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Henning von Tresckow

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Henning Hermann Robert Karl von Tresckow (* 10. Januar 1901 in Magdeburg; † 21. Juli 1944 in Ostrow bei Białystok, Polen) war Generalmajor der Deutschen Wehrmacht sowie tätig im militärischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

[Bearbeiten] Kindheit und Jugend

Henning von Tresckow stammte aus einer alten preußischen Adelsfamilie, die auf eine lange Reihe von Offizieren in den verschiedensten Heeren zurückblicken konnte. Sein Vater war bei der Kaiserkrönung im Spiegelsaal von Versailles zugegen gewesen und hatte es in der kaiserlichen Armee bis zum General der Kavallerie gebracht.

Der am 10. Januar 1901 geborene Henning wuchs in dieser monarchisch geprägten Umgebung auf dem väterlichen Gut Wartenberg - das auch bis in den Zweiten Weltkrieg hinein für ihn einen wichtigen Rückhalt darstellte - auf. Er wurde zunächst mit seinem Bruder von einem Privatlehrer, später im Realgymnasium des Alumnats des Klosters Loccum unterrichtet und trat nach seinem Notabitur 1917 in die kaiserliche Armee ein.

[Bearbeiten] Karriere

Bereits im Juni 1918 wurde von Tresckow zu einem der jüngsten Leutnants der Truppe ernannt, im Juli 1918 erhielt er das Eiserne Kreuz. Am 11. Dezember 1918 wurde Tresckows Regiment aufgelöst, er blieb jedoch noch bis zum November 1920 Offizier der Reichswehr.

Nun begann jedoch eine bemerkenswerte Episode in seinem Leben, die ihn später von den meisten Offizieren im Generalstab unterscheiden sollte: Er begann ein Studium, trat Anfang 1923 in ein Bankhaus ein und arbeitete an der Börse. 1924 begann er eine Weltreise, die er aber abbrechen musste, um mit seinem Vermögen das Familiengut zu retten. Er wurde Geschäftsführer einer kleinen Fabrik, heiratete am 18. Januar 1926 Erika von Falkenhayn, Tochter Erich von Falkenhayns und trat 1926 wieder in die Reichswehr ins Infanterie-Regiment 9 ein, das in Potsdam stationiert war.

Von Tresckow sah den Versailler Vertrag als Schmach für Deutschland an und betrachtete deshalb den Aufstieg der Nationalsozialisten in der Weimarer Republik zunächst mit Wohlwollen. Erste Bedenken gegen diese Bewegung kamen dem am 1. Mai 1934 zum Hauptmann beförderten von Tresckow wohl erst in Folge des Röhm-Putsches, den er als Bruch jeden Rechtsgrundsatzes verurteilte.

Von 1934 bis 1936 absolvierte von Tresckow die Kriegsakademie und galt als der bei weitem Beste seines Jahrgangs. Im September 1936 trat er seine neue Stelle in der 1. Abteilung des Generalstabs im Reichsministerium an. Er erkannte in dieser Stellung die militärischen Kräfte Deutschlands in einem Zwei-Fronten-Krieg im Osten und Westen als unzureichend, was aus seiner Sicht das Reich zu einer Politik des Friedens verpflichtete. Erstmals bekam von Tresckow so zumindest teilweise Einblick in Hitlers außenpolitische Ziele und erkannte sie als ein für das Reich äußerst gefährliches Vabanquespiel, da naheliegende Gegenzüge der mächtigen Nachbarstaaten in der Planung einfach übergangen wurden.

Der nächste Schritt, der von Tresckow vom NS-Regime innerlich weiter entfernte, war die Blomberg-Fritsch-Krise im Februar 1938. In der Folge hatte er erstmals Kontakt mit oppositionell eingestellten militärischen wie zivilen Kreisen im Umfeld des späteren Generalfeldmarschall Erwin von Witzleben.

[Bearbeiten] Der Zweite Weltkrieg

Ab 1939 diente Tresckow als 1. Generalstabsoffizier der 118. Infanteriedivision und verdiente sich in dieser Tätigkeit das Eiserne Kreuz Erster Klasse. Ab 1940 war Tresckow 1. Generalstabsoffizier (Ia) des Stabes der Heeresgruppe B. Er erfuhr von Judenerschießungen durch die Einsatzgruppen der SS und vom „Kommissarbefehl“. Tresckow versuchte mehrmals vergeblich seinen Onkel, Generalfeldmarschall Fedor von Bock, davon zu überzeugen offiziellen Protest gegen den Befehl einzulegen.

