Rasseliste
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Viele deutsche Bundesländer führen eine Rasseliste mit Hunderassen, die rassebedingt als gefährlich aufgeführt oder deren Gefährlichkeit nur vermutet wird. Für einen solchen Listenhund gelten dann bestimmte Regelungen, für die in einigen Bundesländern noch einmal abgestuft 2 unterschiedlichen Kategorien gelten. Derzeit gelten in fünf Bundesländern abgestufte Rasselisten (1 und 2), in weiteren acht Bundesländern gilt je eine Rasseliste (ohne Abstufungen). Die restlichen drei Bundesländer haben sich gegen Rasselisten entschieden. In Deutschland gibt es derzeit 10 verschiedene Definitionen dafür, welche Hunderassen genetisch bedingt gefährlich sein könnten.
Die rassespezifischen Sonderregeln können unter anderem Leinenzwang, Maulkorbzwang, Chippflicht, Versicherungspflicht, Genehmigungspflicht, Gebot der Unfruchtbarmachung, Pflicht zur sicheren Umzäunung, Pflicht zur Sachkundeprüfung und Haltungsverbot umfassen.
In den meisten Bundesländern kann der Hund nach Bestehen eines Wesenstests von den Maßnahmen befreit werden, die für Listenhunde vorgeschrieben sind. Als einziges Bundesland hat Thüringen von Anfang an die Auffassung vertreten, die Gefährlichkeit eines Hundes sei nicht an seiner Rasse festzumachen und stellt auf situationsbedingte Maßnahmen ab.
Gegen einen individuell gefährlichen Hund konnten durch die zuständige Behörde schon immer erforderliche Maßnahmen ergriffen werden. Die vor dem Juli 2000 geltenden Hundeverordnungen waren ausreichend, um aggressive Hunde wegnehmen oder andere Anordnungen treffen zu können. In den drei Ländern ohne Rasselisten ist es natürlich auch möglich, gegen Aggressionshunde Leinen- und Maulkorbzwang zu verhängen. Kritiker der Rasselisten stehen auf dem Standpunkt, durch den Wegfall von zeit- und personalaufwändigen - und aus ihrer Sicht unsinnigen - Maßnahmen gegen Listenhunde würden die Ämter wieder mehr Zeit finden, notwendige Maßnahmen gegen Aggressionshunde konsequenter durchzusetzen.
[Bearbeiten] Rasselisten in Deutschland
Die Bundesländer Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben keine Rasselisten. Die anderen Bundesländer definieren in ihren Hundegesetzen oder Hundeverordnungen verschiedene Hunderassen und deren Mischlinge als "gefährlich". Im Bundesland Bayern wird der (wissenschaftlich unkorrekte) Begriff Kampfhund verwendet.
[Bearbeiten] Aktuelle Rasselisten der deutschen Bundesländer
Die Liste zeigt, welche Hunderassen in welchen Bundesländern Deutschlands als gefährlich gelten.
BW | BY | BE | BB | HB | HH | HE | MV | NI | NW | RP | SL | SN | ST | SH | TH | Import nach D | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Alano | 2 | 2 | 2 | je nach Ziel-Bundesland | |||||||||||||
American Bulldog | 2 | X | 2 | je nach Ziel-Bundesland | |||||||||||||
American Staffordshire Terrier | 1 | 1 | X | 1 | X | 1 | X | X | 1 | X | X | X | X | verboten | |||
Bandog | 1 | je nach Ziel-Bundesland | |||||||||||||||
Bullmastiff | 2 | 2 | X | 2 | 2 | 2 | je nach Ziel-Bundesland | ||||||||||
Bullterrier | 1 | 2 | X | 1 | X | 1 | X | X | 1 | X | X | verboten | |||||
Cane Corso | 2 | 2 | je nach Ziel-Bundesland | ||||||||||||||
