Gaskammer (Massenmord)
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Während des Dritten Reiches wurden in sechs Tötungsanstalten, in mehreren Konzentrationslagern und in Vernichtungslagern Gaskammern eingerichtet, in denen Menschen durch Kohlenstoffmonoxidgas, Zyklon B oder Motorabgase umgebracht wurden. Daneben wurden Gaswagen als fahrbare Gaskammern eingesetzt.
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Gaskammern der Aktion T4
Aufgrund eines auf den 1. September 1939 rückdatieren Ermächtigungsschreibens von Adolf Hitler waren einzelne schwerstbehinderte Kinder als „lebensunwert“ durch Medikamente getötet worden. Die vorgebliche Euthanasie wurde mit der Aktion T4 zur Beseitigung von arbeitsunfähigen „Ballastexistenzen“ fortgesetzt.
Im „Alten Zuchthaus“ der Stadt Brandenburg wurde im Januar 1940 vor den Augen ausgewählter Ärzte erprobt, wie die zum „Gnadentod“ bestimmten Opfer am zweckmäßigsten zu töten seien. Während einer kleineren Gruppe Injektionen mit einer Mischung der Alkaloide Morphium und Scopolamin, so genanntes Morphium-Scopolamin in letaler Dosis injiziert wurde, wurden andere psychisch erkrankte Personen in einer dazu hergerichteten Gaskammer ums Leben gebracht. Das vom Kriminaltechnischen Institut der Reichskriminalpolizei (KTI Berlin) empfohlene Kohlenstoffmonooxidgas erwies sich als geeignet.
Das KTI trat später auch förmlich als Besteller auf, so dass die Wirtschaftsabteilung der T4 als eigentlicher Auftraggeber verborgen blieb. Das Kohlenstoffmonooxidgas wurde in handelsüblichen Druckflaschen von 40 Litern Rauminhalt (entsprechend ca. 6 Kubikmeter Gas) vom Werk Ludwigshafen der I.G. Farben geliefert.
In Brandenburg wurde die Gaskammer als Inhalationsraum bezeichnet, später als Baderaum getarnt und mit gekachelten Wänden und Duschattrappen ausgestattet. Dicht über dem Fußboden der Gaskammer war ein mehrfach durchbohrtes Rohr verlegt. Die Gasflaschen standen im Nebenraum; die Ventile wurden stets von einem Arzt bedient. - Über die Wirkungsweise des Gases gibt es widersprüchliche Aussagen. Während mehrere Mittäter als Zeugen vor Gericht behaupteten, dass die Opfer binnen 3 bis 15 Minuten sanft eingeschlafen seien, wollen andere bei den Menschen Atemnot und Krämpfe beobachtet haben.
Ab September 1940 wurden sogar die offiziell als arbeitsfähig eingestuften jüdischen Heilanstaltsinsassen nach Brandenburg geschafft und getötet. Als die „Euthanasieaktion“ in der Bevölkerung gerüchtweise bekannt wurde und Beunruhigung auslöste, beendete man am 24. August 1941 überall die Vergasungen. Nur wenige Monate später wurden jedoch mehrere Opfer nach Görden bei Brandenburg/Havel verlegt und dort vergast. Insgeheim gingen die Massentötungen auch andernorts weiter, indem man den Opfern ausreichende Nahrung vorenthielt oder ihnen missbräuchlich Medikamente verabreichte, um sie zu töten.
Für die NS-Tötungsanstalt Brandenburg werden insgesamt 8989 Opfer genannt, die durch Kohlenstoffmonooxid vergiftet wurden. Bei der NS-Tötungsanstalt Grafeneck, die im Dezember 1940 aufgelöst wurde, sind in den zehn Monaten ihres Bestehens 9839 Tötungen durch Gas nachweisbar. In der NS-Tötungsanstalt Hadamar, das die Nachfolge von Grafeneck übernahm, wurden mindestens 10072 Menschen in der Gaskammer umgebracht. Für die NS-Tötungsanstalt Bernburg werden 9385 Opfer genannt, die in der Gaskammer zu Tode gebracht wurden. Für die NS-Tötungsanstalt Hartheim, dessen Gaskammern 1940 und 1941 betrieben wurden, wird eine Gesamtzahl von 18269 angegeben. In der NS-Tötungsanstalt Sonnenstein, wo auch viele russische Kriegsgefangene in Rahmen der Aktion 14f13 vergast wurden, sind 13720 Menschen umgekommen.
