Metrischer Raum
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metrischer Raum |
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hat Eigenschaften von |
umfasst als Spezialfälle |
Beispiele sind |
Eine Metrik ist eine mathematische Funktion, die je zwei Elementen eines Raums einen nicht negativen skalaren Wert zuordnet, der als Abstand der beiden Elemente von einander aufgefasst werden kann.
Ein Raum ist eine Menge, deren Elemente in geometrischer Interpretation als Punkte aufgefasst werden. Ein metrischer Raum ist ein Raum, auf dem eine Metrik definiert ist.
Zu anderen Wortbedeutungen siehe die Begriffsklärungsseite Metrik. Manchmal werden, entgegen dem Sprachgebrauch der Mathematik, auch Distanzfunktionen als Metriken bezeichnet. In der Differentialgeometrie wird eine „infinitesimale“ Metrik definiert, siehe dazu den Artikel metrischer Tensor.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Formale Definition
Sei X eine beliebige Menge. Eine Abbildung d: X × X → R heißt Metrik, wenn für beliebige Elemente x, y und z von X die folgenden axiomatischen Bedingungen erfüllt sind:
- (i)
(identische Punkte haben Abstand 0);
- (ii) aus
folgt x=y (nichtidentische Punkte haben nicht Abstand 0);
- (iii)
(Symmetrie);
- (iv)
(Dreiecksungleichung);
oft werden (i) und (ii) durch die folgenden, weniger minimalistischen Bedingungen ersetzt, die unter Hinzunahme von (iii) und (iv) äquivalent sind:
- (i')
(Abstände können nicht negativ sein);
- (ii')
dann und nur dann, wenn x=y (Definitheit).
Das Paar (X, d) ist dann ein metrischer Raum. In der Praxis bezeichnet man zumeist X allein als den metrischen Raum, wenn aus dem Kontext klar ist, dass in diesem Raum die Metrik d benutzt wird.
Eine Abbildung, welche die Metrik erhält, heißt Isometrie. Figuren, die von einer Isometrie aufeinander abgebildet werden können, heißen kongruent zueinander.
Zur Erläuterung:
- Die Symmetrie (iii) besagt, dass es keinen Unterschied zwischen "Hinweg-Abstand" und "Rückweg-Abstand" gibt.
- Die Dreiecksungleichung (iv) besagt, dass der Abstand entlang dem direkten Weg, also entlang der kürzesten Verbindung zwischen zwei Punkten gemessen wird. Ein Umweg über einen dritten Punkt kann nicht kürzer als der direkte Weg sein. Wird diese Bedingung dahingehend verschärft, dass der Abstand d(x,y) nicht länger sein darf als der längere der beiden Abstände d(x,z) und d(z,y) (mit beliebigem z !), erhält man den Begriff der Ultrametrik.
[Bearbeiten] Definitheit und Pseudometrik
Aus Bedingungen (i), (iii), (iv) oder (i') und (ii') folgt, dass nichtidentische Punkte einen Abstand größer als Null haben. In Anlehnung an die Nomenklatur für einen normierten Raum sagt man, dass Metriken positiv definit sind (wenn der metrische Raum ein normierter Raum ist, dann kann man aus x≠y folgern, dass x-y≠0; die positive Definitheit der Norm besagt dann, dass ||x-y||>0).
Wird auf Bedingung (ii) verzichtet, erhält man den Begriff der Pseudometrik, (auch Semimetrik genannt) und einen pseudometrischen Raum: Nichtidentische Punkte können den Abstand 0 haben. Diese Pseudometrik ist positiv semidefinit, d. h. Abstände sind stets größer oder gleich 0.
[Bearbeiten] Beispiele des täglichen Lebens
| A B C D E --+-----------------------> A | 0 2 5 9 14 B | 2 0 7 15 27 C | 5 7 0 9 23 D | 9 15 9 0 12 E |14 27 23 12 0 | v
In der obigen Entfernungstabelle sind alle Werte nicht-negativ, was (i ') entspricht. (ii ') ist natürlich auch erfüllt. Der Abstand von A nach E ist gleich dem von E nach A, was der Symmetrie entspricht. Der Umweg über C ( Entfernung AC+CB=5+7=12 ) bei der Reise von A nach B ( AB=2) ist länger. Wäre der Umweg kürzer, würde man immer über C fahren und die Dreiecksgleichung wäre wieder erfüllt.
[Bearbeiten] Beispiele: durch Normen erzeugte Metriken
Jede Norm auf einem Vektorraum induziert durch die Festlegung
ist eine Metrik. Somit ist jeder normierte Vektorraum (und erst recht jeder Innenproduktraum, Banachraum oder Hilbertraum) ein metrischer Raum.
Eine Metrik, die aus einer p-Norm (siehe dazu den Artikel normierter Raum) abgeleitet ist, heißt auch Minkowski-Metrik. Wichtige Spezialfälle sind
- die Manhattan-Metrik zu p = 1;
- die Euklidische Metrik zu p = 2;
- die Maximum-Metrik zu p = ∞.
