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Fehde

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Der Ausdruck Fehde bezeichnet ein Rechtsinstitut welches bis zur Frühen Neuzeit die Regulierung von Rechtsbrüchen direkt zwischen Geschädigtem und Schädiger unter Ausschaltung einer übergeordneten Instanz regelt. Sie wird oft fälschlich mit der Blutrache gleichgesetzt, wobei letztere aber nur die Ultima Ratio der Konfliktbewältigung innerhalb der Fehde darstellt, wenn Sühne und Schadensausgleich nicht mehr griffen, oder von einer der Parteien abgelehnt wurden.

Der Begriff Fehde ist aus unserem heutigen Rechtsempfinden heraus negativ belegt, da wir aus der Anerkennung des Gewaltmonopols des Staates und der Normierung und Durchsetzung des Rechtes in einem System der Gewaltenteilung, jegliche Selbstjustiz ablehnen.

Die Wurzeln der Rechtsnorm, der die Fehde, zumindest für Mitteleuropa zugrunde liegt, finden sich bei den Germanen. der Hausfrieden war dort der Kern der sozialen Ordnung. Im Rahmen der Munt übte der Hausherr die Verfügungsgewalt über seine Frau, seine Kinder, solange sie noch keinen eigenen Hausstand gegründet hatten (Söhne), oder in einen anderen Hausstand geheiratet hatten (Töchter), aber auch das gesamte zum Haushalt gehörige Gesinde aus. Die Mitglieder des Haushaltes waren verpflichtet den Hausherren in allen häuslichen Dingen und in Notfällen zu unterstützen. Das Strafrecht ging bis zur Todesstrafe. Im Gegenzug war der Hausherr verpflichtet den Mitgliedern seines Haushaltes Schutz und Schirm gegen jede Bedrohung zu gewähren und für die Grundbedürfnisse, Nahrung, Kleidung, Wohnung zu sorgen. Die Untergebenen waren keine eigenen Rechtspersönlichkeiten, sondern wurden vor Gericht und bei Rechtsgeschäften durch den Hausherren vertreten, der wiederum für Schäden seines Haushaltes gegenüber Dritten haftete.

Die soziale Organisation ging über den Haushalt hinaus über die Sippe bis zum Stamm, wobei bei beiden eine gemeinsame familiäre Herkunft im engeren und weiteren Sinne gesehen wurde. Der Begriff einer übergeordneten Nation fehlte. Innerhalb von Sippe und Stamm war die Organisation genossenschaftlich.

Als weitere Ordnungsform entwickelte sich aber noch das Gefolgschaftsprinzip. Es gab zwar keinen feststehenden Adelsbegriff bei den Germanen, aber im Gefolgschaftsprinzip zeichnet sich das spätere Adels- und Lehensprinzip bereits ab. Gefolgsleute waren zumeist freie junge Männer, die sich der Munt eines Herren unterordneten um diesen mit Rat und Hilfe, zumeist auf Kriegszügen zu unterstützen, während dieser ihnen Schutz und Unterhalt und Teilhabe an eventueller Beute gewährte. Die Herrschaftslegitimation beruhte hier noch auf persönlichen Eigenschaften, wie Mut und Reichtum und Vertrauen in die Führungseigenschaft und weniger auf Geburtsrecht, wobei die dadurch erfolgende Akkumulation von Macht bei einer Familie ein späteres Geburtsrecht begünstigte. Dennoch musste dieses Gefolgsverhältnis von Generation zu Generation durch einen erneuten Treueid bekräftigt werden. Was sich darin zeigt, dass die Menschen bis in die frühe Neuzeit hinein sich nicht als Bürger eines Landes verstanden, sondern als Untertanen des aktuellen Landesherren, d.h. Freiherren, Grafen, Herzogs.

Wir haben somit, bis in die Frühe Neuzeit hinein, ein Gesellschaftssystem, welches vertikal entlang einer Lehenspyramide organisiert war, horizontal aber aus gleichberechtigten Mitgliedern bestand. In der Abwesenheit einer starken vertikalen Organisation musste sich der Rechtsfrieden also horizontal organisieren.