Gaswagen
Anfänge
Kurz nach der Besetzung Polens wurden die dortigen Heil- und Pflegeanstalten nach Opfern durchkämmt, die von den Nationalsozialisten als lebensunwert erachtet wurden. Diese wurden meist erschossen. Fast zeitgleich - das genaue Datum ist umstritten - mit den Probevergasungen vom Januar 1940 in der NS-Tötungsanstalt Brandenburg/Havel wurde in Ostpreußen und Polen auch ein LKW-Anhänger als mobile Gaskammer eingesetzt. Es handelte sich hierbei um einen durch die Aufschrift „Kaiser’s Kaffee“ getarnten Anhänger, in den reines Kohlenstoffmonoxidgas aus einigen in der Zugmaschine mitgeführten Stahlflaschen eingeleitet wurde. Dieses Gespann war nur wenige Monate in Benutzung, da die Anlieferung der Gasflaschen aus Ludwigshafen nicht praktikabel war.
Auf Anregung von Heinrich Himmler wurden im Herbst 1941 in Mogilew Tötungsversuche mit Autoabgasen durchgeführt, um die Erschießungskommandos künftig von ihren blutigen Mordtaten entlasten zu können. Am 3. November 1941 wurde ein Gaswagen in Sachsenhausen erprobt; dabei tötete man 30 russische Kriegsgefangene mit Motorabgasen.
Einsatzorte
Seit Dezember 1941 waren Gaswagen hauptsächlich in Chelmno, aber auch in Riga und bei einigen Einsatzgruppen im Einsatz. 1942 wurden Gaswagen aus Berlin zum Einsatz nach Jugoslawien (Belgrad) geordert. Zwischen März und Mai wurden 7.500 Juden und Roma vom KZ Sajmiste auf der Fahrt mitten durch Belgrad nach Jaijnce, wo die Leichen in eine Grube geworfen wurden, ermordet. Nach diesem Einsatz fuhr man die Gaswagen wieder zurück nach Berlin und nach einer Überholung wurden sie anschließend bei den Einsatzgruppen in Weißrussland (Minsk) eingesetzt. Auch bei den KdS-Dienststellen, den Nachfolgeinstitutionen der Einsatzgruppen, wurden sie teilweise für die Hinrichtung von Häftlingen - vor allem von Juden - verwendet, so z.B. in Kiew 1942/43.
Technisches
Beim Bau dieser Gaswagen beriet das Kriminaltechnische Institut in Berlin die Auftraggeber. Das Referat II D 3 a des RSHA unter Walter Rauff ließ sechs kleinere 3,5-to-Lastwagen der Marke Diamond und Opel-Blitz umrüsten und bestellte Ende 1941 die ersten fünf von insgesamt 30 Saurer-Wagen, die doppelt so groß waren. In Chelmno war auch ein Renault-LKW mit Ottomotor eingesetzt.
Die Kastenaufbauten mit dicht schließender Flügeltür am Heck wurde von der Firma Gaubschat / Berlin-Neukölln geliefert. Die Umrüstung zum Gaswagen wurde in der Werkstatt des Referates II D 3a vorgenommen. Der Zeuge Wentritt schilderte dies 1961 vor dem Gericht in Hannover so:
- "Dort wurde am Auspuff ein Abgasschlauch angebracht, der von außen zum Boden des Wagens geführt wurde. In diesen Wagen bohrten wir ein Loch im Durchmesser von etwa 58 bis 60 mm, in Stärke des Auspuffrohres. Im Wageninnern, über diesem Loch, wurde ein Metallrohr (Auspuffrohr) angeschweißt, das mit dem von außen herangeführten Abgasschlauch verbunden war bzw. verbunden werden konnte. Bei Anlassen des Motors und nach hergestellten Verbindungen gingen die Auspuffgase des Motors durch den Auspuff in den Abgasschlauch und von dort in das im Wageninneren angebrachte Auspuffrohr, wo das Gas sich dann verteilte."
Der Kastenanbau war innen mit Blech verkleidet und mit einem ausziehbaren Rost ausgestattet. Ein anfangs angebrachtes kleines Sichtfenster wurde bei späteren Versionen weggelassen.
Die Hinrichtung
Je nach Größe der, wie Möbelwagen aussehenden LKWs, wurden 25 bis 50 Opfer zum Einsteigen genötigt. Der Motor wurde für wenigstens zehn Minuten im Leerlauf (aber teils mit Vollgas) betrieben. Während dieser Zeit waren Schreie und Klopfen der eingeschlossenen Menschen zu hören, die in Todesangst zur fest verriegelten Tür drängten. Wenn der CO-Gehalt im Wagen den Wert von 1 Prozent überstiegen hatte, trat tiefe Bewusstlosigkeit und dann der Tod ein. Die Opfer starben an Erstickung sowie Kohlenmonoxid-Vergiftung innerhalb ca. 10-20 Minuten. Bei einem Otto-Motor war diese Zeit bereits nach drei Minuten erreicht.
