Klavier
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Klavier |
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engl.: piano, it.: pianoforte |
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Klassifikation |
Chordophon Tasteninstrument |
Tonumfang: |
Subkontra-A bis c5 |
verwandte Instrumente: |
Celesta, Hackbrett |
Musiker |
Liste von Pianisten, Kategorie:Pianist |
Das Klavier (von lat. clavis „Taste“ über frz. clavier [klaˈvje] „Tastatur“) gehört zur Gruppe der Tasteninstrumente. Der Klang wird durch eingebaute Hämmer erzeugt, die auf Saiten schlagen, von ihnen zurückprallen und von einer speziellen Mechanik zurückgezogen werden. Dabei lösen sich Dämpfer von den Saiten und verbleiben solange von ihnen losgelöst, bis die Taste losgelassen wird. Die Tasten selbst befinden sich hierbei auf einer Klaviatur (Tastatur) an der Vorderseite des Instruments.
Der ebenfalls übliche Name Piano ist eine Verkürzung der ursprünglichen Bezeichnungen „Pianoforte“ und „Fortepiano“ (v. ital. piano [ˈpi̯aːno] „leise“ und forte [ˈfɔrte] „laut“), die sich darauf bezogen, dass es mit diesem Instrument im Gegensatz zu früheren Tasteninstrumenten möglich ist, durch unterschiedlich festes Anschlagen der Tasten nach Belieben leise oder laut zu spielen.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Bauformen und Sprachgebrauch
Klaviere gibt es heute in zwei Hauptbauformen: Flügel und Pianino. Der Flügel steht frei im Raum, Raste, Resonanzboden und Besaitung sind parallel zum Boden; beim Pianino stehen Raste, Resonanzboden und Besaitung senkrecht zum Boden, so dass man es platzsparend an die Wand stellen kann. Die Begriffe „Klavier“ und „Piano“ sind die Oberbegriffe für die verschiedenen Bauformen. In Österreich wird „Piano“ allerdings oft auch synonym für „Pianino“ verwendet. Die englischen Bezeichnungen sind „grand piano“ oder kurz „grand“ für den Flügel, „upright piano“ oder kurz „upright“ für das Pianino. Historische Bauformen von aufrecht stehenden Klavieren waren Lyraflügel, Giraffenklavier, Schrankklavier, Pyramidenklavier und Harfenklavier, während das Klavier mit liegender Besaitung auch als Tafelklavier gebaut wurde.
Flügel und Pianino haben viele Gemeinsamkeiten und einige wichtige Unterschiede.
- Gemeinsamkeiten:
- Alle Bauteile (Korpus, Gusseisenplatte, Resonanzboden, Stimmstock, Klaviatur, Spielwerk, Saiten und Pedale) finden sich sowohl beim Flügel als auch beim Pianino
- Flügel und Pianinos sind mehrchörig, d. h. bis auf die Basslage finden sich für jeden Ton zwei oder drei Saiten
- Unterschiede:
- Die Klanganlage (Gussrahmen, Resonanzboden und Saiten) sind beim Flügel horizontal angeordnet, beim Pianino hingegen vertikal. Dieses hat drei klangliche Konsequenzen:
- Beim Flügel strahlt der Klang vom Resonanzboden im wesentlichen nach unten und oben ab. Unten wird er vom Fußboden reflektiert und verteilt, oben entweder vom geschlossenen Deckel gedämpft oder vom geöffneten Deckel gebündelt zur Seite hin abgestrahlt. Beim Pianino strahlt der Klang zunächst nach vorne und nach hinten ab. Bei der üblichen Aufstellung wird der hintere Anteil direkt von der Zimmerwand reflektiert und zurück auf den Resonanzboden gelenkt. Der vordere Anteil wird vom Gehäuse mit Spielapparat und Spieler reflektiert.
- Ein Tastendruck führt zu einer Aufwärtsbewegung des hinteren Teils der Tastenwippe. Beim Flügel wird dadurch der Hammer nach oben an die Saite geschleudert. Das Gewicht des Hammers ist direkt an der Taste spürbar und ermöglicht eine differenzierte Klanggestaltung. Beim Pianino muss die Aufwärtsbewegung der Tastenwippe in eine Vorwärtsbewegung des Hammers umgesetzt werden. Dadurch wird der Kontakt zum Hammer etwas indirekter.
