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Vuk Stefanović Karadžić

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Vuk Karadžić
Vuk Karadžić

Vuk Stefanović Karadžić (kyrillisch Вук Стефановић Караџић; * 17. November 1787 in Tršić an der Drina; † 7. Februar 1864 in Wien) war ein serbischer Philologe, wichtigster Sprachreformer der serbischen Schriftsprache, Ethnologe, Dichter, Übersetzer und eigenständiger Diplomat.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Vuk Stefanović Karadžić entstammte einer herzegowinischen Familie. Den Namen Vuk (Wolf in deutsch) bekam er von seinen Eltern, da bis dahin alle männlichen Kinder seiner Eltern gestorben sind. Dies sollte gegen die Hexen helfen (nach altem Aberglaube). Obschon es in seinem Geburtsort an allen Bildungsmitteln fehlte, überwand sein starker Bildungswille alle Hindernisse: aus einer kirchenslawischen Bibel lernte er beim Tierehüten lesen, aus Schilf schnitzte er sich Federn und aus Schießpulver bereitete er sich Tinte. Dabei sammelte er die Lieder, Sprichwörter und Erzählungen, die zu seiner Zeit mündlich tradiert wurden.

Nachdem Karadžić sich an dem ersten serbischen Aufstand gegen das Osmanische Reich 1804 beteiligte, begab er sich nach der Niederschlagung dieses Aufstandes nach Sremski Karlovci in Österreich und besuchte die dortige Schule, wo er Latein und Deutsch lernte. Hierauf nahm er auch am zweiten Aufstand gegen die Osmanen als Sekretär des serbischen Führers Nenadović teil, wurde Geheimsekretär des Senats in Belgrad und mit wichtigen politischen Missionen betraut. Als die Osmanen 1813 wieder die Herrschaft erlangten und der Anführer des Aufstandes Karađorđe nach Österreich fliehen musste, ging Karadžić gegen Ende des Jahres nach Wien.

Hier wurde er vom Slawisten Jernej Kopitar, der seine ausgezeichnete Begabung zur Auffassung von Volksart und Volkssprache erkannte, bewogen, sich ausschließlich literarischen Arbeiten zu widmen. Die damals vorhandenen serbischen Bücher waren in der slawenoserbischen Sprache geschrieben und dem einfachen Volk sehr schwer verständlich. Karadžić’ Bestreben war es daher, die reine Volkssprache der Serben mit einfacher und verständlicher Orthographie an die Stelle der kirchenslawischen zu setzen und zur Schriftsprache zu erheben. Zu diesem Zweck unermüdlich tätig, veröffentlichte er zahlreiche sprachwissenschaftliche Arbeiten u. a. über Volkslieder, serbische Grammatik und er verfasste ein umfangreiches Wörterbuch (gemäß seinem Leitspruch: Schreibe wie Du sprichst!). Außerdem gab er für serbische Geschichte und Philologie den Almanach "Danica" (Morgenstern), Wien 1826-34, und "Srpske narodne poslovice" (Serbische Volkssprüche) heraus. Er sammelte serbische Volksmärchen und -lieder und machte das zur damaligen Zeit in Westeuropa weitgehend unbekannte serbische Volk in Deutschland und der Welt bekannt. Sein wichtigstes Werk ist seine Übersetzung des Neuen Testaments in die serbische Volkssprache gemäß seinen Sprach- und Schriftreformen, die bis heute in der serbisch-orthodoxen Kirche gilt. Er war mit vielen deutschen Geistesgrößen der damaligen Zeit befreundet und bekannt - so etwa mit Johann Wolfgang von Goethe, Jacob Grimm, Leopold Ranke oder Johann Gottfried Herder.

Im Jahr 1828 wurde Karadžić vom Miloš Obrenović, dem Fürsten des inzwischen autonomen Serbien, zur Ausarbeitung eines Gesetzbuches beauftragt, weshalb er nach Belgrad übersiedelte. Doch konnte er das despotische Wesen des Fürsten auf Dauer nicht ertragen und kehrte nach zwei Jahren nach Wien zurück. 1834-35 bereiste er Dalmatien und Montenegro, worüber er im Buch "Montenegro und die Montenegriner" berichtete. 1837-1838 bereiste er Ungarn und Kroatien, später wiederholt Serbien. Von den Akademien der Wissenschaften zu Wien, Berlin, Sankt Petersburg, Moskau u. v. a. wurde er zum Ehrenmitglied ernannt.

Anfangs vielfach angefochten, wurden seine Reformen später allgemein anerkannt. 1850 schlossen sich auch einige kroatische Linguisten bei dem so genannten "Wiener Abkommen" der Meinung an, dass der štokavisch-ijekavische Dialekt die Grundlage der gemeinsamen Schriftsprache der Serben und Kroaten sein solle und dass die Orthographien des Serbischen und Kroatischen in lateinischer und kyrillischer Schrift so aneinander angepasst werden sollten, dass man direkt aus der einen in die andere transliterieren könne. Das „Abkommen“ als solches hatte ohnehin keine bindende Wirkung, da es lediglich von Privatpersonen unterzeichnet war und eine Ratifizierung durch staatliche Institutionen nicht stattfand.

Vuk Karadžić war mit der Österreicherin Anna, geb. Kraus, verheiratet, mit ihr hatte er 13 Kinder. Seine Tochter Wilhelmine (1828-1894) war eine enge Mitarbeiterin ihres Vaters und wurde später eine gefragte Malerin. Vuk Karadžić verstarb 1864 in Wien.