Im September 1941, nachdem Tresckow zunehmend auch Berichte über die Zustände in den Konzentrationslagern bekommen hatte, nahm er Kontakt zur Berliner Widerstandsgruppe um Ludwig August Theodor Beck, Carl Friedrich Goerdeler und Hans Oster auf.

Tresckows höchste Auszeichnung: Das Deutsche Kreuz in Gold
Tresckows höchste Auszeichnung: Das Deutsche Kreuz in Gold

Am 1. April 1942 wurde Tresckow zum Oberst im Generalstab in der Heeresgruppe Mitte ernannt und erhielt am 2. Januar 1943 das Deutsche Kreuz in Gold. In dieser Stellung entwarf er verschiedene Attentatspläne mit der Pistole oder mit Sprengstoff. Zusammen mit Fabian von Schlabrendorff schmuggelte Tresckow am 13. März 1943 ein als Cognacflaschen getarntes Sprengstoffpaket in Hitlers Flugzeug, doch die eingeweihten Mitverschwörer in Berlin warteten vergeblich auf die Meldung vom Absturz Hitlers. Das Päckchen mit dem Sprengstoff wurde im Frachtraum des Flugzeuges transportiert, wo es vereiste und der Zündmechanismus versagte.

Wenige Tage später ergab sich eine zweite Gelegenheit. Tresckow war es nach einer langen Unterredung mit Rudolf Christoph Freiherr von Gersdorff gelungen, ihn zu einem Selbstmordattentat zu bewegen. Er sagte zu, sich bei der Eröffnung einer Ausstellung russischer Beutewaffen am 21. März 1943 in Berlin mit Hitler in die Luft zu sprengen. Er versteckte einen Sprengstoffgürtel unter seinem Mantel, der nach etwa 10 Minuten detonieren sollte. Doch Hitler zeigte an der Ausstellung überraschend wenig Interesse und verließ diese bereits nach zwei Minuten. Gersdorff gelang es im letzten Moment, den Säurezünder auf der Toilette unbemerkt zu entschärfen.

Im August und September 1943 gelang es Tresckow zusammen mit Claus Graf Schenk von Stauffenberg, die Befehle der „Operation Walküre“ (ursprünglich ein militärischer Einsatzplan für das „Ersatzheer“ in der Heimat im Falle innerer Aufstände von Zwangarbeitern) so zu manipulieren, dass die in den Plänen vorgesehenen Einheiten im Sinne der Verschwörer agierten. Damit sollte der Putsch quasi auf offiziellem Dienstweg verordnet werden. Die Chancen einer erfolgreichen Übernahme der Staatsgewalt waren jetzt deutlich gestiegen. Allerdings fehlte zur Ausführung nach wie vor ein entschlossener Attentäter.

Tresckow selbst hatte keinen Posten, der ihm ungehinderten Zugang zu Hitler ermöglicht hätte. Zunächst wurde er im Oktober 1943 Kommandeur eines Grenadierregiments, am 20. November des gleichen Jahres dann Chef des Stabes der 2. Armee. In dieser Stellung war er von den Vorgängen in Berlin eher isoliert und Stauffenberg wurde zum neuen Zentrum der Verschwörer.

1944 wurde er zum Generalmajor ernannt. Neben Stauffenberg war er die treibende Kraft hinter dem Umsturzplan des 20. Juli 1944. Jedoch wurde er kurz vor der Ausführung des Anschlags an die Ostfront abkommandiert und konnte so nicht aktiv am Umsturz teilnehmen. Als er am 21. Juli 1944 vom Scheitern des Attentats erfuhr, beging er mit einer Handgranate Selbstmord.

[Bearbeiten] Der 20. Juli 1944

„Das Attentat muss erfolgen, coûte que coûte. Sollte es nicht gelingen, so muss trotzdem in Berlin gehandelt werden. Denn es kommt nicht mehr auf den praktischen Zweck an, sondern darauf, dass die deutsche Widerstandsbewegung vor der Welt und vor der Geschichte den entscheidenden Wurf gewagt hat. Alles andere ist daneben gleichgültig.“

Henning von Tresckow: Nachricht an Stauffenberg, Sommer 1944 (Zitiert nach dem Bericht Schlabrendorffs nach dem Krieg)

Im Juni und Juli 1944 hatte der inzwischen zum Generalmajor ernannte Tresckow an der Ostfront auf seinem Posten alle Hände voll zu tun, er erfuhr erst am Nachmittag des 20. Juli 1944 von dem Attentat Stauffenbergs und dass dieses offenbar gescheitert sei. Gewissheit erlangte er erst gegen Mitternacht, als er über die Rede Hitlers im Rundfunk informiert wurde.