Nach einem erhaltenen Dokument vom 5. Juni 1942 wurden seit Dezember 1941 in drei solchen (vor allem in Kulmhof tätigen) Gaswagen der Firma Saurer 97.000 Juden getötet.
Chelmno
Eine Besonderheit stellen die zwei (zeitweilig auch drei) Gaswagen in Chelmno/Kulmhof dar, die als stationäre Gaskammern eingesetzt wurden. Dort wurden allein im Januar 1942 10.003 Personen ermordet. Die Vernichtungsaktion wurde im März 1943 vorübergehend beendet, Ende Mai 1944 jedoch wieder aufgenommen und bis Januar 1945 fortgeführt. Zuverlässig belegt werden kann die Anzahl von 152.676 Opfern.
Gaskammern in Auschwitz
Himmler beauftragte Rudolf Höß, der als Kommandant im KZ Auschwitz I (Stammlager) sowie im Vernichtungslager KZ Auschwitz-Birkenau eingesetzt war, eine quasi industrielle Tötungsmethode zur Durchführung des Massenmordes an den Juden zu finden.
Für die Vergasungen in Auschwitz wurde ausschließlich das blausäurehaltige Entwesungsmittel Zyklon B benutzt. Der dem Mittel ursprünglich beigefügte Warn- und Riechstoff wurde vom Hersteller aufgrund kriegsbedingten Mangels reduziert und entfiel spätestens ab Juni 1944 gänzlich. Bereits ein Jahr früher, im Juni 1943, hatte es allerdings schon Lieferungen ohne Warnstoff nach Auschwitz gegeben, die Kurt Gerstein angefordert hatte.
Eine erste Massenvergasung fand im KZ Auschwitz I (Stammlager) statt. Ende des Jahres 1941, möglicherweise sogar schon Anfang September, wurden im Keller von Block 11 etwa 250 selektierte Kranke und 600 sowjetische Kommissare und Offiziere durch Zyklon B vergast.
- Kurz danach wurde der Leichenkeller des Krematoriums im Stammlager, der über eine Entlüftungsanlage verfügte, zu einer Gaskammer umgerüstet, indem man drei Einschüttöffnungen in die Decke schlug. Dort wurden noch im Dezember 1941 etwa 900 russische Kriegsgefangene durch Gas ermordet. Diese erste Gaskammer in Auschwitz wurde bis zum April 1942 benutzt; das zugehörige Krematorium wurde im Juli 1943 entkernt und später zu einem Luftschutzbunker für die Wachmannschaft umgebaut. - Die heute im Stammlager gezeigte Gaskammer ist eine Rekonstruktion.
In Auschwitz-Birkenau gab es in sechs verschiedenen Gebäuden Gaskammern, die jedoch nicht alle zum gleichen Zeitpunkt benutzbar waren.
- Im Frühjahr 1942 wurden in Auschwitz-Birkenau in einem Bauernhaus (dem „roten Haus“, oft auch als Bunker I bezeichnet) zwei Gaskammern eingerichtet und für Massentötungen benutzt. Dieses Gebäude wurde Ende 1942 abgebrochen.
- Ende Juni 1942 wurden in einem zweiten Bauernhaus („weißes Haus“ oder Bunker II) vier Räume als Gaskammern genutzt. Diese Anlage wurde bis Frühjahr 1943 betrieben und ab Mai 1944 (unter der Bezeichnung Bunker V) zeitweilig wieder verwendet. Die Grundmauern dieses Anfang 1945 von der SS zerstörten Gebäudes sind freigelegt und umfassen eine Fläche von 105 Quadratmetern.
Am besten dokumentiert sind vier Krematorien (Nummer I bis IV) mit Gaskammern in Auschwitz-Birkenau, die zwischen März und Juni 1943 fertiggestellt wurden und für die man die Bauunterlagen aufgefunden hat. Einige Male wird dort die Tarnsprache außer acht gelassen; es wird über Arbeiten an der Gaskammer und beheizbare (!) Leichenkeller berichtet, ferner sind Empfangsbestätigungen für gasdichte Türen oder Bestellungen von Gasprüfgeräten für Cyanwasserstoff erhalten. Heinrich Messing, Klempner der Firma Topf und Söhne, notiert auf Montage in Auschwitz auf seinem Arbeitszettel 13. März 1943, 15 Arbeitsstunden, Be- und Entlüftungsanlagen im Keller I in Betrieb genommen. Keller I war die Gaskammer, in der folgenden Nacht wurden hier 1492 Juden aus Krakau umgebracht.
