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Kreisverkehr

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem Kreisverkehr als besondere straßenbauliche Art des Verkehrsknotenpunktes. Siehe Kreisverkehr (Begriffsklärung) für weitere Bedeutungen.
StVO-Zeichen 215: Kreisverkehr
StVO-Zeichen 215: Kreisverkehr

Ein Kreisverkehr (auch Kreisverkehrsplatz, umgangssprachlich Kreisel genannt) ist eine besondere straßenbauliche Art des Verkehrsknotenpunktes.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Entwicklung der Kreisverkehre

In Deutschland waren Kreisverkehre in der Nachkriegszeit zunächst gang und gäbe. Der in der Wiener Weltkonferenz vom 7. Oktober - 8. November 1968 beschlossenenen Regelung, dass in Kreisverkehrsplätzen mit einer Beschilderung entsprechend dem heutigen Zeichen 215 generell die rechts-vor-links Regel zu gelten habe, wollte sich die Bundesrepublik Deutschland nicht anschließen. In der Bundesrepublik Deutschland wurde daher das Verkehrszeichen Kreisverkehr mit der Verkehrsrechts-Reform von 1969 aus der Straßenverkehrsordnung (StVO) entfernt. Um der Gefahr einer Selbstblockade bei stärkerem Verkehrsaufkommen zu begegnen, wurde stattdessen dem Verkehr im Kreis durch Vorfahrtzeichen (Z301) die Vorfahrt gewährt. Die Zufahrten wurden mit Vorfahrt-achten-Zeichen (Z205) versehen. In der DDR wurde das Zeichen mit der StVO von 1977 ungültig (seine Gültigkeit erlosch nach dem 15. Januar 1978).

Aufgrund von Mißverständnissen bei den Berechnungsgrundlagen [1] gerieten Kreisverkehre zunehmend in Vergessenheit. Kreisverkehre wurden in den folgenden Jahren häufig in lichtsignalgeregelte Kreuzungen umgebaut.

In anderen europäischen Ländern, zum Beispiel Frankreich, Großbritannien und Spanien, wurden Kreisverkehre dagegen weiterhin gebaut. Besonders in Frankreich, das mit 20.000 Kreisverkehren (ronds-points, giratoires) die Hälfte aller weltweit vorhandenen Kreisverkehre besitzt, werden diese gern zur Verkehrsregelung benutzt. 1984 wurde in Frankreich die umstrittene rechts-vor-links Regel aufgehoben[2].

Zu Beginn der 1990er Jahre erlebten Kreisverkehre auch in Deutschland eine Renaissance. In den Jahren 1995 und 1998 wurden hierzu seitens des Bundesverkehrsministeriums Regelungen für die Anlage von Kreisverkehren an Bundesstraßen außerhalb geschlossener Ortschaften eingeführt [3].

In Deutschland wurde mit Änderung der StVO vom 11. Dezember 2000 der § 9a neu in die StVO aufgenommen, der das Verhalten im Kreisverkehr regelt und das Kreisverkehrsschild (Zeichen 215, siehe Bild) definiert.

Im Gegensatz dazu sind Kreisverkehre in Österreich durch das Gefahrenzeichen nach § 50 Nr. 3a StVO als Kreuzung mit Kreisverkehr gekennzeichnet.

Um die Einfahrgeschwindigkeit noch mehr zu reduzieren, werden oft in der Mitte künstliche Hügel oder Denkmäler aufgebaut, die eine Sicht nach der anderen Seite des Kreisverkehrs verhindern.

Ob ein Kreisverkehr an einer Kreuzung sinnvoll ist oder nicht, hängt von einer Reihe von Faktoren ab:

[Bearbeiten] Vorteile

Kreisverkehr in Steckborn, Kanton Thurgau, Schweiz
Kreisverkehr in Steckborn, Kanton Thurgau, Schweiz
Mit Kreiseln soll dies verhindert werden. (Khartum, Sudan, 2003)
Mit Kreiseln soll dies verhindert werden. (Khartum, Sudan, 2003)

Als Vorteil gegenüber einem herkömmlichen Verkehrsknoten gilt die größere Verkehrssicherheit. Diese wird vor allem durch die niedrige Geschwindigkeit der durchfahrenden Fahrzeuge erzielt, aber auch durch die bessere Übersichtlichkeit. Die Anzahl der Konfliktpunkte in einem Kreisverkehr ist weitaus geringer als an einer gewöhnlichen Kreuzung. Hinzu kommt, dass Unfälle glimpflicher ablaufen, da die Geschwindigkeiten in der Regel niedriger sind. Gleichzeitig kann dabei der Verkehrsfluss gesteigert werden. Die Durchlassgeschwindigkeit ist oft höher als bei einer vorfahrts- oder signalgesteuerten Kreuzung, da der Verkehr flüssiger laufen kann.