Weitere Beispiele für Normen (und damit auch für Metriken) finden sich in den Artikeln Matrixnorm, Funktionenraum.
Aus einer p-Norm abgeleitet sind zum Beispiel die Metriken der folgenden wichtigen Räume:
- der eindimensionale Raum der reellen oder komplexen Zahlen mit dem absoluten Betrag als Norm (mit beliebigem p !) und der dadurch gegebenen Metrik
- d(x,y) = | x − y | ;
- der euklidische Raum mit seiner durch den Satz des Pythagoras gegebenen Euklidischen Metrik (zur 2-Norm)
Als eine Fréchet-Metrik wird gelegentlich eine Metrik
- d(x, y) := ρ(x - y)
bezeichnet, die von einer Funktion ρ induziert wird, welche die meisten Eigenschaften einer Norm besitzt, aber nicht homogen ist.
[Bearbeiten] Beispiele: nicht durch Normen erzeugte Metriken
- Auf jeder Menge lässt sich eine triviale Metrik, die sogenannte diskrete Metrik (die sogar eine Ultrametrik ist) definieren durch
-
- d(x,x) = 0,
- d(x,y) = 1 für
.
-
- Im allgemeinen nicht durch eine Norm induziert ist die Riemannsche Metrik, die aus einer differenzierbaren Mannigfaltigkeit eine Riemannsche Mannigfaltigkeit macht. Beispiele dafür:
- die natürliche Metrik auf einer Kugeloberfläche, in der der Großkreis die kürzeste Verbindung (Geodäte) zwischen zwei Punkten ist;
- die uneigentliche Metrik im Minkowski-Raum
der speziellen Relativitätstheorie, in der zeitähnliche Abstände durch [(Δt)2 - (Δx/c)2 - (Δy/c)2 - (Δz/c)2]1/2 und ortsähnliche Abstände durch [(Δx)2 + (Δy)2 + (Δz)2 - (Δct)2]1/2 gegeben sind;
- die von der Materieverteilung abhängige Verallgemeinerung dieser Metrik in der allgemeinen Relativitätstheorie.
- Die sogenannte französische Eisenbahnmetrik ist ein beliebtes Übungsbeispiel für eine nicht durch eine Norm induzierte Metrik. Sie wird unter Bezugnahme auf einen ausgezeichneten Punkt P („Paris“) wie folgt definiert: Der Abstand zweier verschiedener Punkte, deren Verbindungsgerade durch P verläuft, ist ihr Abstand unter der gewöhnlichen Euklidischen Metrik. Der Abstand zweier verschiedener Punkte, deren Verbindungsgerade nicht durch P verläuft, ist die Summe ihrer Abstände von P.
- Die Hausdorff-Metrik misst den Abstand zwischen Teilmengen, nicht Elementen, eines metrischen Raums; man könnte sie als Metrik zweiten Grades bezeichnen, denn sie greift auf eine Metrik ersten Grades zwischen den Elementen des metrischen Raums zurück.
[Bearbeiten] Einordnung in die Hierarchie mathematischer Strukturen
Metriken geben einem Raum eine globale und eine lokale Struktur. Die globale Struktur kommt in geometrischen Eigenschaften wie der Kongruenz von Figuren zum Ausdruck. Die lokale metrische Struktur, also die Definition kleiner Abstände, ermöglicht unter bestimmten zusätzlichen Voraussetzungen die Einführung von Differentialoperationen.
Der Begriff „topologischer Raum“ verallgemeinert den Begriff „metrischer Raum“: Jeder metrische Raum ist ein topologischer Raum mit der Topologie, die durch die Metrik induziert wird (siehe dazu Umgebung). Jeder metrische Raum ist ein Hausdorff-Raum.
Ein topologischer Raum heißt metrisierbar, wenn eine Metrik existiert, die mit der gegebenen Topologie verträglich ist, also von der Metrik induziert sein könnte.
Ein vollständiger metrischer Raum ist ein metrischer Raum, in dem jede Cauchyfolge konvergiert. Siehe dazu den ausführlichen Artikel vollständiger Raum. Ein vollständiger normierter Vektorraum heißt Banachraum. Ein Banachraum, dessen Norm durch ein Skalarprodukt induziert ist, heißt Hilbertraum. Betrachtet man die von einem metrischen Raum erzeugte Topologie, lassen sich diese Begriffe nicht mehr definieren. Eine mögliche Verallgemeinerung, die dies noch erlaubt, bilden die uniformen Räume.
[Bearbeiten] Geschichte
Metrische Räume wurden in der Arbeit Sur quelques points du calcul fonctionnel (1906) von Maurice Fréchet erstmals verwendet. Der Begriff metrischer Raum wurde von Felix Hausdorff geprägt.