Compact Cassette
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Compact Cassette (CC), umgangssprachlich auch Audio- bzw. Musikkassette (MC) oder einfach Kassette bzw. Tape genannt, ist ein elektromagnetischer Tonträger.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Geschichte
Bereits vor der Einführung des Kassettenrecorders gab es seit den 1930er-Jahren Tonbandgeräte, die auf derselben Technik beruhen, deren Tonbandwickel jedoch nicht in einer Kassette untergebracht sind. Sie waren vergleichsweise teuer und kompliziert zu bedienen, weshalb sie vor allem in professionellen Tonstudios der Musikindustrie und des Rundfunks eingesetzt wurden. Für Privatanwender waren Tonbandgeräte weniger attraktiv und kamen erst ab den 1950er-Jahren in Mode. Bei Preisen zwischen 700 und 1.500 DM (umgerechnet zwischen 360 und 770 Euro, inflationsbereinigt (2006) 3.000 bis 7.000 Euro) waren sie aber noch zu teuer für den Massenmarkt. Dies änderte sich, als der niederländische Konzern Philips die Compact Cassette und das dazugehörige Gerät entwickelte. Vorgestellt wurde es am 28. August 1963 auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin. Es kostete 299 DM (153 Euro) und konnte wahlweise mit Netzstecker oder mit Batterien betrieben werden. Die Firma Grundig AG brachte 1965 ein alternatives System heraus, das Cassettengerät C 100 mit Kassetten, die etwas größer waren als die Compact Cassette. Das System konnte sich aber nicht durchsetzen und wurde wieder vom Markt genommen. Auch von Sony gab es einige Jahre später einen Versuch, ein Kassettensystem mit gegenüber der Compact Cassette erheblich verbesserter Klangqualität auf den Markt zu bringen (siehe Elcaset), doch auch dieses System konnte sich langfristig nicht durchsetzen.
Siehe auch: 8-Spur-Kassette, Elcaset
[Bearbeiten] Siegeszug
Die Compact Cassette war ursprünglich für Diktiergeräte gedacht, wurde aber bald auch als Speichermedium für Musik genutzt. Insbesondere Jugendliche waren von der Möglichkeit, auf billige und einfache Art ihre Lieblingshits aus dem Radio aufnehmen zu können, begeistert. Schon bald gab es Kombigeräte mit Radio, später auch in Stereo. Ende der 60er-Jahre wurden Autoradios mit einer Abspielfunktion für Kassetten ergänzt. 1979 brachte die japanische Firma Sony den ersten Walkman, einen tragbaren Kassettenspieler, auf den Markt.
[Bearbeiten] Weiterentwicklung
Für die magnetische Speicherung auf dem Band wurde zunächst Ferrit (Fe2O3) verwendet (Kassetten-Typ I). Später wurden auch Beschichtungen mit Chromdioxid (CrO2, Typ II), Eisenoxid und Chromdioxid (Doppelschichtband, „Ferrochromband“, FeCr, Typ III) und elementar-metallischen Partikeln („Reineisenband“, „Metal“, Typ IV) angeboten. Durch symmetrische Einkerbungen auf der oberen Stirnseite der Compact Cassette sind die Bandsorten für die Aufnahme- und Abspielgeräte automatisch unterscheidbar (Ferrit (I): keine Einkerbung; CrO2 (II): zwei; Metal (IV): vier Einkerbungen). Für Kassetten des Typs FeCr (III) existiert keine eigene Kerbungsvereinbarung, so dass sie nicht automatisch erkannt werden können. Für die Aufnahme auf Typ-III-Bänder geeignete Geräte müssen daher auf jeden Fall – zumindest optional – manuelle Bandsortenwahl bieten. Bei der Wiedergabe ist die Entzerrungseinstellung von Typ III identisch mit der von Typ II und IV. In Geräten mit automatischer Bandsortenwahl werden Typ-III-Bänder als Typ I erkannt, was eine Höhenanhebung von etwa 4dB verursacht. Kassetten des Typs III verschwanden sehr schnell wieder vom Markt und sind heute praktisch nicht mehr erhältlich.
