Georg Cantor
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Georg Ferdinand Ludwig Philipp Cantor (* 3. März 1845 in Sankt Petersburg; † 6. Januar 1918 in Halle (Saale)) war ein deutscher Mathematiker. Cantor lieferte wichtige Beiträge zur modernen Mathematik. Insbesondere ist er der Begründer der Mengenlehre.
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[Bearbeiten] Leben
Er studierte in Darmstadt, Zürich und Göttingen und wurde 1867 in Berlin promoviert. Zu seinen Lehrern zählten Karl Weierstraß, Ernst Eduard Kummer und Leopold Kronecker. Nach der Promotion lehrte und arbeitete er von 1869 an bis zu seinem Lebensende in Halle, zunächst als Privatdozent, seit 1872 als Extraordinarius und seit 1877 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1913 als ordentlicher Professor. Eng befreundet war er mit Richard Dedekind, während sein Lehrer Kronecker später zu seinem erbittertsten Gegner werden sollte.
Von 1884 an und verstärkt seit 1899 litt Cantor wiederholt an manischer Depression und musste sich mehrmals in psychiatrische Behandlung begeben. Cantors Beschäftigung mit der Frage nach dem "wahren" Autor der shakespearschen Werke fällt in die erste Zeit seiner geistigen Erkrankung. Er sprach sich in mehreren Veröffentlichungen für Francis Bacon als Verfasser aus. Ähnliche Erörterungen stellte Cantor auch im Hinblick auf die Werke von Jakob Böhme und John Dee an. Dieses sehr forcierte literaturgeschichtliche Engagement wird oft als Folge seiner Geisteskrankheit betrachtet, doch war die Beteiligung an dem Rätselraten um Shakespeare allgemein sehr verbreitet und zeigte Cantor stets an Fragen außerhalb seines Fachgebietes großes Interesse, besonders an Philosophie und (katholischer) Theologie, das für ihn jedoch in engem Bezug zu den mengentheoretischen Problemen der Unendlichkeit stand.
[Bearbeiten] Werk
Cantor formulierte folgende Definition über Mengen:
- Unter einer ‚Menge‘ verstehen wir jede Zusammenfassung M von bestimmten wohlunterschiedenen Objecten m unsrer Anschauung oder unseres Denkens (welche die ‚Elemente‘ von M genannt werden) zu einem Ganzen.[1]
Cantor gilt als Begründer der Mannigfaltigkeitslehre (1877) (heute Mengenlehre) durch die Betrachtung eindeutiger Zuordnungen der Elemente von unendlichen Mengen. Er bezeichnete Mengen, für die eine solche Beziehung hergestellt werden kann, als äquivalent oder „von gleicher Mächtigkeit“. Demnach ist die Menge der natürlichen Zahlen {1, 2, 3, 4, ...} der Menge der rationalen Zahlen (Brüche) äquivalent, was er durch sein Diagonalisierungsverfahren zeigte. Mit seinem zweiten Diagonalargument bewies er dann, dass die Menge der reellen Zahlen mächtiger ist als die der natürlichen Zahlen. Die Arbeiten waren unter den Mathematikern seiner Zeit wegen des Umgangs mit dem "aktual Unendlichen" und der Einführung der transfiniten Zahlen umstritten.
Nach Cantor ist auch die cantorsche Paarungsfunktion (auch Nummerierungsfunktion) benannt.
Schließlich schuf Cantor 1870 mit der so genannten Punktmenge die Grundlagen der später von Benoît Mandelbrot so bezeichneten Fraktale. Die Cantorsche Punktmenge folgt dem Prinzip der unendlichen Wiederholung selbstähnlicher Prozesse. Die Cantor-Menge gilt als das älteste Fraktal überhaupt.
[Bearbeiten] Über Cantor
- "Aus dem Paradies, das Cantor uns geschaffen, soll uns niemand vertreiben können." (David Hilbert)
- "Spätere Generationen werden die Mengenlehre als Krankheit ansehen, die man überwunden hat." (Henri Poincaré) [1]
Die Oper Cantor - Die Vermessung des Unendlichen von Ingomar Grünauer widmet sich dem Leben und Werk Georg Cantors und wurde aus Anlass des 1200-jährigen Stadtjubiläums am 10. November 2006 im Opernhaus Halle uraufgeführt. Die letzte Vorstellung fand am 5. Januar 2007 statt.
[Bearbeiten] Schriften
- Über die Ausdehnung eines Satzes aus der Theorie der trigonometrischen Reihen, 1872.
- Über die verschiedenen Standpunkte in bezug auf das aktuale Unendliche, 1886.
- Über eine elementare Frage der Mannigfaltigkeitslehre, 1890/91.
- Beiträge zur Begründung der transfiniten Mengenlehre, 1895-97.
- Gesammelte Abhandlungen mathematischen und philosophischen Inhalts. Hrsg. v. E. Zermelo. Berlin: Springer 1932. (Reprint: Springer, 1980.)
[Bearbeiten] Literatur
- Walter Purkert/Hans Joachim Ilgauds: Georg Cantor 1845-1918. Basel/Boston/Stuttgart: Birkhäuser, 1987. (= Vita mathematica; 1.) (Biographie; auch für Nichtmathematiker)
- Herbert Meschkowski: Probleme des Unendlichen. Werk und Leben Georg Cantors. Braunschweig: Vieweg 1967, 2. Aufl. 1983. (Standardwerk)
- Amir D. Aczel: Die Natur der Unendlichkeit - Mathematik, Kabbala und das Geheimnis des Aleph. Verlag Rowohlt, Reinbek bei Hamburg, Oktober 2002, ISBN 3-49961-358-1
- Daniel Roth: Cantors unvollendetes Projekt. Reflektionsprizipien und Reflektionsschemata als Grundlagen der Mengenlehre und großer Kardinalzahlaxiome. Herbert Utz Verlag, München 2003, ISBN 3-8316-0210-7
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Georg Cantor im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Schriften im Original: Digitalisierungszentrum der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen
- Webseite der Georg-Cantor-Vereinigung mit Biographie
- Kurzporträt
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Beiträge zur Begründung der transfiniten Mengenlehre, Mathematische Annalen, XLVI, S. 31
Personendaten | |
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NAME | Cantor, Georg |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Mathematiker |
GEBURTSDATUM | 3. März 1845 |
GEBURTSORT | Sankt Petersburg |
STERBEDATUM | 6. Januar 1918 |
STERBEORT | Halle (Saale) |