Karl Ernst (Politiker)
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Karl Ernst (* 1. September 1904 in Berlin-Wilmersdorf, † 30. Juni 1934 Berlin-Lichterfelde) war ein nationalsozialistischer Politiker, Gruppenführer der SA und ein Abgeordneter im Reichstag für die NSDAP.
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[Bearbeiten] Leben
Karl Ernst besuchte Volksschulen in Berlin-Wilmersdorf und Berlin Grunewald. Zwischen 1918 und 1921 absolvierte er eine kaufmännische Lehre als Exportkaufmann. Bis 1923 war er dann als kaufmännischer Angestellter in Berlin und in Mainz tätig. Es folgten unterschiedliche Anstellungen im Dienstleistungsgewerbe als Kaufmännischer Angestellter, Bankangestellter, Einkäufer, Sekretär, Abteilungsleiter, Reisender, Korrespondent, Kellner und Hotelpage in Berlin, Mainz und Danzig. Von 1929 bis 1931 besuchte er für drei Semester die Hochschule für Politik in Berlin.
[Bearbeiten] Politik
Ab 1918 war Ernst in der nationalen Jugendbewegung aktiv; 1920 trat er dem Großdeutschen Jugendbund bei. Im gleichen Jahr trat er dem Freikorpsverband „Eskadron Grunewald“ bei und diente bei der Garde-Kavallerie-Schützen-Division als Radmelder. Zwischen 1920 und 1923 gehörte er dem Wiking-Bund an.
1923 trat er in die SA und in die NSDAP ein. Im gleichen Jahr gehörte er zur Organisation „Ulrich von Hutten“ des Freikorpsführers Gerhard Roßbach. Zwischen 1924 und 1926 war er im Frontbann, einer Auffangorganisation der zeitweise verbotenen SA. In dieser Zeit wurde gegen Ernst Anklage wegen Geheimbündelei, Landfriedensbruch und Gefangenenbefreiung erhoben.
Von 1927 bis März 1931 war Karl Ernst Mitglied der Obersten SA-Führung in München. Ab April 1931 bekleidete er verschiedene Führungspositionen in der SA von Berlin und Brandenburg: Zunächst Adjutant des Gausturms, war er ab Dezember 1931 als SA-Oberführer Adjutant der dortigen SA-Gruppe, um dann von Juli 1932 bis März 1933 als Führer die SA-Untergruppe Berlin-Ost zu übernehmen. Am 1. März 1933 zum SA-Gruppenführer befördert, übernahm er die neugebildetete SA-Obergruppe III. Zeitgleich war als Nachfolger von Wolf-Heinrich Graf von Helldorf ab 20. März 1933 der Sonderbevollmächtigte der Obersten SA-Führung (OSAF) für den Bereich Berlin und die Provinz Brandenburg. Ab 1. Dezember 1933 übernahm er auch das Amt des Standortführers der SA für Berlin. Ernst war ab März 1933 die sogenannte „SA-Feldpolizei“ unterstellt, die direkt mit der Verfolgung von Regimegegnern befasst war. So ließ Ernst am 24. März 1933 den Hellseher Erik Jan Hanussen ermorden.[1]
Für die NSDAP kandidierte er zum Reichstag und wurde vom Juli 1932 bis März 1933 Abgeordneter für den Wahlkreis 3 Potsdam II. Ein weiteres Mandat nahm er von März 1933 bis November 1933 für den Wahlkreis 2 Berlin wahr. Eine dritte Mandatszeit folgte von November 1933 bis 30. Juni 1934. Am 11. Juli 1933 wurde Ernst zum Preußischen Staatsrat ernannt.
1931 wurde Ernst in den Juni-Ausgaben der sozialdemokratischen Münchner Post und den darauf basierenden Nachdrucken als einer der bekanntesten homosexuellen Freunde Röhms bezeichnet. Es wurden auch gefälschte Briefe des Oberleutnants a.D. Paul Schulz – welcher die Mordaktion von 1934 durch Flucht ins Ausland überlebte – in Umlauf gebracht nach denen Ernst wegen seiner langjährigen Beziehung zu Paul von Röhrbein – welcher Ernst beim innerparteilichen Aufstieg behilflich war – allgemein „Frau von Röhrbein“ gerufen wurde. Es wurde innerhalb und ausserhalb der NSDAP und der SA darüber gemunkelt. Trotzdem gab Ernst einem SA-Mann das Ehrenwort nicht homosexuell zu sein.[2] 1931 hatte er auch freundschaftlichen Kontakt zu Arnolt Bronnen und Wilhelm II. Auf der Wannsee-Yacht von Erik Jan Hanussen soll er mit seinen SA-Kameraden Orgien gefeiert haben[3].