Dobermann | 2 | je nach Ziel-Bundesland | |||||||||||||||
Dogo Argentino | 2 | 2 | X | 2 | 2 | X | 2 | je nach Ziel-Bundesland | |||||||||
Dogue des Bordeaux | 2 | 2 | 2 | 2 | je nach Ziel-Bundesland | ||||||||||||
Fila Brasileiro | 2 | 2 | X | 2 | 2 | X | 2 | je nach Ziel-Bundesland | |||||||||
Kangal | 2 | X | je nach Ziel-Bundesland | ||||||||||||||
Kaukasischer Owtscharka | 2 | X | je nach Ziel-Bundesland | ||||||||||||||
Mastiff | 2 | 2 | X | 2 | 2 | X | 2 | je nach Ziel-Bundesland | |||||||||
Mastin Espanol | 2 | 2 | X | 2 | 2 | 2 | je nach Ziel-Bundesland | ||||||||||
Mastino Napoletano | 2 | 2 | X | 2 | 2 | X | 2 | je nach Ziel-Bundesland | |||||||||
Perro de Presa Canario | 2 | 2 | je nach Ziel-Bundesland | ||||||||||||||
Perro de Presa Mallorquin | 2 | 2 | je nach Ziel-Bundesland | ||||||||||||||
Pitbull | 1 | 1 | X | 1 | X | 1 | X | X | 1 | X | X | X | X | verboten | |||
Rottweiler | 2 | 2 | 2 | 2 | je nach Ziel-Bundesland | ||||||||||||
Staffordshire Bullterrier | 2 | 1 | 1 | X | 1 | X | X | 1 | X | X | X | verboten | |||||
Tosa Inu | 2 | 1 | X | 1 | 2 | 2 | je nach Ziel-Bundesland | ||||||||||
BW | BY | BE | BB | HB | HH | HE | MV | NI | NW | RP | SL | SN | ST | SH | TH | Import nach D |
Legende: Länderkürzel BW : Baden-Württemberg, BY : Bayern, BE : Berlin, BB : Brandenburg, HB : Bremen, HE : Hessen, HH : Hamburg, MV: Mecklenburg-Vorpommern, NI: Niedersachsen, NW: Nordrhein-Westfalen, RP: Rheinland-Pfalz, SL: Saarland, SN: Sachsen, ST: Sachsen-Anhalt, SH: Schleswig-Holstein, TH: Thüringen Zu Hamburg (HH): Das Gesetz tritt am 1. April 2006 in Kraft
Erläuterungen:
- 1: Die Rasse ist als gefährlich aufgeführt.
- 2: Die Gefährlichkeit der Rasse wird vermutet, kann aber widerlegt werden (Wesenstest).
- X: Die Rasse ist als gefährlich aufgeführt, dieses Bundesland unterscheidet nicht zwischen Kategorie 1 und Kategorie 2.
Die vorgenannten Kategorien werden in den Bundesländern unterschiedlich definiert.
In der Spalte "Import nach D" sind die Rassen gemäß der Rasseliste im deutschen Bundesgesetz zur Bekämpfung gefährlicher Hunde rot markiert. Für diese Rassen besteht ein Importverbot. Es ist ferner verboten, einen Hund einer Rasse nach Deutschland einzuführen, der im Ziel-Bundesland verboten ist. Diese Rassen, für die ein beschränktes Einfuhrverbot gilt, sind gelb markiert. Die Zulässigkeit oder das Verbot hängt davon ab, welches Bundesland das Ziel ist; nach Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen dürfen diese Rassen eingeführt werden, in die anderen Bundesländer nur, sofern die berechtigte Haltung nachgewiesen werden kann.
[Bearbeiten] Unterschiede zwischen den Listen
In Sachsen gibt es laut Gesetz nur drei gefährliche Hunderassen, ebenso in Rheinland-Pfalz; allerdings sind diese nicht identisch. In Bremen und Schleswig-Holstein sind es schon vier Rassen, die dort gefährlich sind, in Berlin zehn, in Hessen 11, in Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern stimmt die Liste mit je 12 Rassen überein, in Nordrhein-Westfalen werden 14 Hunderassen als gefährlich bezeichnet, in Hamburg 15 und in Brandenburg sind es 18. Einzig der American Staffordshire Terrier und der Pitbull gelten in allen Ländern, die eine Rasseliste haben, als gefährlich.
