Drüggelter Kapelle
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Die Drüggelter Kapelle ist eine Kapelle vermutlich aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts bei den Drüggelter Höfen in der Gemeinde Möhnesee in Nordrhein-Westfalen.
Sie befindet sich ungefähr 500 m nördlich des Möhnesee-Nordufers, auf etwa 260 m ü.NN. zwischen den Ortschaften Delecke und Körbecke auf einem dem Haupt-Höhenzug der Haar vorgelagerten Höhenrücken.
[Bearbeiten] Beschreibung der Kapelle
Von Außen wirkt die Kapelle recht unauffällig: Ein polygonaler Zentralbau mit zwei sichtbaren Anbauten (Vorhalle und Apsis), schiefergedecktes Dach, bekrönt von einem kleinen Glockentürmchen.
Beim Betreten der Kapelle wird die Besonderheit des Bauwerks sichtbar. 16 Säulen tragen die Decke des nur ca. 11 m im Durchmesser messenden 12-eckigen Raumes. Der äußere Säulenkranz besteht aus 12 Säulen. Schmale Pilaster und eben diese Säulen tragen ein Kreuzgewölbe. Der innere Kranz besteht aus zwei Säulen und zwei deutlich dickeren, gemauerten Pfeilern. Zwischen dem ersten und dem zweiten Säulenkranz ist ein Tonnengewölbe gespannt, in das die Stichkappen des Kreuzgewölbes einschneiden. Die vier Innensäulen tragen ein kleines Kuppelgewölbe, in dem eine Klappe den Zugang zum Dachboden bildet. Der Außenwand ist eine umlaufende steinerne Sitzbank vorgebaut.
Im Kapellengrundriss fallen zwei Anbauten auf, die die Gleichmäßigkeit der Anlage durchbrechen: Die kleine Eingangshalle und der Chorraum. Beide sind auffallend gegen die Symmetrie des Gesamtgebäudes gerichtet: Die Vorhalle ist in sich unsymmetrisch, der Chor verfehlt die Ausrichtung auf die Kapellenmitte deutlich. Die an der Außenwand umlaufende Steinbank zeigt im Anschlussbereich an den Chorraum auf ihren beiden Seiten einen deutlich unterschiedliche Ausführungen.
Besonders auffällig in der ansonsten weitgehend schmucklosen Kapelle sind die Säulen, speziell der Schmuck und die Ausführung der Kapitelle. Bis auf wenige Ausnahmen sind die Flächen der romanischen Würfel-Kapitelle reich verziert. An alter Innenausstattung ist in der Kapelle nur eine Einbaumtruhe aus Eichenholz zu nennen, deren dendrochronologische Untersuchung als Jahr der Anfertigung 1172 (+/- 5 Jahre) ergab.
[Bearbeiten] Historische Berichte aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit
Feaux de Lacroix (Geschichte Arnsbergs) zitiert aus dem Urkundenbuch von Seibertz im Zusammenhang mit einer Schenkung an das Kloster Cla(r)holz durch Graf Gottfried II. von Arnsberg, die am Palmsonntag 1227 in/bei der Drüggelter Kapelle stattfand: „super fluvium Moyne, iuxta Capellam Druchelte.“ Diese und weitere Erwähnungen aus der Regierungszeit von Gottfried, als die Kapelle Treffpunkt des Grafen mit seinen Vasallen für einen Kreuzzug war, dürften die ersten einigermaßen sicheren Nachrichten über die Existenz eines Gebäudes an dieser Stelle gewesen sein.
Der Historiker Hermann Stangefol schrieb 1656 („Opus Chronologicum Et Historicum Circuli Wephalici (sic!) in quatuor libros congestum.“): „Dort im sehr alten Tempel, der noch immer steht, gab es einst ein Bildnis der Göttin Trigla, das drei Köpfe hatte, zu dem sich die Heiden in höchsten Nöten, um Beistand flehend, gewöhnlich flüchteten. Es ist glaubhaft, daß von eben jenem Bild dieses Dorf seinen Namen abgeleitet hat. Diese Statue ging 1583 im Truchsessischen Krieg ganz unter.“ Hier liegt - neben der ca. 400 Jahre älteren urkundlichen Erwähnung - die erste Erwähnung der Drüggelter Kapelle vor und schon hier wird der kleinen Kapelle etwas 'Heidnisches' nachgesagt, eine Tendenz, die sich bis heute immer wieder finden lässt. Stangefol scheint hier Nachrichten über den slawischen Kriegsgott Triglaw mit einem dreiköpfigen Kapitell der Kapelle zu vermischen.
