Paul Flora
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Prof. Paul Flora (* 29. Juni 1922 in Glurns/Südtirol) ist ein österreichischer Zeichner, Karikaturist, Grafiker und Illustrator.
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[Bearbeiten] Biografie
Paul Flora wurde am 29. Juni 1922 in Glurns im Vinschgau in Südtirol geboren. 1927 übersiedelte er mit seiner Familie nach Nordtirol. In München studierte er von 1942 bis 1944 bei Adolf Schinnerer und Olaf Gulbransson. Zwei Semester besucht er den Abendakt bei Max von Esterle. 1944 wird er zum Kriegsdienst in Italien, Ungarn und der Slowakei eingezogen. 1945 kehrt er nach kurzer US-amerikanischer Gefangenschaft wieder nach Tirol zurück und ist seither als freischaffender Künstler in Innsbruck tätig. Er wohnt auf der Hungerburg, einem nördlichen Stadtteil oberhalb von Innsbruck.
1948 wird er als Mitglied im Art-Club/Wien aufgenommen. Seit 1986 ist er korrespondierendes und seit 1987 Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste.
Umfangreiche Biographie auf der offiziellen Paul-Flora-Site
[Bearbeiten] Bedeutung
Paul Flora gehört zu den bedeutenden Zeichnern der Gegenwart. Wer sich in den historischen Verlauf der Zeichenkunst vertieft, wird seinen Namen finden. Was seine Stellung innerhalb eines kunsthistorischen Überblicks betrifft, so ist Paul Flora ein Einzelgänger. Treffsicher in der Linie, hintergründig in der Erzählung, geistreich im Witz. Seine ironisch-sarkastischen Zeichnungen, nach eigenen Angaben rund 20.000, in einem ausgeprägten individuellen Stil fanden internationale Anerkennung. So wurde er nicht nur einer der wichtigsten, sondern auch einer der beliebtesten Zeichner Europas. Arbeiten aus seiner Hand finden sich in vielen öffentlichen und privaten Sammlungen. Flora wurde in seiner grafischen Eindrücklichkeit wegweisend für das 20. Jahrhundert.
Darüber hinaus war er Mitbegründer der städtischen Galerie im Taxis-Palais in Innsbruck im Jahre 1964 und Innitiator des „Österreichischen Grafikwettbewerbes“. Von 1964 bis 1992 kuratierte er neben Wilfried Kirschl, Oswald Oberhuber und Peter Weiermeier Ausstellungen für die städtische „Taxis-Galerie“ in Innsbruck.
[Bearbeiten] Künstlerisches Schaffen
[Bearbeiten] Seine Vorbilder
Eines seiner großen Vorbilder ist Alfred Kubin. Er besucht ihn in Zwickledt in Oberösterreich und es entwickelt sich eine fruchtbare Freundschaft bis zu Kubins Tod. Floras genialisches Frühwerk ist anfangs stark von Kubin geprägt, die Düsternis des alten Österreich, das die Raben umkreisten. Der Rabe bleibt in seinem Universum, als Symbol der Weisheit, der Natur oder einfach einer den Menschen konfrontierenden Irritation. Lyonel Feininger und Paul Klee folgten als Orientierungsfiguren. Den stärksten Einfluss aber übte der Amerikaner Saul Steinberg auf ihn aus, „Alles erwächst aus dem Strich der feinen Tuschfeder“.
[Bearbeiten] Seine Technik
Noch vor 1950 bricht er radikal mit der dichten Schraffur und wendet sich der feinnervigen, dünnlinigen, zarten Umrisszeichnung zu. Konsequent entwickelt er eine unverkennbare Strichtechnik mit Tuschfeder, mit der er weit über Europa hinaus identifiziert wird. Von den kantigen brüchigen Umrisslinien seiner Karikaturistenzeit entwickelt er sich hin zu größerer Strichdichte, variablem Liniengeflecht und feiner Schraffur. In den sechziger Jahren wird der Strich fester, die Umrisslinie dicker, die Binnenzeichnung zusehends dominant. Durch ein enges, flächiges Netzwerk entsteht eine Vielfalt von Grautönungen. Mit diesen Mitteln schafft er so bewusst durchkomponierte Bilder. Aus seinen „nervösen Strichgewittern“ und Grauwertvarianten ergeben sich vielfältige Stimmungen, vorwiegend düster und melancholisch. Ab den siebziger Jahren beginnt die Schraffur auf eine unverwechselbare Art das Blatt zurückzuerobern, wodurch er starke Effekte mit der fein abgestuften Kontrastierung von hell zu dunkel erzeugt. Zur selben Zeit setzt er auch die Farbe sparsam als weiteres malerisches Element seiner zeichnerischen Arbeit ein (Aquarellfarbe, später Buntstift). In den achtziger Jahren ergänzt er sein Oeuvre um die Bleistift-Zeichnung.
