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Turmbau zu Babel

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Turmbau zu Babel
Turmbau zu Babel

Der Turmbau zu Babel ist eine bekannte mythische Erzählung des Alten Testamentes der Bibel. Die Stadtbezeichnung „Babel“ ist in der hebräischen Fassung ein Wortspiel, das „Geplapper“ oder „Gebrabbel“ bedeutet. Einige Historiker halten dieses Wortspiel für Volksetymologie, denn die griechische Form des Namens, Babylon, leitet sich vom Akkadischen bāb-ilim ab, was „Tor Gottes“ bedeutet. Seit 1913 ist durch archäologische Funde belegt, dass sich die Geschichte auf einen historischen Turm bezieht. Das Ereignis von der Sprachenverwirrung halten allerdings die meisten nicht für historisch, sondern für mythologisch.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Die biblische Erzählung

Meister der Weltenchronik
Meister der Weltenchronik

Die Bibel erzählt von einem Volk aus dem Osten, das eine Sprache spricht und sich in der Ebene in einem Land namens Schinar ansiedelt. Dort will es eine Stadt und einen Turm „mit einer Spitze bis zum Himmel“ bauen. Gott steigt vom Himmel herab und besieht sich die Sache. Nun befürchtet er, dass ihnen „nichts mehr unerreichbar“ erscheint, was sie sich auch vornehmen mögen, oder wie man es heute vielleicht umschreiben würde, dass das Volk größenwahnsinnig werden könnte. Gott „verwirrt“ ihre Sprache – Babylonische Sprachverwirrung – und vertreibt sie „über die ganze Erde“. Die Weiterarbeit am Turm endet gezwungenermaßen.

Die Erzählung vom Turmbau zu Babel (Genesis 11,1–9) beschließt die sogenannte „Urgeschichte“ des Buchs Genesis. Sie will die Erklärung liefern, weshalb nicht nur die Menschheit, sondern der Mensch an und für sich gespalten ist, die „Sprache“ des Anderen nicht mehr versteht und in die Welt zerstreut ist, und sieht den Grund dafür im Streben des Menschen zum Himmel, in seinem Machbarkeitswahn, sich ein Zeichen zu setzen, die Völker zu vereinen und letztlich darin, nicht den Willen Gottes zu suchen, sondern sich mit dem eigenen Werk zu erhöhen. Der Mensch wird zum Gotteslästerer im Namen der Ordnung (Albert Camus). Der sekundäre Ansatz besteht darin die Sprachen- respektive Völkervielfalt zu erklären.

Der Urheber möchte vermutlich zum Ausdruck bringen, dass der Mensch als homo faber in theologischem Sinne schon gescheitert ist, bevor er sich zivilisatorisch zu eigener Größe erheben kann. In Fortführung des Themas der Genesis, dass der erste biblische Mörder Kain, der seinen Bruder Abel erschlägt, zum Gründer der ersten Stadt wird, der Engführung also von städtischer Zivilisation und Mord, wird hier wieder Zivilisationskritik geübt, die der nomadisch-hebräischen (mosaischen) Lebensweise gegenübersteht. Ironisch wird zudem auf die Vorstellung des Menschen Bezug genommen, sich in die Höhen des Gottes begeben zu können, und damit Gott im Himmel zu suchen. Dem Motiv einer Ursprungsgeschichte entsprechend könnte man somit sagen, dass hier ein Thema behandelt wird, das „schon immer“ aktuell war und die hebräische Bibel durchzieht.

In der jüdischen Kultur und Tradition zeigt die mythische Erzählung vom Turmbau zu Babel jedoch schlicht den Willen Gottes, der die Vielfalt und Uneinheit der Völker will und deshalb gezielt hervorruft.

1679 stellte der Jesuit Athanasius Kircher eine Theorie auf, die gegen die Existenz des Turmes sprach. Seiner Meinung nach beträgt die Entfernung Erde und Himmel 265.380 km. Hierfür hätten ca. 4.500.000 Arbeiter etwa 3400 Jahre ununterbrochen arbeiten müssen. Das Gewicht des Turmes hätte das Gewicht der Erde übertroffen und so die Erde aus dem Mittelpunkt des Universums herausgeschoben.

[Bearbeiten] Historische Grundlage

Der Turmbau wird als Konstrukt für die Erklärung der Sprachenvielfalt der Menschen benutzt. Sie erfolgt im Alten Testament zeitlich nach der Sintflut und vor der Reise Abrams (dem späteren Abraham) nach Haran. Die indoeuropäische Sprachforschung hat zumindest festgestellt, dass es in der Zeit davor eine weitaus größere sprachliche Einheit gegeben hat, und dass man von einer gemeinsamen Ursprache ausgeht, die sich (im Zuge der Verbreitung ihrer Sprecher) in die heute existierenden indoeuropäischen Sprachen aufteilte.