Während eine Kreuzung mit mehr als vier Zufahrten wesentlich komplexer zu steuern ist, ist bei einem Kreisverkehr die Anzahl der möglichen Einfahrten nur von der Größe des Ringes abhängig.

Ein gut geplanter Kreisverkehr kann sehr hohe Verkehrsaufkommen mit einem Minimum an Stau sehr effizient bewältigen.

Außerdem stellt er prinzipbedingt jegliche Verkehrsbeziehung der angeschlossenen Straßen bereit.

Weitere Vorteile sind eine überschaubarere Verkehrslage, bessere Wirtschaftlichkeit durch die verteilende Wirkung und besserer Umweltschutz durch weniger Abgase und Lärm. Hinzu kommen geringere Wartungskosten gegenüber einer Ampellösung.

Speziell für Schwerfahrzeuge sind die Ein- und Ausfahrten im Gegensatz zur Kreuzung, wo es zu Behinderungen des Gegenverkehrs kommen kann, wesentlich leichter zu durchfahren, wenn der Radius ausreichend groß ist. So ist es den Verkehrsteilnehmern auch möglich, den Kreisverkehr ohne Behinderung zum Wenden zu nutzen.

[Bearbeiten] Nachteile

Wegen ihres größeren Platzbedarfs an den Außenseiten gegenüber einer normalen Kreuzung lassen sich Kreisverkehre im Bestand nur selten verwirklichen (Ausnahme: Minikreisverkehr). Der freie Platz, der in der Mitte entsteht, kann dabei oft nicht mehr sinnvoll verwendet werden. Dieser Nachteil relativiert sich bei großen Kreuzungen, da der Platzbedarf einer großen Kreuzung mit Ampeln in etwa gleichgroß ist.

Kreisverkehr in Chandigarh (Nordindien)
Kreisverkehr in Chandigarh (Nordindien)

Die Führung von Fußwegen und Radwegen an Kreisverkehren kann problematisch sein, vor allem weil in der Regel keine Ampelanlagen vorhanden sind und man so als Fußgänger besonders vorsichtig sein muss. Zwar sind Fußgänger gegenüber abbiegenden Fahrzeugen bevorrechtigt, wenn die Fußgänger sich in oder gegen deren Fahrtrichtung bewegen, je nach Abbiegeradius können die Kfz-Geschwindigkeiten aber hoch sein. Radwege führen oftmals vor dem Kreisverkehr auf die Straße. Deshalb müssen Autofahrer, bevor sie in den Kreisverkehr einfahren, besonders auf die Radfahrer achten.

Ein weiterer Nachteil insbesondere bei sehr kleinen Kreisverkehren ist die mangelnde Abgrenzung der Vorfahrtsrechte, da die Einfahrten eng aneinander liegen. So können die Fahrzeugführer nicht sofort erkennen, wer schon im Kreis ist.

Ebenfalls sind Kreisverkehre an Kreuzungen mit sehr hohem Verkehrsaufkommen problematisch, da in den Kreis einfahrende Fahrzeuge oft sehr lange an der Einfahrt warten müssen und sich dadurch lange Rückstaus bilden. Dieser Nachteil gilt aber auch für Ampelanlagen, wenn die bereitgestellte Kapazität nicht ausreichend ist. Große Kreisel können sehr hohe Verkehrsaufkommen sicher und effizient bewältigen. Auch sind solche Kreisverkehre unfallträchtiger, da kleinere Lücken zum Einfahren risikoreich ausgenutzt werden müssen, so z.B. am Blaubeurer Tor in Ulm, an dessen Kreisverkehr die Bundesstraßen 10, 28 und 311 aufeinandertreffen.

[Bearbeiten] Arten von Kreisverkehren

Man unterscheidet je nach Funktion und Größe zwischen drei Arten von Kreisverkehren: Minikreisverkehre, kleine und große Kreisverkehre. Ihre Anlage ist für Deutschland in den Richtlinien für die Anlage von Straßen – Teil I plangleiche Knotenpunkte im Merkblatt für die Anlage von Kreisverkehrsplätzen der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) geregelt.

