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Umweltrecht

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Unter Umweltrecht versteht man die Gesamtheit der Rechtsnormen, die den Schutz der natürlichen Umwelt und die Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Ökosysteme bezwecken.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Verfassungsrechtlicher Hintergrund

Seit 1994 verpflichtet das deutsche Verfassungsrecht in Art. 20a des Grundgesetzes den Staat dazu, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen. Dies ist kein Grundrecht, sondern eine so genannte Staatszielbestimmung, das heißt ein Programmauftrag für die öffentliche Gewalt. Gesetzgeber und Verwaltung werden dadurch zwar allgemein verpflichtet, aber nicht zu einem bestimmten gesetzgeberischen oder verwaltungsmäßigen Handeln, das gerichtlich einklagbar wäre.

[Bearbeiten] Regelungsansätze

Das Umweltrecht ist kein scharf abgrenzbares Rechtsgebiet. Der Ansatzpunkt des Schutzes bedeutet den Schutz vor Beeinträchtigungen. Um diesen Schutz zu bewirken, sind verschiedene Herangehensweisen möglich:

1. Man geht vom Schutzgut und dessen Gefährdungen aus und begrenzt oder minimiert die Einwirkungen auf das Schutzgut. Dieser Ansatz liegt sehr vielen Umweltschutzgesetzen zugrunde. Bekannte Beispiele dafür sind die Naturschutzgesetze sowie das Wasserhaushaltsgesetz und die Landeswassergesetze.

2. Man geht von bekannten Quellen von Umweltgefährdungen oder -schädigungen aus und begrenzt die von ihnen ausgehenden schädlichen Wirkungen. Dies kann auf zwei Weisen erfolgen. Zum Einen kann quellenbezogen angesetzt werden, das heißt, man regelt die von einer Gefährdungsquelle ausgehenden Emissionen. Zum Anderen kann umweltbezogen angesetzt werden, wobei man einen Gesamtemissionshöchstvolumen festlegt, das dann durch Regelungen an den einzelnen Quellen zu halten oder zu verringern ist. Der schlichte quellenbezogene Ansatz liegt dem deutschen Immissionschutzrecht zu Grunde, das quasi "planlos", das heißt ohne echte Gesamtimmissionsgrenzen die Emissionen bestimmter Emittenten regelt. Das US-amerikanische Imissionsschutzrecht setzt hingegen gesundheitsorientierte Immissionsobergrenzen (sogenannte National Ambient Air Quality Standards) fest, die dann durch verschiedenste Regelungsansätze an den Verschmutzungsquellen zu erreichen sind.

3. Bestimmte umweltgefährdende Stoffe oder Gegenstände werden einem Regelungsregime unterworfen um so die von den Stoffen oder Gegenständen selbst oder vom Umgang mit ihnen ausgehenden Umweltgefahren zu minimieren. Beispielhaft sind hier insbesondere das Abfall- und das Chemikalien-, in Ansätzen das Atomrecht zu nennen.

Manche Umweltschutzregelungen sind nicht eindeutig einer der genannten Herangehensweisen zuzuordnen, sondern folgen sozusagen einer gemischten Methode; hierzu gehört z. B.in Teilen das Bundes-Immissionsschutzgesetz.

[Bearbeiten] Rand- und Überschneidungsbereiche des Umweltrechts

Viele planerische Vorschriften kann man zum Umweltrecht zählen, weil sie - neben anderen Zielsetzungen - in mehr oder weniger großem Umfang dem Umweltschutz dienen. Ihr Ansatzpunkt ist sozusagen vorverlagert, indem sie schon im Planungsstadium sicherstellen sollen, dass bestimmte Umweltbeeinträchtigungen unterbleiben. Beispiele hierfür sind vor allem das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, aber auch das Baugesetzbuch und das Raumordnungsgesetz.

Weiter existieren inzwischen zahlreiche Straf- und Ordnungswidrigkeitentatbestände, die dem Umweltschutz dienen sollen. Die schweren Umweltschutzdelikte sind im 29. Abschnitt des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches (§§ 324 - 330d) selbst geregelt; in den meisten Umweltschutzgesetzen sind zusätzlich spezielle, auf die jeweilige einzelne Materie bezogene Straf- und Ordnungswidrigkeitenvorschriften enthalten. Viele dieser Vorschriften werden mit guten Gründen kritisiert, weil die Strafbarkeit eines bestimmten Verhaltens oft von behördlichen Vorgaben abhängt, die nicht immer klar und eindeutig sind. Die Erfahrung hat gezeigt, dass der strafrechtliche Schutz der Umwelt wenig effektiv ist. Gründe dafür sind u. a. Probleme beim eindeutigen Nachweis der Verursachung von Umweltschäden. Wie in anderen Bereichen des Strafrechts auch ist die abschreckende Wirkung der Strafandrohung nur gering, so dass das Umweltstrafrecht für den Umweltschutz nur wenig bewirkt.