[Bearbeiten] Seine Motive
Der technischen Meisterschaft gesellt sich ein Blick für das originelle, zuweilen abseitige Sujet. Der Witz reicht von ätzender Satire, über milde Ironie bis zu gelassenem Humor. Der Humor kommt hintergründig aus der Vorführung von Szenen der „Comédie humaine“ (= menschlichen Komödie), wobei die Figuren auch aus der „Comedia dell´Arte“ oder dem Marionettentheater stammen können, oder gänzlich erfunden sind. Venedig, in halbdunklen Nebel getaucht, wird sein bevorzugter Schauplatz und der Mummenschanz des Karnevals ein Abbild des Lebens. Masken tragen alle in dieser Welt. Der Rabe und der Pestdoktor sind sich nur zu ähnlich. Weitere Themen und Motive sind Akrobaten, Herbststimmungen, Militärszenerien, angemaßter Hochmut der Herrschenden sowie die organisierte Spießigkeit von Vereinen und Verbänden, erotische und andere Unglücksfälle, Untergangszenarien der k.u.k. Monarchie sowie Richard Wagner, Napoleon, Nietzsche, Edgar Allan Poe. Im Alterswerk tritt schließlich ein stark lyrisches Element in manchen Bildern hinzu: Herbstlandschaften, einsame Reiter im Nebel, kahle Bäume, einsam verfallende Häuser.
[Bearbeiten] Arbeiten für Zeitungen
1949 beginnt durch Vermittlung von Werner Scholz seine Mitarbeit an der amerikanischen Tageszeitung für Deutschland, die "Neue Zeitung". Zwischen 1957 und 1971 liefert er wöchentlich Zeichnungen an die Hamburger Zeitung „Die Zeit“. In diesen Jahren entstehen rund 3000 politische Karikaturen und Flora macht sich damit als politischer Karikaturist einen Namen. Seine Zeichnungen werden auch in internationalen Blättern veröffentlicht: “The Times“, „Literary Supplement“, „Du“, „Dagens Nyheter“ und „Observer“.
[Bearbeiten] Paul Flora als Buchillustrator
In der Frühzeit seines Schaffens entstehen viele Buch-Illustrationen satirischen Inhalts. Ab 1953 beginnt eine intensive Zusammenarbeit mit dem Diogenes Verlag in Zürich. Neben Mappen und thematischen Zusammenstellungen eigener Werke waren es Bücher von Peter Hacks, Wolfgang Hildesheimer, Erich Kästner, Josef Müller-Marein und Hans Weigel, die neben vielen anderen von Paul Flora nicht nur bebildert, sondern mit seinem Zeichenstift kongenial ergänzt wurden.
[Bearbeiten] Paul Flora als Gestalter und Designer
1963 entwarf Flora das Bühnenbild für "Amphytrion" (Kleist) im Akademietheater in Wien und 1998 das Bühnenbild für "Der König stirbt" (Ionesco) im deutschen Schauspielhaus in Hamburg
Zwischen 1985 und 1998 erscheinen mehrere Briefmarkenserien mit Motiven von Paul Flora in Österreich (1985 + 1993) und im Fürstentum Liechtenstein (1998) und ein Satz von sieben Olympiamarken (1988). So schmückt zum Beispiel Paul Floras Bild "Fliegender Harlekin" eine Sonderpostmarke. Der "Fliegende Harlekin" spiegelt das bunte Treiben im Karneval von Venedig und gleichzeitig die Atmosphäre dieser Stadt wider. Die Figuren und Masken, die auch heute noch Venedig zur Zeit des Karnevals in eine Stadt des Scheins verwandeln, inspirierten die Fantasie des Künstlers.
