Kleingarten
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Der Begriff Kleingarten wird durch den § 1 des Bundeskleingartengesetzes bestimmt. Hier definiert sich auch der Begriff der kleingärtnerischen Nutzung.
Der Kleingarten, auch Schrebergarten, Heimgarten, Parzelle oder Familiengarten (bes. in der Schweiz), bezeichnet eine Anlage von Gartengrundstücken; die von Vereinen (Kleingärtnervereinen, Kleingartenvereinen) verwaltet und günstig an Mitglieder verpachtet werden. Sie sollen der Erholung in der Natur dienen und Stadtbewohnern den Anbau von Obst und Gemüse ermöglichen. Heute findet man in diesen Gärten aber auch Zierpflanzen und Rasenflächen. In der Regel befindet sich eine Laube auf jedem Grundstück einer Gartenanlage. Geregelt wird das Kleingartenleben durch die jeweilige Kleingartenordnung / Satzung eines jeden Vereins.
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[Bearbeiten] Kleingärten als Erholungsräume
In Deutschland gibt es mehr als eine Million Kleingärten. Zusammengenommen entspricht dies einer Fläche von mehr als 46.000 Hektar.
Kleingärten sind in Anlagen zusammengefasste, bis 400 Quadratmeter große Parzellen (in Ausnahmefällen auch größer). Sie dienen der privaten Nutzung zum Anbau von Obst, Gemüse und Zierpflanzen sowie der Erholung. Kleingärten stehen für jeden zum Spaziergang offen.
Kleingärten bieten Nistmöglichkeiten für Vögel und sind Lebensräume für Kleintiere wie Igel oder Frösche, für Insekten und Pflanzen.
Viele Gartenbauvereine haben sich dem schonenden Umgang mit der Natur verschrieben, ihre Mitglieder setzen dann auf biologische Schädlingsbekämpfung. Fachberater in den Vereinen helfen beim biologischen Anbau oder bei der Auswahl standortgerechter, widerstandsfähiger Pflanzen.
In Kleingärten werden nach dem Vorbild alter Bauerngärten Obst- und Zierpflanzensorten gepflegt und kultiviert.
[Bearbeiten] Sonstiges
In den neuen Bundesländern wird oftmals der sogenannte Bestandsschutz angewendet (beispielsweise bei der zulässigen Größe der Lauben), da hier die damaligen gesetzlichen Bestimmungen berücksichtigt werden müssen.
Die von den Gemeinden meist pachtbaren Grundstücke werden auch als Grabeland bezeichnet.
Kleingärtner bezeichnen sich gegenseitig als "Gartenfreunde" (im Schriftverkehr abgekürzt "Gfd"). "Laubenpieper" ist eine scherzhafte Bezeichnung für den Inhaber eines Kleingartens (mit einer Gartenlaube).
[Bearbeiten] Soziale Funktionen von Kleingärten
Das Office International du Coin de Terre et des Jardins Familiaux, eine seit 1926 bestehende Vereinigung von über 3 Millionen europäischer Kleingärtnern, beschreibt die sozialen Funktionen von Kleingärten wie folgt:
- Der Allgemeinheit bieten die Kleingärten eine bessere Lebensqualität in den Städten durch Lärmverringerung, Staubbindung, Durchgrünung, Auflockerung der Bebauung, Biotop- und Artenschutz, Lebensraumvernetzung und klimatische Auswirkungen.
- Familien bieten die Kleingärten eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung; eine gärtnerische Betätigung und das preiswerte Züchten von gesundem Gemüse; das persönliche Erlebnis vom Säen, Wachsen, Gedeihen und Ernten von gesundem Gemüse; ein Gegengewicht zum Leben in Betonburgen und auf Asphaltflächen; Förderung von harmonischen zwischenmenschlichen Beziehungen; einen direkten Kontakt mit der Natur.
- Kindern und Jugendlichen bieten die Kleingärten Ausgleich für die oft fehlenden Spielplätze; ein Spiel- und Kommunikationsfeld; Erlebnisräume in der Natur und Wahrnehmung ihrer natürliche Zusammenhänge; Anschauungsunterricht in Biologie.
- Berufstätigen bieten die Kleingärten eine Entspannung vom Arbeitsstreß durch gesunde Betätigung; eine ideale Alternative zum Arbeitsalltag.
- Arbeitslosen bieten die Kleingärten das Gefühl, gebraucht zu werden und noch dazu zugehören; ein Mittel den Müßiggang zu vermeiden; ein Zuschuß an frischem Gemüse zu einem Minimalpreis.
- Immigranten bieten die Kleingärten eine Möglichkeit Kontakte zu knüpfen und sich besser im Aufnahmeland zu integrieren (siehe auch "Interkulturelle Gärten").
- Behinderten bieten die Kleingärten einen Ort an dem er am Vereinsleben teilnimmt, Kontakte knüpft und so der Isolierung entgeht; das Erleben vom Säen und Pflanzen, vom Wachsen, Gedeihen und Ernten.
- Senioren bieten die Kleingärten einen Ort des Gesprächs und der Ruhe durch die Zusammenführung von Menschen mit gleichen Interessen; über Jahre gewachsene Kontakte; individuelle Selbstverwirklichung und Beschäftigung im 3. Lebensabschnitt im eigenen Garten.
