Kinderpornografie
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Begriff Kinderpornografie bezeichnet die Darstellung sexueller Handlungen von und an Kindern. International wird der Begriff Kinderpornografie juristisch unterschiedlich definiert. Dies hat seine Ursache unter anderem in den unterschiedlichen rechtlichen Definitionen von Kind und Pornografie. In Deutschland unterliegt Kinderpornografie als sogenannte „harte“ Pornografie einem Totalverbot. Strafbar ist nach § 184 Abs. 3 StGB nicht nur der Besitz oder der Verkauf, sondern auch das Anbieten, Vorrätighalten, Bewerben etc. Einer anderen Definition zufolge ist Kinderpornografie die medial vermittelte Darstellung von Kindesmissbrauch. Diese Definition verzichtet auf den schwer definierbaren Begriff Pornografie. Die sachliche Berichterstattung über Kindesmissbrauch, etwa in der Presse, stellt keine „medial vermittelte Darstellung von Kindesmissbrauch“ und somit auch keine Kinderpornografie dar.
Aufgrund der gravierenden Folgen für die Opfer ist die mediale Inszenierung von Missbrauch wie der Missbrauch selbst gesellschaftlich geächtet und gesetzlich verboten.
Der Begriff Kinderpornografie ist auf prinzipiell alle Medien anwendbar. In der Praxis besteht Kinderpornografie meist aus Foto- oder Filmmaterial in analoger oder digitaler Form.
Einen Grenzbereich stellen Werke dar, die ohne Mitwirkung von Kindern und somit auch ohne Missbrauch zustande kamen. In manchen Staaten (z. B. Deutschland, Schweden) können daher auch Werke der Malerei, Zeichnung, Illustration und Literatur, ferner auch medizinische oder sexualaufklärerische Werke unter den Begriff (Kinder-)Pornografie fallen oder dem Vorwurf ausgesetzt sein.
Während manche Menschen „virtuelle Kinderpornografie“ als opferlose Straftat und deren Verbot als Angriff auf die Kunstfreiheit ansehen, wird deren gesetzliche Gleichstellung zu kinderpornografischem Foto- und Filmmaterial damit begründet, dass solches Material als Anstiftung oder Verharmlosung von realem Kindesmissbrauch gelten kann.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Gesetzeslage
[Bearbeiten] Europäisches Recht
Nach einer Grundsatzerklärung der EU-Außenminister (2002) und dem Rahmenbeschluss 2004/68/JI der Europäischen Kommission vom 22. Dezember 2003 werden für die Mitgliedstaaten rechtsverbindliche Mindestbestimmungen für die Herstellung und Besitz von Kinderpornografie erlassen.
Als Kinderpornografie gilt demnach pornografisches Material mit bildlichen Darstellungen echter oder realistisch dargestellter nichtechter Kinder, die an einer eindeutig sexuellen Handlung aktiv oder passiv beteiligt sind, einschließlich aufreizendem Zur-Schau-Stellen der Genitalien oder der Schamgegend von Kindern. Als Kind wird dabei jede Person unter achtzehn Jahren definiert; in der Zusammenfassung wird das folgendermaßen begründet: In Anlehnung an das UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes gilt nach dem Verständnis der Kommission jede Person unter 18 Jahren als Kind, selbst wenn die Person eine gewisse Reife erlangt hat.
Dem einzelnen Mitgliedstaat bleibt es überlassen, ob auch Darstellungen von Personen mit kindlichem Erscheinungsbild unter den Straftatbestand der Kinderpornografie fallen.
An dem Rahmenbeschluss wurde von deutschsprachigen sexualwissenschaftlichen Organisationen heftige Kritik geübt. Die Kriminalisierung von Abbildungen, auf denen Darsteller mit "kindlichem Erscheinungsbild" zu sehen sind, berge die Gefahr einer Kriminalisierung aller herkömmlichen Pornografie mit Darstellern unter 25 Jahren.
Der Rahmenbeschluss musste bis 20. Januar 2006 in den EU Mitgliedsstaaten umgesetzt werden.
