Gottfried Keller
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Gottfried Keller (* 19. Juli 1819 in Zürich; † 15. Juli 1890 in Zürich) war ein Schweizer Schriftsteller und Dichter, der dem bürgerlichen Realismus zugeordnet wird.
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[Bearbeiten] Leben
Gottfried Keller wurde am 19. Juli 1819 als Sohn des Drechslermeisters Hans-Rudolf Keller und seiner Frau, der Tochter eines Dorfarztes, in Zürich geboren. Nur fünf Jahre später, 1824, starb sein Vater an Tuberkulose. Zwei Jahre danach heiratete seine Mutter Elisabeth erneut. Ihre zweite Ehe verlief wenig erfreulich und wurde 1834 wieder geschieden.
Gottfried Keller musste im Alter von sechs Jahren in die Armenschule, mit zwölf Jahren trat er in die Industrieschule (dem heutigen Gymnasium Rämibühl) ein. Drei Jahre später wurde er wegen eines Schülerstreiches von dieser Institution verwiesen.
Daraufhin nahm er Malunterricht und schloss eine Lehre beim Lithographen und Vedutenmaler Peter Steiger ab. 1837-1838 verfolgte er weiter den künstlerischen Pfad, nun jedoch war Rudolf Meyer sein Lehrmeister, bei welchem er auf sein Kunststudium hinarbeitete. Dieses Studium begann er im April 1840 in München, brach es jedoch schon 1842 nach einem ergebnislos scheinenden Aufenthalt wieder ab.
Nach seinem Aufenthalt in München kehrte er nach Zürich zurück, um sich ganz der Kunst des Dichtens hinzugeben. Er veröffentlichte erste Gedichte, nahm Anteil an den gesellschaftlichen Prozessen seiner Zeit (Vormärz) und veröffentlichte unter anderem auch die gesammelten Gedichte 1846. Bis zum Jahre 1848 lebte Gottfried bei seiner Mutter. Nach seinem Scheitern in München verspürte er nur noch wenig Lust zum Malen und versuchte sich eher beiläufig und durch Zufall als Dichter. So entstanden auch die ersten Entwürfe zum Grünen Heinrich, der nach gründlicher Umformung in der zweiten Fassung schließlich zu einem der wichtigsten Bildungsromane der deutschen Sprache wurde, vergleichbar in seiner Bedeutung mit Wilhelm Meister von Goethe und Maler Nolten von Mörike. Neben dem Schreiben und Denken setzte er sich politisch ein, schrieb Gedichte und politische Tageslyrik und beteiligte sich im Vorfeld des Sonderbundskrieges an den Freischarenzügen gegen Luzern (1844 und im März des Jahres 1845), wobei es aufgrund der Jesuitenfrage zu offenen Kämpfen zwischen der konservativen Regierung und der radikalen Opposition kam. Keller gefiel sich in dieser rebellischen Rolle eines radikalen Demokraten und belegte alles Konservative mit glühendem Hass.
1845 wendete sich Gottfried Keller ganz von der Malerei ab, und abgesehen von dem wenigen Geld, das er sich durch Publikationen verdient hatte, lebte er noch immer vom Geld seiner Mutter. Später verliebte sich Gottfried Keller unglücklich in Marie Melos, die Schwägerin von Ferdinand Freiligrath. 1847 verliebt er sich in Luise Rieter, auch diese Liebe blieb unerwidert. Auch Johanna Kapp, die eine Cousine von Raphael Rosenzweig, einem engen Freund von Gottfried Keller, war, tat es ihren Vorgängerinnen gleich und erwiderte seine Zuneigung nicht (1849).
Siehe auch: Düsseldorf-Bilk.
1861 bis 1876 rückten seine literarischen Interessen in den Hintergrund, da er als erster Staatsschreiber der Zürcher Regierung arbeitete. Zu dieser Zeit, im Jahre 1864, durchbrach der Tod der Mutter Kellers das routinierte Leben. 1869 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Universität Zürich, was nur einen Teilaspekt seiner Ehrungen widerspiegelt (z. B. steht in Glattfelden zu seiner Erinnerung auch das Gottfried Keller Zentrum). Fünf Jahre später schrieb er die Fortsetzung des erfolgreichen ersten Bandes der Leute von Seldwyla.
