Frank Schirrmacher
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Frank Schirrmacher (* 5. September 1959 in Wiesbaden) ist ein deutscher Journalist, Literaturwissenschaftler und Essayist, Buchautor und seit 1994 Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Inhaltsverzeichnis |
Leben
Schirrmacher wurde als Sohn eines Beamten geboren. Nach dem Abitur 1979 studierte Schirrmacher bis 1984 Germanistik, Anglistik, Literatur und Philosophie an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg und an der Cambridge University in Cambridge. Weitere Studienaufenthalte waren in Montpellier und an der Yale University (New Haven).
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Vor allem aufgrund einer Empfehlung des Politologen Dolf Sternberger erhielt er 1984 von Herausgeber Joachim Fest eine Hospitanz bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und konnte sich schon im Juli 1985 zur Redaktion des FAZ-Feuilletons zählen. 1987 wurde er mit der innerhalb von wenigen Monaten verfassten Dissertation „Schrift als Tradition - die Dekonstruktion des literarischen Kanons bei Kafka und Harold Bloom“ an der Universität Siegen zum Dr. phil. promoviert.
1993 wurde er Leiter der Redaktion „Literatur und literarisches Leben“ und Nachfolger von Marcel Reich-Ranicki; 1994 Nachfolger von Joachim Fest als einer der fünf Herausgeber, zuständig für das Feuilleton.
Schirrmacher tritt für eine Erweiterung seines Bereiches auch auf die Naturwissenschaften ein. So gab es maßstabsetzende Debatten um die Gentechnik, um die Hirnforschung und neuerdings (Anfang 2005) um den demographischen Wandel in Deutschland und Europa. Immer wieder schaffte es der nicht unumstrittene Schirrmacher, Themen zu "setzen". Auch die Populärkultur hat verstärkt Einzug in das Feuilleton der FAZ gefunden. Der Ton in Überschriften und Bildunterschriften ist spielerischer geworden. Die amerikanische Zeitschrift Newsweek rühmte Schirrmacher als einen der führenden Intellektuellen, Jakob Augstein nannte ihn in der Wochenzeitung Die Zeit vom 2. März 2006 den „Dirty Harry des Feuilletons“ [1].
Familie
Frank Schirrmacher ist mit einer Autorin verheiratet und hat mit ihr einen Sohn. Der Hauptwohnsitz der Familie ist in Berlin.
Reform der FAZ
In der Boomphase der Presse um das Jahr 2000 weitete Schirrmacher das Feuilleton ganz erheblich aus und warb namhafte Journalisten von anderen Zeitungen ab. Doch schon zwei Jahre später musste die Seitenzahl wieder reduziert und Personal entlassen werden, ein bisher einmaliger Vorgang in der Geschichte der FAZ. Seine bisher größte Niederlage im Kreise der Herausgeber hatte er mit der Einstellung der "Berliner Seiten" im Jahr 2003. Auch scheiterte sein Versuch, die Feuilleton-Redaktion nach Berlin umzusiedeln.
Publikationen
Aufsehen erregte Schirrmacher mit seinem "Verriss" des Romans "Tod eines Kritikers" von Martin Walser. Schirrmacher wollte in dem Buch antisemitische Passagen erkannt haben. Schirrmacher hatte das Buch nach einem Typoskript schon vor Erscheinen des Romans rezensiert, worauf der Roman noch kurz vor der Publikation geändert wurde. Dies war ein Novum in der deutschen Literaturkritik.
2004 veröffentlichte Schirrmacher den Bestseller Das Methusalem-Komplott, in dem er die Vergreisung der Gesellschaft aufgrund niedriger Geburtenraten prophezeit und zu einem "Aufstand der Alten" aufruft. Hierfür wurde er mit der Goldenen Feder ausgezeichnet.
2006 erscheint sein Buch "Minimum". Der Titel verweist auf Schirrmachers Analyse der Folgen der Auflösung der Familie als "Keimzelle der Gesellschaft" und damit der Schrumpfung sozialer Beziehungen auf ein Minimum. Die soziale Überlegenheit der "Überlebensfabrik" Familie in Notzeiten lässt sich seiner Argumentation nach besonders mit einem amerikanischen Mythos belegen: der Tragödie der Siedler am Donnerpass -Donner Party-, wo überwiegend "Einzelkämpfer" ohne familiäre "Blutsbande" im Schneesturm zu Tode kamen, Familienmitglieder überlebten. Kritiker warfen ihm vor, Schirrmacher propagiere ein neokonservativ geprägtes Frauenbild und dramatisiere die Statistiken. Unter anderem durch Abdrucke und Berichterstattung in Der Spiegel und Bild-Zeitung gelang es dem Journalisten abermals, eine breite Mediendebatte auszulösen.
