Fort Eben-Emael
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Das belgische Fort Eben-Emael wurde in den Jahren 1932 bis 1935 als die nördlichste der Festungen um Lüttich herum erbaut. Das Fort befindet sich 10 km südlich der niederländischen Stadt Maastricht auf dem St.-Pieter-Berg oberhalb des westlichen Ufers der Maas. Unterhalb des Forts zweigt der Albert-Kanal von der Maas Richtung Antwerpen ab. Der Kanal durchbricht den St.-Pieter-Berg in einem 65 m tiefen Einschnitt und bildet damit einen der Festungsgräben.
In gewisser Hinsicht ähnelt es den gleichzeitig errichteten Anlagen der französischen Maginot-Linie, während es in anderen Details wiederum davon abweicht. Der Grundriss des Forts ist ein unregelmäßiges Fünfeck mit einer Fläche von 0,75 km², mit der Form des Grundrisses wird die Tradition der französischen Festungsbauer des 16. und 17. Jahrhunderts fortgeführt. Etwa 0,45 km² bilden das "Dach" des Forts. Schon alleine diese Ausdehnungen machen Eben-Emael zum bisher größten gebauten Fort.
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[Bearbeiten] Die Fernbewaffnung des Forts
- Die Kuppel 120 als drehbare Panzerkuppel mit einer Gesamtmasse von 450 t und zwei Kanonen vom Kaliber 120 mm,
- Die beiden Kuppeln Nord und Süd, die bei Nichtgebrauch unter der Oberfläche des Forts versenkt werden konnten. Beide Kuppeln waren drehbar und mit je zwei Kanonen vom Kaliber 75 mm bewaffnet.
- Die zwei nach Norden wirkenden Kasematten Maastricht 1 und 2 sowie den beiden nach Süden wirkenden Kasematten Vise 1 und 2. Alle diese Kasematten waren mit je 3 Kanonen vom Kaliber 75 mm bewaffnet.
- Außerdem waren noch drei Scheinkuppeln aus Blech in der Größe von Kuppel 120 aufgestellt. Sie sollten das Fort noch größer wirken lassen als es bereits war.
[Bearbeiten] Die Nahbewaffnung des Forts
- Block I als Haupteingang
- Block II
- Block IV
- Block V
- Block VI
- Kanal Nord
- Kanal Süd
- Maschinengewehrbunker Mi-Nord
- Maschinengewehrbunker Mi-Süd
- und dem außerhalb des Forts liegenden Block 01
Der letztgenannte Block war mit einem unterirdischen Gang mit dem Fort verbunden. Alle diese Blöcke hatten gepanzerte Beobachtungsstände, Scheinwerfer und Kanonen mit Kaliber 60 mm. In drei der Blöcke waren größere Beobachtungsstände für die Gefechtsleitung eingebaut.
[Bearbeiten] Passive Bewaffnung
Neben dem Festungsgraben im Osten bestanden weitere teilweise wassergefüllte Gräben, Mauern zur Panzerabwehr und weitere Annährerungshindernisse. Die unterirdische Ausdehnung der Gänge innerhalb des Forts betrug über 3 km bei einer Tiefe von bis zu 40 m. Die gesamte Luftzufuhr des Forts führte über spezielle Filter, da die Erfahrungen aus dem Ersten Weltkrieg hinsichtlich des Einsatzes von Giftgas den Planern noch sehr gegenwärtig waren.
Die Besatzung des Forts bestand aus 800-900 Soldaten, von denen die eine Hälfte Dienst im Fort hatte und die andere Hälfte in den umliegenden Kasernen stationiert war. Der Dienstwechsel erfolgte alle 14 Tage.
[Bearbeiten] Die Strategie von Eben-Emael
Die strategische Aufgabe des Forts war es, einem eventuellen Angreifer aus dem Osten längere Zeit Widerstand entgegen zu setzen, bis der Beistand der Alliierten wirken konnte. Dazu sollte es mit seinen Kanonen die Brücken über den Albert-Kanal der drei aus Maastricht nach Belgien heraus führenden Straßen sichern.
[Bearbeiten] Die deutschen Pläne mit Eben-Emael im Zweiten Weltkrieg
Durch Aufklärungsflüge hatte der deutsche Planungsstab sehr genaue Informationen über die Festung gewonnen. Danach schien ein Angriff mit konventionellen Mitteln nicht erfolgversprechend. Andererseits war Eben-Emael ein verlockendes Mittel, während des geplanten Feldzuges von den eigenen strategischen Zielen abzulenken. Außerdem hatten die Einsätze der Luftaufklärung gezeigt, dass so gut wie keine Flugabwehr auf dem Fort vorhanden war. Darüber hinaus zeigten die Luftaufnahmen, dass die Besatzung des Forts auf dem Plateau gelegentlich Fußball spielte. Offensichtlich war es nicht vermint.