[Bearbeiten] Deutsches Recht
In Deutschland definiert § 184b StGB Kinderpornografie als pornografische Schriften, die "den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand haben". Kinder im Sinne des Gesetzes sind Personen unter 14 Jahren (§ 176 Abs. 1 StGB). Im Widerspruch dazu werden in der gängigen Rechtsprechung aber die Kriterien für herkömmliche Pornografie (Isolierungs- und Stimulierungstendenz, Aufdringlichkeit und Anstandsverletzung) zugrunde gelegt (Laufhütte). Somit werden in Deutschland auch sexuell aufreizende Darstellungen ohne sexuellen Missbrauch von Kindern als Kinderpornografie verurteilt. Dies insbesondere, da davon ausgegangen wird, dass ein Kind gezeigte Handlungen oder Posen auf Anweisung des Abbildenden ein-, bzw. vorgenommen hat. Damit zeigt die Abbildung den Missbrauch (Aufforderung/Bestimmung zu sexuellen Handlungen) und ist strafbar.
Nach dem Urteil des BGH vom 2. Februar 2006, Aktenzeichen 4 StR 570/05, ist das bloße „Posing“ nicht strafbar, Zitat: „§ 176 Abs. 3 Nr. 2 StGB i.d.F. des 6. StrRG setzt voraus, dass der Täter das Kind dazu bestimmt, dass es an seinem eigenen Körper sexuelle Handlungen vornimmt; es reicht nicht aus, dass der Täter das Kind lediglich dazu bestimmt, vor ihm in sexuell aufreizender Weise zu posieren. BGH, Beschluss vom 2. Februar 2006 – 4 StR 570/05 – LG Hagen“ (Zitatende)
Das geschützte Rechtsgut ist die „ungestörte sexuelle Entwicklung“ bzw. die „von vorzeitigen sexuellen Erlebnissen geschützte Gesamtentwicklung des Kindes“. Dabei gelten die Straftatbestände des Besitzes, der Herstellung und Verbreitung von Kinderpornografie als Risiko- bzw. abstrakte Gefährdungsdelikte. Das Risiko einer Schädigung von Kindern wird dabei vom Gesetzgeber angenommen. Strafbar sind somit Taten, die ein Risiko bergen, auch wenn sie im konkreten Fall nicht zu einer Schädigung geführt haben.
Nach deutschem Recht wird die Herstellung oder Verbreitung von kinderpornografischen Schriften mit Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 5 Jahren bestraft (§ 184b I StGB), bei gewerbsmäßiger Begehung und auch in bestimmten Fällen bandenmäßiger Begehung mit Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren (§ 184b III StGB); das Gleiche gilt jeweils schon für den Versuch, einem anderen den Besitz von kinderpornografischen Schriften zu verschaffen, soweit diese Schriften ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben (§ 184b II StGB). Pornografischen Schriften sind dabei Darstellungen in Bild, Ton und Schrift gleichgesetzt, unabhängig davon, ob sie ein tatsächliches oder nur ein wirklichkeitsnahes Geschehen (sogenannte virtuelle Kinderpornografie) wiedergeben; auch Computerdateien werden von diesem erweiterten Schriftenbegriff umfasst (§ 11 III StGB).
Das Sichverschaffen des Besitzes von kinderpornographischen Schriften sowie schon der Versuch des Sichverschaffens ist demgegenüber – ebenso wie der Besitz entsprechenden Materials selbst – mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe bedroht (§ 184b IV StGB); auch hier besteht die Strafbarkeit überdies nur, wenn die Schrift ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt (sog. Realkinderpornographie), nicht also etwa im Falle von Zeichnungen, literarischen Schilderungen etc. Das bloße Betrachten einschlägigen Materials als solches ist nicht strafbar, wobei die Grenze der Strafbarkeit bei Nutzung eines Computers jedenfalls dann überschritten ist, wenn das Material auf der Festplatte des Computers abgespeichert wird.
Im Gegensatz zu sexuell aufreizenden Darstellungen ist bloße Nacktheit in Deutschland kein hinreichendes Kriterium für Pornografie (Schönke/Schröder). Somit gelten Darstellungen nackter Kinder (z. B. FKK-Bilder) nicht als Kinderpornografie. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften kann diese jedoch indizieren. Sie begründet dies mit einer Wirkungsvermutung auf jugendliche Betrachter.