Ab dem Jahre 1980 gibt die österreichische Post Telefonwertkarten aus. 1994 erscheint eine, von Paul Flora mit Marionetten gestaltete Serie von vier Telefonwertkarten.
Für seinen Südtiroler Weinlieferanten entwirft er Weinetiketten. Das Honorar lässt er sich bevorzugt in Form von Naturalien (Wein) „ausbezahlen“.
Gerne kommt er dem Ansuchen verschiedener Vereine in Tirol nach und widmet diesen Logos bzw. Zeichnungen wie z.B. der „Schmalfilmrunde Kufstein“ oder den „Absamer Matschgerern“.
[Bearbeiten] Werke
[Bearbeiten] Werkauswahl
Das "Werkverzeichnis der illustrierten Bücher" erschien 1992 zum 70. Geburtstag Paul Floras. Es umfasst 135 Buchtitel und 10 Mappenwerke aus 45 Jahren und gibt in 67 Illustrationen einen einzigartigen Überblick über das Werk des Künstlers in all seinen Veränderungen und Konstanten.
- 1947 Der Mensch denkt
- 1947 Herr Huber im wilden Westen
- 1953 Flora´s Fauna, erstes Buch im Diogenes Verlag in Zürich
- 1955 Das Musenross
- 1957 Das Schlachtross von Erich Kästner, Menschen und andere Tiere
- 1958 Trauerflora mit einem Vorwort Friedrich Dürrenmatt
- 1959 Vivat Vamp mit einem Vorwort von Gregor von Rezzori
- 1961 Der Zahn der Zeit, Ein Schloß für ein Zierhuhn
- 1964 Ach du liebe Zeit II, Floras Taschenfauna, Die Männchen und die Fräuchen
- 1966 Königsdramen, Vorwort von Ernst Schröder
- 1968 Veduten und Figuren, Vorwort von Friedrich Dürrenmatt
- 1969 Der gebildete Gartenzwerg und Zeitvertreib
- 1970 Die verwurzelten Tiroler und ihre bösen Feinde. Diogenes Portfolio (Mappe)
- 1971 Premiere, Als der Großvater auf die Großmutter schoß
- 1972 Auf in den Kampf, Der bürgerliche Wüstling
- 1975 Hungerburger Elegien
- 1977 Penthouse, Von (A)uto bis (Z)entauren Glanz und Elend der Eisenbahn (Mappe)
- 1978 Abenteurer (Mappe)
- 1979 Der blasse Busenfreund, Frühe Zeichnungen, Fauna (Mappe)
- 1980 Theater (Mappe)
- 1981 Vergebliche Worte
- 1982 Nocturnos, Winzige Werke, Venezia (Mappe)
- 1983 Variationen zu Wagner, Brotlose Berufe, "Die Turnübungen der Älpler, Panoptikum (Mappe)
- 2002 Ein Florilegium mit einem ausführlichem Text von (A)kademie bis (Z)eichner von Karl-Markus Gauß
[Bearbeiten] Texte von Paul Flora in
- 1987 Gezeichnetes und Geschriebenes
- 1997 Dies und Das
- 1969 Artikel unter anderem in: C. Pack, „Moderne. Graphik in Österreich“
- 1985 Wilhelm Busch Museum, Paul Flora, 1984
- 1997 Bayerische. Akademie der. schönen Künste, Floras Fauna,
- 2002 Kunsthistorisches Museum Wien, Zeichnungen 1938-2001, (zum 80. Geburtstag)
[Bearbeiten] Seine Ausstellungen
[Bearbeiten] Ausstellungen in Galerien
- 1945 erste Einzelausstellung in den Räumen der Galerie "Zofinga" inBern
- 1947 Ausstellung in der Neuen Galerie in der Grünangergasse, Wien
- 1949 Ausstellung in der Galerie Gurlitt, München
- 1957 Ausstellung in der Galerie Würthle, Wien
- 1958 Ausstellung in der Overbeck Gesellschaft, Lübeck und in der Este-Gallery, New York;