Die Unterschiede der Bandsorten liegen in deren Magnetisierbarkeit begründet: Während Ferrit-Beschichtungen bereits bei relativ geringer magnetischer Feldstärke (Amplitude bzw. Lautstärke) voll magnetisiert sind, können Metall-Beschichtungen auch stärkere magnetische Feldstärken noch unterscheiden, wodurch es möglich ist, Aufnahmen höher (lauter) auszusteuern, was den Dynamikumfang und den Rauschabstand erhöht: Beim Abspielen höher ausgesteuerter Aufnahmen kann man den Lautstärkeregler bei unveränderter Abspiellautstärke im Vergleich zu niedrig ausgesteuerten Aufnahmen leiser stellen; während also die Lautstärke des Nutzsignals (z. B. Musik) gleich geblieben ist, werden Band- und Geräterauschen heruntergeregelt und somit reduziert.
Die Stärken der Eisenoxidschicht liegen in einer besseren Tiefenaussteuerbarkeit, während das Chromdioxidband seine Stärken in der besseren Höhenausteuerbarkeit hat. Auf Grund dieser Tatsachen wird für Eisenoxidband gewöhnlich eine Aufnahmevorverzerrung bzw. Wiedergabeentzerrung mit einer Zeitkonstanten von 120 µs benutzt, während für die anderen Bandsorten 70 µs benutzt wird. Die Entzerrung mit 70 µs hilft, das Rauschen, in dem die hohen Frequenzbereiche dominieren, zu verringern. Bei falscher Bandsorteneinstellung stimmt der Frequenzgang der Aufnahme bei der Wiedergabe nicht, wodurch das Audiomaterial entweder zu dumpf (Fe2O3-Band mit 70 µs-(Chrom-)Einstellung) bzw. zu spitz (z. B. CrO2 mit 120 µs-(Ferro-)Einstellung) klingt. Um die Vorteile von Eisenoxid und Chromdioxid zu kombinieren, wurde das Zweischichtband (Ferrochrom-Band) entwickelt, bei welchen sich auf einer Eisenoxid- eine Chromdioxid-Schicht befindet.
Vorbespielte Kassetten mit Chromdioxidband werden häufig mit einer Aufnahmevorverzerrung von 120 µs bespielt, d. h. der Kassettenrekorder sollte beim Abspielen auf Ferro-Band eingestellt sein. (Hierzu Beschriftung der Kassette beachten.) Bei diesem Vorgehen wird die gegenüber Eisenoxid-Band verbesserte Höhenaussteuerbarkeit des Chromdioxid-Bandes nicht genutzt, um das Rauschen mittels 70 µs-Entzerrung zu verringern, sondern um höhenbetontes Klangmaterial besser wiedergeben zu können. Diese Technik kommt den veränderten Hör- bzw. eher Produktionsgewohnheiten entgegen, wonach Musik heutzutage höhenbetonter als früher ist, und gleichzeitig eine moderne Produktion weniger Dynamik hat, wodurch das Rauschen weniger ein Problem darstellt.
Tonband-Freaks stellten die Behauptung auf, dass die Musik auf Ferritbändern „wärmer“ klänge. Typ-IV-Kassetten lassen sich höher aussteuern als Typ II, haben allerdings einen etwas rauheren Klang, während Typ-II-Kassetten feiner klingen (sollen).
Wegen der ferromagnetischen Eigenschaften der Tonbänder ist bei der Aufnahme die sogenannte Vormagnetisierung (engl. Bias) vonnöten. Die Stärke der Vormagnetisierung hängt vom benutzten Bandmaterial ab. Reineisenbänder benötigen eine stärkere Vormagnetisierung als Chromdioxidbänder, diese wiederum eine stärkere als Eisenoxidbänder.
Höherwertige Geräte messen sich auf die tatsächlichen Bandeigenschaften durch Testaufnahmen (teilweise automatisch) ein, d. h. stellen die exakte Stärke der Vormagnetisierung bzw. Aufnahmevorverzerrung ein. Bei minderwertigen Kassettengeräten wird oft aus übertriebener Sparsamkeit statt eines elektrischen Löschkopfes nur ein Dauermagnet eingesetzt. Die Aufnahmen solcher Geräte klingen von Grund auf verrauscht und stellen einen technischen Rückschritt dar. (Siehe hierzu auch Tonband, Vormagnetisierung.)
