Präsident der Europäischen Kommission
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Präsident der Europäischen Kommission ist der Vorsitzende der Europäischen Kommission. Er wird von den Regierungen der EU-Mitgliedstaaten benannt und anschließend vom Europäischen Parlament bestätigt. Er ernennt die weiteren Mitglieder der Kommission, die durch das Europäische Parlament bestätigt wird. Durch den Vertrag von Nizza ist es dem Kommissionspräsidenten auch möglich, die Zuständigkeitsbereiche der Kommissionsmitglieder in der laufenden Amtszeit neu zu verteilen und sie zum Rücktritt aufzufordern.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Aufgaben
Die Aufgaben und Zuständigkeiten des Kommissionspräsidenten liegen darin, die politische Leitlinie für das Vorgehen der Kommission zu bestimmen. Darüber hinaus organisiert er die Arbeit der Kommission und beruft die Sitzungen des Kollegiums ein, die er leitet.
Ferner vertritt der Präsident die Kommission bei den Tagungen des Europäischen Rates, der Gruppe der acht führenden Industrienationen (G8) sowie bei den Sitzungen des Europäischen Parlaments.
[Bearbeiten] Geschichte
Das heutige Amt des Präsidenten der Europäischen Kommission geht letztlich auf das Amt des Präsidenten der Hohen Behörde der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) zurück, das es seit 1951 gibt. Von Anfang an wurde die Hohe Behörde auch schon als „Kommission“ bezeichnet. 1958 entstand neben der EGKS und der Europäischen Atomgemeinschaft die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), die aber in gewissem Sinne eine Weiterentwicklung und sehr große Vertiefung der EGKS darstellte. Bis 1967 bestand die EGKS noch selbständig weiter, bis die drei Gemeinschaften schließlich fusionierten. Dabei war die EWG schon zur ganz entscheidenden der drei Gemeinschaften geworden. Eine wirkliche Kontinuität des Amtes besteht deshalb eigentlich erst seit 1958.
[Bearbeiten] Nominierungsprozess
Fast jeder Wahl eines Kommissionspräsidenten geht ein langes Tauziehen zwischen den Regierungschefs und dem Parlament sowie den großen regionalen und politischen Blöcken (Sozialdemokraten, Konservative) voraus. Der Rat der Staats- und Regierungschefs bevorzugt eine Person aus seiner Mitte, doch im Gegensatz zum Europaparlament nicht unbedingt eine "starke" Persönlichkeit.
1994 Als Nachfolger von Jacques Delors war (mit britischer Unterstützung) zunächst der niederländische Premier Ruud Lubbers im Gespräch (auf einen sozialistischen Politiker aus einem großen Mitgliedstaat sollte nun wieder ein Vertreter der christlich-demokratischen Parteienfamilie, zudem aus einem kleineren Mitgliedstaat folgen). Lubbers wurde jedoch bei den entsprechenden Personalberatungen im Europäischen Rat von deutscher Seite abgelehnt. Der Alternativvorschlag von Bundeskanzler Kohl, der belgische Ministerpräsident Wilfried Martens scheiterte daraufhin u.a. am britischen Veto. Die im Europäischen Rat vertretenen Staats- und Regierungschefs einigten sich schließlich auf den Kompromisskandidaten Jacques Santer, Ministerpräsident des Großherzogtums Luxemburg.
1999 wurde nach der eher glanzlosen Amtszeit Jacques Santers, die letztlich am Korruptionsskandal um die französische Kommissarin Edith Cresson gescheitert war, der ehemalige italienische Ministerpräsident Romano Prodi zum Präsidenten der Kommission gewählt.
2004 war der Vorgang zur Bestellung des Nachfolgers von Romano Prodi besonders interessant, weil wichtige sozialdemokratisch geführte Regierungen (z. B. Gerhard Schröder) einer deutlichen EVP-Parlamentsmehrheit gegenüberstanden.
Der belgische Premierminister Guy Verhofstadt sowie der EU-Außenbeauftragte Javier Solana hatten insofern schon aus parteipolitischen Gesichtspunkten keine realistischen Chancen.
Nachdem verschiedene chancenreiche, der EVP nahestehende Kandidaten (u.a. Jan Peter Balkenende (Niederlande), Jean-Claude Juncker (Luxemburg), Wolfgang Schüssel (Österreich) sowie der konservative britische EU-Außenkommissar Chris Patten) im "Kandidatenpoker" zurückgezogen hatten, wurde nach dem für die EVP wiederum positiven Ausgang der Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni 2004 durch die in der EVP einflussreiche CDU-Vorsitzende Angela Merkel der portugiesische Ministerpräsident José Manuel Durão Barroso als Kandidat ins Spiel gebracht, der dann schließlich die größte Zustimmung fand (siehe auch Kommissionspräsident, Suche 2004).
[Bearbeiten] Kommissionspräsidenten
Präsidenten der Hohen Behörde, seit Anbeginn auch schon als „Kommission“ der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl bezeichnet:
- 1952–1955 Jean Monnet
- 1955–1958 René Mayer
- 1958–1959 Paul Finet
- 1959–1963 Piero Malvestiti
- 1963–1967 Dino Del Bo
Präsidenten der Europäischen Atomgemeinschaft:
- 1958-1959 Louis Aramand
- 1959-1962 Etienne Hirsch
- 1962-1967 Pierre Chatenet
Präsidenten der Kommission der EWG (1958–1967), EG (1967–1993) und EU (seit 1993):