- 1962 Ausstellung im österreichischen Kulturinstitut in Paris und im Kunstkreis Hameln
und danach Ausstellungen in vielen hundert Galerien in Europa und den USA. Seine Stammgalerien sind in Innsbruck (Galerie Flora) und Salzburg (Galerie Seywald)
[Bearbeiten] Ausstellungen in Museen
- 1950 Biennale in Venedig
- 1952 Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck
- 1956 Ausstellung in der Secession, Wien
- 1959 Kunsthalle Bremen und Maison de France, Berlin
- 1963 Wilhelm Busch Museum, Hannover
- 1966 Biennale in Venedig
- 1972 Suermont Museum, Aachen
- 1974 Folkwang Museum, Essen
- 1979 Museum Nymwegen
- 1984 Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg
- 1989 Albrecht Dürer Haus, Nürnberg
- 1992 Historisches Museum der Stadt Wien (Retrospektive)
- 1997 Bayerische Akademie der schönen Künste (Retrospektive)
- 2002 Palais Esplanade, Meran (Retrospektive)
- 2002 Palais Harrach, Wien (Retrospektive)
- 2006 Ev. Gemeindehaus Aichschieß, Aichwald b. Esslingen
[Bearbeiten] Auszeichnungen und Preise (Auswahl)
- 1948 Preis der Tiroler Landesregierung.
- 1948 Preis der Gesellschaft zur Förderung neuer Kunst, Wien.
- 1959 Ehrenzeichen des Landes Tirol
- 1964 Ehrenlokführer der Zillertalbahn seit
- 1985 Großes Deutsches Bundesverdienstkreuz
- 1986 Premio internazionale Asiago d`Arte Filatelica,
- 1992 Ehrenbürger der Stadt Glurns
- 1999 E.O. Plauen-Preis, Chemnitz
- 2002 Ehrenbürger der Stadt Innsbruck
[Bearbeiten] Über Paul Flora
Jörg Mauthe, Journalist im Forum, 1954
- „Eines nicht mehr fernen Tages wird er zu den bedeutenden Humoristen unseres Jahrhunderts gezählt werden. … Von Jahr zu Jahr gewinnt er an Charakter und Wahrhaftigkeit … Entscheidend ist offenbar, dass der Künstler auch als zeichnender Humorist seine Scherze und Späße nicht unserer Realität entnimmt. Floras Lebewesen leben in ihrer eigenen Welt, handeln und bewegen sich nach ihren eigenen Gesetzen. Da braucht es keinen Bezug auf die Realität erster Ordnung, auf unsere Realität.“
Friedrich Dürrenmatt, 1968
- „Was Flora zeichnet, ist nicht neu. Österreicher, Vampire, Attentäter, Tiroler, Raben, Könige und Vogelscheuchen … Er zeichnete Mythen und schuf Mythen indem er sie zeichnete … Flora war ein Zaubermeister, dem wir mit Vergnügen zusahen, nun mischt sich in das Vergnügen, Staunen, nicht frei von Furcht. Seine Geschöpfe rücken uns näher, auf den Leib. Sie werden bedrohlich. Was witzig war, wird dichterisch.“
Marion Gräfin Dönhoff, Herausgeberin der „Zeit"
- „Er kennt die schaurigen Abgründe der menschlichen Seele, … aber er betrachtet dieses Gerangel, Geschubse und Geschiebe aus souveräner Distanz mit einer Mischung aus belustigtem Verständnis und boshaftem Humor.“
Abendzeitung zum 70. Geburtstag, 1992
- „Floras Kunst ist die Bewältigung des trügerischen Lichts durch die Schönheit der Düsternis. Unheimlich wie das Dasein und brillierend in der Form“