Auf dieser Erkenntnis fußte der deutsche Angriffsplan. Man entwickelte mit den so genannten Hohlladungen eine Waffe gegen die gepanzerten Festungsteile. Die schwerste dieser Hohlladungen wog 50 kg. Die Hohlladungen mussten von den Angreifern direkt auf den Panzerteilen abgelegt und ferngezündet werden. Der sich dann entwickelnde Feuerstrahl durchschlug mit einer Geschwindigkeit von 15 km/s jede Panzerung und tötete alles, was sich darunter befand. Weil aber die Hohlladungen äußerst empfindlich gegen Beschädigungen waren, war ein Transport mit dem Fallschirm nicht möglich. Stattdessen wurden Lastensegler wie die DFS 230, entwickelt, die von verschiedenen Flugzeugtypen wie dem Sturzkampfkampfbomber Junkers Ju 87, dem Jäger Messerschmitt Me 110 oder dem Transportflugzeug Junkers Ju 52/3m über deutschem Gebiet in große Höhen geschleppt und dort ausgeklinkt wurden, um dann die 30 km von der deutschen Grenze bis nach Eben-Emael im Segelflug zu bewältigen. Dort landeten sie in den Morgenstunden des 10. Mai 1940 mit Hilfe ihres Bremsschirmes in einer Steilspirale völlig unbemerkt auf dem Dach des Forts. Damit hatte ein weiterer Akt des Dramas Zweiter Weltkrieg begonnen, denn gleichzeitig begann der deutsche Angriff auf die Niederlande, Frankreich und Luxemburg.
Auf die gleiche Art und Weise wurden die drei oben genannten Brücken bei Canne, Vroenhoven und Veldwezelt angegriffen. Die völlig überrumpelten belgischen Streitkräfte wurden dabei aufgerieben.
[Bearbeiten] Kampfhandlungen um Eben-Emael
Im ersten Morgenlicht, eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang, sobald die Piloten ihre Landeplätze ausreichend erkennen konnten, landeten die zehn Lastensegler mit insgesamt 85 Soldaten jeweils in unmittelbarer Nähe ihrer Kampfziele auf dem Dach der Festung. Innerhalb von nur 20 Minuten wurden sämtliche Geschütztürme und die gepanzerten Beobachtungsstände mit ihren Schießscharten durch aufgesetzte Hohlladungen zerstört, so dass die Festung blind war. Anschließend versuchten die deutschen Angreifer mehrfach, einen Weg in das Innere des Forts zu sprengen, was jedoch erst den nachrückenden Pioniersprengtrupps teilweise gelang.
Entscheidend war jedoch, daß die Verteidiger sich keinen Überblick über die Lage verschaffen konnten. Eine verbogene Lüfterschaufel erzeugte soviel Lärm, dass die Verteidiger glaubten, die Angreifer würden den Hügel unterminieren, um ihn zu sprengen. Die enormen Detonationen der Hohlladungen, die den ganzen Hügel erschütterten, trugen ebenfalls zu diesen Befürchtungen bei.
Es gelang den Deutschen nach einiger Zeit, in das Fort selbst einzudringen, indem sie in einen der Geschütztürme ein Loch sprengten. Die belgische Besatzung des Turms wurde durch die Explosion getötet; die Besatzung des Forts versiegelte den Zugang zu dem Turm daraufhin durch eine dazu vorgesehene Vorrichtung mit Sandsäcken und Stahlblöcken. Durch diese Versiegelung wurde ein 50 bis 80 Zentimeter dickes Hindernis erstellt, hinter dem die belgischen Soldaten Stellung bezogen und darauf warteten, dass der Feind durch die verbarrikadierte Tür brechen würde.
Dies erwies sich als taktischer Fehler, da die Deutschen dadurch genügend Zeit erhielten, um eine 50 kg Hohlladung an der Tür zu befestigen, die per Zeitzünder gezündet wurde.