- Die Krematorien I und II waren weitgehend baugleich und sollten nach Angabe der Firma J. A. Topf und Söhne eine Kapazität von je 1440 Leichenverbrennungen in 24 Stunden haben. Diese Werte wurden jedoch nicht erreicht; sie lagen um ein Drittel niedriger. Im Kellergeschoss befanden sich ein Auskleideraum sowie eine beheiz- und belüftbare Gaskammer. Ende 1943 wurden die etwa 210 Quadratmeter großen Gaskammern geteilt, so dass nun 500 bis 700 selektierte Erwachsene und Kinder eines Transports auf etwa 100 Quadratmetern zusammengedrängt und getötet werden konnten. Dazu wurde Zyklon B von oben in Schächte geschüttet und fiel in durchlochte Metallpfeiler. Der Tod trat nach Zeugenaussagen binnen 5 bis 15 Minuten ein. Nach 30 bis 40 Minuten Lüftungszeit mussten „Sonderkommandos“ (Häftlinge, die zur Arbeit in der Gaskammer gezwungen wurden) die Ermordeten herauszerren, ihnen Goldzähne herausreißen und die Leichen mit einem Lastenaufzug zu den Muffelöfen transportieren. - Im Dachgeschoss waren Räume für die Mitglieder des Sonderkommandos eingerichtet.
- Die Krematorien III und IV waren für eine Verbrennungskapazität von je 768 Leichen innerhalb von 24 Stunden ausgelegt, die aber in der Praxis nicht erreicht wurde. Diese Bauten waren nicht unterkellert; ihnen war eine Baracke als Auskleideraum vorgeschaltet. Es gab jeweils zwei Gaskammern von je 100 Quadratmetern Fläche.
Zuerst wurden Frauen und Kinder in den vorgeblichen Duschraum geführt, danach die Männer hineingedrängt. Um die Opfer zu täuschen und eine Panik zu verhindern, die den reibungslosen Ablauf des Massenmordes gestört hätte, waren mehrsprachige Schilder wie "Zum Bade" und „Zur Desinfektion“ angebracht. Gelegentlich gab es beruhigende Anweisungen zur Tarnung; potentielle Unruhestifter wurden gegebenenfalls zuvor ausgesondert und an einem anderen Ort erschossen.
Mit Sicherheit befanden sich in der Gaskammer des zuletzt fertiggestellten Krematoriums II (Fertigstellung 25. Juni 1943; Zählweise ohne das Krematorium im Stammlager) nicht funktionierende Duschbrausen. Dies ist mehrfach bezeugt und wird damit erklärt, dass anfänglich im Keller tatsächlich eine Duschanlage geplant war, um eine gerade aufgeflammte Fleckfieberepidemie durch verbesserte Hygiene bekämpfen zu können. - Es gibt mehrere Hinweise darauf, dass weitere Gaskammern zu einem späteren Zeitpunkt (nicht vor Herbst 1943) mit Brausekopfattrappen nachgerüstet wurden. Auch Rudolf Höß bestätigt dies mit seiner Beschreibung des Vernichtungsvorgangs: „ ...Die Juden (gingen) in die Gaskammer, die mit Brausen und Wasserleitungsröhren versehen völlig den Eindruck eines Baderaums machte.“
Am 7. Oktober 1944 wagten die Mitglieder des Sonderkommandos von Krematorium III einen Aufstand. Der Aufstand wurde niedergeschlagen, das Gebäude brannte aus und wurde abgerissen. Ende November wurden die Vergasungen auf Himmlers Geheiß eingestellt. Am 20. und 21. Januar 1945 wurden die Krematorien I, II und VI gesprengt. Wenngleich damit der unmittelbare Sachbeweis für die Existenz dieser Gaskammern vernichtet wurde, so lässt die Konvergenz der Beweise (Blaupausen, Korrespondenzen, Abrechnungen, Zeugenaussagen und Geständnisse der Täter) keinen vernünftigen Zweifel daran zu.
Gaskammern in Vernichtungslagern Ostpolens
Im Rahmen der Aktion Reinhard, die SS-Brigadeführer Odilo Globocnik leitete, wurden in Ostpolen drei Vernichtungslager errichtet, für die später Christian Wirth als Inspekteur eingesetzt wurde.
