Staatskirche
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Als Staatskirche werden Kirchen bezeichnet, die von der Regierung zur offiziellen Religion des Staats bestimmt wurden. Diese Regelungen betreffen das ganze Staatsgebiet. Fälschlicherweise werden häufig die Begriffe Staats- und Volkskirche synonym verwandt.
Eine Kirche kann sich als Staatskirche auf das Gebiet eines Staates oder Teilstaates beschränken (z.B. Church of England, reformierte Kirche des Kantons Zürich) oder sie kann in mehreren Staaten offizielle Kirche sein (z.B. vormals die Katholische Kirche in Spanien, in Italien und Belgien).
Historisch waren in vielen Fällen Staatsangehörigkeit und Kirchenmitgliedschaft identisch, und einige Staatskirchen sahen Mission als prinzipiell verzichtbar.
Staatskirchen haben gewöhnlich gewisse staatliche Privilegien (Steuern, Ansehen der Geistlichen), sind aber auch an gewisse Regeln des Staats gebunden. Das Ausmaß der Privilegien und Einspruchsrechte des Staats kann je nach Land und Zeit sehr unterschiedlich sein, z.B. in den deutschen Landeskirchen und im Cäsaropapismus
Staatsreligion hat nicht die gleiche Bedeutung wie Staatskirche, denn während erstere selbständige Glaubensgemeinschaften beinhaltet (z.B. Katholische Kirche), bezeichnet zweiteres eine dem Staat angegliederte Kirche.
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[Bearbeiten] Einzelne Länder
[Bearbeiten] Armenien
Das erste Land, das das Christentum offiziell als Staatskirche einführte, war Armenien (König Trdat III.) im Jahr 301. Heutzutage gibt es eine Trennung einerseits, andererseits aber auch Zusammenarbeit, zum Beispiel gibt es in den armenischen Streitkräften, wie auch in der Bundeswehr, Militärgeistliche.
[Bearbeiten] Römisches Reich
Vom 4. Jahrhundert abgesehen, gab es im Römischen Reich immer eine einheitliche Staatsreligion - bis 314 den Kaiserkult, nach 391 den Katholizismus als Reichskirche.
Die Entstehung der katholischen Staatskirche geht auf Erlasse des Kaisers Theodosius zurück, der 391 jeden heidnischen Kult verbot -- nur das Judentum durfte unter gewissen Bedingungen weiter bestehen. In der Folge dieser Gesetze genießen katholische Priester steuerliche Privilegien.
Machtverlust und Untergang des Weströmischen Reiches hatten einen Bruch im staatskirchlichen Denken zur Folge. Augustinus schrieb sein epochales Werk De civitate Dei, das von einem prinzipiellen Dualismus zwischen irdischem Staat und Staat Gottes ausgeht.
Im byzantinischen Osten entwickelt sich in der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausends der Cäsaropapismus. Das Papsttum ist im Abendland seit dem 11. Jh. dem kaiserlichen Führungsanspruch entgegengetreten. Der Katholizismus beanspruchte also einen Vorrang seiner geistlichen Autorität vor den weltlichen Gewalten.
[Bearbeiten] Orthodoxie in slawischen Ländern
Auch die später gegründeten östlich-orthodoxen Kirchen sehen sich als die Kirche auf dem entsprechenden Staats- oder Volksgebiet und waren in der Geschichte oft eng mit der Regierung verbunden. Aber auch ohne Verbindung zur weltlichen Macht (Griechisch-Orthodoxe Kirche unter türkischer Herrschaft, viele andere unter dem Kommunismus) verstehen die östlich-orthodoxen Kirchen bis heute das Staats- bzw. Volksgebiet als identisch mit der Ausdehnung der Kirche.
[Bearbeiten] Georgien
Seit 1991 ist die Georgische Orthodoxe Apostelkirche in Georgien, die zu den östlich-orthodoxen Kirchen gehört, wieder Staatskirche.
[Bearbeiten] Griechenland
Die Griechisch-Orthodoxe Kirche, welcher über 90% der Griechen angehören, ist laut Staatsverfassung von Griechenland auch heute noch eine Staatskirche, auch wenn das Verhältnis zwischen Kirche und Staat nicht immer ohne Spannungen ist. Alle ihre Bischöfe müssen vom griechischen Parlament bestätigt werden. Die Griechisch-Orthodoxe Kirche spielt auch durch ihren ausgedehnten Landbesitz noch eine wichtige Rolle.