Die deutsche Rechtslage ist derzeit in Überarbeitung, siehe Abschnitt Europäisches Recht.
[Bearbeiten] Herstellungsverbot
Durch das Herstellungsverbot möchte der Gesetzgeber verhindert wissen, dass Kinder durch die Herstellung von Kinderpornografie zu Schaden kommen. Es fallen auch freiwillige und selbstgemachte Aufnahmen darunter.
[Bearbeiten] Verbreitungsverbot
Durch das Verbreitungsverbot will der Gesetzgeber den Zugang zu Kinderpornografie erschweren. Seit April 2004 gilt im Unterschied zu konventioneller Pornografie auch die Weitergabe in geschlossenen Benutzergruppen als Verbreitung.
Des Weiteren steht zu vermuten, dass die meisten der Dargestellten keine Weiterverbreitung wünschen; das explizite Verbreitungsverbot stellt für die Abgebildeten einen weit wirksameren Schutz als den Schutz durch das Recht am eigenen Bild alleine dar.
[Bearbeiten] Besitzverbot
In den Jahren 1993 und 1997 wurde das Strafgesetz schrittweise verschärft und nunmehr ist auch der Besitz kinderpornografischer Schriften, die ein wirkliches Geschehen wiedergeben, in Deutschland ebenso verboten, wie der Versuch, sich oder einen Dritten in den Besitz zu bringen (vgl. oben).
Strafgrund ist, dass die Konsumenten zum Missbrauch von Kindern beitragen, indem sie überhaupt erst einen Markt für Kinderpornografie schaffen. Weiterer Grund für die Einführung des Besitzverbots war, dass in der Praxis der Nachweis einer Verbreitung selten gelang: Vom aufgefundenen kinderpornografischen Material konnte nicht auf Verbreitung geschlossen werden, da es womöglich nur dem „privaten Konsum“ diente. In diesen Fällen konnte die Polizei das kinderpornografische Material nicht beschlagnahmen und dadurch aus dem Verkehr ziehen.
Der Gesetzgeber ging davon aus, dass Kinderpornografie den Konsumenten zu sexuellem Missbrauch verleiten kann. Kriminologisch erwiesen ist dies jedoch nicht und in der Forschung stehen sich zu dieser These widersprüchliche Auffassungen gegenüber (Katharsis-Theorie: Abbau von Spannungen durch Betrachten der Darstellung; Stimulationstheorie: Betrachten führt zur Stimulation).
In der Praxis bereitete die Feststellung, ob eine pornografische Schrift einen tatsächlichen Kindesmissbrauch wiedergibt, regelmäßig Schwierigkeiten. So wurde häufig von Täterseite behauptet, dass es sich nur eine Fotomontage handele oder dass die Darsteller mindestens 14 Jahre alt seien. Um den Opfern eine Zeugenaussage ersparen zu können, in der sie über den Missbrauch berichten müssten, wurde 1997 deswegen auch der Besitz von Kinderpornografie, die ein wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, verboten.
[Bearbeiten] Österreichisches Recht
In Österreich wurde bis 1994 Kinderpornografie im Pornographiegesetz behandelt, das lediglich die Verbreitung unzüchtiger Gegenstände und Schriften in gewinnsüchtiger Absicht verbot[1]. Auf Initiative der damaligen Bundesministerin Ruth Feldgrill-Zankel wurde die Studie „Die Knospe Kinderpornographie in Österreich“ angefertigt, die dann in weitere Folge 1994 zur Schaffung des § 207a „Pornographische Darstellungen mit Unmündigen“ des Strafgesetzbuches führte.[2] § 207a verbot in der damaligen Fassung Herstellung, Verbreitung und Besitz bildliche[r] Darstellung[en] einer geschlechtlichen Handlung an einer unmündigen Person oder einer unmündigen Person an sich selbst, an einer anderen Person oder mit einem Tier, deren Betrachtung nach den Umständen den Eindruck vermittelt, daß es bei ihrer Herstellung zu einer solchen geschlechtlichen Handlung gekommen ist.[3] „Unmündig“ sind dabei Personen unter 14 Jahren.
Mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2004 wurde die Überschrift des § 207a auf „Pornographische Darstellungen Minderjähriger“ geändert und das Gesetz so verschärft, dass nun nicht nur pornographische Darstellungen unmündiger (bis 14 Jahre), sondern auch minderjähriger Personen (bis 18 Jahre) strafbar sind. Als pornographische Darstellungen definiert sind dabei wirklichkeitsnahe Abbildungen einer geschlechtlichen Handlung oder bildliche Darstellungen, deren Betrachtung – zufolge Veränderung einer Abbildung oder ohne Verwendung einer solchen – nach den Umständen den Eindruck vermittelt, es handle sich um eine [wirklichkeitsnahe] Abbildung.
Die Begriffe "Darstellung" und "Wirklichkeitsnah" werden in den Erläuterungen folgendermaßen erklärt:
- Darstellung ist hier zum einen als Überbegriff gemeint, der sowohl Abbildungen, die eine reale Handlung oder ein reales Geschehen an realen Menschen bzw. reale Menschen – grundsätzlich unmanipuliert – wiedergeben (Abs. 4 Z 1 bis 3), umfasst, als auch virtuelle Bilder (Abs. 4 Z 4).
- Wirklichkeitsnah ist eine Abbildung bzw. Darstellung dann, wenn sie von der Wiedergabequalität und von der Erkennbarkeit her ein Niveau erreicht, das im allgemeinen Sprachgebrauch als photographisch im Sinne von dokumentaristisch bezeichnet wird, also dem Betrachter den Eindruck vermittelt, Augenzeuge (gewesen) zu sein. [4]
Während das deutsche Recht generell von Schriften spricht, also auch Text umfasst, sind reine Textwerke (wie z. B. das Buch Josefine Mutzenbacher) in Österreich nicht strafbar.
[Bearbeiten] US-Recht
In den USA ist der Begriff Kinderpornografie (child pornography) durch U.S. Code Title 18 Section 2256 definiert. Hierunter fallen alle visuellen Darstellungen von „sexually explicit conduct“ mit Personen unter 18 Jahren. „Sexually explicit conduct“ ist hierbei definiert als alle Arten von Geschlechtsverkehr, Sodomie, Masturbation, sadististischem oder masochistischem Missbrauch und die lustbetonte Zurschaustellung der Genitalien oder der Schamregion. Explizit eingeschlossen sind retuschierte Bilder, die den Eindruck erwecken, Minderjährige darzustellen, nicht eingeschlossen sind dagegen offenbar Abbildungen, die keine reale oder identifizierbare Person zeigen. Schriftwerke fallen in den USA ebenfalls nicht unter die Definition, da sie keine visuellen Darstellungen sind.
[Bearbeiten] Politische Aspekte
Eine Diskrepanz zeichnet sich zwischen juristischer Bewertung und der öffentlichen Diskussion ab. Während sich die juristische Bewertung an rechtsstaatlichen Grundsätzen (geschützte Rechtsgüter) orientiert, zielt die öffentliche Diskussion auf sittenmoralische Betrachtungen ab. Dies führt bei Kontroversen über Verschärfungen des Sexualstrafrechts häufig zu unverstandenen Positionen zwischen Öffentlichkeit und Strafrechtsexperten.
[Bearbeiten] Darstellungen
In der medialen Berichterstattung sind häufig Aussagen zu finden, nach denen bei kinderpornografischen Schriften eine Tendenz zu immer härter werdenden Darstellungen besteht. Dies ist jedoch bislang nicht mit hinreichend hoher Genauigkeit verifiziert worden. Fest steht aber, dass mit dem Internet eine Form der Verbreitung gewählt wurde, die den Umfang an kinderpornografischem Material sichtbar werden ließ.