Die sozialen und ökologischen Funktionen des europäischen Kleingartenwesens finden mittlerweile auch Eingang in die entwicklungspolitische Zusammenarbeit [1]. Seit 2003 sind z.B. auf den Philippinen mehrere Kleingartenanlagen für städtische Arme mit Unterstützung deutscher und belgischer Partner entstanden [1].
[Bearbeiten] Geschichte
[Bearbeiten] Armengärten
Die Anlage von Armengärten auf Initiative von wohlmeinenden Landesherren, Fabrikbesitzern, Stadtverwaltungen und Wohlfahrtsorganisationen war eine von vielen Maßnahmen, um Anfang des 19. Jahrhunderts des Armenproblems Herr zu werden. Es hatte seine Ursache im sprunghaften Anwachsen der Bevölkerung. Da das Pro-Kopf-Einkommen nicht im gleichen Verhältnis stieg, wurde das Armenproblem als vordringliche Aufgabe erkannt. Als eine der ersten Armengärtenanlagen Deutschlands gelten die parzellierten Gärten, die auf Anregung des Landgrafen Carl von Hessen um 1806 in Kappeln an der Schlei angelegt wurden (sog. Carlsgärten). Das Hauptziel war es, dem Hunger und der Verarmung entgegenzuwirken. 1826 existierten solche Gärten bereits in 19 Städten. 1830 folgte in Kiel die „Gesellschaft freiwilliger Armenfreunde“ dem Beispiel. Auf dem „Prüner Schlag“ wurden Parzellen aus städtischem Besitz mit der bis heute gültigen Größe von 400 Quadratmeter ausgewiesen und für geringe Pacht vergeben. Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden in vielen Städten Armengärten und insbesondere in Berlin die Laubenkolonien des Roten Kreuzes („Rotkreuzgärten“) und der Arbeiterbewegung („Arbeitergärten“) sowie die Gärten der Bahnlandwirtschaft („Eisenbahnergärten“). Die von dem Leipziger Arzt Dr. Daniel Gottlob Moritz Schreber (1808 - 1861) initiierte Kleingartenbewegung begann erst später, und ließ die Armengärten bald zu „Schrebergärten“ werden.[2]
[Bearbeiten] Schrebergärten
1864 gründete der Leipziger Pädagoge und Schuldirektor Dr. phil. Ernst Innozenz Hauschild den Schreberverein, den er nach seinem verstorbenen Kollegen und Mitstreiter Dr. Daniel Gottlob Moritz Schreber benannte. Hauschild pachtete eine Spielwiese und legte dort kleine Blumengärten an, die von Schulkindern bepflanzt und gepflegt werden sollten. Bald gingen diese Gärtchen in die Obhut der Eltern über und 1869, als die Initiative bereits rund 100 Parzellen umfasste, gab sie sich eine Vereinssatzung. Geräteschuppen, Lauben und Zäune wurden errichtet, und 1891 waren bereits 14 weitere Schrebervereine in Leipzig gegründet worden. Die historische Kleingartenanlage „Dr. Schreber“ steht heute unter Denkmalschutz und beherbergt seit 1996 das Deutsche Kleingärtnermuseum.
Kleingartengebiete wurden vielerorts in Europa ausgewiesen, um der Bevölkerung vor allem in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg eine bessere Ernährung zu ermöglichen. Aufgrund des Wohnungsmangels in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in Kleingartenanlagen die Lauben oft ungenehmigt erweitert und wohnbar gemacht. Diese Schwarzbauten wurden von der Stadtverwaltung meist geduldet und den Bewohnern lebenslanges Wohnrecht zugestanden. So kommt es, dass bis heute in alten Kleingartenanlagen noch kleine Wohnhäuser zu finden sind.
[Bearbeiten] Literatur
- Isolde Dietrich: Hammer, Zirkel, Gartenzaun. Die Politik der SED gegenüber den Kleingärtnern. Books on Demand GmbH, Norderstedt 2003. ISBN 3-8311-4660-8
- Hartwig Stein: Inseln im Häusermeer. Eine Kulturgeschichte des deutschen Kleingartenwesens bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Lang, Frankfurt a.M., 1998. (zweite, korrigierte Auflage: 2000, ISBN 3-631-36632-9)
- Peter Warnecke: Laube, Liebe, Hoffnung. Kleingartengeschichte. Wächter, Berlin 2001. ISBN 3-00-007508-9
- Ulrich Lange in Jürgen Jensen und Peter Wulf (Hrsg.), Geschichte der Stadt Kiel, 1991, Neumünster, Wachholtz Verlag, ISBN 3-529-02718-9
- Jana Gerold, Drescher, A.W., Holmer, R. J., 2005. Kleingärten zur Armutsminderung - Schrebergärten in Cagayan de Oro. Südostasien 21 (4): 76 - 77
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Weblinks
- Suchmaschine für Kleingärtner und Gartenfreunde
- Artikel Schrebergärten im Historischen Lexikon der Schweiz
- Bundesverband Deutscher Gartenfreunde
- Gesetze rund um den Kleingarten
- Deutsches Kleingärtnermuseum in Leipzig
- Bundeskleingartengesetz
- Die Geschichte der Kleingärten in Österreich
- Geschichte der Kleingärten (Lexi-TV)
- Interkulturelle Gärten (Stiftung Interkultur)