Er ist wahrscheinlich nicht jener SA-Standartenführer gleichen Namens, von dem Albrecht Becker (1993) berichtet, 1929/1930 eine Schuhhandlung am Potsdamer Platz und „unstillbares Verlangen“ nach kurzen HJ-Hosen gehabt zu haben[2]
[Bearbeiten] Konflikt mit der Reichswehr
Im Rahmen der Frage der zukünftigen Wehrverfassung des NS-Regimes blieb die Rolle der SA ungeklärt. Ernst Röhm ließ ab Januar 1934 schwer bewaffnete Kräfte aufstellen. Ernst ließ zusätzlich dazu ein Wachregiment und ein Wachbataillon zu jeder SA-Brigade bilden. Damit schien der Konflikt mit der Reichswehr vorgegeben, denn die SA-Führer wollten diese Einheiten in die Reichswehr integrieren.
Hitler hatte sich jedoch für die Reichswehr festgelegt und gegen die SA entschieden. Damit war auch das Schicksal von Ernst besiegelt. Göring legte Hitler am 18. Juni 1934 einen Bericht des SS-Gruppenführers und Chefs der Polizei Kurt Daluege vor, in dem beschrieben wurde, dass Ernst Details über den Reichstagsbrand verbreiten würde.
Als Ernst mit seiner Frau Minna zur Hochzeitsreise nach Madeira aufbrach, wurde er von einem Kommando der SS im Hafen von Bremen festgenommen, auf dem Luftweg nach Berlin gebracht und noch am Abend des 30. Juni in Berlin-Lichterfelde von einem SS-Kommando in der Kaserne der Leibstandarte-SS Adolf Hitler erschossen. Da er sich bis zum Schluss für das Opfer eines unglücklichen Irrtums hielt, starb er mit dem Hitlergruß auf seinen Lippen[4]. Für seinen Tod machte sich Rudolf Heß stark.
[Bearbeiten] Zum Reichstagsbrand
Karl Ernst wird im Zusammenhang mit einer der Theorien um den Reichstagsbrand genannt. Nach dieser Theorie soll er mit einem SA-Trupp von der Dienstwohnung Hermann Görings im Reichstagspräsidentenpalais durch einen unterirdischen Gang in den Reichstag eingedrungen sein, um dort Benzin und andere Chemikalien zu verteilen. Die SA-Abteilung sei auf dem gleichen Wege zurückgekehrt. Marinus van der Lubbe sei nur zufällig gleichzeitig eingestiegen.[5] [1][3].
[Bearbeiten] Literatur
- Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-596-16048-0
- Joachim Lilla: Statisten in Uniform. Die Mitglieder des Reichstages 1933 - 1945. Düsseldorf, 2004. ISBN 3-7700-5254-4
- Hermann Weiß, Personen Lexikon 1933-1945, Wien 2003
- Martin Schumacher (Hrsg.), M.d.R. Die Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik in der Zeit des Nationalsozialismus, Düsseldorf 1992
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ a b Bernd-Ulrich Hergemöller: Mann für Mann - Ein biographisches Lexikon, Suhrkamp Taschenbuch, Hamburg 2001, ISBN 3-518-39766-4
- ↑ a b H. S. Hegner (d.i. Harry Schulze): Die Reichskanzlei 1933-1945. Anfang und Ende des Dritten Reiches, Verlag Frankfurter Bücher, Frankfurt 1959, S. 62 (mit Vorbehalt)
- ↑ Max Gallo: Der schwarze Freitag der SA. Die Vernichtung des revolutionären Flügels der NSDAP durch Hitlers SS im Juni 1934, Nolden, Wien / München / Zürich 1972, S. 257
- ↑ William L. Shirer, Aufstieg und Fall des Dritten Reichs, 1961, ISBN 3-9333-66-61-5, S. 189
[Bearbeiten] Weblink
Personendaten | |
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NAME | Ernst, Karl |
KURZBESCHREIBUNG | SA-Gruppenführer und Reichstagsabgeordneter (NSDAP) |
GEBURTSDATUM | 1. September 1904 |
GEBURTSORT | Berlin-Wilmersdorf |
STERBEDATUM | 30. Juni 1934 |
STERBEORT | Berlin-Lichterfelde |