Zementindustrie geringe Gehalte an gasförmigen Fluorverbindungen vortäuschen.
[Bearbeiten] Spurenelemente
Für das Emissionsverhalten der einzelnen Elemente im Klinkerbrennprozess sind die Eintragssituation, das Verhalten in der Anlage sowie der Abscheidegrad der Entstaubungseinrichtung von Bedeutung. Die mit den Roh- und Brennstoffen dem Brennprozess zugeführten Spurenelemente können in Abhängigkeit von ihrer Flüchtigkeit ganz oder teilweise in den heißen Zonen des Vorwärmers und/oder Drehrohrofens verdampfen, mit den in der Gasphase vorliegenden Bestandteilen reagieren und in den kälteren Bereichen des Ofensystems auf dem Brenngut kondensieren. Je nach Flüchtigkeit und Betriebsbedingungen können sich Kreisläufe ausbilden, die entweder auf Ofen und Vorwärmer beschränkt bleiben oder auch die Mahltrocknungsanlage mit einschließen.
Spurenelemente aus den Brennstoffen gelangen zunächst in die Verbrennungsgase, werden jedoch aufgrund des Rückhaltevermögens von Ofen und Vorwärmer nur in äußerst geringem Maße emittiert.
Unter den Bedingungen des Klinkerbrennprozesses werden die nichtflüchtigen Elemente (z. B. Arsen, Vanadium, Nickel) vollständig in den Klinker eingebunden.
Elemente wie Blei und Cadmium reagieren im Bereich zwischen Drehrohrofen und Vorwärmer bevorzugt mit den im Überschuss zur Verfügung stehenden Chloriden und Sulfaten zu schwerflüchtigen Verbindungen. Aufgrund des hohen Oberflächenangebots kondensieren diese Verbindungen bei Temperaturen zwischen 700 °C und 900 °C an den Brenngutpartikeln. Die im Ofen- Vorwärmer-System gespeicherten schwerflüchtigen Elemente werden so im Zyklonvorwärmer wieder abgeschieden und verbleiben praktisch vollständig im Klinker. Thallium und seine Verbindungen kondensieren im oberen Bereich des Zyklonvorwärmers bei Temperaturen zwischen 450 °C und 500 °C, so dass sich zwischen Vorwärmer, Rohmaterialtrocknung und Abgasreinigungsanlage ein Kreislauf ausbilden kann.
Quecksilber und seine Verbindungen werden in Ofen und Vorwärmer nicht abgeschieden. Auf dem Abgasweg kondensieren sie infolge der Abkühlung des Gases und werden von den Rohmaterialpartikeln teilweise adsorbiert. Dieser Anteil wird im Ofenabgasfilter abgeschieden.