- Das linke Pedal verschiebt beim Flügel den gesamten Spielapparat und führt zu einer Klangfarbenänderung (una corda). Beim Pianino werden mit dem linken Pedal die Ausgangslagen der Hämmer zu den Saiten hin verlagert. Dadurch wird der Klang etwas leiser, ändert aber seine Farbe nur wenig.
[Bearbeiten] Aufbau
Das Klavier besteht aus den folgenden Komponenten:
- Gehäuse und Rasten (aus Holz): eine Balkenkonstruktion, auf der Resonanzboden und Stimmstock aufgeleimt sind
- Akustische Anlage
- Saiten (aus Metall)
- Resonanzboden (aus Holz): verstärkt die Schwingungen der Saiten
- Stimmstock (aus Holz), in welchem die drehbaren Wirbel stecken, auf denen die Saitenenden aufgewickelt sind
- Rahmen (aus Gusseisen): „Gerüst“, welches die Saiten und deren Spannung (immerhin 16–25 t) aufnimmt
- Spielwerk
- Anschlagmechanik mit Klaviatur
[Bearbeiten] Schematischer Aufbau eines Konzertflügels

2 Vorderdeckel
3 Kapodaster bzw. Druckstab (vordere Saitenbegrenzung)
4 Dämpfer
5 Hinterdeckel
6 Dämpferarm
7 Teil der Pedalmutation (Wackelbrett)
8 Teil der Pedalmutation (Stößer)
9 Teil der Pedalmutation
10 Pedalstange
11 Pedal
12 Steg
13 Saitenanhang
14 Gussrahmen
15 Resonanzboden
16 Saite
[Bearbeiten] Anschlagmechanik eines Konzertflügels
[Bearbeiten] Klaviatur
Eine Oktave besteht aus sieben (heute meistens weißen) Vordertasten - (früher oft aus Elfenbein, heute meistens mit Kunststoff belegt). Sie bringen die Stammtöne C, D, E, F, G, A, H hervor. Dazwischen befinden sich die fünf (heute meistens schwarzen) Halbtontasten - Hintertasten (bei hochwertigen Instrumenten auch heute noch aus Ebenholz) Cis/Des, Dis/Es, Fis/Ges, Gis/As, Ais/B.
Pianinos und Flügel,sowie einige Digitalpianos verfügen damit im allgemeinen über 88 Tasten (52 weiße und 36 schwarze). Der Wiener Hersteller Bösendorfer fertigt seine größten Konzertflügel mit noch größerem Tonumfang, bis hin zum 290-cm-Konzertflügel „Imperial“ mit acht Oktaven Tonumfang (Subkontra-C bis c5). Verkaufsargument ist ein größerer Mitklang bei gehaltenem Legato-Pedal; echte Verwendung finden diese Tasten nach Bösendorfer-Webseite bei Kompositionen von Bartók, Debussy, Ravel und Busoni.
[Bearbeiten] Pedale
Der Klang kann durch zwei oder drei Pedale beeinflusst werden.
- rechtes Pedal, auch „Dämpfungsaufhebung“, „Forte“ oder englisch „Sustain-Pedal“
- Das rechte Pedal sorgt dafür, dass alle die Saiten berührenden Dämpfer aufgehoben werden und der Ton somit nach dem Anschlagen und Loslassen einer Taste weiterklingen kann. Außerdem schwingen die nun ungedämpften Saiten anderer Töne mit, was dem Klavier einen volleren Klang gibt.
