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Friedrich Sieburg

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Friedrich Sieburg (* 18. Mai 1893 in Altena/Sauerland; † 19. Juli 1964 in Gärtringen/Württemberg) war ein deutscher Journalist, Schriftsteller und Literaturkritiker.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

[Bearbeiten] Herkunft

Friedrich Sieburg stammte aus einer Kaufmannsfamilie. Er besuchte zunächst die Realschule in Altena, danach ein Gymnasium in Düsseldorf. Als 16-jähriger wurden erste Gedichte von ihm in den Düsseldorfer Nachrichten gedruckt.

[Bearbeiten] Studium

1912 begann er das Studium der Philosophie, Geschichte, Literatur und Nationalökonomie in Heidelberg. 1919 promovierte Sieburg in Münster in Literaturwissenschaft (Thema: Die Grade der lyrischen Formung. Beiträge zu einer Ästhetik des lyrischen Stils). Zu seinen Universitätslehrern zählten Max Weber und Friedrich Gundolf. Er hatte Verbindung zum George-Kreis. Im Ersten Weltkrieg war er zunächst als Infanterist, ab 1916 als Fliegeroffizier im Einsatz.

[Bearbeiten] Journalist und freier Schriftsteller

1919 bis 1923 lebte Sieburg als freier Schriftsteller in Berlin, war Anhänger der Revolution und schrieb in dieser Zeit vor allem Filmkritiken. Von 1923 an war er, anfangs in loser Form, für die Frankfurter Zeitung in Kopenhagen tätig. Im Mai 1926 wurde er ihr Auslandskorrespondent in Paris. Dort entstand auch sein bekanntestes Buch Gott in Frankreich? (1929). 1930 bis 1932 war er Auslandskorrespondert in London, danach wieder in Paris.

1929 veröffentlichte Sieburg einen Artikel in der jungkonservativen Monatszeitschrift Die Tat, was man als Abkehr von der linksliberalen Generallinie bewerten darf, die die Frankfurter Zeitung auszeichnete. 1932 veröffentlichte er auch einige Beiträge in der Täglichen Rundschau, die wie Die Tat von Hans Zehrer geleitet wurde, dessen Hinwirken auf ein Querfrontbündnis zwischen "linken" Nationalsozialisten um Gregor Strasser, Gewerkschaftern und Sozialdemokraten zur Verhinderung einer Reichskanzlers Adolf Hitler von Sieburg unterstützt wurde. In seinem Buch Es werde Deutschland, das er im November 1932 abschloss, das aber erst nach Hitlers Machtübernahme erscheinen konnte, bewegte er sich, wie sein Freund Carl Zuckmayer 1944 in seinem Geheimreport urteilte, auf einer "sehr gefährlichen und ganz verschwommenen Grenze - zwischen Nationalismus, Kritik des 'liberalen Denkens' und politischer Progressivität". Dazu gehörte allerdings auch die entschiedene Ablehnung des Antisemitismus, weshalb das Buch 1936 verboten wurde.

Die sogenannte Machtergreifung Hitlers missbilligte Sieburg in Briefen an den Verleger Heinrich Simon, für dessen Frankfurter Zeitung er 1932-39 als Auslandskorrespondent in Paris tätig war. Für autoritäre Regime wie Portugal und Japan fand er in den Büchern Neues Portugal (1937) und Die stählerne Blume (1939) anerkennende Worte. 1940 wurde Sieburg in den deutschen Auswärtigen Dienst berufen. In einer später auch gedruckten Rede France d'hier et de demain vor der Groupe Collaboration im März 1941 erklärte Sieburg, er sei durch das Leben in Frankreich zum Kämpfer und zum Nationalsozialisten erzogen worden. Nach der NSDAP-Mitgliederkartei stellte er am 9. April 1941 bei der NSDAP-Auslandsorganisation einen Antrag auf Aufnahme in die NSDAP, der am 1. September 1941 bewilligt wurde. Nach einem in Sieburgs Nachlass überlieferten Schreiben wurde dieser Antrag jedoch erst am 9. April 1942 eingereicht und am 28. November 1942 abgelehnt. Es ist bislang nicht gelungen, diese Unstimmigkeit aufzuklären. Im Fragebogen der französischen Militärregierung gab er nach dem Zweiten Weltkrieg an, nicht Mitglied der NSDAP gewesen zu sein.

1942 kehrte Sieburg nach Deutschland zurück und arbeitete wieder für die Frankfurter Zeitung bis zu ihrem Verbot 1943. Danach wechselte er zur Börsenzeitung und war Ehrenbegleiter von Marschall Henri Philippe Pétain.