Belzec
Im November 1941 wurde im Vernichtungslager Belzec eine Baracke als Gaskammer eingerichtet. Diese Baracke war 12 m lang und 8 m breit und in drei Kammern eingeteilt. Von einem Korridor aus gelangte man durch eine Tür in eine der Kammern, die eine zweite Tür an der Außenwand besaß. Diese schlug nach außen auf. Alle Türen waren dicht mit Gummi beschlagen und aus starkem Holz gefertigt. Die Zwischenräume der doppelschaligen Bretterwand waren mit Sand gefüllt. Im Inneren waren die Wände mit Pappe beschlagen, der Fußboden und die Seitenwände wurden bis zu einer Höhe von 1,10 m mit Zinkblech verkleidet. Zur Täuschung der Opfer waren Brausedüsen angebracht. Knapp über dem Fußboden verlief ein Rohr, aus dem Gas eingeleitet werden konnte.
Ende Februar 1942 wurden diese Gaskammern erprobt, indem man drei Transporte mit jeweils 400 bis 600 Juden ermordete. Anfangs verwendete man dazu Kohlenstoffmonoxidgas aus Flaschen, mit dem man bei der T4-Aktion bereits Erfahrungen gesammelt hatte. Kurze Zeit später wurden die Abgase eines Motors zum Vergasen benutzt. Während im Gerstein-Bericht von einem Dieselmotor die Rede ist, berichtet ein anderer Tatzeuge, es habe dort zwei Motoren gegeben: Einen Dieselmotor als Generator für die Elektrizität des Lagers und einen Benzinmotor zur Vergasung.
Der organisierte fabrikmäßige Massenmord setzte mit einem Transport am 17. März 1942 ein. Während dieser Großaktion, die vier Wochen dauerte, wurden 80.000 Juden in Belzec umgebracht. Weitere 16.000 Juden wurden bis Mitte Juni 1942 ermordet; dann erfolgte ein Umbau der Gaskammern.
Das Holzgebäude wurde abgerissen und an seiner Stelle ein festes Gebäude von 24 m Länge und 10 m Breite gebaut. Es enthielt sechs Gaskammern unterschiedlicher Größe, die kaum höher als 2 m waren. Diese neuen Gaskammern konnten 1500 Menschen fassen. Die Vernichtungsaktion endete in Belzec Anfang Dezember 1942; bis März 1943 wurden Leichen exhumiert und verbrannt sowie die Gebäude schließlich abgerissen.
Sobibor
Im März 1942 begann der Bau des Vernichtungslagers Sobibor; es war Ende April einsatzbereit. Die ersten Gaskammern befanden sich in einem festen Ziegelsteingebäude mit Betonfundament. Innen gab es drei Gaskammern von je 16 Quadratmeter Größe. Die Angaben der später vor Gericht stehenden Täter über das Fassungsvermögen sind widersprüchlich und reichen von 40 bis über 150 Menschen, die in eine Kammer hineingepfercht werden konnten. Dem Eingang gegenüber gab es eine zweite Tür, aus der die Leichen herausgezerrt werden konnten. Sie wurden auf Loren geladen und in riesige Gruben geworfen. Ab Herbst 1942 wurden die Leichen in Gruben auf Rosten aus Eisenbahnschienen verbrannt.
Der Motor, dessen Abgase eingeleitet werden konnten, wird beschrieben als “schwerer russischer Benzinmotor mit mindestens 200 PS (V-Motor, 8 Zyl., wassergekühlt)”. Auf Anregung eines Chemikers wurde der Motor auf eine bestimmte Drehzahl eingestellt. Die Opfer waren angeblich nach 10 Minuten tot.
In einer ersten Phase zwischen Mai bis Juli 1942 wurden mindestens 77.000 Juden in Sobibor ermordet. Ende Juli 1942 war die Bahnstrecke Lublin-Chelm wegen Reparaturarbeiten nur zeitweilig befahrbar.
Im September 1942 wurden in Sobibor die alten Gaskammern ersetzt durch 6 neu erbaute, die je 16 Quadratmeter groß waren. Im Juli 1943 sollte Sobibor zu einem Arbeitslager umgewandelt werden, in dem Beutemunition gelagert und verarbeitet werden sollte. Ein Aufstand der jüdischen Häftlinge führte am 14. Oktober 1943 zum Ende des Lagers.