- Das linke Pedal bewegt beim Klavier die Hämmer der Klaviermechanik näher an die Saiten, sodass die Kraft, die jeder Hammer bei Betätigung aufbauen kann, geringer ist. Damit wird das Spielen besonders leiser Stellen vereinfacht. Beim Flügel wird die gesamte Mechanik einige Millimeter nach rechts verschoben, sodass die Hämmer nicht mehr alle drei Saiten eines Saitenchors treffen, sondern nur noch zwei bzw. eine Saite. Es verändert sich dadurch auch die Klangfarbe, weil nunmehr eine Saite existiert, die nicht durch direkten Anschlag, sondern durch Resonanz erregt wird. Außerdem treffen bei der Verschiebung andere Stellen des Hammerfilzes auf die Saiten. Diese Stellen sind anders intoniert (d. h. vom Klavierstimmer mit der Intoniernadel aufgeweicht bzw. mit einer Feile gehärtet) als die Filzstellen, die in Normalstellung die Saiten anschlagen. Der Hersteller Fazioli bietet ein Flügel-Modell mit zwei Piano-Pedalen an, die dem Pianisten die Wahl zwischen „Verschiebung“ und dem Piano-Pedal der Klavier-Technik ermöglicht.
- mittleres Pedal, entweder als „Moderator-“ oder als „Tonhalte-Pedal“
- Das mittlere (nicht bei allen Klavieren vorhandene) Pedal kann unterschiedliche Funktionen haben. Beim Moderator-Pedal wird durch die Betätigung ein Filzstreifen zwischen Hämmer und Saiten geschoben, welches das Instrument deutlich leiser macht. Diese Vorrichtung kann auch durch einen verschiebbaren Knopf links der Klaviatur oder durch einen Hebel unter der Klaviatur bewegt werden. Bei manchen Instrumenten (vor allem aus den 1960er Jahren) sind am Filzstreifen Metallplättchen befestigt, welche dem Klavier einen klimpernden, Cembalo-ähnlichen Klang verleihen. Da diese Metallplättchen vor allem die Umspinnung der Basssaiten beschädigen können, sei vor der Verwendung dieser Vorrichtung gewarnt. Beim Tonhalte-Pedal (auch Sostenuto-Pedal) bleiben die Dämpfer der Tasten, die gerade gedrückt werden, abgehoben, solange man das Pedal niedertritt. Alle anderen Dämpfer funktionieren normal. Dieses Pedal findet vor allem in der Klaviermusik des 20. Jahrhunderts Verwendung. Bei Pianos hat das mittlere Pedal meistens die Moderatorfunktion, bei Flügeln ist es meistens ein Tonhalte-Pedal.
Im 18. und 19. Jahrhundert gab es bei manchen Hammerklavieren auch noch mehr Pedale, mit denen verschiedene Klangeffekte, sogenannte „Veränderungen“ erzielt werden konnten. Beispielsweise war es damit möglich, Streifen aus Papier, Pergament oder Filz zwischen Hämmer und Saiten zu führen und damit unterschiedliche Klänge zu erzeugen. Auch im Klavier eingebaute Schellen oder kleine Trommeln konnten so zum Klingen gebracht werden („Janitscharen“-Zug). Bei frühen Instrumenten erfüllten Kniehebel die Aufgaben, die später von Pedalen übernommen wurden.
[Bearbeiten] Maße
Der einzige gemeinsame Nenner aller Klaviere ist eine Breite von mind. 135 cm, was durch die Klaviaturbreite von in der Regel 123 cm bei 88 Tasten, bedingt ist. Die Höhe der Klaviatur liegt bei ca. 74 cm, gemessen vom Boden bis zur Oberkante einer weißen Taste.
[Bearbeiten] Klangerzeugung
Eine Besonderheit des Klaviers ist, dass die Töne bis auf etwa die untersten zwei Oktaven nicht nur von einer, sondern zwei bis drei identisch gestimmten Saiten erzeugt werden, einem so genannten Saitenchor. Ursprünglich war dieses dazu gedacht, die Lautstärke des Klaviers zu erhöhen; es führt aber zu einem komplexen Verlauf des Klanges, der sich aus Sofort- und Nachklang zusammensetzt.
[Bearbeiten] Sofortklang
Als Sofortklang wird der laute, aber schnell abklingende Teil des Klaviertones bezeichnet. Er entsteht hauptsächlich durch die vertikale Schwingung der Saiten, die so über den Steg ihre Schwingungsenergie schnell an den Resonanzboden und als Schall an die Luft abgeben kann. Die Saiten eines Saitenchors werden aufgrund von geringen Unregelmäßigkeiten des Hammers mit leicht unterschiedlicher Amplitude angeschlagen und geben, da sie in Phase schwingen, ihre Energie schnell an die Luft ab. Sobald allerdings eine Saite zur Ruhe gekommen ist, beginnen die Saiten des Saitenchors als gekoppelte Pendel zu schwingen und tauschen ihre Energie hauptsächlich gegeneinander aus, bis sie schließlich aufgrund der Dämpfung zur Ruhe kommen.