Bayern ist das Land mit der umfangreichsten Liste, diese führt 19 Namen auf, wobei es sich bei 18 der aufgeführten Namen um Hunderassen oder um einen Hundetypus handelt. Der neunzehnte Eintrag "Bandog" wird in der Liste fälschlicherweise als Rassenamen geführt, ist aber in etwa das, was im deutschen mit "Kettenhund" bezeichnet wird, ein Hund der tagsüber angeleint ist und nachts frei laufend, ein Gelände bewacht. Kritiker sehen hier das Bestimmtheitsgebot verletzt und argumentieren, die Rasse bzw. der Typus "Bandog", sei kynologisch, genetisch, veterinärmedizinisch und zoologisch unbekannt und undefinierbar. Die Beschreibung der Haltungsumstände - tags angeleint, nachts freilaufender Wachhund - könnte auch auf Schäferhunde zutreffen und diese seien eben nicht gemeint.
[Bearbeiten] Praktische Folgen
Bei einer Reise durch Deutschland muss beispielsweise ein Hund der Rasse American Bulldog in Nordrhein-Westfalen einen Wesenstest haben, um ohne Maulkorb, aber angeleint laufen zu dürfen. In Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern darf er als normaler Hund frei laufen, bei Weiterfahrt nach Hessen besteht Maulkorb- und Leinpflicht, in Bayern darf der Maulkorb dann wieder abgenommen werden (bei bestandenem Test).
Besitzer einer Bordeauxdogge (Dogue des Bordeaux) fahren lieber einen Umweg an den Ländern Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg und Brandenburg vorbei, dafür darf ihr Hund aber in den sonstigen Bundesländern - vorbehaltlich regionaler Gemeinderegelungen - frei laufen.
[Bearbeiten] Pro und Contra
Die 13 Innenminister der Länder mit Rasselisten vertreten den Standpunkt, mit der Auflistung von Hunderassen würden gefährliche Hunde besser kontrollierbar und die Sicherheit der Bevölkerung vor Hundeangriffen würde erhöht. Ebenfalls befürwortet werden Rasselisten vom Deutschen Kinderschutzbund (DKSB). Auch der Verein Deutsche Kinderhilfe Direkt e.V. (DKD) befürwortet Rasselisten und tritt für die Möglichkeit der Erweiterung der Liste, auf mehr als 15 Hunderassen, ein. Einen Wesenstest lehnt diese Organisation ab, da auch bei bestandenem Wesenstest eine Gefährlichkeit nicht definitiv ausgeschlossen werden könne. Es müsse auch eine generelle Leinenpflicht an sämtlichen Orten außerhalb von Hundeauslaufgebieten geben. Nach den zu erwartenden Klagen der Hundebesitzer und richterlicher Korrektur sei dieser Leinenzwang dann auf große Hunde oder Listenhunde zu beschränken. Für Privatgelände fehle es leider an einer Eingriffsgrundlage. Von der Maulkorbpflicht soll es keine Ausnahmemöglichkeit geben, das entstehende Unrecht sei hinzunehmen, denn die betroffenen Hunde hätten als Besitzer ohnehin meist nur "intellektuell eher unauffällige Halter". Der Verein DKD veröffentlichte weitere, teils unsachliche, Äußerungen über Halter von Listenhunden.
Die Rasselisten werden von einer Vielzahl von Institutionen abgelehnt und für nicht zweckdienlich gehalten, die wichtigsten davon sind: Arbeitsgemeinschaft der Diensthundeführer von Polizei und BGS, Bundestierärztekammer, Bundesverband der beamteten Tierärzte, Bundesverband Praktischer Tierärzte (BPT), Deutscher Tierschutzbund (DTSchB), Gesellschaft für Tierverhaltenstherapie (GTVT), Tierschutzzentrum - Tierärztliche Hochschule Hannover und Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH).