Schwäbische Zeitung zum 70. Geburtstag, 1992
- „Für sein kleines Welttheater engagierte er recht gegensätzliche Charaktere: nämlich Damen und leichte Mädchen; Advokaten, Artisten und Bombenleger, Duellanten und Fackelträger, Gartenzwerge und Monster; Chinesen, Germanen und Römer; Tiroler Zentauren und Gevatter Tod. Und über vielen seiner Szenen schweben Raben, Floras unentbehrliche Lieblingsvögel, umgeben von einer Aura des Unglücks und der Weisheit.“
Frankfurter Allgemeine Zeitung zum 70. Geburtstag, 1992
- „In der Grauzone ist er immer noch König. Auf dem Gebiet der eruopäischen Kreuzschraffur hat es bisher keiner gewagt, ihm den führenden Platz streitig zu machen. Flora ist kein schwarzer Humorist. So einfach macht er es sich nicht. Er ist ein sanfter Grisaille-Meister, der durch den Dienstboteneingang unauffällig Burg, Villa oder Palast betritt, um dem bösen Herrscher oder einem verwandten Finsterling eine kleine, unangenehme Überraschung zu bereiten, einen feinen, tödlichen Nadelstich zu versetzen.“
Darmstädter Echo zum 70. Geburtstag, 1992
- „Floras Humor ist von schwarzer Art, rabenschwarz – und der Rabe ist Floras Wappentier. Fein spinnt Flora die Netze mit seiner Feder und nimmt so den Betrachter gefangen.“
Magdalena Hörmann, Kunsthistorikerin, 2001
- „Von Floras Welt kann man sich nicht entfernen ohne noch einmal das zeichnen an sich, das sich hier auftut, anzusprechen. Die Handhabung von Linien auf weißer Papierfläche, die Qualitäten dieses Strichs im Laufe der Jahre zu verfolgen, ist ein Erlebnis für sich. Vom dünnen, scharfen, fast kratzigen Duktus der frühen Blätter bis zur malerischen Versunkenheit in feine Kreuzschraffuren und zart verschwimmende Punkte, in die Flora späte Landschaften taucht, gilt es auch hier Unerschöpflichem auf der Spur zu sein. Dazwischen liegt das Reich der Parallelstriche und der mit einer Hand gezogenen schnellen Umrisslinien und Geraden und der raffinierten Annäherung an die Farbe, wunderbar, wie Flora der Meisterzeichner und Zeichenmeister das macht.“
Peter Kümmel in der „Zeit“ vom 27. Juni 2002
- „Flora, der unter den Zeichnern einer der größten Erzähler ist, ein Mann vom Schlag Kubins und Steinbergs, hat die Gesetze der Tiefe mittels der Schraffur erforscht. Seine Welt ruht unter einem Netz Tausender Striche. Flora bearbeitet das Blatt, bis auf dem Papier die Dämmerung eintritt. Er betreibt ein Wechselspiel des Versenkens und Bergens: Er lässt die Welt untergehen, um eine andere heraufzuholen. Er treibt dem Blatt mit der Feder die Helligkeit aus und aus dem Schatten gewinnt er neues Licht. Die Kanäle Venedigs und die Türme New Yorks, die Duellanten am Morgen und der Attentäter auf dem Glockenturm – all das wird mit Floras Strich ins Unendliche gerastert, denn seine Kunst will ins Große und ins Mikroskopische weitergedacht werden.