In den frühesten schriftlichen Zeugnissen der germanischen Tradition, dem Hildebrandslied, dem Nibelungenlied und den Isländersagas nimmt die Fehde einen zentralen Platz ein, zumeist in der Form der Blutrache. Nun ist aber auch nicht zu erwarten, dass solche Heldensagen eher die Sühne- und Ausgleichslösungen darstellen würden. Die Darstellungen hier gehen auf den erbarmungslosen Kampf bis zur Ausrottung des Gegners ein, selbst Kinder werden nicht geschont. Die Grágás, das älteste schriftliche isländische Recht sieht als Fehdegrund nicht nut Mord und Totschlag, sondern auch Ehrenkränkung, Ehebruch, Verwundung, Raub, oder Tötung von Sklaven und Vieh.

Dem Verletzten stand es zu, selbst Rache zu nehmen und auf eigene Faust eine Fehde (faida) zu beginnen, um dadurch den Verletzenden zur Sühnung seines Vergehens zu zwingen. Es wurden aber schon bald Versuche unternommen diese Sühne in materieller Form durch Zahlung eines Wergeldes vorzunehmen. Dabei wurden Bußkataloge aufgestellt Die Betroffenen waren aber nicht an diesen Lösungsweg gebunden, außer es gelang den Schiedsrichtern sie zur Annahme eines Friedenseides zu veranlassen, oder ein höher gestellter Lehnsherr, bis hinauf zum König, verpflichtete sie zur Annahme eines Friedens.


Da jedoch durch ein derartiges Fehderecht die Sicherheit des Schwachen dem Starken gegenüber in Frage stand, pflegte man zu Gunsten des Verletzten einzuschreiten, wenn dieser von seinem Fehderecht keinen Gebrauch machen wollte oder konnte. Der Verletzende wurde vor Gericht gezogen und gezwungen, dem Verletzten Genugtuung zu geben. War die Satisfaktion, welche in der Zahlung einer gewissen Geldsumme an den Verletzten, dem Wergeld, bestand, geleistet, so traten beide Teile in ihren vorigen Friedensstand zurück.

Einen solchen von dem Volksgericht garantierten Frieden (compositio, Beilegung) pflegte man durch feierliche Sühnungsformeln zu bekräftigen.

Übrigens musste der Verletzende auch noch dem Volk, später dem König und Richter wegen des von ihm gebrochenen Friedens ein Friedensgeld (fredus oder fredum) bezahlen.

Schon in früher Zeit unterlag die Ausübung des Fehderechts gewissen Einschränkungen. So sollte gegen den, welcher sich beim König befand oder zu ihm ging oder von ihm kam, die Fehde ruhen (Königsfriede); auch konnte der König einem Einzelnen besonderen Königsfrieden erteilen.

Auf gleiche Weise sollte Frieden haben, wer in der Kirche oder an der Gerichtsstelle war, oder dahin ging, oder von dorther kam (Kirchen-, Gerichtsfriede).

Eine völlige Beseitigung der Fehde war den deutschen Kaisern im 13. und 14. Jahrhundert nicht möglich. Sie mussten daher den Weg einschlagen, so genannte Landfrieden zu errichten und auf eine gewisse Reihe von Jahren, gewöhnlich auch nur für bestimmte Teile des Reichs, verkündigen zu lassen. Der Mainzer Landfriede aus dem Jahre 1235 war die erste für das ganze Reich und unbefristet geltende Regelung, die Einschränkungen des Fehderechtes herbeiführte.

So wurde die Ausübung des Fehderechts an bestimmte Formen gebunden. Der Fehde musste eine bestimmte Ankündigung, der Fehdebrief (auch Absage, dissipatio), vorhergehen; auch mussten gewisse Personen und Sachen geschont werden, namentlich Geistliche, Kindbetterinnen, Schwerkranke, Pilger, Kaufleute und Fuhrleute mit ihrer Habe, Ackerleute und Weingärtner außer ihrer Behausung und während ihrer Arbeit, sowie Kirchen und Kirchhöfe.

Eine andere Beschränkung führte der Klerus ein, den Gottesfrieden (treuga Domini, treuga paci Dei), wonach vier Tage in jeder Woche, von Mittwoch abends bis Montag früh, alle Fehde ruhen sollte. Jedoch auch hierdurch wurden der Willkür der Mächtigen und der Rohheit des Faustrechts keine festen Schranken gesetzt.