Schließlich gibt es einen Bereich der Überschneidung mit dem allgemeinen Gesundheitsschutz und dem besonderen Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz. Viele Regelungen mit diesen Zielsetzungen bewirken sozusagen nebenbei einen Schutz vor Umweltbeeinträchtigungen; manche werden jedoch auch parallel auf beide Zielsetzungen hin formuliert.

[Bearbeiten] Notwendigkeit der Vereinheitlichung durch ein Umweltgesetzbuch

Das Umweltrecht ist verstreut in vielen Gesetzen. Wenn beispielsweise aus Brüssel eine Vorgabe in nationales Recht umzusetzen ist, die Gesetzgebungskompetenzen der Länder berührt (z.B. Wasserrecht, Naturschutzrecht) werden in Deutschland insgesamt 17 verschiedene Rechtsakte verfahrenswirksam, zunächst vom Bund und dann von den Bundesländern. Strafzahlungen wegen stark verspäteter praktischer Umsetzung von EU-Richtlinien durch einzelne Bundesländer (Beispiel: die Pflicht zur Ausweisung von Flora-Fauna-Habitat-Gebieten in Niedersachsen) mussten aufgrund der Außenverantwortlichkeit des Bundes dann vom Bundesumweltministerium geleistet bzw vorgelegt werden. Deswegen wird von Umweltwissenschaftlern und Umweltjuristen seit vielen Jahren gefordert, das Umweltrecht in einem Umweltgesetzbuch (UGB) kodifiziert zusammenzufassen und im Interesse eines besseren Gesetzesvollzuges die Einzelvorschriften besser aufeinander abzustimmen. Obwohl ausgearbeitete und teilweise schon kommentierte Entwürfe ("UGB-ProfE, SK-UGB; der letzte Entwurf stammt von 1997) dafür vorliegen, fehlte bisher auf Seiten der deutschen Bundesländer der politische Wille, dieses wichtige Vorhaben mitzutragen und in die Tat umzusetzen. Nach dem Scheitern der sog. Föderalismuskommission ist das Thema Umweltgesetzbuch wieder im Rahmen des Koalitionsvertrages der Großen Koalition auf die politische Agenda gekommen. Seit März 2006 gibt es bereits einen ersten Entwurf des Bundesrates zur Änderung der Gesetzgebungskompetenzen im Umweltbereich - eine Voraussetzung für das Gelingen des Projekts UGB.

[Bearbeiten] Neue Strategien

Die genannten Gesetze verfolgen alle einen administrativen Ansatz, d. h. bestimmte Zweige der Verwaltung werden mit der Durchführung von Umweltschutzaufgaben oder auch nur zur Berücksichtigung von Anliegen des Umweltschutzes bei der Durchführung ihrer eigenen Aufgaben verpflichtet. Die Erfahrung hat gezeigt, dass damit nur begrenzte Erfolge zu erzielen sind und dass der Kontrollaufwand sehr groß ist. Deswegen werden seit einigen Jahren neue Strategien angewendet, die über den traditionellen Bereich des Umweltschutzrechts weit hinausgehen und Aspekte des Umweltschutzes in andere Fachgesetze und andere Politikbereiche hineintragen. Das ist deswegen konsequent, weil Umweltschutz ein bereichs- und fachübergreifendes Thema ist. Oft wird dabei die Strategie verfolgt, dass wirtschaftliche Vorteile gewährt werden, wenn jemand über die gesetzlichen Verpflichtungen hinaus umweltschonende Technik einsetzt. Doch dürfen Begriffe "Ökonomische Strategien" nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch die Einhaltung dieser ökonomisch orientierten "Spielregeln" administrativer Kontrolle bedarf um nicht zur bloßen Farce zu werden. Drei Beispiele für derartige "ökonomische Instrumente" im Umweltschutz, die den herkömmlichen Regelungsbereich des Umweltrechts überschreiten:

