Dichterkrone
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Mit dem Begriff der Dichterkrone wird heute im übertragenen Sinn die höchste Auszeichnung eines Dichters verstanden, die diesem überreicht werden kann. Ein poeta laureatus (lat. lorbeergekrönter Dichter) ist ein mit einem immergrünen Lorbeerkranz bekränzter Dichter.
Die Verleihung der Dichterkrone lehnte sich an den antiken griechischen und römischen Brauch an, den Sieger im Dichterwettstreit mit Lorbeer zu krönen und ihn auf diese Weise offiziell auszuzeichnen. Dem Dichter sollte damit dauerhafter Ruhm zugesprochen werden.
Nachdem schon im Hochmittelalter vereinzelt die Tradition der Dichterkrönung wieder aufgenommen wurde, erinnerte man sich vor allem während des Humanismus in Italien wieder der alten Sitte. Dort krönten vor allem Städte oder Universitäten Dichter. Im 15. Jahrhundert krönten auch die römischen Kaiser vermehrt Dichter. Maximilian I. überträgt 1501 dem collegium poetarum atque mathematicorum das privilegium creandi poetas. Die Träger der Dichterkrone erhalten das Recht, an allen Universitäten des Reiches Vorlesungen über Poetik und Rhetorik zu halten. In der Barockzeit delegiert der Kaiser den Titel eines Hofpfalzgrafen an bereits gekrönte berühmte Dichter wie z.B. Johann Rist und Sigmund von Birken, was diese berechtigt, ihrerseits Dichterkrönungen vorzunehmen.
Aufgrund der akademischen Institutionalisierung krönten die Kaiser später nur noch vereinzelt Dichter und überließen dies den Universitäten bzw. deren Rektoren. Seit der Mitte des 17. Jahrhunderts wurde geradezu inflationär von Dichterkrönungen Gebrauch gemacht, der Titel Poeta laureatus verlor die gesellschaftliche Bedeutung, die er seit dem Humanismus gehabt hatte, fast vollständig. Im Zeitalter der Aufklärung zeigten die Dichter selbst zunehmend kein Interesse mehr an der Dichterkrönung, Goethe lehnte sie gar ab. Die letzte kaiserlich privilegierte Dichterkrönung fand 1804 statt. Mit dem Ende des Heiligen Römischen Reichs 1806 verschwand auch der poeta laureatus.
In Großbritannien gibt es heute noch den Ehrentitel des Poet Laureate.
Siehe auch: Nationaldichter
[Bearbeiten] Gekrönte Dichter
- Gunther von Paris wird von Friedrich Barbarossa für sein Barbarossa-Epos gekrönt.
- Albertino Mussato wird 1314 durch den Bischof und den Rektor der Universität in Padua gekrönt.
- Francesco Petrarca wird 1341 in Rom von Senator Ursus d'Anguillara auf dem Kapitol gekrönt. Petrarca wurde zum Inbegriff des poeta laureatus.
- Zanobi da Strada wird 1355 durch Kaiser Karl IV. in Pisa gekrönt.
- Enea Silvio da Piccolomini (der spätere Papst Pius II.) wird durch Kaiser Friedrich III. 1442 gekrönt.
- Lorenzo Valla lebt ab 1437 als poeta laureatus im Kreis der Humanisten am Hofe Alfons V. von Aragonien in Neapel.
- Francesco Filelfo wurde 1453 in Rom zum poeta laureatus gekrönt.
- Konrad Celtis erhält als erster Deutscher am 18. April 1487 von Kaiser Friedrich III. in Nürnberg die Dichterkrone.
- Johannes Cuspinianus (Spießheimer) 1493 von Kaiser Friedrich III. gekrönt.
- Jakob Locher 1497 von Maximilian I. gekrönt.
- Johannes Aesticampianus und Heinrich Bebel wurden 1501 zum poeta laureatus gekrönt.
- 1505 wurden der Elsässer Thomas Murner, 1512 der Schweizer Heinrich Loriti, genannt Glarean, und am 12. März 1514 in Linz dessen Landsmann Joachim von Watt von Kaiser Maximilian I. zum poeta laureatus gekürt.
- Ulrich von Hutten erhält die Dichterkrone von Kaiser Maximilian I. im Jahre 1517.
- Paul Melissus Schede wurde 1561 poeta laureatus.
- Georg Fabricius wurde 1570 auf dem Reichstage zu Speyer von Kaiser Maximilian II. zum poeta laureatus gekrönt.
- Philipp Nicodemus Frischlin wurde 1576 von Rudolf II. zum poeta laureatus gekrönt.
- Johannes Posthius erhielt 1577 den Titel.
- 1593 wird Friedrich Taubmann zum poeta laureatus gekrönt. Seine golddurchwirkte Lorbeerkrone ist bis heute erhalten.
- Torquato Tasso starb am Tag vor seiner für den 26. April 1595 geplanten Dichterkrönung.
- 1604 wird Johannes Fortmann (1576-1654), Konrektor in Wernigerode, zum poeta laureatus gekrönt.
- Martin Rinckart wurde 1615 zum poeta laureatus gekrönt.
- 1616 wird Caspar Brülow kaiserlich gekrönter Dichter.
- Martin Opitz (1597-1639) erhält die Auszeichnung 1625 von Kaiser Ferdinand II. für ein improvisiertes lateinisches Panegyricum und wird 1627 sogar geadelt, ohne auf diesen Titel später zurückzugreifen.
- Johann Rist erhält 1644 den Titel eines poeta laureatus, wird später kaiserlicher Hofpfalzgraf und darf damit seinerseits Dichterkrönungen vornehmen.
- Sigmund von Birken wird 1645 am Hof in Wolfenbüttel zum Dichter gekrönt. 1654 erhält er den erblichen Adel und das Hofpfalzgrafenamt und nimmt in den folgenden Jahrzenhnten mehrere Dutzend Dichterkrönungen vor.
- 1652 wird Constantin Christian Dedekind durch Johann Rist zum poeta laureatus gekrönt.
- 1654 krönt der Hofpfalzgraf Rist auch Georg Greflinger.
- Wenzel Scherffer von Scherffenstein (1598-1674), verschafft sich diese Ehrung 1656 mit seinem Hauptwerk Geist- und weltliche Gedichte.
- 1658 wird Balthasar Kindermann durch Rist gekrönt.
- 1671 wurde Quirinus Kuhlmann aufgrund seiner Sammlung von Sonetten Himmlische Libes-Küsse durch Birken zum kaiserlichen poeta laureatus erhoben.
- 1679 wird Johann Sebastian Mitternacht kurz vor seinem Tod zum Dichter gekrönt.
- Johann Christian Günther ließ sich 1716 zum poeta laureatus krönen und landete infolge der damit verbundenen finanziellen Aufwendungen 1717 im Schuldgefängnis.
- Die Krönung Christoph Otto von Schönaichs durch Gottsched wird von den Zeitgenossen abgelehnt.
- 1733 wird die Dichterin Christina Mariane von Ziegler von der Universität Wittenberg als poeta laureata ausgezeichnet.
- Am 30. März 1778 verlangen die frenetisch jubelnden Zuschauer bei der 6. Aufführung von Voltaires Tragödie Irène in der Comédie-Française schließlich, daß der anwesende Dichter bekränzt werde. Voltaire entfernt den Kranz sofort wieder.
- Noch 1962 wurde Josef Eberle zum poeta laureatus des philosophischen Seminars der Universität Tübingen gekrönt.