Es war daher das Verdienst Kaiser Maximilians I., dass derselbe auf dem Reichstag zu Worms 1495 die Reichsstände zum Verzicht auf den ferneren Gebrauch der Waffen zur Entscheidung ihrer Streitigkeiten und zur Errichtung eines ewigen Landfriedens für ganz Deutschland zu bewegen vermochte. Damit wurde jede Fehde, auch die bisher erlaubte, beseitigt und der fernere Gebrauch des Fehde- und Faustrechts zum Landfriedensbruch erklärt.

Unter den letzten Fehden nach Errichtung des ewigen Landfriedens sind die berüchtigtsten die des Herzogs Ulrich von Württemberg mit der Stadt Reutlingen wegen Ermordung eines Fußknechts, infolge deren Ulrich in die Reichsacht erklärt und auf längere Zeit aus seinem Land vertrieben wurde, sowie die Fehde Franz von Sickingens mit dem Erzbischof von Trier, welche die Ächtung Sickingens und die Belagerung seines Schlosses Landstuhl zur Folge hatte. In welchem Zielkonflikt selbst Kaiser Maximilian I. bei der Bekämpfung des Fehdewesens stand, zeigt die Werdenbergfehde. Die Fehde des bürgerlichen Kaufmanns Hans Kohlhase gegen das Land Sachsen wurde zum Vorbild für Kleists "Michael Kohlhaas". Als letzter Bruch des Landfriedens sind die Grumbachschen Händel zu nennen.

1518 setzen sich der Stiftadel des Hochstifts Hildesheim und der Hildesheimer Bischof kriegerisch auseinander. Grund dafür waren zusätzliche Steuerforderungen des Hildesheimer Bischofs. Dieser Krieg wird nachträglich als Hildesheimer Stiftsfehde bezeichnet.

[Bearbeiten] Literatur

  • Gerd Althoff: Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde. Primus-Verlag, Darmstadt 1997, ISBN 3-89678-038-7
  • Malte Dießelhorst, Arne Duncker: Hans Kohlhase. Die Geschichte einer Fehde in Sachsen und Brandenburg zur Zeit der Reformation. Lang, Frankfurt/M. 1999, ISBN 3-631-34694-8
  • Joachim Gernhuber: Die Landfriedensbewegung in Deutschland bis zum Mainzer Reichslandfrieden 1235 (Bonner rechtliche Abhandllungen; 44). Röhrscheid, Bonn 1952
  • Manfred Kaufmann: Fehde und Rechtshilfe. Die Verträge brandenburgischer Landesfürsten zur Bekämpfung des Raubrittertums im 15. und 16. Jahrhundert. Centauri Verlagsgesellschaft, Pfaffenweiler 1993, ISBN 3-89085-777-9
  • Fritz Kern: Gottesgnadentum und Widerstandsrecht im frühen Mittelalter. Zur Entwicklungsgeschichte der Monarchie. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1980, ISBN 3-534-00129-X
  • Herbert Obenaus: Recht und Verfassung der Gesellschaften mit St. Jörgenschild in Schwaben. Untersuchung über Adel, Einzug, Schiedsgericht und Fehde im 15. Jahrhundert (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte; 7). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1961
  • Elsbeth Orth: Die Fehden der Reichsstadt Frankfurt am Main im Spätmittelalter. Fehderecht und Fehdepraxis im 14. und 15. Jahrhundert (Frankfurter historische Abhandlungen; 6). Steiner, Wiesbaden 1973
  • Christine Reinle: Bauernfehden. Studien zur Fehdeführung Nichtadeliger im spätmittelalterlichen römisch-deutschen Reich besonders in den bayerischen Herzogtümern. Steiner, Stuttgart 2003, ISBN 3-515-07840-1
  • Christoph Terharn: Die Herforder Fehden. Ein Beitrag zum Fehderecht. Schmitt, Berlin 1994, ISBN 3-503-03090-5
  • Klaus R. Schroeter: Entstehung einer Gesellschaft. Fehde und Bündnis bei den Wikingern (Schriften zur Kultursoziologie; 15). Reimer, Berlin 1994, ISBN 3-496-02543-3
  • Thomas Vogel: Fehderecht und Fehdepraxis im Spätmittelalter am Beispiel der Reichshauptstadt Nürnberg. Lang, Frankfurt/M. 1998, ISBN 3631-33100-2

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Weblinks

wikt:
Wiktionary
Wiktionary: Fehde – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen
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