Die Existenz eines Turms zu Babylon ist seit 1913 archäologisch nachgewiesen. Es handelt sich um eine Tempelanlage (Zikkurat) in Babylon, deren Fundamente der deutsche Architekt und Archäologe Robert Koldewey freigelegt hat. Die Zikkurat entstand zu einer Zeit, als es die Sprachenvielfalt bereits gab, ging aber vielleicht auf ein noch älteres Bauwerk zurück, in dem manche Fachleute den in der Bibel erwähnten Turm sehen, der ja offensichtlich nie fertiggestellt wurde.

Die Bibel spricht vom Turmbau zu Babel, der griechischen Form des hebräischen Wortes bavel für Babylon, das auf das akkadische Wort babilum, Gottes Tor, zurückgeht. Das Wort Zikkurat könnte man auch mit Hochhaus übersetzen, abgeleitet aus dem akkadischen Wort zaqaru für aufrichten, hochheben.

Sargon von Akkad ließ Babylon um 2300 v. Chr. zerstören, Hammurapi (1792–1749 v. Chr.) machte es 600 Jahre später zur Hauptstadt des Babylonischen Reiches. Er erhob den Stadtgott Marduk (Altes Testament: Merodach) zur höchsten Gottheit des babylonischen Reichs.

Urkundlich erwähnt wird der Turm als Zikkurat von Etemenanki (sumerisch: Haus des Himmelsfundaments auf der Erde) in der Tempelanlage Esagila (sumerisch: Tempel des erhobenen Hauptes) erstmals in den Annalen des assyrischen Königs Sanherib (Sennacherib), der 689 v. Chr. den Tempel zerstörte, aber die Stadt verschonte.

Seine Nachfolger Assurhaddon und Assurbanipal (680–659 v. Chr.) begannen mit dem Wiederaufbau, wie Inschriften im Fundament belegen. Nach der Befreiung von der assyrischen Herrschaft setzte der neubabylonische Herrscher Nabopolassar den Ausbau der Anlage fort, sein Sohn Nebukadnezar II. (604–562 v. Chr.) vollendete ihn.

In der Folgezeit verfiel das Bauwerk, möglicherweise auch durch Zerstörungen durch den Perserkönig Xerxes I. (486–465 v. Chr.). Bei seinem Einzug in Babylon im Frühjahr 323 v. Chr. ließ Alexander der Große die Reste bis auf das Fundament abreißen, um den Turm neu zu errichten. Dabei blieb es bis heute, da Alexander wenige Monate später verstarb.

Der Turm hatte eine Grundfläche von 91,48 × 91,66 m und eine Höhe von etwa 91 m, wahrscheinlich abgestuft in sieben, nach dem Geschichtsschreiber Herodot[1] in acht Plateaus. Den Abschluss bildete ein Tempel, dessen Räume nur von Priesterinnen betreten werden durften. Wahrscheinlich nutzten Priester das Dach des Gebäudes, um dort astronomische Beobachtungen durchzuführen. Wenn man die biblische Erzählung für historisch halten will, wäre auch diese Anbetung anderer Götter für den biblischen Gott ein Grund für sein Eingreifen gewesen.

Als Baumaterial verwandten die Babylonier gebrannte Lehmziegel, wobei sie die Außenziegel farbig (blau?) emaillierten. Dies wird auch im Bibeltext erwähnt.

[Bearbeiten] Turmbausagen in anderen Kulturen

Der Buchautor Fred Hartmann hat 60 Turmbausagen aus verschiedenen Kulturen zusammengetragen und analysiert. Er sieht in ihrem Vorhandensein – auch wenn Sie in Einzelheiten von der biblischen Erzählung abweichen – einen Hinweis auf die Geschichtlichkeit des Ereignisses. Die Sagen entstammen teilweise vorderasiatischen Kulturen, sind aber auch überliefert aus Indien, China, Afrika, Amerika und dem pazifischen Raum. Er geht dabei von der Annahme aus, dass sich die Menschheit erst nach dem Ereignis der Sprachverwirrung auf der ganzen Erde verbreitete.

Dieses widerspricht allerdings den Erkenntnissen der Paläoanthropologie.

[Bearbeiten] Linguistik

Auch der Sprachforscher und Theologe Roger Liebi aus der Schweiz betrachtet den Turmbau zu Babel als historisches Ereignis: Die starke Abgrenzung der verschiedenen Sprachfamilien lasse keine evolutionäre Entwicklung erkennen, sondern sei eher auf ein Flaschenhalsereignis zurückzuführen, in der Art, wie es in der Bibel beschrieben wird.

Ansonsten wird die Theorie der in der Bibel beschriebenen Sprachverwirrung in der linguistischen Fachwelt nicht akzeptiert.