Für einen weiteren großen Mediencoup sorgte Schirrmacher am 14. August 2006 mit der Veröffentlichung eines Eingeständnisses des deutschen Literaturnobelpreisträgers Günter Grass, dass dieser als Gefreiter zur Waffen-SS in den letzten Kriegstagen eingezogen worden war. Diesen Hinweis erhielt Schirrmacher von seinem Redaktionskollegen Hubert Spiegel bzw. von dessen Rezensionsexemplar „Beim Häuten der Zwiebel“. Obwohl er sich über Grass in den letzten Jahren nur noch in negativer Weise äußerte, gelang ihm noch kurz vor der Buchveröffentlichung von Grass ein weltweit beachtetes Interview. Der erst für September vorgesehene Verkaufsbeginn wurde bereits eine Woche nach dem Interview vorgezogen.
Werbe-Auftritte
Seine Thesen und die daraus abgeleitete "Investmentchance Demographie" verbreitet Schirrmacher auch in Zusammenarbeit mit dem Versicherung- und Finanzdienstleistungskonzern Allianz (siehe Foto).
Mitgliedschaften
- 1981: Mitglied des Clare College der Cambridge University
- 1998: Goethe-Institut
- 1999: Stellvertretender Vorsitzender des Stiftungsrats der Herbert-Quandt-Stiftung
Auszeichnungen
- Im Jahre 2004 verlieh ihm die Frankfurter Journalistenzeitschrift MediumMagazin die Auszeichnung Journalist des Jahres.
- 2004: Goldene Feder für Das Methusalem-Komplott
- 2004: Corine-Sachbuch-Preis für seinen Bestseller "Das Methusalem-Komplott"
Werke
- Schrift als Tradition. Die Dekonstruktion des literarischen Kanons bei Kafka und Harold Bloom. Gesamthochschule Siegen, Dissertation, 1987, II, 180 S.
- Marcel Reich-Ranicki. Sein Leben in Bildern. Eine Bildbiographie. DVA , Stuttgart 288 S., 286 s/w. Abb., geb., ISBN 3-421-05320-0
- Das Methusalem-Komplott. Karl Blessing Verlag, München 2004, 224 S., ISBN 3-89667-310-6, als Hörbuch oder Audio-CD: Das Methusalem-Komplott, Random House Audio, München 2004, ISBN 3-89830-848-0
- Minimum. Vom Vergehen und Neuentstehen unserer Gemeinschaft. Karl Blessing Verlag, München 2006, 192 S., ISBN 3-89667-291-6, als Hörbuch oder Audio-CD: Minimum, Random House Audio, München 2006, ISBN 3-86604-259-0
Quellen
- ↑ Jakob Augstein: „Ein Mann ohne Komplex“, Die Zeit, 2. März 2006
Weblinks
- Literatur von und über Frank Schirrmacher im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Gespräch mit dem Intendanten des SWR, Peter Voß, 3sat, 3. Mai 2004
- „Ein Mann ohne Komplex“, Die Zeit, 2. März 2006, Nr. 10
- „Frank Schirrmacher und seine neue Mahnschrift "Minimum"“, Kulturreport-MDR, 19. März 2006
- „Der Klinsmann des deutschen Feuilletons. Über das journalistische Stehaufmännchen Frank Schirrmacher“, Telepolis, 13. Mai 2006
- „So regiert Frank Schirrmacher“, taz, 24. Juni 2006
- Eine Debatte um Schirrmachers Buch "Minimum"
- „Beichte beim Lieblingsfeind“, Tagesspiegel, 20. August 2006, „Ein weites Feld: Warum Günter Grass ausgerechnet bei der "Frankfurter Allgemeinen" sein Geständnis machte“
Personendaten | |
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NAME | Schirrmacher, Frank |
KURZBESCHREIBUNG | Journalist und Publizist |
GEBURTSDATUM | 5. September 1959 |
GEBURTSORT | Wiesbaden |