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Rheuma

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Mit Rheuma (von griech. rheo „ich fließe“) werden ganz allgemein Beschwerden am Stütz- und Bewegungsapparat mit fließenden, reißenden und ziehenden Schmerzen bezeichnet, die oft mit funktioneller Einschränkung einhergehen. Die medizinisch korrekte Bezeichnung für Rheuma ist „Krankheiten des rheumatischen Formenkreises“.

Die traditionellen Begriffe Rheuma und Rheumatismus wurden erstmals im „Liber de Rheumatismo et Pleuritide dorsali“ von Guillaume de Baillou (1538-1616) verwendet. Er glaubte nach der damaligen Lehre der Körpersäfte (Humoralpathologie), dass kalter Schleim vom Gehirn herab zu den Extremitäten fließe und die entsprechenden Beschwerden auslöse.

Die „Internationale Klassifikation der Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes (ICD-10-GM, 2005)“ unterscheidet mittlerweile zwischen 200 bis 400 einzelne Erkrankungen, welche sich im Beschwerdebild, Verlauf und Prognose sehr unterscheiden. Daher sind die Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises kaum zu überblicken und schwierig zu diagnostizieren - „Was man nicht erklären kann, sieht man gern als Rheuma an..“

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Hauptgruppen:

[Bearbeiten] Entstehung und Verlauf

Vielen Erkrankungen des rheumatische Formenkreises ist gemein, dass es zu einer Störung des Immunsystems kommt, woraufhin der Körper eigene Strukturen wie die Gelenkinnenhaut (bei der rheumatoiden Arthritis) angreift. Diese sogenannten Autoimmunkrankheiten können in Form der Kollagenosen auch als systemische Erkrankungen auftreten, bei denen nicht nur ein Organ oder eine Körperregion, sondern gleichartige Gewebe in vielen verschiedenen Organen Ziel des fehlgeleiteten Immunsystems sind.

Ursachen für die Fehlfunktion des Immunsystems sind noch immer unbekannt. In einigen Fällen können jedoch familiäre sowie geschlechtsspezifische Häufungen festgestellt werden und bei vielen Betroffenen bestimmter rheumatischer Erkrankungen lassen sich charakteristische genetische Marker nachweisen, was beides auf einen gewissen Einfluss genetischer Faktoren schließen lässt. Bei einer kleinen Gruppe entzündlich-rheumatischer Erkrankungen, den sogenannten infektreaktiven Arthritiden, ist ein ursächlicher Zusammenhang mit bereits abgelaufenen, meist bakteriellen Infektionen v.a. des Darms oder des Urogenitaltraktes erkennbar.

In Folge der chronischen Entzündungen leiden die Betroffenen gelenkbezogener Formen unter Schmerzen, Schwellungen oder Ergüssen der Gelenke sowie als Spätfolgen unter Gelenkzerstörung, Fehlstellungen und Funktionsverlust. Schwerwiegende, oft lebensgefährliche Komplikationen verursachen durch chronische Entzündungen in Strukturen verschiedenster Organe besonders häufig Erkrankungen aus den Gruppen der Kollagenosen und Vaskulitiden.

Der Verlauf einer Erkrankung und das Ansprechen auf eine Therapie können selbst bei gleicher Diagnose von Patient zu Patient äußerst unterschiedlich ausfallen. Zudem sind die Grenzen zwischen den verschiedenen rheumatischen Erkrankungen nicht selten fließend. So können Zeichen mehrerer sich überlappender Erkrankungen bei nur einem Patienten auftreten (Overlap Syndrom).

Entgegen der landläufigen Meinung ist Rheuma keineswegs nur eine Erkrankung älterer Menschen. Auch junge Erwachsene und selbst Kinder sind von rheumatischen Erkrankungen betroffen.

[Bearbeiten] Diagnostik

Kern der rheumatologischen Diagnostik ist die gründliche Anamnese und die körperliche Untersuchung. Schon hiermit kann häufig die Art der Erkrankung eingeschränkt werden.

Für die genaue Einordnung einer Diagnose ist der Nachweis von Antikörpern und genetischen Markern im Blut des Patienten ein wichtiger Faktor. Schwierig ist dabei, dass diese nicht zwingend mit einer bestimmten Erkrankung einhergehen und sogar manch nachweislich Erkrankter keine entsprechenden Antikörper oder genetischen Marker aufweist. So besitzen sie in der Diagnostik meist keinen beweisenden, sondern eher einen richtungsweisenden Charakter.

Der Sicherung der Diagnose, der Bestimmung des Stadiums einer Erkrankung sowie der Verlaufskontrolle dienen die verschiedensten bildgebenden Verfahren, insbesondere die konventionelle Röntgendiagnostik, Computertomografie, Magnetresonanztomografie und Szintigrafie.

[Bearbeiten] Behandlungsmöglichkeiten

Die Behandlung erfolgt während den akuten Schüben durch entzündungshemmende und schmerzstillende Medikamente (Analgetika, nichtsteroidale Antirheumatika und / oder steroidale Antirheumatika (Kortikoide)). Als Langzeit- bzw. Dauertherapie von autoimmunbedingten rheumatischen Erkrankung beginnt man heute schon frühzeitig mit einer Basistherapie um Langzeitfolgen wie Gelenkschäden möglichst vorzubeugen. So sind stark deformierende Gelenkschäden in den letzten Jahren bereits seltener zu beobachten.

