Magdeburg-Westerhüsen
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Westerhüsen ist ein an der südlichen Stadtgrenze gelegener Stadtteil der Landeshauptstadt Magdeburg mit einer Fläche von rund 9 km² und etwa 3.000 Einwohnern.
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[Bearbeiten] Geografie
Westerhüsen liegt am Westufer der Elbe und grenzt im Süden an den Landkreis Schönebeck. Die benachbarten Stadtteile sind Beyendorf-Sohlen im Westen und Salbke im Norden, wo die Welsleber Straße als Trennlinie verläuft. Streckenweise bildet der Fluss Sülze die Westgrenze Westerhüsens.
Der im Nordosten gelegene bebaute Anteil des Stadtteils beträgt nur etwa 11 Prozent der Gesamtfläche. Im Wesentlichen konzentriert sich die Bebauung entlang der Durchgangsstraße Alt Westerhüsen, lediglich westlich des Bahnhofs Magdeburg-Südost der Bahnlinie Magdeburg - Leipzig liegen noch weitere kleine Straßen. Die Bausubstanz besteht sowohl aus Einzelgrundstücken wie auch aus mehrgeschossigen Mietshäusern.
Das Gebiet des Stadtteils steigt von 49 Metern am Elbufer in westlicher Richtung zu den zu Salbke gehörenden Sohlener Bergen bis auf 96 Meter an, die Wellenberge im Süden erreichen mit dem Frohser Berg 115,5 Meter und dem Kreuzberg 110,8 Meter. Davor liegen landwirtschaftlich genutzte Flächen, und am südlichen Ortsausgang befindet sich der etwa 20 Hektar große „Volkspark Westerhüsen“.
[Bearbeiten] Infrastruktur
Westerhüsen dient heute vorwiegend Wohnzwecken, einige kleine Gewerbebetriebe sind hier angesiedelt. Hervorzuheben ist der Schulkomplex mit dem Europäischen Bildungswerkes für Beruf und Gesellschaft und dem Kaufmännischen Bildungszentrum. Der Stadtteil verfügt über eine S-Bahn-Station und wird von einer Straßenbahnlinie erschlossen. Über die Straße Alt Westerhüsen führt die kürzeste Straßenverbindung zur Nachbarstadt Schönebeck. Eine „Gierfähre“ verbindet Westerhüsen mit dem Ostufer der Elbe.
[Bearbeiten] Geschichte
Anhand von Ausgrabungen konnte festgestellt werden, dass im Bereich des heutigen Westerhüsens bereits in der frühen Jungsteinzeit (um 3000 v. Chr.) Menschen lebten. Die erste urkundliche Erwähnung fand in den „Corveyer Traditionen“ der Jahre 826 - 853 statt. Der Name Westerhüsen enthält das altsächsische Wort „hus“ für Haus, sodass damit vermutlich ein in Westen gelegener Einzelhof bezeichnet wurde.
Im 9. Jahrhundert missionierte der Halberstädter Bischof Hildegrim in der Gegend und weihte die von ihm gegründeten Kirchen dem Heiligen Stephanus. Da die Westerhüser Kirche ebenfalls Stephanus geweiht war, ist anzunehmen, dass ihr Ursprung bis in diese Zeit zurückreicht. Die anfängliche Holzkirche wurde zu Beginn des 13. Jahrhunderts durch einen Steinbau ersetzt. 937 wurden alle Lehnseinnahmen des Ortes durch König Otto I. dem Stift Quedlinburg übertragen. Später unterstand Westerhüsen dem Magdeburger Domkapitel. 1553 erhielt die Kirche eine 550 Kilogramm schwere Bronzeglocke, die heute noch vorhanden ist und zu den ältesten Kirchenglocken Magdeburgs zählt. Etwa seit Beginn des 17. Jahrhunderts soll es eine Fähre zum Ostufer der Elbe gegeben haben. Während des Dreißigjährigen Krieges schlug General Tilly 1631 sein Hauptquartier im Dorf auf.