[Bearbeiten] Frankreich
Mit dem Übertritt zum Katholizismus errichtete Chlodwig in Franken ein katholisches Reich - auch seine Untertanen wurden katholisch. In Frankreich blieb der Katholizismus bis zur französischen Revolution Staatsreligion. Heute besteht eine ausgesprochen strenge Trennung von Staat und Kirche, die weltanschauliche Neutralität (Laizismus) ist in der Verfassung der Französischen Republik festgeschrieben.
[Bearbeiten] Deutschland
In der Reformationszeit wurde mit dem Prinzip cuius regio, eius religio (wem das Land gehört, der bestimmt die Konfession) der Territorialherr auch der jeweils oberste Kirchenherr. Der Augsburger Religionsfrieden von 1555 besiegelte endgültig, dass in den nun protestantischen Gebieten die Landesfürsten quasi Bischofsrechte erhielten, also das Recht zur kirchlichen Rechtsprechung und das Recht zur Einsetzung der Geistlichen. Theologisch wurden die reformierten und lutherischen Kirchen jedoch nicht vom Fürsten definiert. Martin Luther trat dieser Form von weltlicher Kirchenherrschaft entgegen (siehe: Zwei-Reiche-Lehre). Die Mitwirkung der Fürsten führte zu noch heute sichtbaren Auswirkungen. So ist das Entstehen der evangelisch unierten Kirche 1817 oder aber der klassische schwarze Talar als Amtstracht evangelischer Pfarrer (ab 1811) auf das direkte Einwirken preußischer Fürsten zurückzuführen. Mit der Weimarer Republik nach dem Ende des 1. Weltkrieges und der Abdankung der Fürsten auf Landes- und Reichsebene erhielten die protestantischen Landeskirchen und katholischen deutschen Bistümer ihre staatliche Unabhängigkeit.
Die weltanschauliche Neutralität der Bundesrepublik Deutschland wird heute aus dem Artikel 4 des Grundgesetzes abgeleitet. Ungeachtet davon ist das Verhältnis von Staat und Kirche in Deutschland nicht steng laizistisch, wie beispielsweise in Frankreich, sondern auf Kooperation angelegt. Dies folgt ebenfalls aus dem Grundgesetz, Art. 140 (im Rückgriff auf Art. 137 Abs. 1 der Weimarer Reichsverfassung vom 11. August 1919).
[Bearbeiten] Monaco
Im Fürstentum Monaco an der französischen Mittelmeerküste (Côte d’Azur) nahe der italienischen Grenze ist die katholische Kirche nach wie vor gesetzlich festgelegte Staatsreligion.
[Bearbeiten] Schweiz
In der Schweiz entschieden die einzelnen Kantone als selbständige republikanische Staaten darüber, ob sie sich der Reformation anschließen wollten oder nicht (stellenweise sogar die einzelnen Dörfer). Heute sind in den meisten Kantonen der Schweiz die reformierte, katholische und christkatholische Kirche staatlich anerkannt.
[Bearbeiten] Skandinavien
Dänemark und Norwegen haben seit der Reformation bis heute lutherische Staatskirchen, in Schweden wurde die Staatskirche 1999 abgeschafft.
[Bearbeiten] Großbritannien
Die Church of England war von ihrer Entstehung her Staatskirche von England. Der König ist bis heute offiziell das Oberhaupt der Kirche und ernennt Erzbischöfe und Bischöfe auf den Rat des Premierministers. Erzbischöfe und Bischöfe sitzen im englischen Oberhaus. Dies gilt auch für Schottland, wo die presbyterianische Kirche als Staatskirche gilt.
[Bearbeiten] Österreich
Im Österreich des 18. Jahrhundert verfügte Joseph II. das Staatskirchentum in Gestalt des Josephinismus.
[Bearbeiten] USA
In den USA ist die Etablierung einer Staatskirche auf Bundesebene gesetzlich untersagt. Gleichwohl gab es in einigen US-Staaten des 19. Jahrhunderts eine politische Protektion von bestimmten Kirchen und ihrer Angehörigen -- zum Beispiel der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage ("Mormonen") in Utah, die mit entsprechender Loyalität der Kirchen einherging. Unterschwellig besteht dies teilweise bis heute fort, obwohl das Oberste Gericht der USA oft im Sinne der Trennung von Kirche und Staat geurteilt hat.