Wilhelm Hertz
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Wilhelm Ritter von Hertz (* 24. September 1835 in Stuttgart; † 7. Januar 1902) war ein deutscher Dichter, Wissenschaftler und Epiker. Wilhelm Hertz war insbesondere im 19. Jahrhundert populär und ist aufgrund des weitreichenden Verlusts vieler seiner Werke heute weitgehend in Vergessenheit geraten, jedoch werden zahlreiche der verschollenen Werke derzeit neu aufgelegt, rekonstruiert und wiederentdeckt.
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[Bearbeiten] Lebenslauf
Wilhelm Hertz wurde am 24. September 1835 in Stuttgart geboren. Sein Vater Wilhelm Hertz war ein angesehener Kunstgärtner, der sich durch Fachliteratur über Kunst- und Landschaftsgärtnerei eine weitreichende Reputation erworben hatte. Seine Mutter Karoline Hertz (geb. Pfizenmayer) starb bei der Entbindung; sie war Urenkelin des bekannten schwäbischen Theosophen Johann Michael Hahn. Die Schuldgefühle, die sich Wilhelm Hertz Zeit seines Lebens einredete, determinierten viele seine Werke, wie beispielsweise das Gedicht "Am Grabe der Mutter". Mit vier Jahren wurde Hertz zum Vollwaisen und wuchs seither bei seiner Großmutter väterlicherseits auf. Jedoch blieb Hertz aus einer zweiten Ehe seines Vaters ein Halbbruder, der mit ihm zusammen bei den Großeltern aufwuchs.
Im Jahre 1843 nahm Wilhelm Hertz eine Ausbildung zum Kaufmann an der Realanstalt Stuttgart auf, welche er bis 1850 besuchte. Während der Zeit auf der Realschule wurden erstmals Hertz´ literarische Talente von Wilhelm Zimmermann bemerkt und forciert. Dennoch entschloss sich Hertz zunächst, nach dem Abschluss der Realschule, einen anderen Weg einzuschlagen und wurde Praktikant mit landwirtschaftlichem Tätigkeitsbereich beim Berkheimer Hof (nahe Schloss Solitude, Stuttgart) und folgte damit mehr dem Weg seines Vaters.
Wilhelm Hertz immatrikulierte zum beginnenden Wintersemester an der polytechnischen Hochschule in Stuttgart. Er wollte dort Landwirtschaft studieren. Während seines Studiums fand er sich mit einigen Kommilitonen zu einem sog. Kränzchen zusammen (woraus später das Corps Teutonia Stuttgart (heute im Weinheimer Senioren-Convent) entstand). Dem Corps gehörte er bis zu seinem Dahinscheiden an.
Jedoch war Hertz unzufrieden, was zu einem abermaligen Wechsel führte. Dieser führte ihn auf das Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart, um dort die Hochschulzugangsberechtigung für ein anschließendes Universitätsstudium zu erlangen, welche er auch 1855 erwarb.
Unmittelbar im Anschluss an die Erlangung der Hochschulreife immatrikulierte sich Wilhelm Hertz an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen in den Fächern der Germanistik, Anglistik und Romanistik. Am 8. Mai 1855 trat er als Fuchs dem Corps Franconia Tübingen bei. Unter anderem hörte er bei Friedrich Theodor Vischer, Adalbert von Keller und im Besonderen bei Ludwig Uhland, dessen bester und berühmtester Schüler er werden sollte. Während des Studiums verfasste er den Großteil seiner Balladen, die er hauptsächlich den deutschen Volkssagen, Nibelungenlied und Edda entlehnte. Auf einen Preis, der vom bayrischen Maximilianorden ausgeschrieben wurde, bewarb sich Hertz mit dem Drama Ezzelin, welches bis in den engeren Kreis der Auswahl gelangte (den ersten Preis erhielt der spätere Literaturnobelpreisträger Paul Heyse mit dem Drama "Sabinerinnen"). Dennoch war Hertz mit der Anerkennung seines Werks äußerst zufrieden und glücklich über die entstandene Freundschaft zu Paul Heyse, die bis an sein Lebensende halten sollte. Außerdem nahm Wilhelm Hertz rege am Aktivenleben der Franconia teil und unternahm laut verschiedenen Corpsschriften auch Ausflüge zu anderen Corps in Heidelberg, Würzburg und seinem Muttercorps in Stuttgart. Hier manifestierte sich bereits Hertz´ Reiseleidenschaft, der er besonders in späteren Jahren frönte. Außerdem stand er mindestens sieben Mal für die Franconia auf Mensur, bekleidete drei Mal die Charge des Sekretärs, sowie die Funktion des Fuchsmajors. Mit Beginn der Arbeiten an seiner Doktorarbeit im Wintersemester 1857/1858 wurde Hertz bei der Franconia inaktiviert, beteiligte sich aber den Corpsschriften nach immer noch rege am Corpsleben. Seine Doktorarbeit ("Die epischen Dichtungen der Engländer im Mittelalter") brachte ihm im gleichen Zeitraum den Titel des Doktors der Philosophie ein.
