Adolf Loos
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Adolf Loos (* 10. Dezember 1870 in Brünn; † 23. August 1933 in Kalksburg (heute zu Wien gehörig)) war ein österreichischer Architekt und Architekturtheoretiker. Er gilt als einer der Pioniere der Moderne in der mitteleuropäischen Architektur.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Leben
Adolf Loos wurde 1870 als Sohn eines Steinmetzen in Brünn geboren. Nach dem Besuch der k.k. Staatsgewerbe Schule in Reichenberg (Böhmen) und Brünn studierte er, vom Militärdienst unterbrochen, kurze Zeit 1889/90 und 1892/93 an der Technischen Hochschule in Dresden. 1893-1896 lebte Loos in USA und schlug sich dort mit verschiedenen, vorwiegend handwerklichen Berufen durch. 1896 ließ er sich endgültig in Wien nieder. Dort begann er seine Tätigkeit als Journalist und Architekt. Bekannt wurde Loos 1898 durch seine Artikelserie für die Neue Freie Presse, in der er zu vielen Geschmacksfragen Stellung bezog. Nachdem er längere Zeit vorwiegend Inneneinrichtungen geschaffen hatte, war sein erstes größeres und bekanntestes Bauwerk das Looshaus am Michaelerplatz, das 1910 zu einer auch im Ausland viel beachteten öffentlichen Auseinandersetzung über die ornamentlose Fassade führte. Es steht gegenüber der Hofburg, und wurde aufgrund seiner fehlenden Fenstergesimse auch Haus ohne Augenbrauen genannt. Angeblich weigerte sich Kaiser Franz Joseph den Rest seines Lebens, die Ausfahrt zum Michaelerplatz zu benutzen.
Trotz eines gewissen Einflusses von Otto Wagner gilt er als energischer Gegner des Jugendstils und dabei insbesondere auch seiner österreichischen Variante, der Wiener Secession. Adolf Loos war ein scharfer Kritiker der angewandten Kunst und aller zeitgenössischen Ideen "die Kunst" in Gestalt des Kunstgewerbes mit dem Alltag zu "versöhnen" also Gebrauchsgegenstände in besonderer Weise künstlerisch zu gestalteten. Er grenzte sich damit insbesondere von den Künstlern der Wiener Werkstätte ab, die seit 1903 eine Verbindung von Alltag und Kunst umzusetzen versuchten.
Sein berühmtester Artikel ist die Streitschrift Ornament und Verbrechen (1908). Darin wird argumentiert, dass Funktionalität und Abwesenheit von Ornamenten im Sinne menschlicher Kraftersparnis ein Zeichen hoher Kulturentwicklung seien und dass der moderne Mensch wirkliche Kunst allein im Sinne der Bildenden Kunst erschaffen könne. Ornamentale Verzierungen oder andere besonders künstlerische Gestaltungsversuche an einem Gebrauchsgegenstand seien eine unangemessene wie überflüssige Arbeit: "Gewiss die kultivierten Erzeignisse unserer Zeit haben mit Kunst keinen Zusammenhang. Die barbarischen Zeiten, in denen Kunstwerke mit Gebrauchsgegenständen verquickt wurden, sind endgültig vorbei" heißt es dazu an anderer Stelle.
Statt dessen plädiert Loos für die Verwendung edelster Materialien, soweit die Anmutung von Sinnlichkeit und Reichtum erzielt werden soll, wie etwa in den Innenräumen seiner Villenbauten. Im Sinne einer sinnlosen menschlichen Kraftvergeudung beurteilt Loos auch die zeitgenössischen kunstgewerblichen und architektonischen Reformbewegungen und kommentiert die Gründung des Deutschen Werkbundes 1908 in zwei spöttischen Essays unter den Titeln Die Überflüssigen und Kulturentartung.
Adolf Loos war eng befreundet mit Künstlern wie Arnold Schönberg, Oskar Kokoschka, Peter Altenberg und Karl Kraus für deren Werke und Erfolg er sich entsprechend leidenschaftlich engagierte. Der Avantgardismus und die Radikalität ihres künstlerischen Schaffens fernab jeder Anerkennung beim zeitgenössischen Publikum führte bei Loos zur Forderung, die Gestaltung der alltäglichen Gebrauchsgegenstände einschließlich der Architektur nicht mit dem Ethos ernsthaften künstlerischen Schaffens zu verknüpfen: „Das Haus hat allen zu gefallen. Zum Unterschiede zum Kunstwerk, das niemandem zu gefallen hat. [...] Das Kunstwerk will die Menschen aus ihrer Bequemlichkeit reißen. Das Haus hat der Bequemlichkeit zu dienen. Das Kunstwerk ist revolutionär, das Haus konservativ.“ heißt es dazu etwa in seinem 1910 veröffentlichten Essay Architektur. Gerade seine Streitlust und seine oft satirisch-überzogenen Formulierungen haben nicht nur im damaligen Wien für zahlreiche Provokationen gesorgt, sondern seinen Artikeln zu ihrem späteren Weltruhm verholfen.