Treblinka
Mit der Errichtung eines dritten Vernichtungslagers begann man Ende Mai 1942 in Treblinka. Die Mordaktionen liefen im Juli 1942 an, obwohl das Lager noch nicht in allen Teilen fertig war. Die Gaskammern befanden sich in einem massiven Ziegelbau. Anfangs waren drei Gaskammern in Betrieb, von denen jede 4m mal 4m groß und 2,60 m hoch war. Die Wände waren bis zu einer bestimmten Höhe weiß verkachelt; Wasserleitungen und Duschköpfe erweckten den Anschein eines Bades. Wie in Sobibor gab es zwei schwere Türen in jeder Kammer. In einem angebauten Raum stand angeblich ein Dieselmotor, der giftiges Kohlenmonoxid erzeugte.
Die erste große Vernichtungsaktion in Treblinka dauerte vom 23. Juli bis 28. August 1942. Dabei wurden 268.000 Juden ermordet. Da die Gaskammern nicht ausreichten, wurden auch Erschießungen durchgeführt. Zum Ausheben von Gruben wurden Bagger eingesetzt; dennoch waren die Zustände so chaotisch, dass der Lagerkommandant abgelöst wurde. Ab Frühjahr 1943 begann man, die Leichen zu exhumieren und unter freiem Himmel zu verbrennen.
Noch während diese Vernichtungsaktion andauerte, wurde der Bau von 10 zusätzlichen Gaskammern in einem neuen Gebäude mit einer Gesamtfläche von 320 Quadratmetern vorangetrieben. In der Endphase des Lagers kam es am 2. August 1943 zu einem Aufstand der jüdischen Häftlinge. Bis dahin waren dort wohl mehr als 800.000 Menschen umgebracht worden.
Gaskammern von Majdanek
Majdanek diente nicht ausschließlich als Vernichtungslager und kann wegen seiner Doppelfunktion mit dem KZ Auschwitz verglichen werden. Im September oder Oktober 1942 (das genaue Datum ist umstritten) wurden in einer Holzbaracke im Kriegsgefangenlager Lublin, das ab Februar 1943 KZ Majdanek hieß, zwei provisorische Gaskammern eingerichtet, die später durch einen gemauerten Bau ersetzt wurden. Dieser besaß drei (nach manchen Angaben auch vier) unterschiedlich große Kammern mit einem Fassungsvermögen von 150 bis 300 Personen. Die Rechnungen für die Eisentüren mit Gummilippen sind erhalten geblieben.
Zur Tötung wurde anfangs Kohlenstoffmonoxidgas aus Stahlflaschen in die Kammern eingeleitet. Später kam Zyklon B zum Einsatz; bei niedrigen Außentemperaturen konnte dieses Präparat durch eine spezielle Einrichtung zum rascheren Ausgasen erwärmt werden. Hannah Arendt berichtet im Eichmann-Buch von Abgasen eines U-Boot-Motors, siehe KZ Majdanek. Da die Kapazität der Gaskammern begrenzt war, wurden größere Transporte von ausgemergelten sowjetischen Kriegsgefangenen und Juden aus Lublin nicht vergast, sondern in Kiesgruben erschossen.
Es sind nachweislich 7711 kg Zyklon B nach Majdanek geliefert worden, doch kann daraus nicht unmittelbar auf die Zahl der ermordeten Menschen geschlossen werden. Ein Großteil des Giftes dürfte bestimmungsgemäß zur Bekämpfung von Kleiderläusen und Entwesung von Baracken eingesetzt worden sein. Ein geringer Bruchteil der Menge des für warmblütige Lebewesen hochgiftigen Insektizids hätte bereits für die Tötung von hunderttausend Menschen ausgereicht. - Über die Zahl der Opfer, die in Majdanek bis zum Herbst 1943 mit unterschiedlichen Methoden getötet wurden, gibt es nur grobe Schätzungen. Niedrige Schätzungen gingen von insgesamt 235.000 Opfern (davon 110.000 Juden) aus; Forschungsergebnisse von 2006 reduzieren diese Angaben auf 59.000 jüdische Opfer bei einer Gesamtzahl von 78.000.
Majdanek wird aufgrund der hohen Opferzahlen und der systematischen Ermordung von Juden als Vernichtungslager bezeichnet. Einige andere Konzentrationslager verfügten ebenfalls über Gaskammern. Diese wurden aber nicht systematisch zum Völkermord an den Juden benutzt. In ihnen wurden Politkommissare und arbeitsuntaugliche Häftlinge beseitigt.
