Wilhelm Schmid
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Wilhelm Schmid (* 26. April 1953 in Billenhausen/ Bayerisch-Schwaben) ist neben Lutz von Werder in Deutschland der führende Vertreter der Lebenskunstphilosophie. Obwohl selbst Hochschullehrer, steht er damit für eine Neubegründung einer wesentlichen Traditionslinie in der Geschichte seines Fachs.
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[Bearbeiten] Biografie
Nach dem Studium von Philosophie und Geschichte an der Freien Universität Berlin , der Pariser Sorbonne und der Universität Tübingen, das er 1991 mit einer Doktorarbeit über Michel Foucault abschloss, übernahm er Lehraufträge: Universität Leipzig (1990-1991), Technische Universität Berlin (1991-1992), PH Erfurt (1993 bis 1999), Universität Jena (1999-2000). In Erfurt habilitierte er sich 1997 mit seiner "Grundlegung zu einer Philosophie der Lebenskunst". Seit 1998 arbeitet er jeweils zwei Wochen im September als "philosophischer Seelsorger" im Spital Affoltern am Albis (bei Zürich). Wöchentlich erscheint seine Kolumne "Lebenskunst" in der Neuen Zürcher Zeitung am Sonntag.
Wilhelm Schmid lebt seit 1980 in Berlin als Freier Philosoph. Institutionell eingebunden ist er als Privatdozent für Philosophie an der Universität Erfurt und als Gastdozent (DAAD-Kurzzeitdozenturen) an der Universität Riga/ Lettland (1992-2000), und an der Universität Tiflis/ Georgien (seit 1997). Laut Spiegel 17/2004 kann der Freiberufler Schmid bereits "von seinen Büchern leben".
[Bearbeiten] Sein Konzept einer Lebenskunstphilosophie
Das Für-sich-selbst-Sorgen ist bei Wilhelm Schmid weder auf das Ökonomische des Erwerbs des Lebensunterhalts verkürzt noch auf das so genannte "Positive Denken" à la Dale Carnegie, also das Ausblenden alles Bedrohlichen, allen Zweifelns aus dem eigenen Blickfeld. Die reflektierte Lebenskunst besteht gerade darin, in der Arbeit des Selbst an der eigenen Wahrnehmung, Orientierung und Erweiterung nicht beziehungslos oder verengt, also zum Egomanen oder zum menschlichen Herdentier zu werden.
Das individuelle Lebensglück, die Erfahrung des eigenen Sinns und Wohlbefindens, hängt laut Schmid eben nicht von einem oberflächlichen, flüchtigen "Glück haben" ab. Das Glücklichsein ist Resultat der klugen, selbstbestimmten Wahl aus erkannten realen Möglichkeiten. Dies nennt er das "aristotelische Element" der Lebenskunst. Die individuelle Lebensgestaltung muss selbstgesetzten Ansprüchen genügen, die sich im Laufe des Lebens verändern werden.
Nur ein bewusster Umgang mit den eigenen Gefühlen und Lüsten führt laut Schmid zu "Selbstmächtigkeit". Dies nennt er das "epikureische Element". Ein erfülltes Leben ist nicht von "hedonistischem Lustkonsum zu erwarten, das üblicherweise zu einer "Verflachung" des Erlebens führt. Vielmehr ist eine jeweils selbst gewählte Dosierung von Lust dem gesteigerten Empfinden und Genießen förderlich. Dazu gehört auch ein (begrenztes) Hinnehmen vorübergehender Schmerz- und Unlustgefühle, die ja zum Leben dazugehören. Es ist wichtig, sein eigenes Maß zu finden.
Was jemand aus seinem Leben macht ist laut Schmid eine Frage der Selbstaneignung. Der erreichte berufliche, soziale Status garantiert das individuelle Glück nicht. Das gute Leben im Sinne Schmids, wo sich der Bogen zur epikureischen Antike schließt, ist eines der selbst zu findenden Balance zwischen Außen und Innen. Diese kann man mit dem aus der Mode gekommenen Begriff "Weisheit" nennen. Wesentlich sind die Selbstbefreiung von unnötigen Abhängigkeiten sowie Freundschaften, die einem dabei helfen, die Balance der Lebenskunst hinzukriegen.
[Bearbeiten] Aufschlussreiche Zitate
- "Die reflektierte Lebenskunst setzt an bei der Sorge des Selbst um sich, die zunächst ängstlicher Natur sein kann, unter philosophischer Anleitung jedoch zu einer klugen, vorausschauenden Sorge wird, die das Selbst nicht nur auf sich, sondern ebenso auf Andere und die Gesellschaft bezieht." (Grundlegung, 1998, S.51)
- "Die möglichst weit gehende Verfügung des Selbst über sich und sein Leben im Sinne der Selbstmächtigkeit (Autarkie), und die dafür erforderliche Arbeit des Selbst an sich zur Veränderung und Festigung seiner selbst (Askese) repräsentieren das kynische Element der reflektierten Lebenskunst und führen zum modernen Gedanken der Autonomie." (Grundlegung, 1998, S.51/52)
- "hinzukriegen" finde ich schwierig in Bezug auf den Wortstamm "Krieg" gemeint ist doch eher zu "es verstehen zu schaffen"
[Bearbeiten] Bibliografie
- Die Geburt der Philosophie im Garten der Lüste. Michel Foucaults Archäologie des platonischen Eros. (Athenäum, 1987), (Fischer, 1994), (Suhrkamp, 2000). 184 S. ISBN 3-518-39715-X
- Auf der Suche nach einer neuen Lebenskunst. Die Frage nach dem Grund und die Neubegründung der Ethik bei Foucault. (Suhrkamp, 1991) 452 S. ISBN 3-518-29087-8
- Was geht uns Deutschland an? Ein Essay. (Suhrkamp, 1993) 184 S. ISBN 3-518-11882-X
- Philosophie der Lebenskunst. Eine Grundlegung. (Suhrkamp, 1998) 566 S. ISBN 3-518-28985-3
- Schönes Leben? Einführung in die Lebenskunst. (Suhrkamp, 2000) 184 S. ISBN 3-518-41207-8
- Mit sich selbst befreundet sein. (Suhrkamp, 2004) 433 S. ISBN 3-518-41656-1
[Bearbeiten] Sekundärliteratur
- "Den Schmerz ausloten" in Der Spiegel 17/2004, Seiten 177-179
Siehe auch: Lebenskunstphilosophie, Praxis (Philosophie), Michel de Montaigne, Epikur, Gerd Achenbach, Lutz von Werder, Lebenshilfe-Literatur, Lebenskünstler, Philosophisches Café, Philosophischer Salon, Seelsorge (Philosophie), Selbstreflexion
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Wilhelm Schmid im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Grundlegendes Interview zu den Arbeitsgebieten Schmids
- Seine eigene, berufliche Homepage, aussagefähig in Webdesign und Inhalt
- Beispielhafte Definitionen: Moral, Ethik und Lebenskunst
- "Arbeit am guten Leben" Radio-Essay-Manuskript
- Diskussion zur Lage der Philosophie in Ostdeutschland
- Autorenseite bei Suhrkamp
Personendaten | |
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NAME | Schmid, Wilhelm |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Philosoph, Vertreter der Lebenskunstphilosophie |
GEBURTSDATUM | 1953 |
GEBURTSORT | Billenhausen/Bayerisch-Schwaben |