[Bearbeiten] Die christliche Auslegung

Die meisten christlichen Ausleger verstehen unter dem Turmbau zu Babel eine Ätiologie, mit der der Urheber der biblischen Geschichte die Entstehung der Sprachenvielfalt erklären will. Zum wiederholten Mal (nach Sündenfall, Kains Brudermord und Sintflut) lehnen sich Menschen mit dem Bauwerk hochmütig gegen Gott auf. Die Konzentration der Menschen in Babylon ist auch als eine Missachtung des Gebots an die Menschheit, sich zu vermehren und auf der Erde auszubreiten. Mit der Bestrafung des menschlichen Bestrebens, sich »einen Namen zu machen« (Vers 4), erzwingt Gott durch die Sprachenverwirrung das Ausbreiten der Völker. Der Bau dieses hohen Turmes stellte damit einen Akt der Gotteslästerung dar, der vielleicht von Nimrod initiiert wurde, von dem es ein Kapitel zuvor heißt, er sei ein gewaltiger Kämpfer vor dem Herrn gewesen und habe unter anderem die Stadt Babel gegründet.

Dass Gott »hernieder fuhr« (Vers 5) zeigt bildlich und fast schon ironisch die Reaktion Gottes, denn er muss heruntersteigen, um überhaupt die Spitze des vermeintlich so hohen Turmes zu betrachten. Damit verdeutlicht der Bibeltext die mit menschlichen Mitteln unbeschreibliche Größe Gottes. Der Turm wurde zum Symbol dafür, dass die Entfernung von Gott unvermeidlich zur Verwirrung und zum Ende der Gemeinschaftlichkeit der Menschen führt. Jedoch wird diese Trennung nach Meinung christlicher Ausleger durch den Glauben an Jesus Christus aufgehoben. Im Pfingstwunder der Apostelgeschichte (Apg. 2) sehen manche die Auflösung des Traumas der Sprachenverwirrung.

[Bearbeiten] Der Turmbau zu Babel in der Bildenden Kunst

Die Sprachverwirrung von Gustave Doré, 1865
Die Sprachverwirrung von Gustave Doré, 1865

Der Turmbau zu Babel ist in der Bildenden Kunst ein Symbol menschlicher Hybris. Im Laufe der Kunstgeschichte ist er mehrfach dargestellt worden. Oft stellte man den Turm von Babel als spiralförmigen Turm, wie die Minarett von Samarra, oder als Stufenturm dar. Meist betonen die Darstellungen die Ausmaße des Bauwerkes. Daneben zeigen sie häufig die daran arbeitenden Menschen und die zeitgenössischen Fortschritte der Bautechnik.

Bekannte Darstellungen stammen von:

[Bearbeiten] Literatur

[Bearbeiten] Quellen

[Bearbeiten] Sekundärliteratur

  • Der babylonische Turm in der historischen Überlieferung, der Archäologie und der Kunst. Milano 2003 (Der Turmbau zu Babel, 1).
  • Joachim Ganzert (Hrsg.), Stephan Albrecht: Der Turmbau zu Babel. Maßstab oder Anmaßung?. Biberacher Verlagsdruckerei, Biberach 1997, ISBN 3-924489-86-6 (Ausstellungskatalog).
  • Fred Hartmann: Der Turmbau zu Babel: Mythos oder Wirklichkeit? Turmbausagen im Vergleich mit der Bibel. Hänssler, Holzgerlingen 1999, ISBN 3-7751-3432-8.
  • Roger Liebi: "Herkunft und Entwicklung der Sprachen. Hänssler, Holzgerlingen 2003, ISBN 3-7751-4030-1.
  • Helmut Minkowski: Vermutungen über den Turm zu Babel. Luca, Freren 1991, ISBN 3-923641-36-2.
  • Christoph Uehlinger: Weltreich und „eine Rede“. Eine neue Deutung der sogenannten Turmbauerzählung (Gen 11, 1–9). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1990, ISBN 3-525-53733-6 (teilweise zugleich Dissertation, Freiburg (Schweiz) 1989).
  • Ulrike B. Wegener: Die Faszination des Masslosen. Der Turmbau zu Babel von Pieter Bruegel bis Athanasius Kircher. Olms, Hildesheim u. a. 1995, ISBN 3-487-09965-9 (Studien zur Kunstgeschichte, Band 93; zugleich Dissertation, Hamburg 1990/91).

[Bearbeiten] Weblinks

commons:Hauptseite
Commons
Commons: Turmbau zu Babel – Bilder, Videos und/oder Audiodateien

[Bearbeiten] Referenzen

  1. Vgl. Hans Heinrich Schmid, Die Steine und das Wort, Zürich 1975, S. 97.

Koordinaten: 32° 32′ 11″ n. Br., 44° 25′ 15″ ö. L.

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