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1878 veröffentlichte Keller die Züricher Novellen in zwei Bänden und 1884 Das Sinngedicht, worauf wenig später sein Alterswerk Martin Salander folgte, das gleichzeitig eine kritische Betrachtung der Gesellschaft widerspiegelt und darüber hinausgeht.
Seine Schwester Regula starb noch vor ihm. Gottfried Keller verstarb am 15. Juli 1890 in Zürich, er wurde 70 Jahre alt. Sein Grab findet sich auf dem Friedhof Sihlfeld; ein grosser Teil seines Nachlasses in der Zentralbibliothek Zürich.
Sein gesamtes Leben litt er darunter, dass er zwar einen normal grossen Oberkörper, jedoch proportional zu kurze Beine hatte. So wirkte er zwar im Sitzen gross, im Stehen jedoch sehr klein (ein „Sitzriese“ - vergleiche Bild oben rechts). Dies und die damit verbundenen Zurückweisungen sind vermutlich ein Grund für Kellers „Aggressivität“.
[Bearbeiten] Werke
Buchveröffentlichungen nach Erscheinungsjahr
- 1846: Gedichte
- 1851: Neuere Gedichte
- 1853-55: Der grüne Heinrich, Erstfassung des Romans
- 1856: Die Leute von Seldwyla, Teil I des Novellenzyklus mit den Erzählungen:
- Pankraz, der Schmoller
- Romeo und Julia auf dem Dorfe
- Frau Regel Amrain und ihr Jüngster
- Die drei gerechten Kammmacher
- Spiegel, das Kätzchen. Ein Märchen.
- 1872: Sieben Legenden, Novellenzyklus
- 1873-74 Die Leute von Seldwyla, Teil I des Zyklus unverändert, Teil II mit den Erzählungen:
- Kleider machen Leute
- Der Schmied seines Glückes
- Die mißbrauchten Liebesbriefe
- Dietegen
- Das verlorene Lachen
- 1877: Züricher Novellen, Novellenzyklus mit den Erzählungen:
- 1879-80: Der grüne Heinrich, Endgültige Fassung des Romans
- 1881: Das Sinngedicht, Novellenzyklus
- 1883: Gesammelte Gedichte
- 1886: Martin Salander, Roman
- 1889: Gesammelte Werke in zehn Bänden
[Bearbeiten] Literatur
[Bearbeiten] Bibliografie und Forschungsberichte
- C.E. Zippermann, Gottfried Keller Bibliographie 1844–1934; Zürich 1935
- W. Preisendanz, Die Keller-Forschung der Jahre 1939–1957; in: GRM, N.F. 39 (1958), 144–178
- F. Martini, Forschungsbericht zur deutschen Literatur in der Zeit des Realismus; in: ders., Deutsche Literatur im bürgerlichen Realismus; Stuttgart (1962), 4.Aufl. 1981, 43–56
- H. Aust, Bürgerlicher Realismus. Forschungsbericht II; in: WW, 35 (1985), 72–85
[Bearbeiten] Periodikum
- Jahresbericht der Gottfried-Keller-Gesellschaft,
[Bearbeiten] Biografien
- E. Ackerknecht, Gottfried Keller. Geschichte seines Lebens; o. O. 1939; ern. Frankfurt a.M. 1948
- W. Baumann, Gottfried Keller. Leben, Werk, Zeit; München u. Zürich 1986
- H. Boeschenstein, Gottfried Keller. Grundzüge seines Lebens und Werkes; Bern 1948
- B. Breitenbruch, Gottfried Keller (in Selbstzeugnissen u. Bilddokumenten), Reinbek 1968
- E. Ermatinger, Gottfried Kellers Leben, Briefe und Tagebücher. Auf Grund der Biographie Jakob Baechtolds dargestellt; 3 Bde.; Bd.1: Gottfried Kellers Leben, Bd.2: Briefe und Tagebücher 1830-1861, Bd.3: Briefe und Tagebücher 1861-1890; Stuttgart u. Berlin 1915/16; Zürich, 8. Aufl. 1950 [nur vorm. Bd. 1]
- G. Kaiser, Gottfried Keller. Das gedichtete Leben; Frankfurt a.M. 1981, ern. 1987
- W. Muschg, Umriß eines Gottfried-Keller-Portraits; in: ders., Gestalten und Figuren, Bern u. München. 1968, 148–208
- ders., Gottfried Keller; München 1977, ern. Frankfurt a.M. 1980
