Georgische Orthodoxe Apostelkirche
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Die Georgische Orthodoxe Apostelkirche (auch Orthodoxe Kirche Georgiens, georgisch ქართული მართლმადიდებელი და სამოციქულო ეკლესია , Kartuli Martlmadidebeli da Samotsikulo Eklesia) ist die traditionelle christliche Kirche in Georgien. Sie ist autokephal und organisiert 75 % der Georgier. In der Geschichte spielte sie eine wichtige Rolle bei der Nationbildung des Landes.
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[Bearbeiten] Geschichte
Archäologische Forschungen legen nahe, dass es bereits im 1. bis 3. Jahrhundert christliche Gemeinschaften in Georgien gab. Irenäus von Lyon erwähnte im 2. Jahrhundert christliche Gruppen im südlichen Kaukasus. Nach Auffassung der georgisch-orthodoxen Kirche sind sie auf die Missionstätigkeit der Apostel Andreas, Simon Zelotes und Matthias in den georgischen Königreichen Kolchis und Iberia zurückzuführen. Tatsächlich nahm bereits 325 der aus dem westlichen Georgien stammende Bischof Stratophilos von Pityounta (heute Pizunda, Abchasien) am Ersten Konzil von Nicäa teil.
Im 4. Jahrhundert (335 oder 337) wurde das Christentum zur Staatsreligion Iberias erklärt, nach dem König Mirian III. und seine Frau Nana von der heiligen Nino aus Kapadokien getauft wurden. Die heilige Nino hatte eine Vision, wo die Gottesmutter Maria sie nach Iberia schickte um das Land in ihrem Namen zu christianisieren. Erster Oberhirte Iberias wurde Johannes (335-363). Der byzantinische Historiker Prokopios von Caesarea stellte im 6. Jahrhundert fest, die Iberier seien "Christen und sie befolgen die Glaubensregeln viel besser als alle, die wir kennen."
Seit den 20er Jahren des 4. Jahrhunderts unterstand die orthodoxe Kirche in Iberia dem Patriarchat von Antiochia. 487 gewährte das Patriarchat der iberischen Kirche das Recht der Selbstregierung, die Autokephalie. Der Bischof von Iberiens Hauptstadt Mzcheta wurde in den Rang eines Katholikos erhoben. Zu Beginn des 11. Jahrhunderts, als Georgien sich staatlich vereinigte, wurde ihm der Rang eines Patriarchen zuerkannt. Das georgische Kirchenoberhaupt nennt sich seither Katholikos-Patriarch von Gesamt-Georgien.
Während der jahrhundertelangen Besetzung Georgiens durch Perser, Araber, türkische Seldschuken, Choresmier und Mongolen im Mittelalter entwickelten sich christlicher Glaube und orthodoxe Kirche im Volk zum Symbol der einheitlichen georgischen Nation. Der Kampf für die Unabhängigkeit des eigenen Landes wurde identisch mit der Verteidigung der Orthodoxie. 1226 köpfte der choresmische Schah Jalal Uddin in Tiflis 100.000 Georgier, die sich weigerten, ihre Ikonen mit Füßen zu treten und zu bespucken.
1811 schaffte die russische Regierung Autokephalie und Patriarchat der georgischen Kirche ab. Sie wurde dem Heiligen Synod der Russischen Orthodoxen Kirche unterstellt und von Russland ein „Exarch von Georgien“ ernannt. Nach der Februarrevolution in Russland 1917 wurde die Unabhängigkeit der georgischen Kirche wiederhergestellt und im September wieder ein „Katholikos-Patriarch von Ganz Georgien“ gewählt. 1943 erkannte das Moskauer Patriarchat die Unabhängigkeit der georgischen Kirche an. Das Ökumenische Patriarchat bestätigte die Autokephalie und den Patriarchen 1989 rückwirkend.
[Bearbeiten] Gegenwart
Die Georgische Orthodoxe Apostelkirche genießt in Georgien Verfassungsrang und muss keine Steuern zahlen. Patriarch ist der Erzbischof von Mzcheta-Tiflis, Ilia II. Sein Sitz ist die Sameba-Kathedrale in Tiflis. Am Unabhängigkeitstag steht er mit der Regierung auf dem Podium und segnet das Parlament zu Beginn der Legislaturperiode.
Die sieben wichtigsten georgisch-orthodoxen Feste sind in Georgien zugleich gesetzliche Feiertage. Dazu zählen das orthodoxe Weihnachtsfest (7. Januar), das orthodoxe Dreikönigsfest (19. Januar), das orthodoxe Osterfest (beweglich), der St.-Andreas-Tag (12. Mai), das orthodoxe Mariä Himmelfahrtsfest Mariamoba (28. August), das georgisch-orthodoxe Fest Mzchetoba (14. Oktober) und der St.-Georgs-Tag Giorgoba (23. November).
Seit April 1994 ist der georgisch-orthodoxen Kirche die soziale Hilfsorganisation Lazarus angeschlossen. Sie unterhält Suppenküchen, bietet Unterkünfte für Straßenkinder und verteilt Lebensmittel sowie Kleiderspenden an Bedürftige. Lazarus kooperiert mit der Caritas und World Vision.
[Bearbeiten] Eparchien
Die Georgische Orthodoxe Apostelkirche umfasst folgende Eparchien:
- Georgien: Tiflis, Sochumi, Sugdidi, Tschkondidi, Mestia, Zageri, Senaki, Choni, Tschiatura, Stepansminda, Nikortsminda, Nikosi, Poti, Kutaissi, Tsalka, Schemokmedi, Margweti, Urbnisi, Samtawisi, Bagdati-Wani, Bordschomi, Zilkani, Mzcheta, Gurdshaani, Batumi, Achaltsiche, Manglisi, Alawerdi, Tianeti, Nekresi, Sagaredscho, Rustawi, Dmanisi, Bolnisi, Bodbe
Siehe auch: Liste der Patriarchen der Georgischen Kirche
[Bearbeiten] Literatur
- Gert Hummel: Christentum in Georgien - gestern und heute. In: Georgica 19 (1996) 77-86.
- Lothar Heiser: Die georgische orthodoxe Kirche und ihr Glaubenszeugnis. Paulinus Verlag, Trier 1989, ISBN 3-7902-1413-2
- Otar Lordkipanidse - Heinzgerd Brakmann: Iberia II (Georgien). In: Reallexikon für Antike und Christentum 17 (1996) 12-106, ISBN 3-7772-5006-6
- Georgien. In: Horst Robert Balz, Gerhard Müller (Hrsg.): Theologische Realenzyklopädie. Walter de Gruyter, Berlin/New York 1984, S. 389 ff., ISBN 3-11-008579-8
- Peter Hauptmann: Unter dem Weinrebenkreuz der heiligen Nino: Kirchengeschichte Georgiens im Überblick. In: Kirchen im Osten 17 (1974) 9-41.
- Nikolas K. Gvosdev: The Russian Empire and the Georgian Orthodox Church in the First Decades of Imperial Rule, 1801-1830. In: Central Asian Survey 14, 3 (1995) 407-23.
- Paul Werth: Georgian Autocephaly and the Ethnic Fragmentation of Orthodoxy. In: Acta Slavica Iaponica 23 (2006) 74-100.