Mit der Neuordnung der preußischen Kreisverwaltung kam Westerhüsen 1818 zum Kreis Wanzleben. Lebten die Einwohner über die Jahrhunderte von der Landwirtschaft, der Fischerei und der Elbschifffahrt, trat in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein Wandel ein. Im Zuge der Industriealisierung in Deutschland wurde 1838 in Westerhüsen die erste Magdeburger Zuckerfabrik errichtet. Aus ihr entstand durch die beiden Unternehmer Fahlberg und List 1886 die erste Saccharinfabrik der Welt, in der später Pharmaerzeugnisse und ab 1927 Superphosphat produziert wurden. Das Werk entwickelte sich zum größten Chemiebetrieb Magdeburgs. Der steigende Bedarf an Arbeitskräften führte zum Ende des 19. Jahrhunderts zu einem intensiven Wohnungsbau, zunächst entlang der Durchgangsstraße mit mehrstöckigen Mietshäusern. Im Jahre 1885 hatte der Ort 2.293 Einwohner. Diese Zahl erhöhte sich binnen 15 Jahren auf 3.823. Als 1910 mehrere Vororte Magdeburgs eingemeindet wurden, gehörte auch Westerhüsen dazu.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Westerhüsen zum Standort städtebaulich interessanter Wohnsiedlungen. Westlich der Bahnlinie entstand zwischen 1923 und 1925 inmitten der Feldflur die Knoblauch-Siedlung. Es wurden zweigeschossige Doppelhäuser errichtet, die kostengünstig unter Verwendung eines Kiesbeton-Schüttverfahrens hergestellt wurden, das der Merseburger Stadtbaurat Friedrich Zollinger entwickelt hatte. Die Häuser wurden einheitlich mit tonnengewölbten Dächern (Zollingerdach), die ebenfalls Zollinger entworfen hatte, versehen. Westlich des Bahnhofs entstand ab 1926 die Siedlung Welsleber Straße, in der zunächst auch die Zollingerhäuser mit ihren Tonnendächern gebaut wurden. Daneben entstanden Mehrfamilien- und Reihenhäuser im konservativen Stil mit Satteldach. Später wurden zweigeschossige flachgedeckte Häuserzeilen gebaut, deren Fassaden im Stil des Neuen Bauens gestaltet und durch vorspringende Klinkerbänder in einzelne Hausabschnitte unterteilt wurden. Hier wurden erstmals Stahlbetonbalken und ein Montagekran eingesetzt. Am 6. September 1926 wurde die Straßenbahnlinie Magdeburg - Schönebeck, die auch durch Westerhüsen führte, eingeweiht.
Trotz der Nähe zu großen Industriebetrieben wie dem Fahlberg-List-Werk und im benachbarten Salbke, erlitt Westerhüsen während der Bombenangriffe auf Magdeburg in den Jahren 1944 und 1945 kaum Schäden. Lediglich das Schiff der Stephanuskirche wurde am 14. Februar 1944 von einer Bombe getroffen und zerstört. Am 11. April 1945 rückte eine amerikanische Panzerdivision aus westlicher Richtung kommend bis an das Elbeufer in Westerhüsen vor. Der Versuch, von dort aus am östlichen Ufer einen Brückenkopf zu bilden, scheiterte am Widerstand der deutschen Flakstellung.
Nach dem Krieg wurde das Fahlberg-List-Werk enteignet und in einen „Volkseigenen Betrieb“ umgewandelt. Die Zahl seiner Beschäftigten stieg auf 1.700, und die Superphosphatproduktion verschaffte dem Werk eine führende Stellung im ganzen damaligen Ostblock. 1953 verloren auch die in Westerhüsen ansässigen 15 Landwirte ihre Selbständigkeit und wurden in die LPG „Freie Erde“ überführt. Diese errichtete bis 1960 in der Welsleber Straße einen neuen Betriebshof. Zu dieser Zeit entstanden in der Welbsleber Straße auch einige neue mehrgeschossige Wohnblocks. 1964 wurde der Stephanikirchturm saniert und mit einer neuen achtkantigen Haube in Zwiebelform versehen. Am 19. Juli 1969 wurde der Straßenbahnverkehr nach Schönebeck eingestellt und Westerhüsen wurde Endstation.
Nach der politischen Wende von 1990 zog sich die Landwirtschaft ganz aus Westerhüsen zurück. Das Fahlberg-List-Werk wurde zunächst privatisiert und als GmbH weitergeführt. Der pharmazeutische Zweig wurde kurz darauf von der Salutas Pharma GmbH übernommen und 1995 nach Barleben verlagert. Für 40 Millionen Euro wurde die ehemalige Chemie-Ingenieurschule im Süden das Stadtteils in ein modernes Schulzentrum umgebaut. Im Februar 1966 begannen die Magdeburger Verkehrsbetriebe am Ortsausgang mit dem Neubau eines Straßenbahndepots. Dieses wurde von 1996 bis 2001 komplett neuerrichtet als Straßenbahnbetriebshof Südost.
[Bearbeiten] Literatur
- Magdeburg und seine Umgebung, Akademie-Verlag Berlin, 1973
- Georg Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Sachsen-Anhalt I, Deutscher Kunstverlag, 2002, ISBN 3-422-03069-7
- Magdeburg - Architektur und Städtebau, Verlag Janos Stekovics, 2001, ISBN 3-929330-33-4
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Koordinaten: 52,06465° N; 11,67483° O