[Bearbeiten] Nachklang
Als Nachklang wird der leisere, dafür aber länger klingende Teil des Klaviertones bezeichnet. Er entsteht vor allem durch die immer leicht angeregte horizontale Schwingung der Saiten, die ihre Energie nur sehr schwer über den Steg an die Umgebung abgeben können. Die entsprechende Saite wird nicht gedämpft.
Bei der Verwendung des linken Pedals bleibt von Anfang an eine der Saiten in Ruhe. Der Saitenchor als System gekoppelter Pendel gibt seine Energie dann nur sehr langsam an den Resonanzboden ab. Sie bleibt dem System lange erhalten und führt zu einem leisen, aber sehr lang anhaltenden Ton. Dieses ist vor allem bei Pianostellen erwünscht, da der Ton viel länger über der Umgebungslautstärke bleibt, als es nur mit dem Sofortklang möglich wäre.
[Bearbeiten] Stimmung
Klaviere werden üblicherweise gleichschwebend temperiert gestimmt (Gleichstufige Stimmung). Das bedeutet, dass außer den Oktaven alle anderen Intervalle gegenüber ihren reinen Artgenossen mehr oder weniger „falsch“ klingen, also mehr oder weniger schweben. Beispielsweise sind die Quinten um ca. 2 Cent (Hundertstel Halbtöne) zu eng (die Quarte – die die Quinte zur Oktave ergänzt – ist demnach um ca. 2 Cent zu weit), die kleine Terz um ca. 16 Cent zu eng, die große Terz um ca. 14 Cent zu weit.
Unsere Ohren haben sich daran, vor allem an die doch sehr „falschen“ Terzen und Sexten, gewöhnt. Der Vorteil einer solchen Stimmung ist, dass man sich völlig frei im Tonraum bewegen kann und ist sozusagen Grundbedingung für die 12-Ton-Technik. Ein Nachteil ist, dass eine etwaige Tonartencharakteristik völlig eingeebnet ist.
Alte Klaviere (etwa Instrumente, die vor 1850 gebaut wurden) werden für die Musizierpraxis häufig anders, nämlich ungleichschwebend gestimmt.
Siehe hierzu auch: Stimmung (Musik), Klavierstimmer, Inharmonizität, Streckung (Musik)
[Bearbeiten] Geschichte
Zu den Vorläufern des Klaviers gehört das Clavichord. Im 15. Jahrhundert wurde das erste Tasteninstrument mit Hammermechanik entworfen.
Bartolomeo di Francesco Cristofori entwickelte 1709 bzw. 1711 in Florenz das erste moderne Hammerklavier, bei dem ein Hammer mittels einer Stoßzunge gegen die Saite geschleudert wird und sie zum freien Schwingen sofort wieder freigibt. Zwei weitere Erfindungen waren notwendig, um das Instrument spielbar zu machen:
- ein Mechanismus, der das Zurückfallen des Hammers auf die Saite verhindert (wodurch ein zweiter Ton entstünde);
- ein Dämpfer, der die Saite nach Loslassen der Taste dämpft.
Zusätzlich stammt von Christofori die Doppelsaite, bei der jeder Ton durch zwei gleich gestimmte Saiten erzeugt wird. Durch Betätigen des (heute linken) Piano-Pedals werden die Hämmer leicht seitlich verschoben, so dass nur eine Saite angeschlagen und der Ton somit leiser wird. Er erfand ebenso das (heute rechte) Legato-Pedal, durch das die Dämpfer auch nach Loslassen der Taste nicht auf die Saiten fallen, der Ton also länger nachklingt. Im Jahre 1726 hatte Christofori sein Instrument vollendet. Es umfasste vier Oktaven (heutige meistens 71/4, s. o. unter Klaviatur). Heute gibt es noch zwei Originale, eines befindet sich in Leipzig und eines in New York. In Deutschland wurde kurz darauf das erste „Pianoforte“ von Gottfried Silbermann gebaut und unter dem Namen Hammerklavier populär.
