Rätekommunismus
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Unter Rätekommunismus versteht man eine linksradikale Bewegung, die ihren Ursprung in Frankreich in der Pariser Kommune hatte und syndikalistische Gedanken kurzfristig umsetzte. Die Herrschaftsausübung erfolgt maßgeblich in den Räten, welche als Exekutive, Legislative aber auch als Judikative in einem agieren. Die Vertreter/innen dieser Organe unterliegen einem imperativen Mandat, d.h. sie können jederzeit von der Wählerschaft wieder abgewählt werden. Es besteht Rechenschaftspflicht. Somit ist eine unmittelbare Demokratie gewährleistet. Angehörige des Bürgertums haben oftmals keinen Zugang zu den Räten, siehe Arbeiter,-u. Soldatenräte in Russland.
Nach dem Ausschluss vieler Linksradikaler aus der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) unter Führung von Paul Levi Ende 1919, da sie parlamentarische Wahlen und Einheitsgewerkschaften ablehnten, gründeten sie mit der Kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands (KAPD) und der linken Richtungsgewerkschaft Allgemeine Arbeiter-Union Deutschlands (AAUD) Organisationen, die zum Zeitpunkt ihrer Gründung über etwa hunderttausend Mitglieder verfügten – und damit mehr Mitglieder als die KPD hatten. Bestanden ursprünglich noch gute Kontakte zur III. Kommunistischen Internationale, kam es bald darauf zum Bruch. Lenin griff die Rätekommunisten in seinem Buch "Der linke Radikalismus, die Kinderkrankheit im Kommunismus" scharf an. Ende 1921 trennten sich Teile der AAUD von der KAPD und existierten als Allgemeine Arbeiter-Union – Einheitsorganisation (AAUE) weiter. In Deutschland verloren Rätekommunisten nach 1923 zunehmend an Einfluss. Rätekommunistische Ideen hatten auch in den Niederlanden Einfluss in der sozialrevolutionären Bewegung.
Rätekommunistische Organisationen in der Endphase der Weimarer Republik und im Widerstand gegen den Faschismus waren die Roten Kämpfer, die Kommunistische Räte-Union und die Kommunistische Arbeiter Union Deutschlands (KAUD).
Zu den Rätekommunisten zählen Anton Pannekoek (Pseudonym Karl Horner), Paul Mattick, Karl Korsch, Otto Rühle, Herman Gorter, Willy Huhn, Cajo Brendel, Sylvia Pankhurst, sowie die späteren Nationalbolschewisten Heinrich Laufenberg und Fritz Wolffheim.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
- Hans Manfred Bock: Syndikalismus und Linkskommunismus von 1918-1923. Zur Geschichte und Soziologie der Freien Arbeiter-Union Deutschlands (Syndikalisten), der Allgemeinen Arbeiter-Union Deutschlands und der Kommunistischen Arbeiter-Partei Deutschlands (Marburger Abhandlungen zur Politischen Wissenschaft, Bd. 13). Meisenheim/Glan 1969.
- Hans Manfred Bock: Geschichte des ‘linken Radikalismus’ in Deutschland. Ein Versuch. Frankfurt/M. 1976.
- Cajo Brendel: Anton Pannekoek. Denker der Revolution. Freiburg 2001.
- H. (FAU-Bremen): Syndikalismus, kommunistischer Anarchismus und Rätekommunismus. Eine Erwiderung auf die rätekommunistische Kritik am "Gewerkschaftsfetischismus" und am kommunistischen Anarchismus Erich Mühsams, Bremen 2005.
- Frits Kool (Hg.): Die Linke gegen die Parteiherrschaft. (Band 3, der 'Dokumente der Weltrevolution') Olten und Freiburg 1970.
- Anton Pannekoek: Workers' Councils (Intoduction by N. Chomsky) AK Press Oakland and Edinburgh 2003.
- Philippe Bourrinet: The Dutch and German Communist Left: A Contribution to the History of the Revolutionary Movement., 1988-1998, [1]
- Gottfried Mergner (Hg.): Gruppe Internationale Kommunisten Hollands. Reinbek 1971.