[Bearbeiten] Werke

Vuk Stefanović Karadžić war der wichtigste Vertreter der serbischen Sprachreform des 19. Jh. In diesem Zusammenhang stehen auch die meisten seiner Werke in serbischer Sprache. Schon Ende des 18. Jh. gab es erste Bestrebungen, eine Schriftsprache auf Basis einer dem Volk verständlichen Volksprache zu schaffen. Der Mönch, Prediger und Literat Gavrilo Stefanović Venclović übersetzte um 1740 erstmals die Heilige Schrift in eine serbische Volkssprache. Diese Bibel wurde jedoch von der serbisch-orthodoxen Kirchenhierarchie verboten, diente aber später in vielem als Vorbild für die Übersetzung des Neuen Testaments von Karadžić. Während der serbischen Aufstände gegen das Osmanische Reich wurde der Ruf nach einer eigenen serbischen Schriftsprache immer stärker. Dem widersetzte sich der so genannte slawische Kreis um die orthodoxe Kirchenhierarchie, welcher das kirchenslawische als gemeinsame Schriftsprache aller orthodoxen slawischen Völker vehement verteidigte. Im slawischen Kreis fand auch Karadžić seine erbittersten Gegner. Er wurde heftigst angegriffen und angefeindet, trotzdem konnten sich seine Ansichten durchsetzen. Karadžićs Reformen wurden 1860 endgültig als richtungsweisend für die serbische Schriftsprache anerkannt.

[Bearbeiten] Werke in serbischer Sprache

  • Mala prostonarodna slavenoserbska pjesnarica. Wien 1814. Eine Sammlung serbischer Volkslieder
  • Pismenica srpskoga jezika, Wien 1814. Die erste serbische Grammatik, die Jacob Grimm ins Deutsche übersetzte.
  • Srpski rječnik. Wien 1818 (2. vermehrte Auflage Wien 1852) Serbisches Wörterbuch mit lateinischer und deutscher Übersetzung der Wörter und vielen ethnologisch-historischen Erklärungen
  • Narodne srpske pjesme (Leipzig und Wien 1823-33, Vier Bände (2. erweiterte Ausgabe, Wien 1841) Diese musterhafte Sammlung serbischer Volkslieder erregte am meisten von allen seinen Werke Aufmerksamkeit, auch im Ausland.
  • Srpske pjesme iz Hercegovine. Wien 1866, Eine Sammlung serbischer Volkslieder aus der Herzegowina, in viele Sprachen übersetzt
  • Crven ban - narodna erotska poezija. Eine Sammlung erotischer serbischer Volkspoesie, die wegen ihres anzüglichen Inhalts lange geheimgehalten wurde.

Noch wichtig zu erwähnen ist seine Übersetzung des Neuen Testaments (Novi zavjet) in die serbische Volkssprache. Wien 1847

[Bearbeiten] Werke in deutscher Übersetzung

  • Kleine serbische Grammatik. Übersetzt und mit einer Vorrede von Jacob Grimm. Nachdruck der Ausgabe Leipzig u. Berlin, Reimer, 1824. Neu hrsg. u. eingeleitet von Miljan Mojasević und Peter Rehder. München (Sagner) 1974. ISBN 3-87690-086-7
  • Volkslieder der Serben. Metrisch übersetzt und historisch eingeleitet von Talvj. Lief. 1. Halle 1825.
  • Volkslieder der Serben. Metrisch übersetzt und historisch eingeleitet von Talvj. 2. unv. Aufl. Lief. 2. Halle 1835.
  • Volkslieder der Serben. Metrisch übersetzt und historisch eingeleitet von Talvj. Neue umgearbeitete und vermehrte Auflage. T. 1. Leipzig 1853.
  • Serbische Volkslieder. Aus dem Serbischen. Teile einer historischen Sammlung. Gesammelt und hrsg. von Vuk Stefanović Karadžić. Übersetzt von Talvj. Ausgewählt und mit einem Nachwerot versehen von Friedhilde Krause. Leipzig (Reclam) 1980
  • Volksmärchen der Serben. Nebst einem Anhang von mehr als 1.000 serbischen Sprichwörtern. Gesammelt und hrsg. von Wuk Stephanowitsch Karadschitsch. Ins Deutsche übersetzt von dessen Tochter Wilhelmine. Mit einer Vorrede von Jacob Grimm. Berlin (G. Reimer) 1854
  • Montenegro und die Montenegriner. Wien 1837

[Bearbeiten] Literatur

  • Vera Bojić: Jacob Grimm und Vuk Karadžić: ein Vergleich ihrer Sprachauffassungen und ihre Zusammenarbeit auf dem Gebiet der serbischen Grammatik. München (Sagner) 1977
  • Vuk Karadžić im europäischen Kontext. Beiträge des internationalen wissenschaftlichen Symposiums der Vuk-Karadžić-Jacob-Grimm-Gesellschaft am 19. und 20. November 1987, Frankfurt am Main. Hrsg. von Wilfried Potthoff. Heidelberg (C. Winter Verlag) 1990. ISBN 3-533-04281-2
  • Sprache, Literatur, Folklore bei Vuk Stefanović Karadžić. Beiträge zu einem internationalen Symposium, Göttingen, 8. - 13. Februar 1987. Hrsg. von Reinhard Lauer. Wiesbaden (Harrassowitz Verlag) 1988
  • Jacob Grimm und Vuk Karadžić. Zeugnisse einer Gelehrtenfreundschaft. Hrsg. von Wolfgang Eschker. Kassel (Röth Verlag) 1988. Text deutsch und serbokroatisch.

[Bearbeiten] Weblinks

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