Das Problem des Rauschens bei der Wiedergabe suchte man durch Rauschunterdrückungsverfahren zu beheben. Das bekannteste Verfahren ist sicher das Dolby-B-Verfahren.
Die Weiterentwicklung der Kassette wurde mit der Einführung des Digital Audio Tapes (DAT), der MiniDisc (MD) und der Compact Disc (CD) weitgehend gestoppt. Diese neuen digitalen Medien ermöglichen die verlustfreie Kopie von Musik oder Daten. Vor allem aber entfällt das Warten beim Vor- und Zurückspulen, und einzelne Titel lassen sich nun direkt anwählen. Von Philips wurde Anfang der 1990er Jahre die mit der CC abwärtskompatible digitale Compact Cassette DCC als Konkurrenz zu Sonys MD vorgestellt. Während sich die MD langsam halbwegs erfolgreich entwickelte, war die DCC für Philips ein völliger Misserfolg und wurde nach wenigen Jahren eingestellt.
[Bearbeiten] Aktuelle Situation
Die Kassette ist aber keineswegs tot; jedoch wird sie aufgrund fortgeschrittener Technik immer mehr vom Markt verdrängt. In den meisten Ländern Lateinamerikas, Afrikas, und West- und Südasiens erscheint auch heute (2004) noch der Großteil aller Musik auf Kassette, da Kassettenrekorder im Vergleich zu Plattenspielern einfacher zu bedienen und billiger sind, und vor allem ohne patentierte (und nur in Industrieländern produzierte) Spezialelektronik gebaut und repariert werden können, und da sie in großer Zahl auch bei weniger reichen Menschen bereits vorhanden sind. Ein besonders wichtiger Faktor ist auch ihre Robustheit, denn anders als Schallplatten und CDs verträgt eine Kassette in Maßen auch Hitze, Staub und grobe Behandlung – nur hohe Feuchtigkeit verträgt sie schlechter als andere Medien. In Deutschland lebt sie teilweise als Hörspielkassette bzw. Hörbuch insbesondere für Kinder sowie als Tonträger fürs Autoradio weiter. Auch im Rap-Bereich findet sie weiter durch die von z. B. DJs individuell zusammengestellte Mixtapes Verbreitung. Ebenso wird die Kassette im (extremen) Metal für Demo- und Promo-Zwecke weiterhin verwendet. Wegen der hohen Flexibilität des Mediums ist die Kassette bei Rundfunkaufnahmen ohne hohe Qualitätserwartung nach wie vor erste Wahl. Es gibt in Deutschland ebenfalls noch eine geringe Anzahl an Vereinen, wie dem Bayerischen Kaleidofon, die monatliche Musikprogramme auf Kassette publizieren.
Durch die oben genannte Robustheit sind Kassettenmedien auch im Auto noch recht beliebt, da ein Wechsel einfach ohne Hinsehen vor sich geht. Daher gibt es auch noch entsprechende Geräte von den Autoherstellern oder Nachrüstern. Die komfortableren Geräte erlauben auch das Überspringen einzelner Titel, wenn die akustische Pause lang genug ist. Dadurch wird der unten genannte Nachteil (Spulvorgang) teilweise kompensiert.
Ein Nachteil der Kassette ist, dass es wie beim Tonbandgerät Bandsalat geben kann und der Klang über die Jahre hinweg wegen Entmagnetisierungen an Qualität verliert. Auch die gefürchteten Aussetzer, „Drop-outs“ genannt, nehmen bedingt durch Bandstaub und Verschleiß mit der Zeit zu. Anders als bei einer CD ist auch ggf. ein zeitraubendes Vor- bzw. Zurückspulen notwendig. Das unkomplizierte Löschen durch einfaches Überspielen mit neuen Inhalten und die im Vergleich zu digitalen Medien geringen Hardwareanforderungen prädestinieren die Kassette in vielen Fällen für den alltäglichen Gebrauch.
