Adolf Schärf
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Adolf Schärf (* 20. April 1890 in Nikolsburg, Südmähren; † 28. Februar 1965 in Wien) war ein österreichischer Politiker (SPÖ) und von 1957 bis zu seinem Tod 1965 Bundespräsident der Republik Österreich.
Adolf Schärf lebte seit 1899 in Wien. Der gelernte Jurist (Dr. jur. 1914) fungierte nach dem Kriegsdienst 1915–1918 in der Ersten Republik (1918–1934) als Sekretär des sozialdemokratischen Nationalratspräsidenten, 1933–1934 war er Mitglied des Bundesrates. Nach der Ausschaltung der Sozialdemokraten durch die konservative Diktatur legte er die Rechtsanwaltsprüfung ab.
Im Juni 1938 arisierte er die Anwaltskanzlei von Arnold Eisler und arbeitete während des Zweiten Weltkriegs als Anwalt. 1943 wurde er von deutschen Sozialdemokraten wegen der Zusammenarbeit "nach Hitler" kontaktiert, lehnte aber spontan ab, das Verbleiben Österreichs im Deutschen Reich nach dem Krieg in Erwägung zu ziehen.
1934, 1938 und 1944 war er in politischer Haft.
1945 war Schärf Mitte April im Wiener Rathaus an der Wiedererrichtung der SPÖ führend beteiligt; Parteiobmann war nominell vorerst der noch nicht nach Wien zurückgelangte Karl Seitz, bis 1934 Wiener Bürgermeister. Am 27. April 1945 war Schärf daher für die Sozialdemokraten Mitunterzeichner der österreichischen Unabhängigkeitserklärung. (Der Zweite Weltkrieg ging in Europa erst 8./9. Mai 1945 zu Ende.) Am 29. April 1945 wurde Schärf Staatssekretär (= Minister) der provisorischen Staatsregierung von Staatskanzler Karl Renner.
Nach den ersten Nationalratswahlen im November 1945 war Adolf Schärf von Dezember 1945 bis zu seiner Wahl zum Bundespräsidenten 1957 Parteivorsitzender, Vizekanzler der Koalitionsregierungen ÖVP-SPÖ und Abgeordneter zum Nationalrat. Er war alles andere als ein Volkstribun und führte stets ein bescheidenes und zurückgezogenes Leben (Felix Czeike). Der Rückgabe von den Nationalsozialisten geraubten jüdischen Eigentums bzw. der Wiedergutmachung für jüdische Österreicher/innen maß er seiner juristischen Ausbildung zum Trotz keine spezielle Bedeutung bei. (Den meisten Österreicher/inne/n fehlte damals das Unrechtsbewusstsein beim Behalten 1938–1945 geraubten Gutes.)
1955 nahm Vizekanzler Schärf mit Bundeskanzler Julius Raab, Außenminister Leopold Figl und Außenamts-Staatssekretär Bruno Kreisky an den erfolgreichen Verhandlungen in Moskau über den Österreichischen Staatsvertrag teil.
In seinem ersten Präsidentschaftswahlkampf 1957 wandte sich Schärf unter anderem mit dem (nur weitergesagten, nicht plakatierten) Slogan "Wer einmal schon für Adolf war, wählt Adolf auch in diesem Jahr" an die ehemaligen Nazis im Lande, um eine Mehrheit zu sichern. Schärf gewann diese Wahl. Bei seiner Wiederwahl 1963 erhielt er die bis dahin größte Stimmenmehrheit bei Bundespräsidentenwahlen (Felix Czeike).
Schärf wurde von allen Parteien dafür geachtet, das Präsidentenamt unparteiisch auszuüben. Auch als Bundespräsident wohnte er in seiner bisherigen Privatwohnung in Wien 8., Skodagasse 1, von der aus er seinen Amtssitz in der Hofburg zu Fuß erreichen konnte. Seinen Freunden gegenüber klagte der langjährige Politikprofi über die Einsamkeit als nicht mehr in der Tagespolitik stehender oberster Repräsentant des Staates.
Eine Reihe von Studentenwohnheimen in Österreich wurden nach ihm benannt, sein Denkmal befindet sich im Wiener Rathauspark. Adolf Schärf ist in der Präsidentengruft des Wiener Zentralfriedhofes bestattet.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Adolf Schärf im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Eintrag über Adolf Schärf im Österreich-Lexikon von aeiou
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Personendaten | |
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NAME | Schärf, Adolf |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Bundespräsident |
GEBURTSDATUM | 20. April 1890 |
GEBURTSORT | Nikolsburg, heute Tschechien |
STERBEDATUM | 28. Februar 1965 |
STERBEORT | Wien |