Weitere Entwicklungen folgten:
- 1775 – Johann Andreas Stein erfindet die Prellmechanik und macht damit Hammerflügel modulationsfähiger und klangvoller.
- 1820 – R. Wornum leitet mit der Entwicklung des ersten Pianinos die Ablösung des Tafelklaviers ein.
- 1821 – Sébastien Érard entwickelt die Repetitionsmechanik, die das virtuose schnelle Spiel und eine rasche Anschlagfolge ermöglicht.
- 1826 – Die Hammerköpfe erhalten einen Filzbelag.
- 1830 – Kreuzsaitiger Bezug: Die Saiten liegen nicht mehr alle parallel, sondern werden in zwei Gruppen aufgeteilt: Die Basssaiten verlaufen beim Flügel von links vorne nach rechts hinten, beim Pianino von links oben nach rechts unten. Die Saiten der Mittellage verlaufen beim Flügel dagegen nach links hinten, beim Pianino nach links unten und liegen unter bzw. hinter den Basssaiten. Dies bringt Vorteile für die Statik des Instrumentes und ermöglicht bei gleicher Länge bzw. Höhe des Instrumentes längere Basssaiten. Ein Nachteil dieser Bauart können klangliche Brüche im Übergang vom Bass in die Mittellage sein.
- 1866 - Carl Rönisch erfindet den gusseisernen Rahmen, der die Saitenzugkräfte von bis zu 20 t aufnimmt und damit dem Klavier wesentlich mehr Stabilität verleiht.
[Bearbeiten] Bekannte Hersteller
Bekannte Klavierbauer sind (in alphabetischer Reihenfolge): Bechstein, Berdux, Blüthner, Bösendorfer, Broadwood, Ehrbar, Erard, Euterpe, Fazioli, Feurich, August Förster, Grotrian-Steinweg, Hofmann & Czerny, Ibach, Kaps, Kawai, Petrof, Pfeiffer, Pleyel, Rönisch, Rösler, Samick, Carl Sauter, Schiedmayer, Schimmel, Seiler, Steingraeber & Söhne, Steinway & Sons, Streicher, Thürmer, Yamaha und Zimmermann
Weitere Klavierbauer finden sich in der Liste von Klavierbauern
Es versteht sich von selbst, dass Hersteller in unterschiedlichen Preisklassen sich in sämtlichen Einzelheiten des Instrumentenbaus unterscheiden können. Weniger offensichtlich ist dem interessierten Käufer, dass sich die Preisunterschiede verschiedener Produktlinien eines einzelnen Herstellers nicht nur durch die Größe der Instrumente ergibt, welche zweifelsfrei ein wichtiger Faktor bei der Klangentwicklung ist, aber nicht der einzige. Ein Hersteller verwendet bei seinen Modellen bisweilen Klangholz und Filz stark unterschiedlicher Qualität. Der Preisunterschied erklärt sich daher meistens nur zu einem geringen Teil durch die gewachsenen Dimensionen.
[Bearbeiten] Klavierspiel
Die Geschichte des Klavierspiels und die Geschichte der Klavierinstrumente verlaufen in enger, wechselwirksamer Verbindung. Das Wort „Clavier“ bezeichnet noch Anfang des 18. Jahrhunderts alle Tasteninstrumente, Mitte des 18. Jahrhunderts dann insbesondere die Saitenklaviere (Cembalo, Clavichord und Hammerklavier), Ende des 18. Jahrhunderts schließlich insbesondere das Hammerklavier.[1]
Die frühen Hammerklaviere mit Prellmechanik sind leichtgängig und zart; im Vordergrund steht das Fingerspiel, denn weder das Heben der Arme noch das Bewegen des Oberkörpers ist zweckmäßig; schulebildend wirken vor allem Wolfgang Amadeus Mozart und sein Schüler Johann Nepomuk Hummel. Auch die ersten Hammerflügel mit Stoßmechanik erfordern und erlauben noch keinen ausgeprägten Körpereinsatz; schulebildend sind Ludwig van Beethoven und sein Schüler Carl Czerny. Internationalen und nachhaltigen Einfluss haben der Pianist, Komponist, Verleger, Klavierlehrer und Klavierbauer Muzio Clementi und sein Schüler Friedrich Kalkbrenner.