Die negativen Auswirkungen von Leinen- und Maulkorbzwang wurden u.a. in der Doktorarbeit von Sandra Bruns angesprochen: "Insbesondere der Maulkorb- und Leinenzwang lässt solche [negativen] Verhaltensveränderungen stark vermuten. So werden Hunde durch das Tragen eines Maulkorbes in ihrer arttypischen Kommunikation behindert. Bestimmte Verhaltensweisen des innerartlichen Sozialkontaktes, wie z.B. Naso-Nasal-Kontakt oder Ano-Genital-Kontrolle, können gar nicht oder nur eingeschränkt durchgeführt werden. Hunde, die einem Leinenzwang unterliegen, sind in ihrer Bewegungsmöglichkeit stark eingeschränkt. Dies kann insbesondere bei bewegungsaktiven Hunden zu mangelnder Auslastung und Frustration führen. Alle genannten Faktoren stellen Stressauslöser dar, die letztendlich die Hemmschwelle aggressiven Verhaltens senken können." und "Auch die gesellschaftliche Ausgrenzung der Hunde, die einem Maulkorbzwang unterliegen, stellt einen bedeutenden Aspekt der Verhaltensbeeinflussung dar. So werden Hunde, die einen Maulkorb tragen, nicht selten intensiv angeschaut, was ähnlich wie die Wesenstestsituation 'Anstarren' einen für diese bedrohlichen Charakter hat. Da das Tragen eines Maulkorbes 'Gefährlichkeit' impliziert, werden solche Hunde häufig von Menschen gemieden, was eine Verarmung der sozialen Umwelt nach sich zieht." (Sandra Bruns: Fünf Hunderassen und ein Hundetypus im Wesenstest nach der Niedersächsischen Gefahrtier-Verordnung vom 5. Juli 2000 Faktoren, die beißende von nicht-beißenden Hunden unterscheiden, Seite 80) Daraus wird von Tierärzten geschlussfolgert, dass ständige Leinenpflicht und ständiger Maulkorbzwang bei einen zuvor unauffälligen Hund künftiges aggressives Verhalten fördern können.
[Bearbeiten] Anzahl der Todesfälle durch Hundeangriffe
Klassifikation nach ICD-10 | ||
---|---|---|
V01-X59 | Unfälle | |
W00-X59 | Sonstige äußere Ursachen von Unfallverletzungen | |
W50-W64 | Exposition gegenüber mechanischen Kräften belebter Objekte | |
W54 | Gebissen- oder Gestoßenwerden vom Hund | |
ICD-10 online (WHO-Version 2006) |
Einige der Rasselisten wurden mit der Begründung erlassen, die Zahl der Hundeangriffe und die Zahl der getöteten Menschen sei in den letzten Jahren stark gestiegen. Die Medienberichterstattung behauptet oft Ähnliches.
Todesursachen werden in Deutschland nach Codes gemäß ICD-10 gezählt. In der Grafik werden die absoluten Zahlen (blaue Kurve) und die relative Häufigkeit bezogen auf die Bevölkerungszahl Deutschlands (rote Kurve) gezeigt.
Die rote Kurve zeigt die Wahrscheinlichkeit, an einem Hundebiss in Deutschland zu sterben. Diese Kurve hat ihren Höchstwert in den Jahren 1980 und 1981 (je 8,10 Tote pro 100 Mio Einwohner) und weitere hohe Werte in den Jahren 1994 und 2000 (7,39 bzw. 7,24 Tote pro 100 Mio Einwohner). Die Aussage, dass im Jahre 2000 ein Spitzenwert erreicht worden sei, wird von dieser Statistik nicht bestätigt.
Quelle: Statistisches Bundesamt (ZwSt Bonn), 2003 - Vervielfältigung und Verbreitung, auch auszugsweise mit Quellenangabe gestattet.
Die Werte (Anzahl) beziehen sich von 1979 bis 1989 auf die Zahlen für das frühere Bundesgebiet, ab 1990 gelten die Zahlen für Gesamtdeutschland. Zahlen von 1979 bis 1989 aus der DDR liegen nicht vor. Aufgrund der unterschiedlichen Bezugszahlen sind die absoluten Zahlen vor/nach 1990 nicht vergleichbar.
Die rote Kurve berücksichtigt die unterschiedlichen Bezugszahlen.
[Bearbeiten] Beißstatistik in Nordrhein-Westfalen, Beobachtungspflicht
Aufgrund dieser Beobachtungs- und Prüfpflicht werden u.a. im Land Nordrhein-Westfalen Statistiken geführt, die zu einem späteren Zeitpunkt für die Entscheidung über die Zukunft der Rasseliste verwendet werden sollen. Die erhobenen Daten beziehen sich auf Beißvorfälle mit verletzten Menschen in NRW und zeigen den prozentualen Anteil der Hunderassen entsprechend ihrer Populationsstärke. Die Zwischenauswertung der Beißzahlen für 2003 bis 2004 zeigt eine gemischte Verteilung der Beißhäufigkeit der verschiedenen Listenhunde. Auf den obersten drei Plätzen befindet sich kein Hund der Rasseliste 1, zwei der fünf Rassen der Liste 1 befinden sich in der Auffälligkeit hinter den ungelisteten Rassen Dobermann und Schäferhund. Drei der Rassen der Liste 2 (Mastiff, Fila Brasileiro, Tosa Inu) befinden sich in der Auffälligkeit hinter diversen ungelisteten Rassen wie Münsterländer, Berner Sennenhund und Golden Retriever.