Ein Minikreisverkehr in Jever
Ein Minikreisverkehr in Jever
Minikreisverkehr als Versuch in Wipperfürth
Minikreisverkehr als Versuch in Wipperfürth

Minikreisverkehre haben in Deutschland noch keinen Eingang in die Richtlinien gefunden und befinden sich in einer Reihe von Städten im Pilotstadium.

[Bearbeiten] Minikreisverkehre

Minikreisverkehre haben einen Durchmesser von 18 bis 25 m. Da die Kreisinsel von großen Lastwagen oder Bussen wegen deren zu großem Wendekreis nicht umfahren werden kann, muss diese überfahrbar gestaltet sein. In der Regel ist sie aufgepflastert und von einem Niederbord eingefasst oder in Ausnahmefällen nur abmarkiert. Sie sind dazu gedacht, innerorts und im Bestand an geeigneten Plätzen bestehende Vorfahrtsregelungen oder Lichtsignalanlagen zu ersetzen.

[Bearbeiten] Kleine Kreisverkehre

Kleine Kreisverkehre haben einen Durchmesser von 26 bis 35 m. Die Mittelinsel ist in der Regel nicht überfahrbar ausgeführt. Kleinere Kreisverkehre können eine überfahrbare, abgesetzte innere Spur haben, um großen Fahrzeugen mit großen Wendekreisen ein Befahren zu ermöglichen. Kleine Kreisverkehre werden vor allem in Randbereichen von Orten eingesetzt. Das Merkblatt für kleine Kreisverkehrsplätze (KVP) der FGSV unterscheidet diese hinsichtlich ihrer Größe, ob ein KVP innerhalb oder außerhalb bebauter Gebiete liegt. Demnach soll der Außendurchmesser des KVP innerhalb bebauter Gebiete zwischen 26 und 35 Metern und außerhalb bebauter Gebiete zwischen 35 und 45 Metern liegen.

[Bearbeiten] Große Kreisverkehre

Große Kreisverkehre haben Durchmesser von mehr als 40 m. In Ausnahmefällen können sie bis zu 120 m Durchmesser aufweisen. Große Kreisverkehre sind oftmals zwei- bis dreistreifig im Ring befahrbar. Sie dienen vor allem der großflächigen Verteilung von Verkehrsströmen und werden deshalb in der Regel außerhalb von geschlossenen Ortschaften oder am Ende einer Autobahn in einer Stadt, z.B. Verteilerkreis Köln und Bonn, beide A555, oder der Große Stern (mit Siegessäule in der Mitte) in Berlin, verwendet. Letztere sind mit Ampeln ausgeführt und sowohl im rechtlichen wie auch im verkehrstechnischen Sinne keine Kreisverkehre. Im französischen wird diese Art von Kreisel "Rondpoint" genannt. In der Schweiz findet man sogar Kreisverkehre auf Autobahnen mit einem Durchmesser von 450 m.

Nach der StVO sind solche Kreisverkehrsplätze oft kein Kreisverkehr, sondern eine Folge dicht beieinander liegender Einmündungen. Oft sind diese Einmündungen auch mit Lichtsignalanlagen versehen und gelegentlich wird den in den Kreis einfahrenden Fahrzeugen Vorfahrt gegeben, wenn dieser Strom stark dominiert.

Um den Verkehr wieder aus dem Kreisverkehr abzuleiten, sind die Fahrspuren meist spiralförmig gegen den Uhrzeigersinn nach außen führend angeordnet. Dadurch müssen die Fahrzeuge weniger Spurwechsel vornehmen.

In Großbritannien gibt es zusätzlich die Sonderform des Magic Roundabout.

[Bearbeiten] Bauliche Gestaltung

Der Kreisel am Duisburger Stadteingang im Süden Huckingens
Der Kreisel am Duisburger Stadteingang im Süden Huckingens

Die Mittelinsel wird bei kleinen und großen Kreisverkehrsplätzen zur Verminderung von Unfällen mit Erdaufschüttungen versehen und oft architektonisch genutzt. Es werden dort häufig Kunstobjekte, Brunnen oder Denkmäler aufgestellt.

Bei Straßenbahnverkehr verlaufen die Gleise oft quer durch den Kreisverkehr. In diesem Fall ist eine Ampelregelung, wie beispielsweise der Verteilerkreis Favoriten in Wien, oder eine besondere Beschilderung notwendig, welche der Straßenbahn Vorfahrt einräumt. Vereinzelt folgt jedoch auch die Straßenbahn dem Kreis, so etwa am Bersarinplatz in Berlin. Bushaltestellen, Straßenbahn- und U-Bahn-Haltestellen können in der Mitte platziert werden.