[Bearbeiten] Aufbau
Eine Kassette besteht aus einem Magnetband in einem Kunststoff-, selten auch Keramikgehäuse, auf dem vier Tonspuren (zwei für jede Seite) gespeichert werden können. Die Tonköpfe der Abspiel- und Aufnahmegeräte sind jeweils so ausgerichtet, dass sie nur die jeweils unteren zwei Spuren des Bandes abtasten. Nach dem Umdrehen der Kassette werden wiederum die beiden unteren, also nun die beiden anderen Spuren, abgespielt. Manche Kassettenrekorder bieten eine Auto-Reverse-Funktion, bei der die Kassette nicht umgedreht werden muss, da das Band in beide Richtungen abgespielt werden kann. Reine Abspielgeräte benutzen hierzu normalerweise einen Vierspur-Kopf, während Rekorder eine Lösch- und Tonkopf-Kombination haben, die um 180° drehbar an der mittleren Öffnung der Kassette angeordnet ist.
Das Band ist 3,81 mm breit und bewegt sich mit einer Geschwindigkeit von 47,625 mm/s. Die ersten kommerziellen (bespielten) Kassetten wurden 1965 verkauft, der Stereoton kam 1967. Die Bezeichnung der Kassetten ergibt sich aus der Spielzeit beider Seiten in Minuten; die am meisten verbreiteten Formate sind C60 (30 min Spielzeit pro Seite), C90 (45 min/Seite), C120 (60 min/Seite) und (sehr selten) C180 – je länger die Spieldauer, desto dünner und damit empfindlicher auf Zugbelastung und Selbstmagnetisierung der Bandlagen auf der Wickelspule (Kopiereffekt) ist das Band. Kassetten haben in der Regel eine geringfügig längere tatsächliche Laufzeit als angegeben.
[Bearbeiten] Compact Cassetten zur digitalen Datenspeicherung
Ab den späten 1970er Jahren wurde die Kassette, da billig und massenproduziert, auch zur Speicherung von Computerdaten bei Heimcomputern benutzt, z. B. für den Commodore PET, Atari 800,Tandy TRS 80 und vor allem den Commodore 64 (siehe auch Datasette). Mit dem Siegeszug der schnelleren und bequemeren Disketten und Festplatten auch im Heimbereich ging die Ära dieser Anwendung jedoch ab den späten 1980er Jahren allmählich zu Ende. Zur Datenspeicherung gab es Kassetten mit einem speziellen Bandmaterial. Die Kassetten tragen auf der Unterseite eine mechanische Kodierung, damit Datenlaufwerke ihre Parameter auf das spezielle Band einstellen können. Derartige Kassetten passen zwar auch in jeden normalen Kassettenrekorder, bringen dort jedoch keine ausreichende Klangqualität. Zudem waren diese Kassetten meist wesentlich kürzer (C10 bis C20) im Vergleich zu solchen, die für den Audiobetrieb gedacht waren; Ladezeiten über 10 Minuten für ein einzelnes Programm waren eher selten, besonders, wenn sog. Schnelllader verwendet wurden. Durch die kurzen Bänder wurden die Umspulzeiten verkürzt.
[Bearbeiten] Spezielle Kassetten
- Adapter-Kassette: Besitzt kein Band, aber ein Kabel, das an modernere Wiedergabegeräte (z. B. MP3-Player) angehängt werden kann. Damit ist es möglich, die Musik des Wiedergabegerätes magnetisch direkt an einen Kassettenspieler zu übergeben. Dies ist sinnvoll, wenn man die Musik des Wiedergabegeräts laut hören möchte, aber die vorhandenen Lautsprecher nur über einen Kassettenspieler genutzt werden können (z. B. bei einem Autoradio).
- Endlos-Kassette: Teilweise für Anrufbeantworter oder Beschallungen benutzt. Die Spieldauer beträgt wenige Minuten.
- Mikrokassette: Eine Miniaturversion der Audiokassette. Sie wurde von Olympus entwickelt und erstmalig 1969 vorgestellt. Durch eine langsamere Bandgeschwindigkeit (2,4 cm/s bzw. 1,2 cm/s) ergeben sich schlechtere Klangeigenschaften. Deshalb wird die Mikrokassette hauptsächlich zur Aufnahme von Sprache, etwa in Anrufbeantwortern und Diktiergeräten, verwendet.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Verweise
- Kleine Historie zur Geschichte der Magnetband-Technik
- Vergleich fast aller Magnetband-Kassetten
- Fotos von Hunderten von Compact Cassetten