[Bearbeiten] Änderung in Niedersachsen: Rasselistenabschaffung
Beachtenswert ist der Umschwung der niedersächsischen Landesregierung. Die Niedersächsische Gefahrtierverordnung (GefTVO) mit Rasseliste wurde im Sommer 2000 noch von allen Fraktionen gemeinsam beschlossen. Nach der Feststellung der Nichtigkeit der GefTVO durch das Bundesverwaltungsgericht am 3. Juli 2002, wurde von der regierenden SPD die Vorlage für das Niedersächsische Hundegesetz, wieder mit Rasseliste, eingebracht. Zu diesem Gesetzesvorhaben wurden im Landtag die vorgeschriebenen Anhörungen durchgeführt. Angehört wurden 20 Experten und Fachinstitutionen, davon sprachen sich 19 gegen Rasselisten aus, als einzige Institution sprach sich der DKSB dafür aus. Gegen die Rasseliste war auch der Arbeitskreis Tierschutz der SPD, der gegen den SPD-Minister stimmte. Mit einer Stimme Mehrheit wurde das NHundG mit Rasseliste beschlossen. Debatte im Niedersächsischen Landtag vom 24. September 2002: [1]
Die Rasselisten wurden nach der Landtagswahl vom 2.Februar 2003 und dem Regierungswechsel zur CDU aus dem NHundG gestrichen.
[Bearbeiten] Rasselistenverkürzung in Berlin durch neues Hundegesetz
In dem zum 10. Oktober 2004 inkraftgetretenem Gesetz über das Halten von Hunden in Berlin werden die vorher in der Berliner Hundeverordnung gelisteten Rassen Staffordshire Bullterrier und Dogue de Bordeaux nicht mehr aufgeführt.
[Bearbeiten] Rasselistenverkürzung in Mecklenburg-Vorpommern ab 2006
Zum 1. Januar 2006 wurde die Rasseliste im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern um sieben Rassen gekürzt. Die Rassen Dogo Argentino, Bordeauxdogge, Fila Brasileiro, Mastiff, Mastino Espanol, Mastino Napoletano und Tosa Inu sind dann nicht mehr "vermutet gefährlich".
Das Land begründet die Änderung mit dem Gebot zur Überprüfung der Rasseliste, die in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 16. März 2004 enthalten ist. Das BVerfG-Urteil sagt aus, dass der Gesetzgeber die weitere Entwicklung zu beobachten hat und prüfen muss, ob die dem Urteil zugrunde liegenden Annahmen (über rassebedingte Gefährlichkeit) sich tatsächlich bestätigen.
[Bearbeiten] Zukunftsaussicht
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts sagt aus, dass bei fehlender Bestätigung der Annahme der übermäßigen Beißhäufigkeit durch Listenhunde eine Änderung erfolgen muss.
- "Allerdings muss der Bundesgesetzgeber die weitere Entwicklung beobachten. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Ursachen aggressiven Verhaltens von Hunden der verschiedenen Rassen und über das Zusammenwirken unterschiedlicher Ursachen sowie die tatsächlichen Annahmen des Gesetzgebers belassen noch erhebliche Unsicherheit. Es ist deshalb notwendig, die Gefährdungslage, die durch das Halten von Hunden entstehen kann, und die Ursachen dafür weiter im Blick zu behalten und insbesondere das Beißverhalten der von § 2 Abs. 1 Satz 1 HundVerbrEinfG erfassten Hunde künftig mehr noch als bisher zu überprüfen und zu bewerten. Wird dabei die prognostische Einschätzung der Gefährlichkeit dieser Hunde durch den Gesetzgeber nicht oder nicht in vollem Umfang bestätigt, wird er seine Regelung den neuen Erkenntnissen anpassen müssen." BUNDESVERFASSUNGSGERICHT Urteil vom 16. März 2004 - 1 BvR 1778/01 -
Hierbei wird den Gesetzgebern freigestellt, diejenigen Hunderasse in die Liste mit aufzunehmen, die eine vergleichbare Beißhäufigkeit haben wie die bisher gelisteten Rassen oder die Rasseliste insgesamt abzuschaffen und andere Kriterien als die Rassezugehörigkeit (z. B. Wesenstest oder Halterqualifikation) zu verwenden. Die Zwischenauswertung legt nahe, dass eine Änderung erfolgen könnte. So müssten entsprechend dem Urteil des BVerfG entweder Rassen wie Münsterländer, Deutscher Schäferhund und Golden Retriever in die Liste aufgenommen werden oder Rassen wie Mastiff, Staffordshire Bullterrier und Bullterrier gestrichen werden, wenn sich die Zahlen von 2003-2004 bestätigen.
