Polycythaemia vera
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Polycythaemia vera | ||||
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Die Polycythaemia vera (PV) ist eine seltene myeloproliferative Erkrankung, bei der sich alle Zellen im Blut übermäßig vermehren. Dies betrifft vor allem die Erythrozyten, aber auch die Thrombozyten und Leukozyten.
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[Bearbeiten] Vorkommen
- Inzidenz: 4-20 / 100000
- Altersgipfel: 5.-6. Lebensdekade
- m:w = 2:1
[Bearbeiten] Pathogenese, JAK2 V617F-Mutation
Das Krankheitsbild beruht auf einer ursächlich noch nicht vollständig verstandenen Transformation multipotenter Stammzellen. Vor kurzem wurde eine Mutation im JAK2-Gen (JAK steht für "Janus-Kinase"), einer Tyrosinkinase, beschrieben [1][2]. Diese Mutation der genomischen DNA führt zu einem Aminosäure-Austausch (Valin gegen Phenylalanin) an Position 617 des JAK2-Proteins ("V617F-Mutation"). Das JAK2-Protein spielt eine wichtige Rolle bei der Signaltransduktion in der Zelle. Durch die Mutation wird es aktiviert, so dass betroffene Zellen dauerhaft eine gesteigerte Zellteilungsrate haben. Die V617F-Mutation findet man bei verschiedenen hämatologischen Erkrankungen, aber besonders häufig (in mehr als 50 %) bei der Polycythaemia vera. Die betroffenen blutbildenden Stammzellen sind von der Stimulation durch Erythropoetin (Epo) unabhängig, und zeigen eine hundertfach erhöhte Sensitivität auf Wachstumsfaktoren wie IGF-1 (Insulinelike-Growth-Factor-1) und IL-3 (InterLeukin-3).
[Bearbeiten] Folgen
Durch die erhöhte Anzahl der Thrombozyten, Leukozyten und Erythrozyten wird das Blut dickflüssiger. Es besteht die Gefahr einer Thrombose und in der Folge Embolie, gleichzeitig aber auch Blutungsgefahr, weil die Thrombozyten funktionsgestört sind.
Die Krankheit kann in bis zu 10% langfristig in eine akute Leukämie oder eine Osteomyelofibrose übergehen.
[Bearbeiten] Symptome
Die erhöhte Zellvermehrung führt zu einer Zunahme des Blutvolumens, welche das klinische Bild bedingt:
- rotes Gesicht (Plethora)
- blaurote Schleimhäute
- zähflüssiges Blut führt zu:
- Hypertonie,
- Kopfschmerzen,
- TIA (Durchblutungsstörungen),
- Sehstörungen,
- Müdigkeit,
- Herzinsuffizienz,
- Dyspnoe
- gehäufte arterielle und venöse thomboembolische Ereignisse
- trotz Thrombozytose ist die Blutungsneigung gesteigert
- Hepatosplenomegalie
- Juckreiz besonders bei Wärme
- Augenflimmern
- auch hoher Blutdruck
[Bearbeiten] Diagnostik
Die Vermehrung der Erythrozyten lässt sich im Labor durch Messung des Hämatokrit oder des Hämoglobins nachweisen. Auch Leukozyten und Thrombozyten sind im Blutbild vermehrt. Die Blutsenkung (BSG) ist verlangsamt, die Harnsäure vermehrt.
Zudem sind die Alkalische Leukozytenphosphatase (ALP) und das Vitamin B12 zu hoch.
WHO-Diagnosekriterien:
A1: Hämatokrit >25% des mittleren Hb-Wertes oder Hämoglobin >18,5 g/dl bei Männern und >16,5g/dl bei Frauen
A2: keine sekundäre Erythrozytose: -keine familiäre Ployglobulie -keine Steigerung des Erythropoetin-Wertes durch: Hypoxie, gesteigerte O2-Affinität des Hb durch Anomalie des EPO-Rezeptors, gesteigerte EPO-Bildung durch Tumor
A3: Splenomegalie
A4: Klonale genetische Anomalie in den Zellen des Knochenmark ausser Philadelphia-Chromosom oder
BCR-ABL-Fusionsgen
A5: Erythroide Koloniebildung in vivo
B1: Thrombozytenzahl >40* 10 hoch 9/l
B2: Leukozytenzahl: >12* 10 hoch neun/l
B3: Proliferation des Knochenmarks mit Überwiegen der erythropoetischen und megakaryozytären Proliferation
B4: Niedrige Serumerythropoetinspiegel
[Bearbeiten] Therapie
Regelmäßige Aderlässe sind die beste Therapie, helfen aber nicht gegen die Thrombozyten- und Leukozytenvermehrung. Diese kann nur durch eine Chemotherapie beeinflusst werden. Diese zytoreduktive Therapie kann in Tablettenform mit Hydroxycarbamid (z. B. Litalir®, Syrea®, einem Zytostatikum), oder Interferon alpha (z. B. Intron A®, als subcutane Spritze) erfolgen. In der Erprobung sind weitere Medikamente wie Anagrelide. Das Auftreten von Thrombosen und Embolien aufgrund der erhöhten Thrombozytenzahl kann durch ASS (Acetylsalicylsäure) vermindert werden.
[Bearbeiten] Weblinks
- mpd-netzwerk e.V. Das MPD-Netzwerk e.V. ist eine Internet-Selbsthilfegruppe für PatientInnen mit chronischen myeloproliferativen Erkrankungen (MPD) und deren Angehörige. Es ist als gemeinnütziger Verein beim Amtsgericht Lüneburg eingetragen.
[Bearbeiten] Literatur
- ↑ Kralovics R, Passamonti F, Buser AS, et al. A gain-of-function mutation of JAK2 in myeloproliferative disorders. N Engl J Med 2005;352:1779-1790. Artikel
- ↑ James C, Ugo V, Le Couedic JP, et al. A unique clonal JAK2 mutation leading to constitutive signalling causes polycythaemia vera. Nature 2005;434:1144-1148 Artikel
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