[Bearbeiten] Forschungsgeschichte seit dem 19. Jahrhundert
Als Zentralbau fällt die Drüggelter Kapelle aus dem üblichen Langhaus-Schema des Kirchen- und Kapellenbaus in ihrer Umgebung heraus. Es kann daher nicht verwundern, dass die Kapelle schon sehr früh zu Deutungen und Spekulationen Anlass gab. Mittlerweile sind ca. 100 Titel Literatur erschienen, in denen die Kapelle erwähnt wird, oder die sich allein mit der Drüggelter Kapelle beschäftigen. In diesem Rahmen kann daher nur ein grober Überblick über die Forschungsgeschichte gegeben werden.
1823 deutet der Architekturhistoriker W. Tappe die Kapelle als Taufkapelle (Baptisterium), nimmt an, in der Mitte des Zentralbaus habe einmal ein Taufstein gestanden. In seiner Schrift nennt Tappe weitere Deutungen, für die er aber leider keine Belege anführt. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gilt die Drüggelter Kapelle in der Fachwelt als Taufkapelle.
[Bearbeiten] Deutung der Kapelle als Nachbildung des „Heiligen Grabes“
Das ändert sich 1853, als W. E. Giefers die Kapelle als Heiliggrabkapelle zu erklären sucht: Im Zeitalter der Kreuzzüge sei die Kapelle entstanden, um auch den nicht ins Heilige Land fahrenden Menschen wenigstens einen Nachbau der heiligsten Stätten der Christenheit bieten zu können. Dieser Deutung schließen sich grundsätzlich viele Gelehrte des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts an. Unklar ist vor allem die Frage nach dem Zeitraum der Erbauung. Verhandelt werden in der seriösen Literatur der damaligen Zeit das 12. und das 13. Jahrhundert.
Interessanterweise widerspricht G. Dalmann in seiner großen Zusammenstellung von Heilig-Grab-Bauten („Das Grab Christi in Deutschland“) der Heiliggrab-These. Er nimmt statt dessen an, ein anderer Zentralbau des Heiligen Landes, am ehesten der Felsendom, habe hier als Architektur-Vorbild gedient. Renovierungsmaßnahmen in den 1930er Jahren förderten interessante Details zu Tage: Fragmentarische Reste einer ursprünglichen Malerei wurden gefunden und unter hölzernen Einbauten kam die große Einbaum-Truhe zum Vorschein.
[Bearbeiten] Deutungen der Kapelle als heidnisches Bauwerk in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Die immer wieder geäußerte Vermutung einer irgendwie gearteten heidnischen Vergangenheit der Drüggelter Kapelle wurden in der Zeit des Nationalsozialismus besonders betont. W. Müller erblickte 1937 in der Kapelle einen germanischen Tempel zur „Sonnenlaufortung“, unter bewusstem Ignorieren der eindeutig romanischen Bausubstanz. Mindestens ein germanisch-kultischer Vorgängerbau der Kapelle wird in der damaligen Zeit angenommen. Nach dem Krieg schließt sich beispielsweise auch G. Wagner in seiner großen Studie „Volksfromme Kreuzverehrung“ dieser Meinung an und ordnet die Drüggelter Kapelle den Orten mit „Kreuzverehrung an ehemals heidnischen Kultstätten“ zu. Er erwähnt allerdings auch erstmals die erst 1937 bei Ausgrabungen in Paderborn entdeckte Jerusalemkirche Bischof Meinwerks am Busdorf - einen eindeutig an die Grabeskirche in Jerusalem angelehnten Zentralbau - als Vergleich. Dieser interessante Bau wird in der Folge nur selten in die Betrachtung der Drüggelter Kapelle einbezogen.
[Bearbeiten] Drüggelte als Versammlungsstätte der Katharer?