[Bearbeiten] Gesetzliche Vorschriften für Verkehrsteilnehmer

Verkehrsschild, das zur Betätigung des Fahrtrichtungsanzeigers beim Verlassen des Kreisverkehrs auffordert, in Deutschland überflüssig, da ein Blinken bei Ausfahrt ohnehin Pflicht ist
Verkehrsschild, das zur Betätigung des Fahrtrichtungsanzeigers beim Verlassen des Kreisverkehrs auffordert, in Deutschland überflüssig, da ein Blinken bei Ausfahrt ohnehin Pflicht ist

Vorsicht: Dargestellte deutsche Rechtslage gilt ausschließlich für Kreisverkehre im Sinne der StVO. Also solche, die an den Einmündungen Zeichen 215 (Kreisverkehr) unter Zeichen 205 (Vorfahrt gewähren!) besitzen wie bei der Vorfahrtsregel dargestellt.

In Deutschland und der Schweiz ist die Betätigung des Fahrtrichtungsanzeigers (blinken) beim Einfahren in den Kreisverkehr verboten, bei der Ausfahrt Pflicht, in Österreich beim Einfahren nicht verboten, beim Ausfahren jedoch ebenso vorgeschrieben. Grund für das Blinkverbot ist, dass ein Fahrer B, der an der nächsten Einfahrt einfahren möchte, das Blinken eines vorher einfahrenden Fahrzeugs A missverstehen könnte als Signal, dass A vor Bs Einfahrt den Kreisverkehr wieder verlassen möchte, und deshalb selbst zu schnell einfährt. Generell wird nach rechts, also entgegen dem Uhrzeigersinn, eingefahren. In Ländern mit Linksverkehr (wie z.B. Großbritannien) wird entsprechend links, also im Uhrzeigersinn eingefahren. In Großbritannien blinkt man wie vor einer Kreuzung. Hier sind die meisten Kreisel zweispurig, auf die äußere Spur wechselt man nur direkt vor der Ausfahrt.

Wenn die Vorfahrt nicht ausdrücklich geregelt wird, gilt auch im Kreisverkehr Rechts vor links, wie häufig in Italien. Nachteil dabei ist, dass es bei vollem Kreisverkehr zum Stau kommen kann. Denn wenn weitere Fahrzeuge einfahren wollen, müssen die Fahrzeuge innen anhalten, und blockieren so deren Einfahrt.

In Deutschland erhält der einfahrende Verkehr grundsätzlich die Tafel Vorrang gewähren. Es ist durch die StVO festgelegt, dass dadurch der Verkehr im Kreis ohne zusätzliche Tafeln Vorfahrt hat.

In Österreich kommt es bezüglich des Vorranges darauf an, ob für die einfahrenden Fahrzeuge das Verkehrszeichen "Vorrang geben" aufgestellt ist (Wartepflicht für die Einfahrenden - "Kreisverkehr mit Vorrang") oder nicht (Wartepflicht für die Fahrzeuge im Kreisverkehr nach der Regel "Rechts vor Links" - "Kreisverkehr ohne Vorrang"). Ungünstigerweise gibt es jedoch auch Kreisverkehre mit gemischtem Vorrang in Österreich.

In Großbritannien führt die Regel "Rechts vor Links" aufgrund des anderen Drehsinns dazu, dass auf der Kreisbahn verkehrende Fahrzeuge auch ohne gesonderte Beschilderung Vorfahrt haben.

In Deutschland ist das Halten und Parken auf der Fahrbahn im Kreisverkehr untersagt; ebenso das Überfahren einer Mittelinsel, die baulich zum Überfahren geeignet wäre (außer für zu große Fahrzeuge).

[Bearbeiten] Weblinks

[Bearbeiten] Quellenangaben

  1. Brilon, W.: Leistungsfähigkeit von Kreisverkehrsplätzen, in Straßenverkehrstechnik, 5/1988
  2. Stuwe, B.: Untersuchung der Leistungsfähigkeit und Verkehrssicherheit an deutschen Kreisverkehren, Schriftenreihe Lehrstuhl für Verkehrswesen Ruhr-Universität Bochum, Bochum 1992
  3. Bundesministerium für Verkehr, Allgemeines Rundschreiben Straßenbau Nr. 23/1998, Bonn 1998
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