Wirtschaftswissenschaft
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Die Wirtschaftswissenschaft (auch Ökonomik) ist die Lehre von der Wirtschaft (Ökonomie). Sie wird üblicherweise in die Bereiche Betriebswirtschaftslehre (BWL) und Volkswirtschaftslehre (VWL, ehemals Nationalökonomie) unterteilt. Die zugehörige Berufsbezeichnung ist Wirtschaftswissenschaftler oder Ökonom.
Die Volkswirtschaftslehre untersucht grundlegende wirtschaftliche Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten in einer Gesellschaft, sowohl in Bezug auf einzelne wirtschaftende Einheiten (Mikroökonomie) als auch gesamtwirtschaftlich (Makroökonomie). Die Betriebswirtschaftslehre befasst sich mit den wirtschaftlichen Zusammenhängen und Gesetzmäßigkeiten einzelner Unternehmen und liefert Erkenntnisse für betriebliche Strukturen und Prozesse.
Um wirtschaftstheoretische Modelle empirisch zu überprüfen und ökonomische Phänomene quantitativ zu analysieren, werden ökonometrische Methoden eingesetzt.
Zu den Wirtschaftswissenschaften im weiteren Sinne zählen auch interdisziplinäre Bereiche wie die Wirtschaftsethik, die Wirtschaftsgeschichte, die Wirtschaftsgeographie, die Wirtschaftsinformatik, das Wirtschaftsingenieurwesen, die Wirtschaftsmathematik, die Wirtschaftspädagogik sowie die Verkehrswirtschaftslehre.
Die Wirtschaftswissenschaften zählen heute zu den Sozialwissenschaften. Wirtschaftwissenschaftliche Aspekte werden auch in anderen sozialwissenschaftlichen Bereichen untersucht.
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[Bearbeiten] Historische Entwicklung
[Bearbeiten] Volkswirtschaft
Die großen Denker der Antike und des Mittelalters gelten als Ahnherren der Wirtschaftswissenschaften. Joseph Schumpeter schrieb in seiner History of Economic Analysis die Entwicklung der wissenschaftlichen Untersuchung ökonomischer Zusammenhänge bereits den Spätscholastikern (im 15. und 15. Jahrhundert) zu. Nikolaus Kopernikus beschäftigte sich in der Folge der Inflation der Bauernkriegszeit mit Geldtheorie. Als „frühmoderne“ (auch „vorklassische“) Ökonomen werden die Merkantilisten und die Physiokraten eingeordnet.
Als Geburtsstunde der Wirtschaftswissenschaft in der heute verstandenen Form als Forschungsdisziplin mit eigenständigen Theoriegebilden wird häufig das Jahr 1758 genannt, in welchem der französische Arzt Francois Quesnay sein Hauptwerk "Tableau économique" veröffentlichte. Der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung 64-jährige Gelehrte verstand die Abhängigkeiten von Geld- und Güterströmen als Kreislauf.
Auch der Schotte Adam Smith wird als Begründer der modernen Wirtschaftswissenschaften angesehen. Er veröffentlichte 1776 sein Buch An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations und kritisierte dort den bis dahin zumeist vorherrschenden Merkantilismus. Sein weit verbreitetes Werk fand in Großbritannien und den USA große Anerkennung und vermittelte erstmals die Idee einer neuen Wissenschaftsrichtung zur Untersuchung des wirtschaftlichen Handelns. Smith brachte insbesondere bereits existierende Ideen der Gewaltenteilung von Montesquieu und die Ideen des Historikers David Hume über menschliche Motive und Handlungsweisen zusammen.
Seit David Ricardos Schrift Principles of Political Economy and Taxation setzte sich die „deduktive Methode“ mit quantitativer Betrachtung durch. Mit Verbreitung dieser Methode wurden die sozialen Rahmenbedingungen zunehmend aus der Untersuchung der Politischen Ökonomie eliminiert; es setzte sich zunächst ein rein logisch-mathematisches Verständnis der Marktverhältnisse durch (Volkswirtschaftslehre als Naturwissenschaft).
Unter dem Eindruck der Industrialisierung im 19. Jahrhundert entwickelten Karl Marx und Friedrich Engels die Begriffe der Entfremdung und Ausbeutung. Anfang des 20. Jahrhunderts beschrieben Max Weber und Werner Sombart die Folgen der Industrialisierung. Damit fanden soziale wie auch psychologische Komponenten langsam Eingang in die wirtschaftswissenschaftliche Diskussion.
Die moderne Volkswirtschaftslehre beruhte bis in die 60er/70er Jahre weitgehend auf den Veröffentlichungen von John Maynard Keynes. Vor allem seine Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes dominierte über mehrere Jahrzehnte die makroökonomische Diskussion. Wirtschaftswissenschaftler vermittelten zeitweilig den Eindruck, die unerwünschten Wirkungen von Konjunkturzyklen könnten durch Steuerung von Geldmenge und Staatsausgaben vermieden werden.
Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gewinnen zunehmend die an Smith anknüpfenden Ideen des wirtschaftlichen Liberalismus Verbreitung. Als einer der bedeutendsten Ökonomen dieser Richtung gilt Milton Friedman. Im wirtschaftspolitischen Bereich wurden eine darauf beruhende Angebotspolitik in Chile unter Augusto Pinochet, in England unter Margaret Thatcher Thatcherismus und in den USA unter Ronald Reagan Reaganomics umgesetzt.
[Bearbeiten] Betriebswirtschaft
Die Betriebswirtschaftslehre als rein deskriptives Beschreiben von Tätigkeiten und deren Zwecken in einzelnen Unternehmen begann schon im 15. Jahrhundert in Italien. Dort wurde zu der Zeit auch bspw. als Technik der BWL die doppelte Buchführung entwickelt und veröffentlicht. Nach einer Zeit des Niederganges der Betriebswirtschaftslehre, verdrängt durch die Volkswirtschaftslehre, gab es zu Beginn des 20. Jahrhunderts wieder Fortschritte.
[Bearbeiten] Siehe auch
- Portal:Wirtschaft
- Deutsche Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften
- Virtuelle Fachbibliothek Wirtschaftswissenschaften (EconBiz)
- Bundesverband Deutscher Volks- und Betriebswirte (bdvb)
- Gesellschaft für Experimentelle Wirtschaftsforschung (GEW)
- Preis der schwedischen Reichsbank für Wirtschaftswissenschaften in Gedenken an Alfred Nobel
- Chrematistik
[Bearbeiten] Literatur
- Pribram, Karl: A History of Economic Reasoning. Johns Hopkins University Press 1983. ISBN 0801822912
- Pribram, Karl: Geschichte des ökonomischen Denkens. Übersetzung der Originialausgabe A History of Economic Reasoning. Erster und zweiter Band. Frankfurt/M.: Suhrkamp Verlag 1998. ISBN 351828956X.
- Frank, Jürgen: Kritische Ökonomie
- Kromphardt/Clever/Klippert: Methoden der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
- Starbatty, Joachim: Geistesgeschichte als Korrelat zur Ökonomik, in: Florian Keisinger u. a. (Hrsg.): Wozu Geisteswissenschaften? Kontroverse Argumente für eine überfällige Debatte, Frankfurt a. M./New York 2003 ISBN 359337336X
- Adam Smith, An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations (1776), deutsch: Der Wohlstand der Nationen, 1999, ISBN 342330149X
[Bearbeiten] Weblinks
- Links zum Thema „Wirtschaftswissenschaften“ im Open Directory Project
- SMEALSearch Engine, Academic Business Literature Digital Library