[Bearbeiten] Literaturkritiker und Frankophiler

Nach Kriegsende, das er in Bebenhausen miterlebte, wurde Sieburg von der französischen Besatzungsmacht mit einem Publikationsverbot (1945-1948) belegt. 1948 wurde er Mitarbeiter, 1949 auch Mitherausgeber der Wochenzeitschrift Die Gegenwart. In seinen Büchern über Frankreich distanzierte er sich jetzt stark vom Nationalsozialismus, nahm Abstand von einem deutschen Sonderbewusstsein und pries die moderne französische Literatur. Seit 1956 für die Frankfurter Allgemeine Zeitung tätig, war er bis zu seinem Tode einer der bedeutendsten Zeit- und Literaturkritiker Deutschlands. Insbesondere Sieburgs meisterhafte Inhaltswiedergaben, in denen er die Kritik souverän vorwegnimmt, und damit jegliche abschließende Argumentation überflüssig macht, gelten als unübertroffen.

Seit 1956 war er Ordentliches Mitglied der Akademie der Künste Berlin.

[Bearbeiten] Werke (in Auswahl)

  • Die Erlösung der Straße, Gedichte, Kiepenheuer 1920
  • Gott in Frankreich?, Societäts-Verlag 1929
  • Die rote Arktis, 'Malygins' empfindsame Reise, Societäts-Verlag 1932
  • Es werde Deutschland, Societäts-Verlag 1933
  • Polen, Legende und Wirklichkeit, Societäts-Verlag 1934
  • Robespierre, Societäts-Verlag 1935
  • Neues Portugal, Bildnis eines alten Landes, Societäts-Verlag 1937
  • Afrikanischer Frühling, Eine Reise, Societäts-Verlag 1938
  • Blick durchs Fenster, Aus 10 Jahren Frankreich und England, Societäts-Verlag 1939
  • Die stählerne Blume, Eine Reise nach Japan, Societäts-Verlag 1939
  • Frankreichs rote Kinder, Wunderlich 1949
  • Schwarzweiße Magie, Über die Freiheit der Presse, Wunderlich 1949
  • Unsere schönsten Jahre, Ein Leben mit Paris, Wunderlich 1950
  • Was nie verstummt, Begegnungen, Wunderlich 1951
  • Geliebte Ferne, Der schönsten Jahre anderer Teil, Wunderlich 1952
  • Die Lust am Untergang, Selbstgespräche auf Bundesebene, Rowohlt 1954
  • Chateaubriand, Romantik und Politik, DVA 1959
  • Helden und Opfer, 5 historische Miniaturen, Insel 1960
  • Napoleon, Die 100 Tage, Ullstein 1987, ISBN 3-548-37054-3
  • Zur Literatur, 1924-1956, hrsg. von Fritz J. Raddatz, Ullstein 1987, ISBN 3-548-37061-6
  • Zur Literatur, 1957-1963, hrsg. von Fritz J. Raddatz, Ullstein 1987, ISBN 3-548-37062-4

[Bearbeiten] Literatur

  • Cecilia von Buddenbrock: Friedrich Sieburg (1893-1964). Un journaliste allemand à l'épreuve du siècle. Paris: Éd. de Paris 1999. ISBN 2-85162-023-1
  • Tilman Krause: Mit Frankreich gegen das deutsche Sonderbewußtsein. Friedrich Sieburgs Wege und Wandlungen in diesem Jahrhundert. Berlin: Akad.-Verl. 1993. ISBN 3-05-002385-6
  • Monika Miehlnickel: Feuilletonistische Sprache und Haltung bei Friedrich Sieburg und Sigismund von Radecki. Berlin: Univ. Diss. 1962.
  • Gunther Nickel: Des Teufels Publizist - ein "höchst komplizierter und fast tragischer Fall". Friedrich Sieburg, Carl Zuckmayer und der Nationalsozialismus. Mit dem Briefwechsel zwischen Sieburg und Zuckmayer, in: Zur Diskussion: Zuckmayers 'Geheimreport' und andere Beiträge zur Zuckmayer-Forschung (= Zuckmayer-Jahrbuch, Bd. 5), Göttingen: Wallstein 2002, S. 247-295.
  • Margot Taureck: Friedrich Sieburg in Frankreich. Seine literarisch-publizistische Stellungnahmen zwischen den Weltkriegen im Vergleich mit Positionen Ernst Jüngers. Heidelberg: Winter 1987. ISBN 3-533-03900-5
  • "Die Schwalben fliegen hoch". Erinnerungen an Friedrich Sieburg zum 100. Geburtstag, hrsg. v. der Gemeinde Gärtringen. Gärtringen 1994.
  • Hans-Georg von Studnitz: Menschen aus meiner Welt, Frankfurt/M. 1985. ISBN 3-550-07197-3

[Bearbeiten] Weblinks


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