Um 1830 sind die Instrumente bereits deutlich belastungsfähiger geworden. Mit Frédéric Chopin, Franz Liszt und Sigismund Thalberg emanzipieren sich das geschmeidig geführte Handgelenk, die Bewegungen aus Ellbogen und Schultergelenk, der mehr oder weniger dosierte Einsatz von Masse und Gewicht sowie die Spiel- und Ausdrucksbewegungen des Oberkörpers. Diese „moderne“ Form des Klavierspiels wird seither in unterschiedlichen Ausprägungen praktiziert und theoretisch-methodisch aufgearbeitet.
Systematisch gliedert sich das Klavierspiel in Improvisation (das Spiel aus dem Stegreif) und Literaturspiel (das Spiel komponierter Musik aus den Noten oder aus dem Gedächtnis).[2]
Klavierspiel umfasst neben dem solistischen Spiel die Begleitung von Sängern und die Mitwirkung in kammermusikalischen Werken, so das Duo-, Trio-, Quartett- und Quintettspiel, ferner das Spiel mit Orchester (Klavierkonzert) und das Spiel im Orchester (Klavier als Orchesterinstrument).
Für das Zusammenwirken zweier Klavierspieler gibt es zwei Möglichkeiten: das vierhändige Spiel an einem Instrument und das vierhändige Spiel an zwei Instrumenten. Erstere Variante ist nicht zuletzt in der Hausmusik beliebt, letztere Variante hat eher konzertanten Charakter; ein entsprechendes Musikstück ist entweder für die eine oder für die andere Variante komponiert.[3] Seltener sind Kompositionen für eine Hand allein (gewöhnlich die linke) oder für sechs bis acht Hände.
Professionelle Klavierspieler heißen Pianisten, abgeleitet von der alten Bezeichnung „Piano(forte)“ für das Klavier. Wenn das Klavier ein Orchester ersetzt, so in Chor-, Opern- und Ballettproben, heißt der Pianist Repetitor oder Korrepetitor.
Das pianistische Arbeitsfeld lässt sich in E-, U- und F-Musik gliedern. Der so genannten ernsten Musik, die vor allem interpretatorische Aufgaben stellt, stehen Unterhaltungsmusik (z. B. das Spiel in der Bigband) und funktionale Musik (z. B. die Begleitung von Stummfilmen) zur Seite. Von besonderer Bedeutung ist die Rolle des Klaviers im Jazz; in Pop und Rock ist diese Rolle auf das Keyboard übergegangen.
Man erlernt das Klavierspiel entweder autodidaktisch oder im Klavierunterricht (privat, an einer Musikschule oder an einem Konservatorium); als Lehrwerk dient oft eine Klavierschule. Die Berufsausbildung findet an Konservatorien, Musikhochschulen und Kunstuniversitäten statt.
[Bearbeiten] Klaviermusik
Ab etwa 1775[4] komponieren Muzio Clementi, Joseph Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart Werke, die ausdrücklich für das Hammerklavier bestimmt sind, nicht mehr für das Cembalo oder Clavichord. Seither widmen sich fast alle bedeutenden Komponisten der Klaviermusik.
In der Klassik, etwa ab 1780, ist die Form der Sonate besonders wichtig; zahlreiche Variationszyklen werden vor allem für den Tagesbedarf geschrieben; zentrale Namen sind Mozart und Beethoven. In der Romantik, etwa ab 1830, wird das Charakterstück besonders bedeutsam; auffallend ist die Produktion zahlreicher Etüden; zentrale Namen sind Chopin, Schumann und Liszt. Im Impressionismus, ab 1892, werden die traditionellen Formen aufgelöst; zentrale Namen sind Debussy und Ravel. In der Neuen Musik, seit 1909, spielt zunehmend das Experiment eine Rolle; im Extremfall drückt der Klavierspieler keine einzige Taste, so in einer Schweigekomposition von John Cage, bekannt unter dem Namen 4'33", und in der Komposition Guero von Helmut Lachenmann, in der die Oberfläche der Tastatur mit den Fingernägeln überstrichen wird.