[Bearbeiten] Rasselisten bei Versicherungen
Eine vergleichbar unübersichtliche Situation besteht auch bei Hundehalter-Haftpflichtversicherungen. Eine typische Liste einer Versicherung lautet beispielsweise:
- Nicht versicherbar und trotz Beitragszahlung nicht versichert ist die gesetzliche Haftpflicht als Halter von Hunden der Rassen American Pit Bull Terrier, American Staffordshire Terrier, Bull Terrier, Staffordshire Bullterrier sowie aus Kreuzungen mit diesen Hunderassen hervorgegangene Mischlinge ersten Grades. Annahme bei Vorschadenfreiheit mit 100 % Risikozuschlag ist möglich für Halter von Hunden der Rassen: American Bulldog, Bullmastiff, Cane Corso Italiano, Coban Köpegi, Dobermann, Dogo Argentino, Dogo Canario, Dogue de Bordeaux, Fila Brasileiro, Kaukasischer Owtscharka, Mastiff, Mastin Espanol, Mastino Napoletano, Perro dogo mallorquin, Rottweiler, Tosa Inu sowie aus Kreuzungen mit diesen Hunderassen hervorgegangene Mischlinge ersten Grades.
Nicht alle Versicherungen haben Rasselisten; die in vielen Bundesländern vorgeschriebene Versicherung kann bei einigen Versicherern abgeschlossen werden: [2] [3] [4]
[Bearbeiten] Ausländische Regelungen
Weltweit existieren verschiedenste Rasselisten, in Tennessee wird beispielsweise der Deutsche Schäferhund gelistet. Rasselisten bestehen u.a. auch in Großbritannien und Dänemark.
[Bearbeiten] Frankreich
Frankreich ist für rigorose Maßnahmen gegen Hunde bestimmter Rassen bekannt. Hunden der Kategorie 1 (sogen. Kampfhunde), Hunde vom Typ Pitbull und Hunde der mutmaßlichen Rassen Boerbull, Mastiff, Doggen und doggenähnlichen mit oder ohne Zuchtbuch sowie allen mutmaßlichen American Staffordshire Terrier und Tosa ohne in Frankreich gültigem Zuchtbuch, ist die Einreise nach Frankreich verboten. Illegal eingeführte Hunde werden sofort beschlagnahmt und können getötet werden. Darüber hinaus werden Zuwiderhandlungen mit bis zu 6 Monaten Gefängnis bestraft. In Frankreich wird die Entscheidung über die vermutete Rassezugehörigkeit und damit über den Tod von Hunden sogar auf Polizeibeamte übertragen. Hunde der 2. Kategorie, wie alle Wach- und Schutzhunde (American Staffordshire Terrier, Rottweiler, Tosa etc.) dürfen einreisen. An der Grenze muss beim Zoll ihr Stammbaum vorgelegt werden, um zu beweisen, dass sie dieser 2. Kategorie angehören. Diese Hunde dürfen nur mit Maulkorb und an der Leine geführt werden. Seitdem werden in Frankreich von jenen Hundehaltern, die einen Hund zum Bedrohen anderer Menschen halten, vorwiegend Riesenschnauzer gehalten, da diese Rasse nicht mit Pitbulls verwechselt werden kann.
[Bearbeiten] Italien
In Italien besteht eine Liste von inzwischen 135 als gefährlich eingestufte Rassen, darin ist u. a. der Deutsche Schäferhund ("Pastore tedesco") sowie alle in Deutschland und der Schweiz als potentiell gefährlich eingestuften Rassen aufgelistet.