Hertz wollte Paul Heyses Ruf an die Universität München zur Habilitation folgen, jedoch machte ihm die Einberufung in die königlich-württembergische Armee einen Strich durch die Rechnung. Er rückte daraufhin als Leutnant ins 6. Infanterieregiment ein. Das Regiment überstand die kriegerischen Auseinandersetzungen bis zum, am 10. November 1859 geschlossenen, Frieden ohne Kampfhandlungen. Unmittelbar danach wurde Hertz aus dem Militärdienst entlassen.
Am 2. Dezember 1858 wurde Wilhelm Hertz von Paul Heyse in die sogenannte Krokodilgesellschaft eingeführt, welcher außer den beiden unter anderem Emanuel Geibel, Felix Dahn und Friedrich Bodenstedt angehörten. Auf den nun folgenden Reisen (unter anderem nach Oxford, Paris und Rom) befasste sich Hertz im Wesentlichen mit der Übersetzung und Umdichtung von Literatur (z.B. des "Beowulf" und "Tristan und Isolde"
Ab 1861 lässt sich Hertz endgültig in München nieder und habilitierte sich 1862 mit "Der Werwolf". Im Dezember 1875 heiratete Wilhelm Hertz Katharina Cubasch aus Odessa. 1878 wurde Wilhelm Hertz schließlich zum ordentlichen Professor berufen, bis dahin hatte er lediglich den Status eines außerordentlichen Professors inne. Hertz pflegte viele Freundschaften, so z.B. zum Bildhauer Adolf von Hildebrand.
Im Jahre 1894 immatrikulierte sich Thomas Mann an der Technischen Hochschule München und hörte Vorlesungen bei Wilhelm Hertz, die ihn und seine Werke maßgeblich prägen und ihn zu einem der berühmtesten deutschen Dichter aller Zeiten machen sollten.
Am 7. Januar 1902 verstarb Hertz an einer Magenkrankheit und wurde auf dem Schwabinger Friedhof beigesetzt. Den noch heute existierenden Grabstein fertigte Adolf von Hildebrand an, das Grab wurde jedoch bereits aufgelassen.
[Bearbeiten] Auszeichnungen
- 1878: Hertz bekommt die große goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft des Landes Württemberg verliehen
- 1885: Hertz wird außerordentliches Mitglied der königlich bayrischen Akademie der Wissenschaften
- 1890: Hertz wird ordentliches Mitglied der königlich bayrischen Akademie der Wissenschaften
- 1896: Hertz bekommt das Komturkreuz 2. Klasse des württembergischen Friedrichsordens
- 1898: Hertz bekommt das mit dem Adelstitel verknüpfte Ritterkreuz des königlichen Verdienstordens der bayrischen Krone (zuvor hatte er bereits das Ritterkreuz des königlich bayrischen Maximiliansordens für Kunst und Wissenschaft erhalten)
[Bearbeiten] Werke (Auszug)
- Dramatische Märchenspiele (zwischen 1847 und 1848)
- Lancelot und Ginerva (1860)
- Das Rolandslied (1861)
- Der Werwolf (1862; ISBN 3253026841)
- Marie de France (1862)
- Hugdietrichs Brautfahrt (Epos aus dem Jahre 1863)
- Aucassin und Nicolette (Übersetzung aus dem Jahre 1865)
- Heinrich von Schwaben (Epos aus dem Jahre 1867)
- Gottfried von Straßburg (Übersetzung aus dem Jahre 1877)
- Bruder Rausch (Epos aus dem Jahre 1882) (ISBN B0000BRKXY)
- Spielmannsbuch (Übersetzung aus dem Jahre 1886) (ISBN 3253026248)
- Am Grabe der Mutter
- Ezzelin (wohl verloren gegangen)
[Bearbeiten] Literatur
- Hermann Greiner: Wilhelm Hertz - ein Tübinger Franke (Tübingen 1996)
- Gerhard Hay: W. Hertz in Neue deutsche Biographie, Bd. 8. (Hrsg.: Historische Kommission der bayrischen Akademie der Wissenschaften) (Berlin 1969)
- Isolde Kurz: Aus meinem Jugendlande (Tübingen 1975)
- Erich Müller: Wilhelm Hertz als Epiker (Dissertation München 1922)
- Helene Raff: Wilhelm Hertz - Zum 100. Geburtstag des schwäbischen Dichters (In: Stuttgarter Neues Tagblatt, Nr. 444) (21. September 1935)
- Rudolf Reiser: Thomas Mann - ein vergessener TH-Student (In: Süddeutsche Zeitung, Nr. 32) (4. Februar 1994)
- Kurt von Stutterheim: Wilhelm Hertz als Lyriker (Dissertation Tübingen 1913)
Personendaten | |
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NAME | Hertz, Wilhelm von |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Dichter, Wissenschaftler und Epiker |
GEBURTSDATUM | 24. September 1835 |
GEBURTSORT | Stuttgart |
STERBEDATUM | 7. Januar 1902 |