Gaskammern in Konzentrationslagern
KZ Mauthausen
Seit Herbst 1941 gab es im Hauptlager des KZ Mauthausen eine Gaskammer, die im Keller des Krankenbaus lag. Der als Brausebad getarnte Raum war 3,80 m lang und 3,50 m breit. Die Schalter für Licht und Ventilation befanden sich außerhalb des Raumes. Von dort wurde auch das Blausäuregas eingeleitet. Das Präparat Zyklon B wurde hier nicht unmittelbar in den Raum geschüttet. Das Substrat wurde mit einer besonderen Vorrichtung zum raschen Ausgasen erwärmt und durch ein Rohr eingeleitet.
Die letzte Vergasung fand am 28. April 1945 statt. Danach wurden Teile der Einrichtung entfernt. Keiner der SS-Führer, die nach dem Kriege zur Verantwortung gezogen wurden, hat jedoch bestritten, dass in dieser Gaskammer Menschen umgebracht worden sind. Die Zahl der dort vergasten Opfer lässt sich nicht genau ermitteln; nach Gerichtsurteilen kann eine Mindestzahl von 3455 Menschen als sicher gelten.
Auch im Zwillingslager Gusen wurden in einzelnen Häftlingsblöcken Vergasungen durchgeführt. Darunter erstmals auch die Vergasung von Kriegsgefangenen. Im KZ-Doppellagersystem Mauthausen-Gusen wurde auch ein Vergasungswagen eingesetzt, der ausgemergelte Häftlinge von Gusen aus direkt ins Krematorium von Mauthausen lieferte und umgekehrt. Ein grosser Teil der Vergasungsopfer des KL Mauthausen-Gusen wurde auch in der NS-Tötungsanstalt Hartheim verbracht.
Sachsenhausen
Im Herbst 1943 wurde im Krematoriumsgebäude des KZ Sachsenhausen eine Gaskammer installiert. Durch eine patentierte Vorrichtung konnte eine Dose des blausäurehaltigen Insektizids von außen gefahrlos geöffnet und erwärmt werden. Das Gas strömte durch ein Rohr in die Gaskammer, die durch zwei Ventilatoren entlüftet werden konnte. - Derartige Anlagen waren für die Entlausung von Kleidungsstücken nicht unüblich, allerdings befand sich dort die Vorrichtung stets innerhalb der Gaskammer. Hier strömte das Gas aus einem abgeschirmten Nebengelass ein und blieb damit dem Zugriff der im Raum eingesperrten Personen entzogen.
Bei den späteren Verhandlungen im Prozess gegen die Täter gab es Unstimmigkeiten bei der Beschreibung des Tathergangs: Es ist die Rede von Ampullen und Zyklon A (sic!). Allerdings gab der Kommandant Kaindl vor Gericht zu, eine Gaskammer zur Vernichtung von Menschen eingerichtet zu haben. Offenbar wurde die Gaskammer eher selten eingesetzt. Nur wenige Aktionen sind nachweisbar wie zum Beispiel die Vergasung von 27 Ostarbeiterinnen Anfang Februar 1945. Vielfach wird eine Gesamtzahl von 4.000 Opfern erwähnt. Doch fehlt es an Unterlagen und die Forschung konnte eine solche Zahlenangabe bislang nicht verifizieren.
Ravensbrück
Für den Zeitraum Februar bis Ende Mai 1942 folgten im Rahmen der Aktion 14f13 Transporte aus dem Frauenkonzentrationslager Ravensbrück zur NS-Tötungsanstalt Bernburg. Eine Gaskammer wurde erst nach dem Eintreffen des SS-Hauptsturmführers Johann Schwarzhuber eingerichtet, der 1945 von Auschwitz über Dachau nach Ravensbrück versetzt worden war.
Die Gaskammer wurde im Februar 1945 in einem Schuppen neben dem Krematorium eingerichtet. Ihre Größe wurde von Schwarzhuber vor Gericht mit 9 Meter mal 4,5 Meter angegeben, anderen Zeugen nannten die Maße 6 Meter mal 4 Meter. Zum Einsatz kam Zyklon B. Am 23. April 1945 wurde der Schuppen abgerissen. - Die Zahl der Opfer wird auf 2.300 bis 2.400 geschätzt.
Stutthof
Im KZ Stutthof, das im Jahre 1942 ungefähr 40 Kilometer von Danzig entfernt errichtet worden war, wurden eine ursprünglich als Kleiderentwesungsanlage gebaute Gaskammer sowie ein umgebauter Eisenbahnwaggon zur Ermordung von Menschen benutzt. Eine erste Vergasung ist von einem Gericht für den 22. Juni 1944 nachgewiesen worden. Damals wurden 100 Polen und Russen exekutiert. Nach Schätzungen wurden in Stutthof insgesamt 1150 Menschen durch Zyklon B umgebracht.