[Bearbeiten] Niederlande
Die Einreise in die Niederlande mit Hunden vom Typ Pitbullterrier ist verboten, mit ähnlich aussehenden Rassen, wie z.B. American Staffordshire Terrier oder Bullterrier dagegen erlaubt. Bei der letztgenannten Rasse empfiehlt sich die Mitnahme der Zuchtpapiere. Aufgrund der Tatsache, dass American Staffordshire Terrier und Pitbulls ähnlich aussehen, werden American Staffords nur nach Vorlage eines von einer FCI-anerkannten Organisation ausgestellten Stammbaumes nicht als Pitbulls betrachtet.
[Bearbeiten] Portugal
Aufgrund der geografischen Lage ist Portugal für Hundehalter mit einem Hund, der in Frankreich Listenhund ist, nicht auf dem Landweg erreichbar.
[Bearbeiten] Schweiz
Als Ergebnis einer 1995 durchgeführten und 1998 publizierten Studie werden in der Schweiz jährlich 190 Hundebiss- und -kratzverletzungen je 100.000 Einwohner durch Hausärzte versorgt. Personen unter 20 Jahren sind überdurchschnittlich vertreten. Gemäß der Studie werden am häufigsten die Beine (35.4%), gefolgt von den Händen (30.02%), den Armen (19.3%), Gesicht, Kopf und Nacken (9.0%) und Rumpf (6.1%) verletzt. Bei Kindern unter 5 Jahren sind die Verletzungen in 40% der Fälle am Kopf und/oder Nacken, bei Kindern unter 15 Jahren in 25% der Fälle.
Im Schweizer Kanton Zürich kam es Anfang Dezember 2005 zu einen Beißangriff mit tödlichem Ausgang. Die verursachenden Hunde (Pitbull-Typus) waren dem Amt bereits als auffällig bekannt und wurden aus unkontrollierter Vermehrung im Ausland in die Schweiz eingeführt. Sie waren extrem schlecht sozialisiert und wurden nicht art- und tierschutzgerecht gehalten.
Als Reaktion auf diesen Vorfall ist die Haltung neuer Hunde dieser Rasse im Kanton Wallis seit 1. Januar 2006 verboten.[5]. Dieses Verbot betrifft Pitbull-Terrier, American Staffordshire-Terrier, Staffordshire-Bullterrier, Bullterrier, Dobermann, argentinische Dogge, Fila Brasileiro, Rottweiler, Mastiff, spanischer Mastiff, Neapolitan Mastiff, Tosa sowie Kreuzungen aus diesen Rassen.
Für Hunde dieser Rassen, die vor dem 1. Januar 2006 im Wallis gehalten wurden oder bis Ende Februar geboren werden, sieht der Staatsrat Übergangslösungen vor. Sofern das durch den betreffenden Hund bestehende Unfallrisiko als gering eingestuft wird, kann auf das Verbot des Hundes verzichtet werden. Des Weiteren sieht diese Verordnung einen zwingenden Chipnachweis vor.
Am 23. März 2006 gab die Kantonstierärztin Regula Vogel bekannt, dass der seit Dezember bestehende Leinen- und Maulkorbzwang gelockert werden wird. Zur Bewilligung dieser Befreiungen muss ein Halter einen «korrekten Leumund» des Tieres vorweisen können und belegen, dass es in der Vergangenheit zu keinen Vorfällen gekommen ist. Zur Begründung wurde ausgeführt, auch bei den so genannten Kampfhunden gebe es gut sozialisierte Tiere und verantwortungsvolle Halter und ein Maulkorb widerspräche tiergerechter Haltung. Der Sicherheitsdirektor Ruedi Jeker bezifferte für den Kanton Zürich 300 bis 600 Hunde, die der Rasseliste entsprechen, bei insgesamt 50.000 bis 60.000 Hunden; im Kanton wären somit rund 1% der Hunde betroffen. Geprüft werden soll die Einführung von Bewilligungen für die Zucht und Haltung von Hunden und ein Fähigkeitsausweis für Hundehalter. Ab 1. Januar 2007 wird die Kontrollmarke durch einen Mikrochip ersetzt werden.