Verbreitung erfährt Kinderpornografie durch Schriften, Fotografien (als Einzelaufnahmen, in Magazinen, im Internet) und Filmaufnahmen (in den 70er Jahren als Schmalfilme, später als Videos, auch im Internet). Ob eine literarische oder möglicherweise künstlerische Darstellung von Kinderpornografie die Kunstfreiheit des Artikel 5 Grundgesetz für sich in Anspruch nehmen kann, ist in Frage zu stellen und bedarf einer öffentlichen Diskussion. Da Kinderpornografie in Deutschland der Definition von Pornografie entsprechend anreißerische Qualität hat und somit der Abbildung oder dem Geschehen einen drastischen Charakter verleiht, sind Werke, die sich auf Andeutungen beschränken, kraft Definition schon nicht erfasst.
Aus der bildenden Kunst sind nach deutscher Rechtsprechung kinderpornografische Werke bislang nicht bekannt. Allerdings gab es eine kontroverse Ausstellung When Love turns to Poison der Künstlerin Françoise Cactus in Berlin 2004, die oberflächlich gesehen kinderpornographische Motive und Werke beinhaltete. Diese wurde sogar über einen öffentlichen Topf mit über 30.000 EUR finanziert. Ziel der Ausstellung war es allerdings, die Schattenseiten der Sexualität zu zeigen. Es ist schwer, über dieses Thema eine Diskussion zu führen.
Grundsätzlich schließen Kunst und Pornographie einander aus rechtlich formaler Sicht in Deutschland aus. Das bedeutet, dass Kunstobjekte nicht als Pornographie gelten und somit gezeigt und verbreitet werden dürfen. Allerdings ist es schwierig, festzulegen, was Kunst ist und was nicht. In anderen Staaten (z. B. Schweden) wurden jedoch bereits Künstler wegen als Kinderpornografie eingestufter Zeichnungen und Illustrationen verurteilt, während andere (z. B. die Fotografen Jock Sturges und David Hamilton in den USA) in aufwändigen Prozessen die Veröffentlichungsrechte für ihre umstrittenen Mädchenakte durchsetzten. Im Fall des Romans Josefine Mutzenbacher, einem (in einzelnen Passagen auch) kinderpornografischen Erzeugnis aus dem Jahr 1906, wurde die Abwägung mit der Kunstfreiheit vom Bundesverfassungsgericht verpflichtend gemacht.
[Bearbeiten] Kommerzielle Kinderpornografie
In einigen Ländern waren in den 1960er und 1970er-Jahren nur die Herstellung, nicht aber der Vertrieb von Kinderpornografie verboten. Diese Länder waren Dänemark, Schweden und die Niederlande. In diesen Pornos waren pornografische Aktaufnahmen von Kindern bis hin zu Geschlechtsverkehr mit Kindern zu sehen. Der überwiegende Teil der Kinderpornografie stammt vermutlich aus privater Herstellung sowie aus kommerziellen Vertrieb. Einer der größten Anbieter von kommerzieller Kinderpornografie war die dänische Color Climax Corporation.
Hinweise auf eine kommerzielle Produktion von Kinderpornografie ab den 1980er Jahre in nennenswertem Umfang konnten trotz umfangreicher Ermittlungsbemühungen nicht gefunden werden. Die Aufgabe der Anonymität durch Bezahlung sowie das Angebot kostenloser Darstellungen erschweren einen kommerziellen Vertrieb von Kinderpornografie. Mediale Berichte über Kinderporno-Ringe beziehen sich überwiegend auf privaten, nicht-kommerziellen Austausch von kinderpornografischen Darstellungen.
Laut Schätzungen der UNO wird durch Handel und Herstellung von Kinderpornografie weltweit so viel umgesetzt wie durch den illegalen Waffenhandel. Eine Grundlage für diese Schätzung ist nicht bekannt. In Medien wurde bisweilen von einem Umsatz von 18 Milliarden US-Dollar mit Kinderpornografie berichtet. Diese Zahlen basieren auf einem Papier von Interpol, sind aber falsch. Interpol selbst sprach auf einer Konferenz im Februar 2001 von „Trafficking in persons“; in dieser Definition ist allerdings insbesondere auch Menschenhandel (z. B. Prostitution in Osteuropa) eingeschlossen.