Gattungen wie das Kunstlied, das Klaviertrio oder das Klavierkonzert gehören zur Vokal-, Kammer- respektive Orchestermusik.
[Bearbeiten] Notation
Eine Klavierstimme wird meist auf zwei Notensystemen notiert, die mit einer Akkolade und mit Taktstrichen untereinander verbunden sind. Oft, aber nicht immer stehen im unteren System ein Bassschlüssel und die tieferen, von der linken Hand gespielten Töne, im oberen System ein Violinschlüssel und die höheren, von der rechten Hand gespielten Töne.
Unter den Noten für die linke Hand und über den Noten für die rechte Hand kann ein Fingersatz stehen (1 = Daumen, 2 = Zeigefinger usw.).
Die Verwendung der Pedale ist häufig dem Ermessen des Musikers überlassen. Das Zeichen Ped. fordert das Heben aller Dämpfer, sodass die Saiten frei schwingen; ein Sternchen fordert das Ende dieser Maßnahme; gemeint ist also das rechte Pedal. Das Zeichen u. c. (una corda, ital. für „eine Saite“) fordert das Verschieben der Mechanik, sodass die Hämmer nur noch eine von zwei oder zwei von drei gleich gestimmten Saiten anschlagen; das Zeichen t. c. (tre corde, ital. für „drei Saiten“) oder t. l. c. (tutte le corde, ital. für „alle Saiten“) fordert das Ende dieser Maßnahme; gemeint ist also das linke Pedal des Flügels. Für das mittlere Pedal des Flügels gibt es kein eigenes Zeichen; gelegentlich wird sust. (sustain pedal, engl. für „Tonhaltepedal“) oder 3. Ped. geschrieben.
Impressionistische Musik verwendet häufig nicht nur zwei, sondern drei Systeme, um den komplexen Klaviersatz übersichtlicher unterzubringen. In der Neuen Musik treten manchmal Textaufgaben oder Grafiken an die Stelle der traditionellen Notenschrift.
Typisch für den Jazz ist das lead sheet (engl. „Führungsblatt“), auf dem lediglich der Text eines Songs und die zugehörigen Akkordsymbole notiert sind, manchmal auch die Melodie; auf Grundlage dieser Informationen kann ein Jazzpianist sowohl solistisch spielen als auch begleiten.
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Die Musik in Geschichte und Gegenwart. 2. Ausgabe (Sachteil). Artikel Klavierspiel.
- ↑ Roland Böckle: Freies Gestalten im Instrumentalunterricht. In Handbuch der Musikpädagogik (Band 2). Kassel/Basel/London 1993.
- ↑ New Grove Dictionary of Music and Musicians. London 1980. Artikel Piano duet.
- ↑ Diese Angabe sowie die folgenden Jahreszahlen: Harvard Dictionary of Music. London 1970. Artikel Piano music und Impressionism.
[Bearbeiten] Literatur
- Christoph Kammertöns (Hrsg.): Lexikon des Klaviers: Baugeschichte - Spielpraxis - Komponisten und ihre Werke - Interpreten; mit 844 Stichwörtern. Laaber: Laaber-Verlag 2006. ISBN 3-89007-543-6
[Bearbeiten] Siehe auch
- Flügel, Pianino, Pianola, Digitalpiano, Präpariertes Klavier, Keyboard, Tafelklavier, Cembalo, Clavichord, Harfenklavier, Giraffenklavier, Kinderklavier, Kunstspielklavier, Reproduktionsklavier
- Klavierstimmer, Klavierbauer, Klavierstimmung, Klavierauszug
- Etüde
- Liste von Pianisten
- Jazzpiano
- Portal:Klavier
[Bearbeiten] Weblinks
- Bilder von historischen Klavieren
- Klavier-Fachwissen Lexikon - 'Pian e forte'
- Tastenwiki - Wiki zum Thema historischer Klavierbau
Wiktionary: Klavier – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |
Wikibooks: Klavier – Lern- und Lehrmaterialien |
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