Bei starken Beschwerden als Folge von bereits fortgeschrittener Gelenkzerstörung kommen auch operative Therapien bis hin zum Gelenkersatz in Betracht.

Für die Mehrzahl rheumatischer Erkrankungen stellt die physikalische Therapie eine notwendige unterstützende therapeutische Maßnahme dar. So können in vielen Fällen Langzeitschmerzen und Einschränkungen reduziert werden.

[Bearbeiten] Medikamentöse Behandlung autoimmunbedingter rheumatischer Erkrankungen

Vor allem in akuten Phasen, da eher symptomatisch, d.h. schmerzlindernd und entzündungshemmend wirkend sowie auch in reduzierter Dosierung unterstützend zur Dauertherapie eingesetzt:

Als Dauertherapie eingesetzt, da spezifisch auf den Krankheitsprozess wirkend und so langfristig erfolgversprechend:

Dank fortschreitender Forschungserfolge ist man in der Lage neben den bekannten und gut dokumentierten „herkömmlichen“ Basismedikamenten zunehmend weitere wirksamere Medikamente gegen rheumatische Erkrankungen einzusetzen. Ein Beispiel für diese neue Medikamentengruppe, den sogenannten Biologicals, sind die TNF-alpha-Blocker. TNF-alpha ist ein Botenstoff des Immunsystems, welcher eine Steuerungsfunktion bei der Entzündungsreaktion besitzt. TNF-alpha-Blocker unterbinden die Wirkung dieses Botenstoffes und hemmen so die chronische Entzündung. Vorteile gegenüber herkömmlichen Basismedikamenten ist der "rasche" Wirkungseintritt und das gute Ansprechen. Nachteile sind die sehr hohen Kosten, die durch die immunsuppressive Wirkung verursachte erhöhte Infektanfälligkeit der Patienten und die bisher fehlende Langzeiterfahrung bei der Therapie mit diesen Wirkstoffen. Sie werden daher erst dann eingesetzt, wenn sonstige Basistherapeutika keine ausreichende Wirkung erzielten oder Unverträglichkeiten gegenüber diesen bestehen. Häufig werden herkömmliche Basismedikamente und Biologicals auch in Kombination eingesetzt, um den Therapieerfolg zu verbessern.

Eine Basismedikation muss in der Regel ein Leben lang fortgeführt werden, da bisher keine ursächliche Therapie autoimmunbedingter rheumatischer Erkrankungen möglich ist.

[Bearbeiten] Phytotherapie

Die Phytotherapie oder Pflanzenheilkunde gehört zu den ältesten medizinischen Therapien und ist auf allen Kontinenten und in allen Kulturen beheimatet. Dabei wird versucht Rheuma mit pflanzlichen Wirkstoffen (Phytotherapeutika) zu behandeln. Dies erfolgt häufig in Form einer Begleittherapie durch die Betroffenen selbst.

Da in den letzten Jahren intensive wissenschaftliche Forschung den pflanzlichen Heilmitteln zu immer mehr Anerkennung durch die Schulmedizin verhalf, gibt es „inzwischen zur Behandlung rheumatischer Erkrankungen einige gut geprüfte und standardisierte Präparate aus Harpagophytum procumbens, Salicis cortex, Urtica dioica/urens und zur äußerlichen Anwendung aus Capsicum frutescens … Der Vorzug der pflanzlichen Antirheumatika liegt vor allem darin, dass sie nebenwirkungsarm oder sogar nebenwirkungsfrei sind, und dass sie in Kombination mit der klassischen Pharmakotherapie dazu beitragen können, vor allem die nichtsteroidalen Antirheumatika einzusparen.“ Es gibt in Deutschland eine Reihe von Krankenhäusern, die diese alternativen Methoden einsetzen.

Von Befürwortern der Phytotherapie werden folgende pflanzlichen Antirheumatika besonders gern eingesetzt:

Weitere finden sich in der umfangreichen Liste der Heilpflanzen.

[Bearbeiten] Physikalische Therapie

Thermotherapie umfasst jegliche Anwendung von Kälte und Wärme als ein Teil der physikalischen Therapie.

Während des akuten Krankheitsschubes hat die lokale Anwendung von Kälte (Kryotherapie) an den betroffenen Gelenken häufig positive Auswirkung auf den Entzündungsprozess und die damit verbundenen Beschwerden.

Vielversprechende Ergebnisse werden durch die Anwendung der Kryotherapie als Ganzkörperkryotherapie in Kryokammern bei bis zu minus 160° C erzielt. Nach mehrmaliger Anwendung kommt es zur Linderung der Schmerzen, die einige Stunden bis einige Wochen andauert. Die Behandlung wirkt nicht nur symptomatisch, sondern beschleunigt durch bessere Durchblutung und Veränderung des Hormonspiegels auch die Heilungsprozesse in den geschädigten Gelenken und Geweben.

In den Phasen zwischen den Schüben kann vielen Patienten die Wärmeanwendung durch Fango u.ä. Linderung verschaffen.

Zudem sind die Krankengymnastik und die Ergotherapie unverzichtbare Säulen der Therapie, die die Beweglichkeit und damit die Selbstständigkeit der Patienten erhalten sollen.

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Weblinks

[Bearbeiten] Quellen

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