1964 kommt dann erneut Bewegung in die Forschungsgeschichte. G. Jacobi-Büsing veröffentlicht einen üppig ausgestatteten Band, in dem sie versucht, die Kapelle als Versammlungsstätte der Sekte der Katharer zu deuten. Der Kapellengrundriss, vor allem aber die Kapitellsplastiken, so G. Jacobi-Büsing, wurde von den Erbauern so gestaltet, um „mit ihren einfachen Mitteln und Möglichkeiten von dem Wege des Heils, von der lichtvollen und von der finsteren Welt zu erzählen.“ Diese Deutung versucht die Autorin in zeitgeschichtliche Vorgänge des 13. Jh. einzubetten, bis dahin, Graf Gottfried II. von Arnsberg, ohne jeden belastbaren Beleg, als 'Gönner' der Sekte der Katharer vorzustellen. In dieser Zeit - also eher einer Spät-Datierung zuneigend - nimmt G. Jacobi-Büsing die Erbauung der Kapelle an, die sich „mitten in einem Walde, sehr still gelegen, fernab von Soest und Arnsberg“, „völlig unbemerkt von der Öffentlichkeit“ vollzogen habe - obwohl die Kapelle direkt am Verbindungsweg zwischen Soest und Arnsberg, den damals wichtigsten Zentren der Region, liegt.
[Bearbeiten] Neuere Deutungen zwischen christlichen und heidnischen Ursprüngen
P. Hülsmann unternimmt 1965 den Versuch, die gesamte Kapelle allein auf dem christlichen Hintergrund zu deuten. Wenngleich einige seiner Deutungen sicher falsch sind: Insgesamt wird deutlich, dass man der Kapelle keinesfalls einen heidnischen Hintergrund andichten muss, um sie umfassend zu deuten. Im Soester Heimatkalender von 1978 erscheint unter dem Titel „Geheimnisvolle Drüggelter Kapelle. Ein Einblick in vorgeschichtliche Vergangenheit“ ein Artikel von K. Thiell. In der Deutung des Namens Drüggelte greift K. Thiell tatsächlich wieder auf H. Stangefols Göttin Trigla zurück. Die Kapitellsplastiken werden mit viel Phantasie und weit hergeholten Parallelen zu erklären versucht. K. Thiell führt keine Literatur an, es wird aber deutlich, dass er im Gefolge des Nationalsozialisten W. Müller steht. Drüggelte ist für K. Thiell ein Symbol dafür „daß man die kämpferischen Tugenden der Germanen wiederentdeckte und für die Kreuzzüge mobilisierte.“ Drüggelte also als ein 'Initiations-Zentrum' für Kreuzritter, in dem man unter dem freien Himmel der fehlenden Kuppel in der Kapellenmitte mittels Runenstäben Losorakel auf der Einbaumtruhe warf. Es liegt auf der Hand, dass dieser Artikel in der Folge in Vergessenheit geriet.
1988 erschien eine fast 100 Seiten starke Arbeit, in der D. Kestermann versucht, den Weg der Drüggelter Kapelle „Vom heidnischen Tempel zur christlichen Kapelle“ nachzuzeichnen. Zuerst bietet D. Kestermann eine haltlose Erklärung des Ortsnamens Drüggelte (als »Thingbaum der Gemeinschaft« gedeutet), dann versucht er - sicherlich sehr bedenkenswert - den späteren Anbau der Apsis zu erweisen, durch Grundrissvergleich versucht D. Kestermann dann Drüggelte an einen - von ihm selbst aus literarischen Angaben rekonstruierten - skandinavischen Rundbau anzuschließen. Bei der Datierung der Kapelle verlässt D. Kestermann nun vollkommen den Boden der bisher geltenden Einordnung: da er Drüggelte als germanisch-heidnischen Tempel rekonstruiert hat, bleibt ihm nur eine Datierung des Baus vor der Christianisierung des Gebietes, also in die Mitte des 8. Jh. Schließlich erschließt D. Kestermann auch noch einen Kult der Sommer- und Wintersonnenwende in Drüggelte.