Nach einem anfänglichen starken Anstieg der Ermittlungsfälle wegen Besitzes von Kinderpornografie seit der Einführung des Besitzverbots im Jahre 1993 in Deutschland, verbleiben sie auf einem Niveau von etwa unter 4000 pro Jahr. Davon entfallen etwa 2,7 Prozent der Fälle auf gewerbs- oder bandenmäßiges Handeln. Die Tatverdächtigen waren weit überwiegend allein handelnd (Polizeiliche Kriminalstatistik 2002).
Während Kinderpornografie bis in die 1980er Jahre in geringem Ausmaß „unter dem Ladentisch“ – aber legal! – verkauft wurde, erfuhr sie durch das Aufkommen des Internet eine deutlich höhere Verbreitung auch durch nicht-kommerziellen Tausch. Sie findet häufig durch File Sharing, IRC und das Usenet statt. Um der Strafverfolgung zu entgehen, werden in z. B. Tauschbörsen Bilder mit kinderpornografischen Darstellungen als eine Art „Zugangsberechtigung“ verlangt. Da ermittelnde Beamte dem nicht nachkommen dürfen (sie dürfen keine strafbare Handlung begehen) können sie also nicht direkt in den Tauschbörsen ermitteln.
[Bearbeiten] Große internationale Polizei-Operationen
Seit Mitte der 1980er und zunehmend im Laufe der 1990er Jahre geriet das Thema Kinderpornografie in das Interesse der Medien. Besonders groß angelegte Polizei-Operationen wie „Landslide“ und „Marcy“ fanden international ein großes Medienecho.
Die „Operation Landslide“ wurde 1999 in den Medien als „der größte Schlag gegen die kommerzielle Kinderpornografie aller Zeiten“ bezeichnet. Die Firma Landslide Inc. soll laut Medienberichten im Zusammenhang mit 5.000 kinderpornografischen Websites und 250.000 Konsumenten gestanden und 1,4 Millionen Dollar monatlich mit Kinderpornografie verdient haben. Thomas Reedy, der Besitzer, wurde zu 1.335 Jahren und seine Frau zu 15 Jahren Haft verurteilt. Landslide war ein Dienstleistungsunternehmen, das für Anbieter herkömmlicher Pornografie Kreditkartenbezahlungen durchführte. Zwei der Webseiten-Betreiber, für die Reedy aktiv war, boten auf ihren Seiten kinderpornographische Darstellungen an. 1997 und 1998 wurde mit diesen Webseiten ein Umsatz im Bereich von Millionen Dollar erzielt. Im Zuge der Operation wurde eine Datenbank mit 250.000 Personen gefunden. Das FBI veröffentlichte in Folge auf der beschlagnahmten Webpräsenz von Landslide Angebote, die den Eindruck von Kinderpornografie erwecken sollten. Im Zuge dieser „Sting-Operation“ kam es zu zahlreichen Ermittlungen gegen Interessenten dieses Angebots, darunter viele in Österreich, Deutschland sowie in Großbritannien mit insgesamt rund 7.000 Fällen.
„Marcy“ war eine im September 2003 groß angelegte internationale Operation gegen private Tauschringe kinderpornografischer Darstellungen, in deren Verlauf gegen etwa 26.000 Verdächtige ermittelt wurden, davon etwa 530 in Deutschland. Die Operation wurde medial inszeniert. Bei den Hausdurchsuchungen und Festnahmen waren zahlreiche Kamerateams zugegen. Allein in Deutschland wurden 745 Computer, mindestens 35.500 CDs, 8.300 Disketten sowie 5.800 Videos sichergestellt. Unklar ist, wie hoch der Anteil kinderpornografische Darstellungen daran war.
Die „Operation Mikado“ erregte im Januar 2007 Aufsehen, weil hier erstmals von der Kreditwirtschaft selbst alle circa 22 Millionen deutsche Kreditkarten auf bestimmte Zahlungen überprüft wurden. Die Daten von 322 Verdächtigen wurden den Justizbehörden übergeben.