Keine Gesamtschweizer Lösung
Aufgrund des obengenannten Vorfalls, hatte das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement veranlasst, das Bundesamt für Veterinärwesen anzuweisen, Vorschriften für gesetzliche Bestimmungen über Maßnahmen gegen aggressive Hunde vorzubereiten. Es wurde auch eine Petition an den Bundesrat übergeben, lanciert von der Schweizer Boulevardzeitung Blick, in der gefordert wurde, „Das Züchten und das Halten von Pitbulls und sämtlichen Kreuzungen mit dieser Rasse sind in der Schweiz ab sofort zu verbieten. Untersagt werden soll auch Einfuhr und Handel mit diesen Tieren.“. Diese wurde von 175.000 Schweizer Bürgern (rund 2 % der Bevölkerung) unterzeichnet.
Im Entwurf (Pdf) bzw. den Erläuterungen dazu vom 12. Januar 2006 zur Neufassung des Schweizer Tierschutzgesetzes waren im neuen Artikel 31b folgende Verbote vorgesehen:
1 Das Züchten, Halten, Verwenden, Abgeben, Weitergeben, das Verbringen von Hunden in das schweizerische Staatsgebiet sowie der Handel mit Hunden der folgenden Gruppen ist verboten: a. Hunde des Typs Pitbull; b. Hunde aus der Kreuzung mit Hunden des Typs Pitbull; c. Hunde aus der Kreuzung mit Hunden der Rassen nach Anhang 5. Dieser Anhang listet zu den im Wallis genannten Rassen zusätzlich noch den Cane Corso Italiano auf.
Informationen dazu findet man auf der Website des Schweizer Bundesamtes für Veterinärwesen (BVET)
Die vorgeschlagenen Änderungen wurden nicht beschlossen, es gibt keine staatsweiten Vorschriften.
Die Verhaltensmedizinerin (Expertin für Hundeverhalten), Dr.med.vet. Colette Pillonel, verließ die Arbeitsgruppe des Bundes als Protest gegen die geplante Einführung einer Rasseliste. Sie begründete ihren Schritt damit, sie könne Regelungen für bestimmte Rassen nicht unterstützen. Maßnahmen gegen einzelne Rassen seien nicht effizient, sagte die ehemalige Mitarbeiterin des Bundesamtes für Veterinärwesen (BVET). Sie erzeugten ein falsches Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung, die Bedrohung durch Hunde sei aber durch alle Rassen gegeben. An anderer Stelle führte sie aber aus: ..das ist ein Problem, denn jeder Hund repräsentiert eine Gefahr, sei er ein so genannter Kampfhund oder ein Familienhund.
In der Untersuchung der veterinär-medizinische Fakultät Bern von 2002 wurden als häufigste Beißer in der Schweiz diese sieben Rassen festgestellt: "Deutscher Schäfer, Belgischer Schäfer, Schweizer Sennenhunderassen, Dackel, Cocker Spaniel, Rottweiler und Collie". Diese Statistik nennt Listenhunde wie Pitbull und Bullterrier überhaupt nicht.
Eine Untersuchung des Wirtschaftdepartement des schweizerischen Kantons Neuenburg zu den Einzelheiten der 120 Beißvorfälle im Jahre 2002 ergab: "Nur 15% der Bisse können so genannt gefährlichen Hunden zugeschrieben werden, als da sind Pitbull, Amstaff, Rottweiler, etc.. So sind diese Kategorie zwar im politischen Visier, sowohl im Ausland als auch in verschiedenen Schweizer Kantonen, aber dadurch werden die Beißaktionen im Allgemeinen nicht signifikant reduziert. Im Jahre 2002 waren mehr als 20% der Fälle Angriffe von Berner Sennenhunden und Appenzeller Sennenhunden, 11% wurden verursacht durch deutsche oder belgische Schäferhunde und 9% von Rassen, die allgemein als 'freundlich' betrachtet werden, also Labradors und Golden Retrievers. Wichtige Risikofaktoren sind schlechte Aufzucht- und Haltungsbedingungen der Hunde [...]"
[Bearbeiten] siehe auch
- Kampfhund
- Wesenstest
- Hundebiss
- Hundeverordnungen, mit Links zu den entsprechenden Gesetzestexten
- Haushund
[Bearbeiten] Weblinks
- www.hundepolitik.de alle Hundeverordnungen und -gesetze der deutschen Bundesländer
- Stafford + Co : Das Infoportal zu Gesetzen, Verordnungen, Datenbanken, Urteile
- Materialien zur Kampfhunddebatte