Durch ihre Detonation wurde die Barrikade vernichtet und die Soldaten, die sich hinter der Tür verschanzt hatten, wurden getötet. Darüber hinaus hatten im Gang Fässer oder Kisten mit Chlorkalk zur Desinfizierung der Toiletten der Geschützmannschaften gestanden. Dieser verteilte sich durch die Explosion im Gang, so dass die Belgier annahmen, dass die Deutschen Giftgas einsetzten.
Zudem zerstörte der Druck der Explosion die 20 Meter hohe Stahlkonstruktion der Geschützturmtreppe, so dass die Deutschen den Turm nicht mehr als Zugang nutzen konnten. Nach dieser Erfahrung sahen die Deutschen davon ab, weitere Türme so zu erobern - man wollte das Fort ja noch weiter nutzen.
Weil dem Festungskommandanten zu diesem Zeitpunkt klar wurde, dass nur die Zurückerlangung des Plateaus den Verlust der Forts verhindern könne, befahl er den Ausfall. Um das Plateau zu wieder zu nehmen, hätte die Fortbesatzung von unten dorthin vorstoßen müssen, denn es gab von oben keinen Zugang auf das Plateau. Dies wurde jedoch von deutschen Fliegern und Infanteristen verhindert.
Die Lage war aussichtslos für den Kommandanten und seine Besatzung. Sie konnten nicht erkennen, welche Kräfte das Fort angriffen, und die zur Verteidigung des Plateaus dienenden Geschütze waren zerstört. Dazu kam ein erheblicher psychischer Druck, sie befürchteten wegen der regelmäßigen Erschütterungen, dass die Anlage einstürzen werde. Damals waren Hohlladungen und ihre Wirkung noch unbekannt. Und so blieb es für die Besatzung rätselhaft, wie ihre Geschütze derart schnell ausgeschaltet werden konnten.
Aufgrund dieser Lage nahm der befehlshabende Major Kontakt zum belgischen Generalsstab auf und bat um eine Entscheidung, ob er aufgeben solle oder nicht. Die belgische Führung überließ dem Major diese Entscheidung, der daraufhin die Kampfhandlungen einstellte.
24 belgische und sechs deutsche Soldaten waren bei den Kämpfen ums Leben gekommen. Alle übrigen belgischen Soldaten gerieten in Kriegsgefangenschaft. Diese wurden streng getrennt von anderen Kriegsgefangenen gehalten, um zu verhindern, dass Informationen über den Einsatz der Lastensegler und Hohlladungen nach außen drangen.
[Bearbeiten] Weitere Folgen für den Krieg
In psychologischer Hinsicht war der schnelle Fall von Eben-Emael für die Alliierten fatal, denn sie wussten nichts über die Methoden des Angreifers. Während des Krieges wurde die Anlage immer wieder den Soldaten der Verbündeten der Deutschen gezeigt, ohne dass die Deutschen etwas über die eigenen Methoden beim Angriff verrieten. In außenpolitischer Hinsicht versuchte Hitler, den spanischen Diktator Franco dazu zu bewegen, mit in den Krieg zu ziehen, indem er Franco seine bei Eben-Emael erfolgreichen Soldaten zur Erstürmung der englischen Festung Gibraltar anbot.
[Bearbeiten] Eben-Emael heute
Seit einigen Jahren ist Eben-Emael ein Museum, welches jeweils einmal im Monat sonntags besichtigt werden kann (Termine siehe Website). Auch auf Deutsch finden Führungen statt.
Die Außenanlagen sind frei zugänglich. Die Spuren des zeitweise sehr heftigen Kampfes um das Fort sind immer noch unübersehbar, so sind noch alle zerstörten Kanonen und Panzerteile vorhanden.
Ganz in der Nähe des Haupteinganges des Forts befindet sich der Eingang zu dem Tunnel zum Albert-Kanal. Er hatte nichts mit dem Fort zu tun, sondern diente nur als unterirdische Zu- und Abfahrt der LKW bei der Vergrößerung des Kanals. Somit konnten umständliche Serpentinenfahrten umgangen werden.
[Bearbeiten] Siehe auch
- Fachbegriffe im Festungsbau
- Liste von Festungen
- Zweiter Weltkrieg
- Festungsring Lüttich
- Fort Aubin-Neufchâteau
- Fort Battice
- Fort Loncin
[Bearbeiten] Weblinks
- Eben-Emael auf der Seite von jinxed
- Deutsche Webseite von Fort Eben-Emael
- Bunker und Festungsanlagen in Europa
- Bildern von Fort Eben-Emael
Koordinaten: 50° 47′ 50" n. Br., 5° 40′ 51" ö. L.