[Bearbeiten] Die Kapelle in esoterischer Deutung
Die Drüggelter Kapelle findet auch mehrfach Erwähnung in H. Kaminskis „Die Götter des Landes Vestfalen“ (1988). So gibt er in einem Kapellengrundriss einen radiästhetischen Strahlungspunkt an, den zwei (oder drei? das wird nicht ganz deutlich) Rutengänger und Pendler ermittelt haben. Verfasser dieser Zeilen gibt eine gewisse Erleichterung bei der Feststellung zu, dass dieser Strahlungspunkt fast zwei Meter vom 'optischen Mittelpunkt' der Kapelle nach D. Kestermann entfernt ist, in dem letzterer ein kultisches Zentrum vermutet. Mit den Irrwegen in der Deutung der Drüggelter Kapelle rechnet P. Derks 1989 in seinem Aufsatz „Trigla Dea und ihre Genossen“ ab. Mit großem Aufwand (ein geradezu überbordendes Literaturverzeichnis und üppige Anmerkungen) geht er den Behauptungen G. Jacobi-Büsings, K. Thiells, B. Kochs, D. Kestermanns und H. Kaminskis nach und widerlegt sie mit heftigem Eifer und Zorn. Eine eigene Deutung bietet er nicht, was ja auch nicht sein Ziel war. Als Germanist arbeitet er vor allem sehr sorgfältig die Fehler in den Erklärungen des Ortsnamens heraus, setzt seine eigenen, fundierten, dagegen.
[Bearbeiten] Architekturhistorische Einordnung als Zentralbau des Mittelalters
Die Einordnung der Drüggelter Kapelle in große architekturhistorische Zusammenhänge nimmt 1989 M. Untermann vor. In seinem Buch „Der Zentralbau im Mittelalter“ untersucht er annähernd alle mittelalterlichen Zentralbauten Europas, führt in einem Register über 600 Bauwerke auf. Auch M. Untermann schließt sich der Deutung Drüggeltes als Heilig-Grab-Kapelle an. Fraglich bleibt jedoch seine Einordnung der Kapelle in das Umfeld der Burgkapellen. Zwar gab es in der Umgebung Drüggeltes eine Burg der Grafen von Arnsberg, diese lag aber so weit südlich, dass ihr Platz heute vom Möhnesee überflutet ist. Sehr interessant sind seine Bemerkungen über die immer wieder im Zusammenhang mit Zentralbauten geäußerte (volkstümliche oder auch gelehrte) Annahme, es handle sich bei ihnen um 'Heidentempel'. Die 'heidnische' Vergangenheit ist also ein gängiges Motiv, keinesfalls allein typisch für Drüggelte. Fraglich erscheint jedoch seine Folgerung, die Volksmeinungen über die heidnische Vergangenheit der Zentralbauten sei „sicher unabhängig von der antikischen Architekturtheorie der Renaissance entstanden und bewahrt worden.“ Gerade das Beispiel Drüggelte zeigt, dass solche Volksmeinungen von eingesickerter Halb- und Scheingelehrsamkeit geprägt worden sind.
[Bearbeiten] Die Kapelle in der Belletristik
Am Schluss dieses Durchgangs durch die Literatur zu Drüggelte darf ein Buch nicht unerwähnt bleiben: „Cembalist am Glockenseil“ von F. Thiekötter. In diesem Kriminalroman wird nicht über Drüggelte geschrieben, hier wird Drüggelte zum Schauplatz eines Verbrechens, das sich auf ungewöhnliche Art und Weise auflöst. Einem „ortsansässigen Kunst- und Architekturexperten“ legt F. Thiekötter dabei die Deutung D. Kestermanns in den Mund.
[Bearbeiten] Warum immer wieder 'Heidentempel'?
Bis in die neuzeitliche Literatur hinein hält sich die Vermutung, die Kapelle sei ursprünglich ein heidnisches Bauwerk gewesen, oder zumindest als christlicher Nachfolgebau an der Stätte eine vorchristlichen Heiligtums errichtet worden (Kultstättenkontinuität). Der Hintergrund dieser Deutungen dürfte die besondere Form der Kapelle sein. Zentralbauten sind für Kirchen - trotz einiger prominenter Vertreter - stets die Ausnahme geblieben, auch im weiteren Umfeld der Drüggelter Kapelle sucht man sie vergebens. In der Wahrnehmung hatte diese Kapelle wenig Ähnlichkeit mit einer Kirche (Langhaus-Bau), deshalb suchte man auch nach einer 'außerkirchlichen' Erklärung des Bauwerkes - Heidentempel, Freimaurertempel...