Im Februar 2007 („Operation Flo“) wurden 2.361 Personen aus 77 Ländern identifiziert, die im Verdacht standen, kinderpornographische Filmdateien von einem österreichischen File-Sharing-Server heruntergeladen zu haben. Aus Deutschland stammen dabei 406, aus Österreich 23 der Verdächtigen.[5]
[Bearbeiten] Konsumenten
Über die Konsumenten von Kinderpornografie liegen keine wissenschaftlichen Erkenntnisse vor. Über diese lassen sich lediglich Vermutungen anstellen. So steht zu vermuten, dass ein überwiegender Teil der Konsumenten Pädophile sind, die entsprechende Darstellung zur sexuellen Stimulation und zur Triebabfuhr verwenden. Ein weiterer Teil der Konsumenten konstituiert sich aus Nicht-Pädophilen, die dieses Bildmaterial zur sexuellen Stimulation verwenden oder es aus dem Anreiz des „verbotenen Materials“ sammeln.
Einhellige Meinung ist, dass die Konsumenten aus allen gesellschaftlichen Schichten stammen und besondere Merkmale bei diesen nicht ausfindig zu machen sind.
Die Meinung über die Wirkung kinderpornographischen Materials auf Pädophile geht bei Fachleuten weit auseinander. Einige Fachleute vermuten, dass Sammler nach einiger Zeit Kinder sexuell missbrauchen, weil ihnen die Stimulanz durch die Pornos nicht mehr reiche. Andere Fachleute vertreten die These, dass das Sammeln zu einem Triebabbau führt, der Verbrechen an Kindern verhindern könne. Die Betroffenen würden die Pornos als Ersatzbefriedigung verwenden.
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ http://www.sbg.ac.at/ssk/docs/pornog/pornog.htm
- ↑ Maria Rauch-Kallat, 37. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich, XX. Gesetzgebungsperiode, 19. September 1996
- ↑ BGBl.Nr. 622/1994 Bundesgesetz: Änderung des Strafgesetzbuches, 19.08.1994
- ↑ Gesetzeserläuterungen zum Strafrechtsänderungsgesetz 2004
- ↑ http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,464920,00.html Autopsie 19. Februar 2007.
[Bearbeiten] Literatur
- Adolf Gallwitz, Manfred Paulus: Grünkram. Die Kindersex-Mafia in Deutschland. Verlag Deutsche Polizeiliteratur, Hilden 1998, ISBN 3-8011-0376-5
- Heidi Gerlinger: Sehnsucht nach Liebe? eine Analyse des Phänomens Kinderprostitution. Verlag der Jugendwerkstatt, Östringen 1994, ISBN 3-925699-22-8
- Uwe Kerkow, Christa Dammermann: Kinder im Datennetz schützen. Terre des Hommes, Osnabrück 2000
- Michael Schetsche: Internetkriminalität. Daten und Diskurse, Strukturen und Konsequenzen. in: Martina Althoff u.a. (Hrsg.): Zwischen Anomie und Inszenierung. Nomos VG, Baden-Baden 2004, ISBN 3-8329-0561-8, S. 307-329
- Gisela Wuttke: Kinderprostitution, Kinderpornographie, Tourismus. Lamuv-Verlag, Göttingen 1998, ISBN 3-88977-531-4
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Weblinks
- § 184b StGB: Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Schriften
- § 176a StGB: Schwerer sexueller Missbrauch von Kindern
- EU Rahmenbeschluss 2004/68/JI des Rates vom 22. Dezember 2003 zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornografie
- EU Rahmenbeschluss 2004/68/JI des Rates vom 22. Dezember 2003 zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornografie (Zusammenfassung)
- Deutscher Gesetzentwurf zur Umsetzung des EU Rahmenbeschlusses 2004/68/JI]
- Aktion Kampf gegen Kinderpornografie
- Österreichisches Strafgesetzbuch § 207a Pornographische Darstellungen Minderjähriger (aktuelle Fassung)
- Österreichisches Strafgesetzbuch § 207a Pornographische Darstellungen mit Unmündigen (Fassung von 1994)
- Kinderpornographie - bundesweit alle Kreditkarten überprüft (eRecht24, 09.01.2007)
![]() |
Bitte beachten Sie den Hinweis zu Rechtsthemen! |