- W. Preisendanz, Gottfried Keller; in: B. v. Wiese (Hg.), Deutsche Dichter des 19. Jahrhunderts, Berlin, 2. Aufl. 1979, 508–531
[Bearbeiten] Sekundärliteratur
- W. Benjamin, Gottfried Oser; in: Die Literarische Welt, 5. August 1927; auch in: ders., Gesammelte Werke, hg. v. R. Tiedemann u. H. Schweppenhäuser, Bd. 2/3, Frankfurt a.M. 1977, 283–294
- B. Böschenstein, Gottfried Keller, Stuttgart, 2. Aufl. 1977
- H. Bracher, Rahmenerzählung und Verwandtes bei G.Keller, C.F.Meyer und Th.Storm. Ein Beitrag zur Technik der Novelle; Hildesheim 1975
- M. Davidis, Der Verlag von Wilhelm Hertz. Beitrag zu einer Geschichte der Literaturvermittlung im 19. Jahrhundert, insbesondere zur Verlagsgeschichte der Werke von Paul Heyse, Theodor Fontane und Gottfried Keller; Frankfurt a.M. 1982
- Gerlach, Henry, Gottfried Oser Bibliographie, Tübingen 2003
- A. Ehrensperger, Individuum und öffentliche Gemeinschaft bei Gottfried Keller; Zürich 1972
- U. Eisenbeiß, Didaktik des novellistischen Erzählens im bürgerlichen Realismus; (Habil.Schr. Regensburg 1982), Frankfurt a.M. u. a. 1985
- K. Fehr, Aufschlüsse und Deutungen; Bern u. München 1972
- I. Graichen, Der frühe Gottfried Keller. Menschenbild und poetische Konzeption; Oberwil a.M. 1979
- Th. Grossenbacher, Studien zum Verhältnis von Literatur und Moral an ausgewählten Werken des schweizerischen bürgerlichen Realismus; Bern 1984
- Antje Harnisch, Keller, Raabe, Fontane. Geschlecht, Sexualität und Familie im bürgerlichen Realismus; Frankfurt a. M.: Lang 1994 (= Forschungen zur Literatur- und Kulturgeschichte, Bd. 46)
- G.K. Hart, Readers and their fictions in the novels and novellas of Gottfried Keller; Chapel Hill 1989
- B. Hauschild, Geselligkeitsformen und Erzählstruktur. Die Darstellung von Geselligkeit und Naturbegegnung bei G.Keller und Th. Fontane; Frankfurt a.M. 1981
- A. Hauser, Gottfried Keller. Geburt und Zerfall der dichterischen Welt; Zürich 1959
- F. Hildt, Gottfried Keller Literarische Verheißung und Kritik der bürgerlichen Gesellschaft im Romanwerk; Bonn 1978
- B. Hillebrand, Mensch und Raum im Roman. Studien zu Keller, Stifter, Fontane; München 1971
- J. Hörisch, Gott, Geld und Glück. Zur Logik der Liebe in den Bildungsromanen Goethes, Kellers und Thomas Manns; Frankfurt a. M. 1983
- G. Imboden, Gottfried Kellers Ästhetik auf der Grundlage der Entwicklung seiner Naturvorstellung. Studie zur Begründung der geometrischen Struktur in der Novellistik; Frankfurt a.M. u. a. 1975
- K. Jeziorkowski, Literarität und Historismus. Beobachtungen zu ihrer Erscheinungsform im 19. Jahrhundert am Beispiel Gottfried Kellers, Heidelberg 1979
- G. Kaiser, Gottfried Keller. Eine Einführung; Zürich u. München 1985
- M. Kaiser, Literatursoziologische Studien zu Gottfried Kellers Dichtung; Bonn, 2. Aufl. 1968
- U. Lemm, Die literarische Verarbeitung der Träume Gottfried Kellers in seinem Werk; Bern u. Frankfurt a.M. 1982
- K.T. Locher, Gottfried Keller. Der Weg zur Reife; Bern u. München 1969
- ders., Gottfried Keller. Welterfahrung, Werkstruktur und Stil, Bern 1985
- G. Lukács, Gottfried Keller; Berlin 1946; auch in: ders., Deutsche Realisten des 19. Jahrhunderts, Berlin 1952, 147–230
- F. Martini, Gottfried Keller; in: ders., Deutsche Literatur im bürgerlichen Realismus, Stuttgart 1962, 4. Aufl. 1981, 557–610