Um nicht bei der erwarteten Untersuchung die Namen weiterer Beteiligter preisgeben zu müssen, entschloss sich Tresckow zum Selbstmord. Er fuhr am Morgen des 21. Juli an die Front und nahm sich mit einer Gewehrgranate das Leben. Sein Leichnam wurde zunächst nach Wartenberg überführt und dort beerdigt, da seine Verstrickung in die Verschwörung erst allmählich bekannt wurde. Ende August wurde der Sarg jedoch wieder ausgegraben und im Krematorium des KZ Sachsenhausen verbrannt.

„Jetzt wird die ganze Welt über uns herfallen und uns beschimpfen. Aber ich bin nach wie vor der felsenfesten Überzeugung, dass wir recht gehandelt haben. Ich halte Hitler nicht nur für den Erzfeind Deutschlands, sondern auch für den Erzfeind der Welt. Wenn ich in wenigen Stunden vor den Richterstuhl Gottes treten werde, um Rechenschaft abzulegen über mein Tun und mein Unterlassen, so glaube ich mit gutem Gewissen das vertreten zu können, was ich im Kampf gegen Hitler getan habe. Wenn einst Gott Abraham verheißen hat, er werde Sodom nicht verderben, wenn auch nur zehn Gerechte darin seien, so hoffe ich, dass Gott auch Deutschland um unsertwillen nicht vernichten wird. Niemand von uns kann über seinen Tod Klage führen. Wer in unseren Kreis getreten ist, hat damit das Nessushemd angezogen. Der sittliche Wert eines Menschen beginnt erst dort, wo er bereit ist, für seine Überzeugung sein Leben hinzugeben.“

Henning von Tresckow: mündlich am 21. Juli 1944 zu Schlabrendorff

[Bearbeiten] Ehrungen

Berliner Gedenktafel für Erich Hoepner und Henning von Tresckow (am Bundeshaus)
Berliner Gedenktafel für Erich Hoepner und Henning von Tresckow (am Bundeshaus)

Seine Heimatstadt Magdeburg hat eine Straße (Henning-von-Tresckow-Straße) nach ihm benannt.

Das Einsatzführungskommando der Bundeswehr befindet sich in der Henning-von-Tresckow-Kaserne im Wildpark Potsdam (zwischen Geltow und Potsdam).

In Oldenburg ist eine Fallschirmjäger-Kaserne nach Henning von Tresckow benannt.

Zahlreiche Straßen in Deutschland sind nach Tresckow benannt. In Stade ist ebenfalls eine Straße nach ihm benannt, bezeichnenderweise befindet sich diese auf dem Gelände der ehemaligen Kaserne der Stadt. An der Potsdamer Henning-von-Tresckow-Straße in Potsdam liegt ebenfalls eine ehemalige Kaserne, die Standort des Ersten Garde-Regiments zu Fuß war.

[Bearbeiten] Henning von Tresckow in Worten

Aussagen über Henning von Tresckow:

  • „Sie, Tresckow, werden einmal entweder Chef des Generalstabes werden oder als Revolutionär auf dem Schafott enden.“ (1918, Graf Eulenburg, Kommandeur Erstes Garde-Regiment zu Fuß)
  • „In ihm zeigten sich drei Eigenschaften, die einzeln so häufig und vereint so selten sind. Er war gut, klug und fleißig, und alles in Staunen erregendem Maße.“ (1941, F. v. Schlabrendorff über Tresckow als Ersten Generalstabsoffizier)
  • „Für mich gab es eigentlich nur einen einzigen Nachfolger in der Stellung des Chefs des Generalstabes. Ich muß es offen aussprechen: Es gab niemand anders als Tresckow, der der Lage des Zweiten Weltkrieges gewachsen wäre.“ (ca. 1946, Generaloberst Franz Halder, ehem. Chef des Generalstabes des Heeres)

Aussagen von Henning von Tresckow:

  • „Hitler ist ein tanzender Derwisch. Man muß ihn totschießen.“ (1938)
  • „Die Alliierten müssen schon mit dem Dummbeutel geschlagen sein, wenn sie nicht erkannt haben, dass Deutschlands Militär ohne Hitler stärker ist, als mit.“
  • Mitte Mai 1940, Frankreichfeldzug, persönlicher Befehl Hitlers an die Heeresgruppe A, mit der Masse der Panzerverbände sofort anzuhalten und nicht weiter nach Westen an die Küste vorzustoßen. Auf die Frage des OKH, wie die Heeresgruppe dabei den Begriff „Masse der anzuhaltenden Panzerverbände“ auslege, antwortet Tresckow: „Die rückwärtigen Dienste.“
  • „Befehle sind Gesetze für Dumme“ (1942)
  • „Warum gibt mir das Schicksal nicht die Gelegenheit, auf russischer Seite zu führen? Ich hätte Hitler schon längst geschlagen. Aber die Russen verlassen sich ausschließlich auf den Mut und die Fähigkeit ihrer Soldaten, Entbehrungen zu ertragen. Das ist zu wenig. Man muß im modernen Krieg auch etwas von Nachschub verstehen, und schließlich darf man nicht glauben, daß einem das Glück hold ist, wenn man ganz auf operative Ideen verzichtet.“ (1943)
  • „Die Welt muss von dem größten Verbrecher aller Zeiten befreit werden.“ (1943 zu Gersdorff kurz vor dem geplanten Selbstmordattentat auf Hitler)
  • „Wir werden unsere Untätigkeit vor dem Richterstuhl Gottes nie vertreten können. Wir haben nicht die Entschuldigung, Unteroffizier gewesen zu sein. Der Offizier steht – Fahneneid hin, Fahneneid her – über dem Befehl.“ (1942)
  • „Alle Generale sind Feiglinge“ und „So schlapp wie ein Feldmarschall“ (ca. 1943, nach vergeblichem Versuch, unter der Generalität weitere Anhänger eines Staatsstreiches zu finden)
  • Juni 1944, Hptm Stahlberg, Adjutant des Generalfeldmarschalls von Manstein:
„Ich fragte Henning von Tresckow, ob der denn eine Chance sehe, daß der Staatsstreich gelingen werde. „Mit größter Wahrscheinlichkeit wird alles schiefgehen“. „Und trotzdem?“ „Ja, trotzdem“.
Im Weitergehen sprach er vor sich hin, als wäre er alleine. Man müsse sich vorstellen, wie man in späteren Generationen die Weltgeschichte über uns Deutsche urteilen würde, wenn es in Deutschland nicht einmal eine Handvoll Männer gegeben hätte, die diesem Verbrecher in den Arm gefallen seien. Noch wüßten bis jetzt nur wenige Deutsche, welche unsagbaren Verbrechen von den Nazis verübt würden. Nur in den obersten Kommandobehörden sei das bisher bekannt. Eines Tages aber würden es alle erfahren. Und dann würden sie mit Recht über die herfallen, die davon gewußt haben und nichts getan haben, um es zu verhindern. „Deshalb muß Hitler umgebracht werden, coûte que coûte.“
Dann fragte Henning von Tresckow: „Wo steht Manstein, wenn Hitler tot ist?“
Ich sagte, ich sei sicher, er werde dort stehen, wo die Legalität sei.
„Für einen Feldmarschall ist das zu wenig.“
„Jetzt wird die ganze Welt über uns herfallen und uns beschimpfen. Aber ich bin nach wie vor der festen Überzeugung, daß wir recht gehandelt haben. Ich halte Hitler nicht nur für den Erzfeind Deutschlands, sondern auch für den Erzfeind der Welt.
Wenn ich in wenigen Stunden vor den Richterstuhl Gottes treten werde, um Rechenschaft abzulegen über mein Tun und Unterlassen, so glaube ich mit gutem Gewissen das vertreten zu können, was ich im Kampf gegen Hitler getan habe. Wenn einst Gott Abraham verheißen hat, er werde Sodom nicht verderben, wenn auch nur zehn Gerechte darin seien, so hoffe ich, daß Gott auch Deutschland um unsertwillen nicht vernichten wird.
Niemand von uns kann über seinen Tod Klage führen. Wer in unseren Kreis getreten ist, hat damit das Nessoshemd angezogen.
Der sittliche Wert eines Menschen beginnt erst dort, wo er bereit ist, für seine Überzeugung sein Leben hinzugeben.“
(21. Juli 1944)

[Bearbeiten] Literatur

  • Joachim Fest: Staatsstreich. Der lange Weg zum 20. Juli. Berlin 1994. (ISBN 3886808106 [gebunden], ISBN 3442721067 [broschiert])
  • Sigrid Grabner u. Hendrik Röder: Henning von Tresckow. Ich bin, der ich war. 2001.
  • Christoph von Lestocq: Soldat in drei Epochen. Eine Hommage an Henning von Tresckow. 1990.
  • Bodo Scheurig: Henning von Tresckow. Eine Biographie. Oldenburg/Hamburg 1973. (ISBN 3549072120)
  • Fabian von Schlabrendorff: Offiziere gegen Hitler. Neue, durchgesehene und erweiterte Ausgabe von Walter Bußmann. Berlin 1984.

[Bearbeiten] Siehe auch

Persönlichkeiten des 20. Juli 1944

[Bearbeiten] Weblinks

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