Haptische Wahrnehmung
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Als haptische Wahrnehmung (griech.: haptikos = greifbar, deutsch Tastsinn) bezeichnet man eine Sinneswahrnehmung von Lebewesen, mit der bestimmte mechanische Reize wahrgenommen werden können. Die Gesamtheit der haptischen Wahrnehmungen erlaubt es dem Gehirn, Berührungen, Druck und Temperaturen zu lokalisieren und zu bewerten. Es wird unterschieden zwischen
- taktiler Wahrnehmung (Oberflächensensibilität) und
- kinästhetischer Wahrnehmung (Tiefensensibilität, Propriozeption).
Die Lehre von der haptischen Wahrnehmung wird als Haptik bezeichnet. In der Neurologie bezeichnet der Begriff Haptik die aktive taktile Exploration einer Oberfläche (im Gegensatz zur Wahrnehmung rein mechanischer Reizeinwirkungen wie Druck oder Berührung).
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[Bearbeiten] Säugetiere
Der Tastsinn der Säugetiere beschreibt die Wahrnehmung mechanischer Umwelteinflüsse über verschiedene Mechanorezeptoren der Haut oder besondere Tasthaare (Vibrissen). Die mit den haptischen Wahrnehmungen verbundenen Informationen ermöglichen es dem Gehirn, Berührungen, Drücke und Temperaturen zu lokalisieren und zu bewerten. Die Aufnahmekapazität (beim Menschen) beträgt pro Sekunde etwa 1 Million Bit.
Die Weiterleitung der verschiedenen Reize geschieht über unterschiedlich schnelle Nervenzellen. Durch Verschaltungen wird eine Habituation ermöglicht, die es gestattet, überflüssige Informationen (beim Menschen z. B. durch die Kleidung) zu unterdrücken, welche sonst eine "Überlastung des Systems" hervorrufen würden.
Im Einzelnen werden unterschieden:
Qualität | Rezeptor | Charakter | Adaptation |
Druck | Merkel-Zellen, Ruffini-Körperchen | Intensitätsdetektoren (Proportional) | langsam |
Berührung | Meissner-Körperchen, Haarfollikelrezeptoren | Geschwindigkeitsdetektoren (Differential) | schnell |
Vibrationen | Vater-Pacini-Körperchen | Beschleunigungsdetektoren | sehr schnell |
Schmerz | Freie Nervenendigung (Nozizeptor) | nicht adaptierend | |
Temperatur | Warm-Rezeptor und Kalt-Rezeptor | Proportional und Differenzial | Adaptation zwischen 20 und 40 Grad Celsius |
Adaptation bedeutet im Zusammenhang mit obigen Rezeptoren das Verhalten der Antwortrate der Zellen bei einem bestimmten Reiz. Die Rezeptoren wandeln den mechanischen Reiz in ein elektrisches Signal (Aktionspotential), welches sie über nachgeschaltete Nervenfasern weiterleiten. Die Information wird dabei über die Frequenz der Aktionspotentiale (die „Feuerrate“) kodiert. Adaptiert ein Rezeptor schnell, dann weist er immer, wenn sich ein mechanischer Reiz ändert, kurzzeitig eine hohe Feuerrate auf. Verändert sich die Reiz hingegen nicht (obwohl er noch vorhanden ist und weiter mechanische Kraft auf die Haut auswirkt), feuert der Rezeptor kaum. Dadurch kann die dynamische Qualität eines Reizes - also seine zeitliche Änderung - wahrgenommen werden. Dies spielt v. a. beim Betasten von Dingen oder bei der Bewegungswahrnehmung eine Rolle.
Ein langsam adaptierender Rezeptor feuert immer dann stark, wenn ein mechanischer Reiz vorhanden ist. Diese hohe Feuerrate bleibt während der gesamten Reizdauer (unabhängig davon, ob sich der Reiz beispielsweise bewegt) erhalten und wird mit Beendigung des Reizes gesenkt. Somit kann die tonische Qualität eines Reizes wahrgenommen werden. Das ist z. B. wichtig, wenn wir etwas festhalten.
Alle Mechanorezeptoren (Vater-Pacini-, Meißner-, Ruffinikörper sowie Merkel-Scheiben) sind hoch sensitiv bzw. haben eine niedrige Auslöseschwelle. D. h. sie werden bereits bei sehr schwachen Reizen aktiv. Zudem sind sie verkapselt, also myelinisiert. Die Nozi- und Thermorezeptoren sind hingegen in der Regel nicht oder nur sehr schwach myelinisiert.
Die haptische Wahrnehmung ist für Säugetiere von Bedeutung, weil sie ihnen ermöglicht, auf Gefahren zu reagieren. Die Rezeptoren sind im Körper unterschiedlich dicht verteilt. An den Fingerspitzen und der Zungenspitze sind sie besonders dicht (1-5 mm Abstand) und am Rücken (> 60 mm) sehr weit voneinander angeordnet.
Genaugenommen gibt es aber nicht eines, sondern mehrere haptische Wahrnehmungssysteme. Schon der Tastsinn teilt sich in zwei Systeme auf. Nervenreize über Vibration, Berührung und Druck wandern auf derselben Körperseite im Hinterstrang des Rückenmarks zum Gehirn (Lemniskales System), während Nervenreize über Schmerz und Temperatur auf der gegenüberliegenden Seite des Rückenmarks im Tractus spinothalamicus zum Gehirn gelangen. Im Großhirn werden haptische Informationen im Somatosensorischen Cortex verarbeitet und damit bewusst wahrgenommen.
Durch den Tastsinn können Reflexe ausgelöst werden. Ein Beispiel wäre ein Stachel, der rechtzeitig gespürt wird, um sich zurückzuziehen.
[Bearbeiten] Fische
Fische besitzen einen Ferntastsinn durch ihre Seitenlinienorgane. Diese bestehen aus Sinneszellen, die in Reihen an der Oberfläche seitlich in Hautkanälchen liegen. Sie beginnen am Kopf und setzen sich als Seitenlinie am Rumpf fort. Im Inneren des Kanals sind Sinneszellen, durch Poren steht der Kanal mit dem umgebenden Wasser in Verbindung. Die Seitenlinienorgane reagieren auf den Staudruck des Wassers. Dies informiert den Fisch über Richtung und Geschwindigkeit des Wassers.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Weblinks
Die fünf Sinne: Geruchssinn | Gesichtssinn | Hörsinn | Tastsinn: Oberflächensensibilität - Tiefensensibilität | Geschmackssinn
Weitere: Gleichgewichtssinn | Zeitsinn | Magnetsinn