[Bearbeiten] Mögliche Hintergründe der Entstehung
Der Arnsberger Graf Heinrich I. von Arnsberg (1145–1195) ließ im Zuge von Erbauseinandersetzungen seinen Bruder Friedrich im Verlies verhungern. Als Sühne für diese Tat stiftete er um 1173 die Prämonstratenserabtei Wedinghausen. Gerade die im 12. Jahrhundert entstandenen Orden der Zisterzienser und Prämonstratenser pflegten in besonderem Maße die Kreuzverehrung. Die Drüggelter Kapelle ist dem Heiligen Kreuz geweiht. Auffällig ist nun, dass die Datierung der Kapelle (sowohl baugeschichtlich durch U. Lobbedey als auch dendrochronologisch) dem Datum der Arnsberger Sühnestiftung sehr nahe kommt. Die Dendrochronologie datierte die Einbaumtruhe in der Kapelle auf das Jahr 1172 +/- 5 Jahre. Eine Jerusalem-Wallfahrt galt im Mittelalter als eine übliche Bußauflage zur Sühne für eine Tötung. Möglicherweise ist die Errichtung einer Heilig-Grab-Kapelle in Drüggelte in diesen Zusammenhang einzuordnen.
[Bearbeiten] Eine Heilig-Grab-Kapelle der Arnsberger Grafen?
Obwohl Rom das Zentrum der mittelalterlichen westlichen Kirche war, der geographische Mittelpunkt des Christentums war immer Jerusalem, der Ort des Sterbens und der Auferstehung Jesu. Besondere Verehrung kam dabei dem Golgotha-Hügel zu, der seit dem 4. Jahrhundert die Grabeskirche trug. Diese Mitte der christlichen Welt ist schon früh das wichtigste Ziel christlicher Wallfahrer gewesen. Um 1033 entsandte Bischof Meinwerk von Paderborn den Abt Wino von Helmarshausen nach Jerusalem, mit dem Auftrag, die Maße, also den Bauplan der Grabeskirche aufzunehmen. Wahrscheinlich handelte es sich hier um eine Wallfahrt, die Abt Wino stellvertretend für Bischof Meinwerk unternahm. Nach den Angaben des Wino wurde in Paderborn auf dem Busdorf die sogenannten 'Jerusalemkirche' errichtet, für die sich später sogar das Kürzel 'Jerusalem' durchsetzte. Bischof Meinwerk hatte somit "Jerusalem“ in Paderborn errichtet, was sicherlich durch Reliquien und eine Nachbildung des Heiligen Grabes in der Kirche noch verstärkt wurde. Die tatsächliche Ähnlichkeit der Grabeskirche und der Busdorfkirche ist denkbar gering: Ein Zentralbau, hohe Kuppel, Konchen - andere für Jerusalem charakteristische Bauteile sucht man vergeblich. Dennoch: der Baugedanke war getroffen. Der zweite Nachfolger des Bischofs Meinwerk war Heinrich II. von Werl-Arnsberg. Er ließ - ganz offensichtlich nach den Plänen des Abtes Wino - auf der Krukenburg bei Helmarshausen eine weitere Jerusalem-Kirche errichten. Auch an den Externsteinen soll er Nachbauten Jerusalemer Gegebenheiten veranlasst haben. Das zeigt, dass es im Arnsberger Grafenhaus nicht nur eine enge Beziehung zur Verehrung des Heiligen Grabes gegeben hat sondern auch einen möglichen Zugriff auf 'Pläne' - wie auch immer sie ausgesehen haben mögen - der Grabeskirche in Jerusalem. Eine Heilig-Grab-Kapelle in Drüggelte, gestiftet von Graf Heinrich I. von Arnsberg passt auch hier in die geschichtliche Situation.
[Bearbeiten] Literatur (Auswahl)
- Wilhelm E. Giefers: Drei merkwürdige Capellen Westfalens, zu Paderborn, Externstein und Drüggelte. Paderborn 1854, E-Text
- Gisela Jacobi-Büsing: Die Drüggelter Kapelle: Versuch einer Deutung ihrer kultischen Bestimmung. Soest 1964 (Soester wissenschaftliche Beiträge; 25)
- Dieter Kestermann: Die Kapelle auf den Drüggelter Höfen: vom heidnischen Tempel zur christlichen Kapelle; das älteste Gebäude Westfalens. Horn 1994, ISBN 3-88080-060-X
- Ingrid Reißland: Die Drüggelter Kapelle. Überlegungen zu einem noch immer rätselhaften Bau. In: Sauerland 35/2002. S. 127-131
[Bearbeiten] Weblinks
- http://www.ense-press.de/heimat100.htm
- http://www.externstein.de/kraftorte/Drueggelter%20Kapelle/kapell2.htm
Koordinaten: 51° 29' 35" N, 8° 5' 51" O