Neuengamme
Im September 1942 wurden etwa 200 russische Politkommissare aus Fallingbostel nach Neuengamme geschafft und dort im Arrestbunker durch Zyklon B getötet. Der Tathergang wurde im Curiohaus-Prozess von einem der Täter genau beschrieben. Ein zweiter Transport mit 250 überwiegend kriegsversehrten Kriegsgefangenen wurde im November 1942 auf dieselbe Art umgebracht. Weitere Mordaktionen mit Giftgas fanden in Neuengamme nicht statt, jedoch sind dort mehr als eintausend entkräftete Häftlinge durch Phenolspritzen getötet worden.
Sonderfall: Natzweiler
Im August 1943 wurden 115 Juden aus Auschwitz in das Konzentrationslager Natzweiler bei Struthof im Elsaß überführt, die Bruno Beger im Auftrag des damaligen Leiters des Anatomischen Instituts der Universität Straßburg August Hirt, für eine geplante Skelettsammlung ausgewählt hatte. Zur Tötung wurde eine provisorische Gaskammer hergerichtet. Die Opfer wurden mit Blausäuregas vergiftet, das in diesem Fall durch eine chemische Reaktion aus einem Gemisch und einer Flüssigkeit hergestellt wurde. Im Juli 1944 fanden in dieser Gaskammer durch den Biologen Otto Bickenbach medizinische Versuche mit dem Kampfstoff Phosgengas statt, bei denen drei Kontrollpersonen verstarben.
Sonderfall: Dachau
Es ist nicht bewiesen, dass im KZ Dachau Menschen durch Giftgas getötet wurden. Amerikanische Filmaufnahmen vom 3. Mai 1945 zeigen im Krematorium einen fensterlosen Raum mit einer Decke, in die durchlöcherte Metallkappen eingelassen waren. Über der eisernen Eingangstür war die Inschrift "Brausebad" sichtbar; geeignete Installationen fehlten indes. Es gibt lediglich einen einzigen Zeugen, der am 9. Januar 1946 für den Militärgerichtshof in Nürnberg eidesstattlich versicherte, es seien dort Personen vergast worden.[1]Die Vernichtung von Gefangenen aus Dachau nahmen die Nazis meistens in der NS-Tötungsanstalt Hartheim vor.
Belege
- ↑ Dokument 3249-PS in: IMT: Der Nürnberger Prozess. Band 32 (=Dokumentenband 8), Seite 62 / ISBN 3-7735-2524-9
Literatur
- Eugen Kogon, Hermann Langbehn, Adalbert Rückerl (Hg.): Nationalsozialistische Massentötungen durch Giftgas. S.Fischer Verlag, Frankfurt 1983, ISBN 3-10-040402-5 - (grundlegendes Werk für T4, Gaswagen, Vernichtungslager, Konzentrationslager + zahlr. Dokumente)
- Quellen zu Gaswagen in: IMT (Hrsg.): Der Nürnberger Prozess. Nachdruck München 1989. ISBN 3-7735-2521-4 , Band XXVI, Seite 102-110, Dok. 501-PS
- Mathias Beer: Die Entwicklung der Gaswagen beim Mord an den Juden. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 35 (1987), Seite 403-417
- Jean-Claude Pressac: Die Krematorien von Auschwitz. Die Technik des Massenmordes. Piper-Verlag, Neuausgabe München 1995, ISBN 3-492-12193-4 (Auswertung der Bauunterlagen / Fotos / unwiderlegbare Beweise für Existenz der Gaskammern)
- Gideon Greif: Wir weinten tränenlos... Augenzeugenberichte des jüdischen "Sonderkommandos" in Auschwitz. Fischer TB 13914, 5. Aufl. Frankfurt 2003, ISBN 3-596-13914-7
Weblinks
- Umrüstung der Gaswagen und Bilanz: 97.000
- Dokument zu Gaswagen aus RSHA II d, engl., deutsch, Faksimile
- Gaskammern / Seiten des Staatl. Museum Auschwitz
- Die Gaskammern von Auschwitz
- Gerstein-Bericht über Vergasung in Belzec
- Gaskammern von Treblinka en
- Gaskammern Treblinka Rekonstr. en
- Gaskammern von Majdanek en
- Gaskammer von Mauthausen en
- Gaskammer von Dachau (en) und dachau-gas-chambers en
- deathcamps.org: Überblick mit weiterführenden Weblinks dt