Fremdgeschriebener

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Ein Fremdgeschriebener ist ein Handwerker, der sich auf traditioneller Wanderschaft befindet, um neue Arbeitspraktiken und Lebenserfahrungen zu sammeln und gleichzeitig andere Orte, Regionen und Länder zu erfahren.

Inhaltsverzeichnis 1 Regeln und Brauch 2 Geschichte 3 Voraussetzungen 4 Wissenswertes 5 Weblinks

Regeln und Brauch

Während seiner mehrjährigen Reisezeit darf er den Bannkreis mit einem Radius von mindestens 50 km um seinen Heimatort nicht betreten und sich möglichst nur zu Fuß oder per Anhalter fortbewegen. Öffentliche Verkehrsmittel sind nicht verboten, aber verpönt. Alles, was der Fremde unterwegs braucht, trägt er in einem Charlie oder auch Felleisen mit sich.

Auffällig ist sein Stenz und vor allem die Bekleidung: ein schwarzer Hut mit breiter Krempe, Zylinder o. ä. und eine Kluft mit weiten Schlaghosen, Weste und Jackett, die farblich der Tradition seines Berufsstandes entspricht. Da ein hoher Prozentsatz der Fremden Zimmerer sind, ist es nur wenig bekannt, dass auch Gesellen und Gesellinnen anderer Handwerksberufe wie zum Beispiel Tischler, Maurer, Dachdecker, Betonbauer, Bootsbauer, Töpfer, Schmiede, Spengler, Steinmetze, Holzbildhauer, Buchbinder, Schneider, Goldschmiede, Instrumentenbauer und viele mehr auf der Wanderschaft sind. Der Irrglaube, dass nur Zimmerleute auf der Walz wären, wird noch dadurch verstärkt, dass viele Gesellen anderer Gewerke ebenfalls die typische schwarze Zimmererkluft mit der weißen Staude, einem kragenlosen Hemd, tragen.

Da Fremde oftmals auf die Unterstützung der Bevölkerung angewiesen sind (zum Beispiel bei der Suche nach Arbeit oder einem Schlafplatz), hat dieser sich immer ehrbar und zünftig zu verhalten, so dass der Nächste ebenfalls gern gesehen ist. Eine gepflegte Erscheinung erleichtert die Kontaktaufnahme und das Trampen.

Geschichte

Die Zahl der reisenden Gesellen unterliegt ständigen und großen Schwankungen. So war Anfang des 20. Jahrhunderts die Fremdenzahl im vierstelligen Bereich und gegen Ende der 1920er Jahre besonders hoch. Während der Weltkriege und in der Zeit der Nazi-Diktatur ging die Zahl der Fremdschreibungen sehr zurück, da viele junge Männer für das Militär eingezogen wurden und die Freiheitsliebe der Fremden mit der Politik des Nationalsozialismus im Konflikt standen. Daher wurden die Schächte von den Nazis verboten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs mit Beginn der 50er Jahre das Interesse an der traditionellen Walz rasch, erreichte aber nie die Dimensionen der 20er. In der DDR wurde bald das zünftige Reisen verboten. Trotzdem versuchten einige Wenige ihr Glück innerhalb der Grenzen, aber die herrschenden Bedingungen der volkseigenen Betriebe machten das Arbeiten an verschiedenen Arbeitsstellen nahezu unmöglich.

Mit dem wachsenden Wohlstand im Wirtschaftswunderland ging auch hier die Motivation, für drei Jahre auf die Straße zu gehen, rapide zurück, so dass in den 1970er Jahren die reisenden Handwerksburschen mit dem schwarzen Hut eine absolute Seltenheit waren. Man hatte die mehrjährige Zeit der Entbehrungen nicht mehr nötig. Die Einheimischen in den Schächten befürchteten schon fast, dass die alten überlieferten Rituale mit ihnen aussterben werden.

Um 1980 wuchs das Traditionsbewusstsein, gleichzeitig aber auch die Emanzipation der Frauen und der Geist der „alternativen“ Lebensweise. Dies brachte wieder junge Handwerksgesellen dazu, den Charlie zu schnüren und mit Stenz und Hut für einige Jahre auf die Straße zu gehen. Es wurden zwei neue Schächte gegründet, deren Strukturen stark von den „alten“ Traditionsschächten abwichen und auch Frauen aufnahmen. Und es gingen vermehrt Gesellen beiderlei Geschlechts auf Wanderschaft, ohne einem der Schächte beizutreten. Diese nennen sich „Freireisende“, um ihre Ungebundenheit gegenüber den Gesellenvereinigungen zu unterstreichen.

Nach der Wiedervereinigung nutzten auch viele ostdeutsche Gesellen wieder die Möglichkeit, auf die Walz zu gehen. Die wachsende Arbeitslosigkeit, unter der auch die Baubranche litt, belebte den neuen Boom zusätzlich. So machten nicht Wenige aus der Not eine Tugend und verließen für mehrere Jahre ihre Heimat. Zur Zeit sind in allen Schächten zusammengerechnet etwa 350 bis 400 Gesellen fremdgeschrieben. Zusätzlich sind ungefähr 150 bis 200 Freireisende auf der Straße unterwegs. Der Anteil der Frauen liegt insgesamt bei etwa 10 Prozent.

Voraussetzungen

Um als Fremdgeschriebener die Welt bereisen zu können, müssen einige Bedingungen erfüllt sein:

• Prüfungszeugnis eines Handwerksberufs (Gesellenbrief)
• Schuldenfreiheit
• Ohne soziale Verpflichtungen, das heißt unverheiratet und ohne Kind
• Mitglied einer Gewerkschaft
• Vorstrafenfreiheit (siehe schuldenfrei)
• Die meisten Schächte haben eine Altersbegrenzung, das heißt man sollte beim Antritt der Wanderschaft nicht älter als 30 Jahre sein.

Nach einer Reisezeit von, je nach Schacht 2 bzw. 3 Jahren, und einem Tag kann man sich einheimisch melden, sofern man wieder schuldenfrei ist. Diese Einheimischmeldung wird oftmals groß gefeiert, wobei viele einstige Reisekameraden auch weite Anreisen in Kauf nehmen, um dabei zu sein.

Wissenswertes

An die Zeit der Wanderburschen in den vorigen Jahrhunderten erinnert auch ein Brettspiel namens Müller & Sohn.

Weblinks

• http://www.blankenburg.de/pages/german/tour/herberg.html - Mehr über das Schachtwesen und die Walz kann man im Blankenburger Herbergsmuseum erfahren.