In der kunstgeschichtlichen Literatur gilt Loos als wichtiger Wegbereiter der Moderne in Architektur und Design mit ihrer entsprechenden Programmatik von "form follows function", wobei allerdings seine kritische Distanz zu Bauhaus und Deutschem Werkbund oftmals übersehen wurde. Er sah sich durchaus in der Tradition der "Alt-Wiener" Baukunst etwa eines Joseph Kornhäusel. Die im Bauboom um 1900 nicht seltene Schleifung historischer Stadtensembles fand seine heftige Kritik.
Überwiegend war Loos als Architekt mit dem Bau privater Villen beschäftigt, die im Inneren einem um 1910 entwickelten "Raumplan" folgten, der Größe und Anordnung von der Funktion der Räume abhängig machte, sie dazu mehrgeschossig teilweise ineinander schachtelt und äußerlich zunehmend der Kubusform annähert. Loos hat auch zahlreiche Inneneinrichtungen geschaffen, wie etwa das Café Museum am Karlsplatz, das dann wegen der "Kargheit" der Einrichtung von den Zeitgenossen Café Nihilismus genannt wurde. Überregional bekannt wurde die Einrichtung der American Bar in einer Seitengasse der Kärntner Straße, die auch als Loos-Bar bezeichnet wird, und bis heute existiert.
Neben dem "modernen" war Loos die Wohnlichkeit seiner Objekte besonders wichtig. In seinem Gedanken soll der Architekt nicht den Kunden mit Modernität überfallen, sondern versucht im Gegenteil Gegenstände und Möbeln, die dem Kunden schon vorher nahe standen, einzubinden. So versucht Loos mit seinen Einrichtungen nicht vollständig mit der Vergangenheit zu brechen und man wird zum einen bei seinen Gestaltungen an Einflüsse des Klassizismus erinnert, zum anderen an gemütliche Einrichtungen aus dem anglikanischen Raum. Unter anderem spielt bei Loos daher der Kamin und die gemütliche Sitzgruppengestaltung davor, ein besonders wichtiges Element. Charakteristisch ist auch, dass ihm bei all seinen Objekten die Verwendung von edlen Materialien wichtig war. Um den richtigen Stein für seine Wandverkleidung zu finden, reist Loos sogar durch ganz Europa. Bei seinen Möblierungen verwendet er die edelsten Hölzer und lässt teilweise Tische und Sesseln nach musealen Vorbildern (meist) durch die Firma Friedrich Otto Schmidt kopieren.
Sein berühmter Wettbewerbsbeitrag, ein Projekt aus dem Jahre 1922, für das 'Chicago Tribune'-Hochhaus zeigt, dass sich Adolf Loos nicht einfach auf den Begriff des Funktionalismus reduzieren lässt (so wie er in der 60-er Jahren des 20. Jahrhunderts für die architektonische Moderne zum universalen Merkmal erhoben wurde): Es ist ein Bürohaus in der monumentalisierten Form einer dorischen Säule.
In den 20-er Jahren lebte Adolf Loos überwiegend in Paris und pflegte zahlreiche Kontakte zur dortigen Künstleravantgarde. Er baute unter anderem ein Haus für Tristan Tzara und entwarf auch eine Villa für die Tänzerin Josephine Baker mit einer ganz in horizontalen schwarzen und weißen Streifen gehaltenen Fassade.
Das 1930 gebaute, von ihm konzipierte Haus Müller (Müllerova vila) in Prag ist fast vollständig erhalten und heute als Museum restauriert. Auch hier ist die äußerliche Form der Kubus. Im Inneren werden edle Materialien und Dekors aus verschiedenen Epochen kombiniert.
Die Würdigung von Loos als einer der ersten Architekten der strengen, nicht dekorativen, minimalen Formen, Farben und Materialien behält Gültigkeit, kann heute jedoch - mit Abstand zu den zum Teil polemischen Auseinandersetzungen - modifiziert werden, wobei auch bei edler Innenausstattung mit Elementen aus verschiedenen Epochen, die Funktionalität im Vordergrund steht und die äußere Form, trotz seiner Abgrenzung, Ähnlichkeiten mit dem späteren Bauhaus-Konzept aufweist. Innerhalb der modernen Architektur bleibt das Werk von Adolf Loos einzigartig, auch aufgrund des von vielen nicht verstandenen architekturtheoretischen Ansatzes ist Loos nicht "schulemachend".
