Haus Burgund
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Das Haus Burgund (frz. la maison de Valois-Bourgogne) war ein Seitenzweig des französischen Königshauses Valois, der im Spätmittelalter zahlreiche Territorien beiderseits der deutsch-französischen Grenze zu einem weitgehend geschlossenen Länderkomplex unter seiner Herrschaft vereinigen konnte. Zeitweise gehörten die Herzöge von Burgund zu den mächtigsten Fürsten Europas. Obwohl sie für den westlichen Teil ihres Herrschaftsgebiets dem König von Frankreich und für den östlichen dem römisch-deutschen Kaiser lehnspflichtig waren, traten sie de facto als unabhängige Fürsten auf. Der Versuch, ein eigenständiges Königtum zu errichten, scheiterte jedoch mit dem Tod Karls des Kühnen 1477, des letzten Burgunderherzogs aus dem Haus Valois.
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[Bearbeiten] Überblick
1363 wurde Philipp der Kühne von seinem Vater, dem französischen König Johann dem Guten mit Burgund belehnt. Durch Erbschaft und Kauf erwarb dieser die Freigrafschaft Burgund sowie Flandern. Sein Enkel Philipp der Gute konnte bis 1433 auch das Erbe der Wittelsbacher am Niederrhein (Holland, der damit verbundene Hennegau sowie Zeeland), und das Erbe der 1438 ausgestorbenen Luxemburger (Luxemburg, Limburg sowie vor allem Brabant) an sich bringen. 1435 wurde auch noch die Picardie erworben und die burgundische Lehnsabhängigkeit vom römisch-deutschen Kaisertum beendet.
Nachdem sich Philipp in den französischen Thronwirren (Hundertjähriger Krieg) 1420 mit dem Vertrag von Troyes der englischen Partei anschloss, gelang es ihm in Folge, auch sein Lehnsverhältnis zu Frankreich hinfällig zu machen. Zudem war dieses Bündnis mit England der entscheidende Schritt zu einer unabhängigen Großmachtpolitik: sein Vater Johann Ohnefurcht hatte noch als Haupt der Bourguignons vergeblich versucht, die Regierung über Frankreich zu erlangen und war am Widerstand der Armagnacs gescheitert. Der Konflikt mit den Valois blieb aber trotz der formellen Aussöhnung mit König Karl VII. im Vertrag von Arras (1435) bestehen.
Sein Sohn Karl der Kühne galt seinen Zeitgenossen als Idealbild des Ritters und war auch ständig in Kämpfe verwickelt. Mit der Verpfändung Vorderösterreichs durch Sigmund von Österreich 1469 und dem Erwerb des Gelderlandes 1473 erreichte der Länderkomplex schließlich seine größte Ausdehnung. Mit Kaiser Friedrich III. verhandelte er über die Erhebung zum König - Friedrich forderte als Preis die Hand von Karls Tochter Maria für seinen Sohn Maximilian. Nach der erfolglosen Belagerung von Neuss 1474 willigte Karl schließlich ein (den Nutzen hatte allerdings wegen seines frühen Tods das Haus Habsburg).
Karls nächstes Ziel war die Vereinigung der burgundischen Oberlande mit den Niederlanden. Der burgundische Länderkomplex zerfiel nämlich in die Oberen Lande (das eigentliche Burgund und die Freigrafschaft) und die Niederen Lande - die eben danach genannten Niederlande. 1475 unternahm Karl der Kühne den Versuch, durch die Eroberung Lothringens eine Landverbindung zwischen diesen Teilen zu schaffen - dies rief allerdings die Eidgenossen auf den Plan (siehe Burgunderkriege). 1477 fiel Karl in der Schlacht bei Nancy. Mit ihm starb dieses Geschlecht ebenso jäh aus, wie es zuvor aufgestiegen war - ein Schicksal, das an die kometenhafte Karriere der Luxemburger erinnert, zumal auch das Haus Burgund von den Habsburgern beerbt wurde. Durch die Heirat Maximilians mit Maria von Burgund konnte er das Erbe für ihren gemeinsamen Sohn Philipp den Schönen fordern und setzte sich gegen den französischen König Ludwig XI. 1479 in der Schlacht bei Guinegate durch. Frankreich erhielt aber immerhin das eigentliche Burgund und die Picardie. Damit fiel die Hauptstadt Dijon an Frankreich und die Residenz wurde nach Brüssel verlegt. Mit ihrem burgundischen Erbe stiegen die Habsburger abrupt zu europäischer Geltung auf und waren fortan auch als Haus Österreich und Burgund bekannt. Der durch sie fortgesetzte Konflikt mit Frankreich (Habsburgisch-Französischer Gegensatz) sollte bis 1756 andauern.
Am burgundischen Hof in Dijon erlebte die ritterliche Kultur nochmals einen späten Höhepunkt. Das burgundische Hofzeremoniell (das von den Habsburgern nach Spanien importiert wurde und von da an Spanisches Hofzeremoniell genannt wurde) blieb in den folgenden Jahrhunderten Modell für alle absolutistischen Fürstenhöfe. In Flandern erlebte die Kunst eine beispielhafte Hochblüte, vor allem in der Malerei, wo die Brüder van Eyck und Rogier van der Weyden völlig neue Wege gingen.
Die Insignien der Herzöge und des von Philipp dem Guten 1430 gestifteten Orden vom Goldenen Vlies liegen in der Schatzkammer der Hofburg in Wien.
[Bearbeiten] Herzöge von Burgund
Die Herzöge von Burgund waren:
- Philipp der Kühne 1363-1404
- Johann Ohnefurcht 1404-1419
- Philipp der Gute 1419-1467
- Karl der Kühne 1467-1477
[Bearbeiten] Literatur
- Johan Huizinga: Herbst des Mittelalters
- Joseph Calmette: Die großen Herzöge von Burgund, München 1963