1. Kraftfahrzeug-Besteuerung

Wie alle Steuern dient diese in erster Linie der staatlichen Einnahmenerzielung. In den letzten Jahren wurde das Kraftfahrzeugsteuergesetz so umgestaltet, dass es auch Anreize dafür bietet, die jeweils neuesten Techniken zur Schadstoffreduzierung einzusetzen. Diese Vorschriften stehen in einem bestimmten Zusammenhang mit jenen über die Kfz-Zulassung. Die Zulassungsvorschriften hinken den jeweils modernsten Standards stets um einige Jahre hinterher, um die Industrie hinsichtlich ihrer Anpassungsprozesse nicht zu überfordern. Die KfzSt ist jedoch so ausgestaltet, dass für Fahrzeuge mit dem jeweils modernsten Standard spürbare Steuervergünstigungen eingeräumt werden. Dadurch wird für die Verbraucher ein Anreiz geschaffen, bei Neuanschaffungen möglichst schadstoffarme Fahrzeuge zu wählen. Siehe auch Ökosteuer, Umweltsteuer.

2. Umwelt-Management und Umwelt-Betriebsprüfung

Die Erfahrung im industriellen Bereich hat gezeigt, dass der administrative Umweltschutz immer den technischen Entwicklungen hinterhinkt und kaum mehr gewährleisten kann, als dass nach der Identifikation neuer Umweltprobleme Rückhalte- oder Filtertechnologien entwickelt und - langsam und mit hohen Kosten - durchgesetzt werden. Wesentlich effizienter ist es, wenn neue industrielle Prozesse schon mit Blick auf die Umweltauswirkungen entwickelt werden und die Betriebsorganisation Erfordernisse des Umweltschutzes in ihre alltäglichen Abläufe integriert. Dieser Gedanke liegt der EG-Verordnung "über die freiwillige Beteiligung von Organisationen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmangagement und die Umweltbetriebsprüfung" zugrunde (Verordnung (EG) Nr. 761/2001, [1] auch im deutschsprachigen Raum meist nach der englischen Abkürzung EMAS (eco-management and audit scheme) genannt). Mit ihr sollen für Betriebe Anreize gesetzt werden, über die bloße Einhaltung gesetzlicher Verpflichtungen hinaus Umweltschutzziele zu setzen, ihre betrieblichen Abläufe unter Umweltaspekten zu optimieren und dies werbewirksam zu veröffentlichen. Ob dies jedoch ausreichende Ansätze sind ist zweifelhaft, denn unter Umweltmanagement wird schon verstanden, wenn ein Unternehmen ein Organisationssystem etabliert, das die einhaltung aller umweltrelevanten Vorschriften sicherstellen soll, ob dies auch tatsächlich eintritt bleibt außerhalb der Betrachtung

3. Emissionsrechtehandel

Dieses Instrument entstammt dem Immissionsschutzrecht der USA und besteht darin, dass im Wege des sog. "Bubblings" für alle beteiligten Emittenten innerhalb eines bestimmten Gebietes ein Gesamtemissionsbetrag gebildet wird, es wird bildhaft über alle Emmittenten eine große Blase gebildet und deren Gesamtemission fixiert. In Höhe dieses Emissionsbetrages werden vom Staat Emissionsrechte geschaffen und an alle Emittenten unter der Blase nach einem bestimmten Schlüssel verteilt. Es liegt nun an den Emittenten ob sie diese Verteilung beibehalten oder durch (entgeltliche) Übertragung der Rechte untereinander verändern, es darf jedenfalls insgesamt nicht mehr emittiert werden als es Emissionsrechte gibt. Dieses System kann mit einer degressiven Komponente verbunden werden, das heißt, der Gesamtbetrag an Emissionsrechten und damit an Emissionen wird mit fortschreitender Zeit verringert, sodass die beteiligten Emittenten insgesamt gezwungen sind, weniger zu emittieren als zuvor. So marktmäßig und wirtschaftsliberal das vorgezeichnete System scheinen mag, so sehr bedarf es auch hier intensivster administrativer Kontrollen. Denn nur wenn sichergestellt ist, dass jeder Emittent nur so viel emittiert wie er nach den von ihm gehaltenen Emissionsrechten befugt ist kann das System erfolgreich sein. Die genaue Kontrolle ist hier deshalb erschwert, weil die Emissionsrechte durch den Handel der mit ihnene zwischen den Emittenten getrieben wird fluktuieren und so die Feststellung über den Bestand an Emissionsrechten bei einzelnen Emittenten erschwert wird.