Zu den von Loos beeinflussten Schülern und Mitarbeitern gehören die Archtitekten Richard Neutra und Heinrich Kulka. Verheiratet war Adolf Loos u. a. mit der Schriftstellerin und Schauspielerin Lina Loos (geb. Obertimpfler) und der Tänzerin Elsie Altmann.
[Bearbeiten] Zitate
„Fürchte nicht, unmodern gescholten zu werden. Veränderungen der alten Bauweise sind nur dann erlaubt, wenn sie eine Verbesserung bedeuten, sonst aber bleibe beim Alten. Denn die Wahrheit, und sei sie hunderte von Jahren alt, hat mit uns mehr Zusammenhang als die Lüge, die neben uns schreitet.“
" Ornament ist vergeudete arbeitskraft und dadurch vergeudete gesundheit ... Heute bedeutet es auch vergeudetes material, und beides bedeutet vergeudetes kapital ... der moderne mensch, der mensch mit den modernen nerven, braucht das ornament nicht, er verabscheut es." (Adolf Loos, Ornament und Verbrechen, 1908)
[Bearbeiten] Eigene Veröffentlichungen
- Loos, Adolf, Sämtliche Schriften in zwei Bänden. Hg. Franz Glück. Bd. 1. Wien: Herold, 1962.
- Loos, Adolf. Die Potemkin'sche Stadt. Verschollene Schriften. 1897 - 1933. Hg. Adolf Opel. Wien: Georg Prachner, 1983.
- Loos, Adolf: Das Werk des Architekten. Hg. Heinrich Kulka. 1931: Nachdr. Wien: Löckner, 1979.
- Loos, Adolf: Ornament und Verbrechen. Gva-Vertriebsgemeinschaft, Sondereinband, 2000. ISBN 3853670598
[Bearbeiten] Sekundärliteratur
- Czech, Hermann u. Mistelbauer, Wolfgang. Das Looshaus. 2. verb. Aufl. Wien; Löckner & Wögenstein, 1977.
- Foster, Hal: Design and Crime. And other diatribes. London, New York 2002.
- Janik, Allan u. Toulmin, Stephen. Wittgensteins Wien. Ü: Reinhard Merkel. München und Wien : Carl Hanser, 1984. ISBN 3-446-13790-4
- Ottillinger, Eva. Adolf Loos. Wohnkonzepte und Möbelentwürfe. Salzburg und Wien: Residenz, 1994.
- Roth, Fedor. Adolf Loos und die Idee des Ökonomischen. Wien: Deuticke, 1995. ISBN 3-216-30143-5
- Rukschcio, Burkhardt u. Schachel, Roland. Adolf Loos Leben und Werk. Salzburg und Wien: Residenz, 1982.ISBN 3-7017-0288-8
- Zednicek, Walter 'Adolf Loos - Pläne, Schriften, Fotografien' ISBN 3-9500360-6-7, www.wienerarchitektur.at
- Worbs, Dietrich. "Der Raumplan im Wohnungsbau von Adolf Loos". Adolf Loos. 1870 - 1933. Raumplan - Wohnungsbau. Hg. Derselbe. Berlin: Katalog zur Ausstellung, Akademie der Bildenden Künste, 1983. 64 - 77.
- Mirko Gemmel: Die Kritische Wiener Moderne. Ethik und Ästhetik. Karl Kraus, Adolf Loos, Ludwig Wittgenstein. Berlin 2005. (Parerga Verlag) ISBN 3-937262-20-2
- Oechslin, Werner, "Stilhülse und Kern : Otto Wagner, Adolf Loos und der evolutionäre Weg zur modernen Architektur", Zuerich 1994, 238 S.
[Bearbeiten] Weblinks
Commons: Adolf Loos – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
- Literatur von und über Adolf Loos im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Webseite über Adolf Loos bei archINFORM
- Haus Müller in Prag mit vielfältigen Innenansichten, Panoramen und Modellen (Sprache: Tschechisch und Englisch)
- Adolf Loos - Pläne, Schriften, Fotografien www.wienerarchitektur mit Slideshow
- Adolf Loos - Analyse der Villen[1]
- Adolf Loos Biografie bei WOKA (deutsch/englisch)
Personendaten | |
---|---|
NAME | Loos, Adolf |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Architekt und Architekturtheoretiker |
GEBURTSDATUM | 10. Dezember 1870 |
GEBURTSORT | Brünn |
STERBEDATUM | 23. August 1933 |
STERBEORT | Wien |