- Dieser Zeichner sei nicht ohne Traurigkeit, schrieb Friedrich Dürrenmatt, und tatsächlich sind Floras Blätter Schwermutsgebiete, Dickichte der verlorenen Zeit. Dem Horror der Leere antwortet ein Ehrgeiz der Fülle, als sei jeder Baum, jedes Haus, jeder Rabe ein Universum, darin sich die Vektoren kreuzen. Flora malt nicht Landschaften, sondern Nervensysteme, an die wir alle angeschlossen sind. Fein gesponnen, versinkt so die Welt, und unser Blick, der bei Flora zum Leseblick wird, hebt sie wieder, mit Genuss.“
R. Doppelbauer in der Tiroler Tageszeitung vom 23./24. November 2002
- „Flora denunziert nichts und niemanden. Er beschreibt Stimmungen, gibt Kommentare ab mit der Treffsicherheit desjenigen, der Situationen durchschaut, doch besitzt er ein weites Herz für den zoologischen Garten des Herrn.“
Ernst Schöpf in der Tiroler Tageszeitung vom 5./6. April 2003
- „Paul Flora ist nämlich einer jener seltenen Exemplare, deren Arbeiten weltläufig sind und dennoch eine regionale Herkunft nicht verleugnen. Und er ist kritisch, auch in Bezug auf seine Landsleute, dennoch werden seine Bilder von ihnen geliebt und gekauft, weil er sich nicht im Dünkel über sie erhoben hat, sondern ein sogenannter "Normalo" geblieben ist.“
Günther Nenning in der Kronenzeitung vom 4. Mai 2003
- „Flora ist ein echter Tiroler von jener seltenen Sorte, die sich über die echten Tiroler lustig macht und auf diesem Umweg erst recht zum echten Tiroler wird. Flora ist ein Künstler, der keine feuilletonistische Begleitmusik braucht. Seine Kunst ist keine Kunst, die erst Kunst wird, wenn uns ein Fachmann erklärt: Das ist Kunst.“
[Bearbeiten] Paul Flora über Paul Flora
„…Ich wurde als italienischer Untertan geboren, wurde mit sechs Jahren für zehn Jahre Österreicher, war dann sieben Jahre lang deutscher Staatsbürger und bin seit 1945 wieder Österreicher und als solcher und auch als Humorist nicht besonders heiter, und überhaupt machen mich lustige Leute eher melancholisch. Ein besonders engagierter Mensch bin ich nicht. Mir kommt es hauptsächlich darauf an, möglichst gute Zeichnungen zu machen, mich bei der Arbeit an diesen zu amüsieren und dafür womöglich noch bezahlt zu werden. …
… Ich habe mich als Karikaturist betätigt, da ich die Fähigkeit dazu hatte, aber ich habe mich immer als Zeichner verstanden und fand es gleichgültig, was ich zeichnete, sofern es Qualität hatte. …
…Ich bin ein gewöhnlicher Egoist, was die anderen und besonders die engagierten Leute ja auch sind. Fortschrittlich bin ich leider nicht. Das fällt mir umso leichter, als nicht einmal die fortschrittlichen Menschen fortschrittlich sind, dies aber sorgfältig verbergen…
…Es ist mir sehr lieb, wenn Gesellschaften aus nicht mehr als sechs Personen bestehen, und ich gehe gerne im Wald und im Gebirge spazieren. …
… Aufregende Liebhabereien, außer dem Sammeln von Bildern, pflege ich nicht. Ich lese gerne, besonders Selbstzeugnisse, Biographien und historische Werke. Je mehr ich mir historische Kenntnisse aneigne, desto sicherer bin ich, dass es keinen Fortschritt auf der Welt gibt und dass sich lediglich in Intervallen die Dummheiten und die Gescheitheiten, letztere leider viel seltener, wiederholen.“
(aus Paul Flora, ”Dies und das”, Diogenes Verlag)
[Bearbeiten] Filme von und über Paul Flora
Von 1989 bis 1991 entstehen mehrere Filme über und von Flora für den ORF:
- "Die Raben von San Marco" (über Flora)
- "Floras Fauna" (über Flora)
- "Ein Fischer im Drüben" (über Alfred Kubin)
- "Ein Abenteurer im Schlafrock" (über Paul von Rittinger)
[Bearbeiten] Sonstiges
Im Herbst 2004 kauft der Innsbrucker Alpenzoo zwei Rabenvögel, die den verstorbenen, sprechenden Raben Jakob ersetzen sollen. Die Patenschaft übernimmt Paul Flora und das Rabenpärchen wird Paul und Flora getauft.
[Bearbeiten] Weblinks
Commons: Category:Paul Flora – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
- Literatur von und über Paul Flora im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Paul Flora in der Galerie Seywald / Salzburg
- Galerie im Taxispalais / Innsbruck
- Österreich – Lexikon
Personendaten | |
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NAME | Flora, Paul |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Zeichner, Karikaturist und Buchillustrator |
GEBURTSDATUM | 29. Juni 1922 |
GEBURTSORT | Glurns, Vinschgau, Südtirol |