Die geschilderte Entwicklung bewirkt, dass das Umweltrecht im engeren Sinne zwar nicht an Bedeutung verliert aber kaum noch eindeutig abzugrenzen ist. Belange des Umweltschutzes "sickern" in immer mehr andere Gesetze ein. Dies ist ein ähnlicher Prozess der Integration verschiedener rechtlicher Materien wie er z. B. beim Thema 'Gleichstellung von Frauen und Männern' stattfindet.

[Bearbeiten] EU-Umweltrecht

Umweltschutz gehörte ursprünglich nicht zu den Aufgaben der Europäischen Gemeinschaft. Seit den 1970er Jahren mehrte sich die Kritik daran, dass die europäische Handels- und Wirtschaftspolitik im Hinblick auf Umweltschutzgesichtspunkte "blind" sei. In Reaktion darauf wurden mit dem Vertrag von Maastricht 1992 die Aufgaben der Gemeinschaft erweitert, so dass im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) jetzt Umweltschutzziele enthalten sind:

Artikel 2 EGV: Aufgabe der Gemeinschaft ist es, (...) in der ganzen Gemeinschaft (...) ein hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität(...) zu fördern.

Artikel 3 EGV: (1) Die Tätigkeit der Gemeinschaft im Sinne des Artikels 2 umfasst nach Maßgabe dieses Vertrags und der darin vorgesehenen Zeitfolge: (...) l) eine Politik auf dem Gebiet der Umwelt;

Seitdem sind zahlreiche EU-Richtlinien und EU-Verordnungen mit Zielsetzungen (auch) im Bereich des Umweltschutzes erlassen worden. Ähnlich, wie oben für die nationale Ebene beschrieben, vollzieht sich auch auf europäischer Ebene eine Integration der Umweltschutz-Regelungen in viele andere Vorschriften hinein, die in erster Linie wirtschaftspolitisch motiviert sind.

Das europäische Umweltrecht hat großen Einfluss auf das deutsche Umweltrecht und seine Weiterentwicklung. Manchen Verpflichtungen, die aus europäischen Richtlinien folgten, ist Deutschland erst verzögert nachgekommen. Umgekehrt gibt es aber auch einzelne Bereiche, in denen die Weiterentwicklung des deutschen Umweltrechts dadurch behindert wird, dass europarechtliche Vorgaben (überwiegend jedoch nicht umwelt-, sondern handelsrechtlicher Art) ihnen entgegenstehen.

[Bearbeiten] Internationales Umweltrecht

Genau wie in anderen Bereichen des internationalen Rechts auch, geht es im Umweltvölkerrecht stets um vertragliche Beziehungen zwischen Staaten, in denen diese Staaten bestimmte Verpflichtungen eingehen, wie z.B. in der Aarhus-Konvention. Deutschland ist Vertragspartner zahlreicher internationaler Umweltschutzabkommen. Zu den bekanntesten gehören das Rahmenabkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen von 1992 und das dazugehörige Kyoto-Protokoll.

Eine nach Themen geordnete Linkliste zu den Verträgen, die von Deutschland unterzeichnet wurden, ist auf der Website des deutschen Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit abrufbar.[2]

[Bearbeiten] Literatur

  • Fuchs, Khakzadeh, Weber (Hrsg.): Recht im Naturgefahrenmanagement, Innsbruck 2006, ISBN 3706543265
  • Michael Kloepfer: Umweltrecht. 3. Auflage. Verlag C.H. Beck, München 2004, ISBN 3-406-52044-8
  • Michael Kotulla: Umweltrecht. 3. Auflage. Boorberg-Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 3-415-03682-0
  • Marcus Lemke: "Gentechnik - Naturschutz - Ökolandbau : Instrumente des Umweltrechts zur Bewahrung einer Pluralität von Landschaften und Wirtschaftsweisen". Nomos-Verl.-Ges., Baden-Baden 2003. 291 S. (Zugl.: Bremen, Univ., Dissertation 2002) ISBN 3-8329-0191-4
  • Martin Jänicke, Philip Kunig, Michael Stitzel: Lern- und Arbeitsbuch Umweltpolitik : Politik, Recht und Management des Umweltschutzes in Staat und Unternehmen. 2. Aufl. Dietz, Bonn 2003 ISBN 3-8012-0319-0
  • Christian Calliess: Europarechtliche Vorgaben für ein Umweltgesetzbuch. Natur und Recht 28(10), S. 601 - 614 (2006), ISSN 0172-1631

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Weblinks

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