- W. Menninghaus, Artistische Schrift. Studien zur Kompositionskunst Gottfried Kellers; Frankfurt a.M. 1982
- K.-D. Metz, Korrespondenzen. Der Brief in Gottfried Kellers Dichtung; Frankfurt a.M. u. a. 1984
- K. Moormann, Subjektivismus und bürgerliche Gesellschaft. Ihr geschichtliches Verhältnis im frühen Prosawerk Gottfried Kellers; München u. Bern 1977
- B. Neumann, Gottfried Keller Eine Einführung in sein Werk; Königstein/Taunus 1982
- R. Obermaier, Stadt und Natur. Studie zu Texten von A. Stifter und G. Keller, Frankfurt a.M. u. a. 1985
- W. Preisendanz, Gottfried Keller; in: ders., Humor als dichterische Einbildungskraft, München 1963, 143–213
- H. Richartz, Literaturkritik als Gesellschaftskritik. Darstellungsweise und politisch-didaktische Intention in Gottfried Kellers Erzählkunst; Bonn 1975
- H. Richter, Gottfried Kellers frühe Novellen; Berlin, 2. Aufl. 1966
- J. Rothenberg, Gottfried Keller Symbolgehalt und Realitätserfassung seines Erzählens; Heidelberg 1976
- K. Sandberg Russell, Das Problem der Identität in Gottfried Kellers Prosawerk; Bern 1981
- H. Steinecke (Hg.), Zu Gottfried Keller; Stuttgart 1984
- K. Szmekus, Gesellschaftlicher Wandel und sprachliche Form. Literatursoziologische Studie zur Dichtung Gottfried Kellers; Stuttgart 1969
- F.T. Vischer, Gottfried Keller. Eine Studie; in: ders., Altes und Neues, 2. Heft, Stuttgart 1881, 135–216
- C. Winter, Gottfried Keller. Zeit – Geschichte – Dichtung; Bern u. München 1964
[Bearbeiten] Sekundärliteratur zu einzelnen Werken (Auswahl)
- H.E. Giehrl, Gottfried Keller: „Kleider machen Leute“; in: J.Lehmann (Hg.), Deutsche Novellen von Goethe bis Walser. Interpretationen für den Literaturunterricht. Bd. 1. Regensburg 1980
- Andrea Rudolph: Ideale Polenbilder als Kritik an der Moderne. Gottfried Kellers „Kleider machen Leute“; in: Andrea Rudolph, Ute Scholz (Hg.): Ein weiter Mantel. Polenbilder in Gesellschaft, Politik und Dichtung, Dettelsbach 2002.
- G. Gullaksen, Gottfried Kellers Roman „Der grüne Heinrich“. Entwicklung und Bildung im Spiegel der Erzählweise; Bergen 1982
- T. Heckendorn, Das Problem des Selbst in Gottfried Kellers Grünem Heinrich; Bern u. a. 1989
- C. Heselhaus, Nachwort zu Keller, „Der grüne Heinrich“; München 1977
- F. Hunziker, Glattfelden und Gottfried Kellers „Grüner Heinrich“; Zürich und Leipzig 1911
[Bearbeiten] Weblinks
Commons: Gottfried Keller – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
Wikisource: Gottfried Keller – Quellentexte |
- Literatur von und über Gottfried Keller im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von Gottfried Keller als Online-Texte im Projekt Gutenberg-DE (mit Einführung)
- www.gottfriedkeller.ch
- LiTLiNks zu Gottfried Keller
- Werke von Gottfried Keller im Literaturnetz
- Gottfried-Keller-Zentrum Glattfelden
- www.germa.unibas.ch
- www.ub.fu-berlin.de/ Linksammlung der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin
- „Kleider machen Leute“ als kostenloses Hörbuch (ungekürzt) bei Librivox
- Biographie in der ADB Bd. 51, S. 486-505, Bd. 55, S. 895 Korrektur
Personendaten | |
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NAME | Keller, Gottfried |
KURZBESCHREIBUNG | Schweizer Schriftsteller und Dichter |
GEBURTSDATUM | 19. Juli 1819 |
GEBURTSORT | Zürich, Schweiz |
STERBEDATUM | 15. Juli 1890 |
STERBEORT | Zürich, Schweiz |